Wenn Reverb auf Kompression trifft - Kombiniert angewendet - sonible

Wenn Reverb auf Kompression trifft

Mai 14, 2024 | How-to

Wir zeigen dir fünf Möglichkeiten, wie du zwei Effekte kombinieren kannst, die bislang meist getrennt betrachtet wurden.

Bonnie und Clyde, Simon und Garfunkel, Salz und Pfeffer … all das sind berühmte Paarungen, die perfekt zueinander passen. Auf den ersten Blick wirken “Reverb und Kompression” nicht so, als würden sie als Ergänzung dieser Liste taugen. Jedoch passen diese beiden Werkzeuge der Audiobearbeitung besser zusammen als es zunächst den Anschein macht. Obwohl sie völlig unterschiedliche Aufgabenbereiche erfüllen, können sie mit dem richtigen Know-how so eingesetzt werden, dass sie voneinander profitieren.

In diesem Artikel werden wir dir einige Techniken an die Hand geben, die es dir ermöglichen Reverbs und Kompressoren so zu kombinieren, dass du spannende Ergebnisse erzielen und einige Probleme lösen kannst, die bei der Arbeit mit den Tools entstehen können. Wir stellen dir auch einige Audiobeispiele bereit, um dir unsere Tipps und Tricks zu veranschaulichen. Ein paar der von uns getroffenen Einstellungen haben eine subtile Wirkung auf das Audiomaterial, sodass wir dir empfehlen, Kopfhörer oder Studiomonitore zu nutzen, um genau zu hören, was mit dem Signal passiert.

1. Sidechain vom Quellsignal

Wenn es darum geht, deinem Mix mehr Räumlichkeit zu verleihen, ist ein Reverb-Effekt wohl das beste Werkzeug in deiner digitalen Toolbox. Auch wenn du mit einem Plugin dieser Gattung am schnellsten zum Ziel kommst, kann die Verwendung von Hall dem Signal auch seine Klarheit rauben. Dies ist besonders problematisch bei längeren Reverbs, deren Nachhallzeit in den nächsten Ton, Schlagzeug-Schlag oder die nächste Silbe übergeht und somit die Transparenz und Verständlichkeit beeinträchtigt.

Wir haben einen Halleffekt auf einen Klaviertrack mittels pure:verb auf einen Send-Kanal gepackt. Wie du hören kannst, schwillt die Hallfahne der vorherigen Noten über die folgenden Noten hinweg an, was zu einem verwaschenen und matschigen Klang führt.

 

Dieses Problem können wir – bis zu einem gewissen Maße – durch Sidechain-Kompression in den Griff bekommen. Meist bedeutet das, dass ein Kompressor auf einem Kanal verwendet und von einem unabhängigen Kanal ein anderes Signal eingespeist wird – beispielsweise eine Kick und eine Bass oder ein Pad- und ein Arp-Sound. In unserem Fall wählen wir für den Sidechain-Eingang des Kompressors die Spur aus, die den Reverb speist.

Wir haben einen Kompressor nach dem Reverb auf den Send-Kanal geladen und das trockene Klavier als Sidechain-Eingang festgelegt. Wir verwenden in diesem Fall übrigens smart:comp 2 mit einer schnellen Attack-Zeit und einer mittleren bis hohen Ratio. Der Threshold wurde so eingestellt, dass nur der anfängliche Impuls der Hämmer des Pianos den Kompressor auslöst. Die Release-Zeit haben wir so gewählt, dass sich der Reverb-Sound ganz gemächlich wieder im Signal ausbreitet.

smart:comp 2 by sonible

2. Rhythmische Pads via Sidechaining

Diese Technik können wir noch weiter ausbauen, indem wir aus einem Reverb-Signal einen Pad-Sound erstellen und diesen mit einem rhythmischen Quellsignal wie einem Schlagzeug oder einem Arpeggio über die Sidechain komprimieren. Der sogenannte Infinity-Mode von pure:verb hilft uns bei dieser Aufgabe, da er für einen unendlichen Halleffekt sorgt, anstatt wie im normalen Modus auszuklingen. Mit nur wenigen synthetisierten Noten wird so ein anhaltender Ambient-Sound erzeugt, den wir auf einer neuen Audiospur resamplen können.

pure:verb by sonible

Wir können nun smart:comp 2 verwenden, um das Pad für einen rhythmisch anschwellenden Effekt via Sidechain zu komprimieren. Der Hold-Parameter innerhalb der Attack- und Release-Steuerungssektion von smart:comp 2 macht diesen Kompressor zu einem idealen Werkzeug für diesen Job, da wir so mehr Kontrolle über das Lautstärkeprofil des Pads bekommen.

smart:comp 2 by sonible

3. Vorkomprimierung eines Reverb-Sends

Wie du bereits im letzten Tipp gelernt hast, bringt die Verwendung eines Reverb auf einem Send-Kanal einige Vorteile mit, wie beispielsweise die Möglichkeit den Hall-Effekt ganz einfach weiterbearbeiten zu können. So kannst du weitere Effektprozessoren hinter dem Reverb laden, wie einen EQ oder ein Plugin für das Stereo-Verbesserung. Aber wie sieht es mit der Bearbeitung des Signals vor dem Reverb aus?

Ein Grund solch einen Schritt zu gehen, könnte sein, die Menge an Transienten-Informationen, die in den Reverb gelangt, steuern zu wollen. Tonale Elemente können zum Leben erweckt werden, wenn man ihnen etwas Räumlichkeit gibt. Besonders energische tonale Sounds mit vielen Transienten-Informationen wie Glocken, Toms oder auch ein Klavier können das Reverbsignal stattdessen mit schallenden hochfrequenten Transienten übersäen.

Hier haben wir einen trockenen FM-Glockenklang mit vielen Transienten-Informationen.

Wenn wir den Glockenklang an einen Reverb-Send schicken, können wir hören, wie die Transienten-Informationen dazu führen, dass der Reverb laut und unangenehm klingt. In diesem Fall verwenden wir pure:verb und drehen den Parameter Size voll auf, um einen großen, räumlichen Hall-Effekt zu erzeugen.

pure:verb by sonible

Durch Platzieren eines Kompressors auf dem Send-Kanal vor dem Reverb können wir den initialen Transientenanteil des Glockenklangs abschwächen, was zu einem viel saubereren und sanfteren Reverb-Effekt führt. Hierfür verwenden wir smart:comp mit einer hohen Ratio sowie schnellen Attack- und Release-Zeiten, um nur die Transienten des Originalklangs zu kontrollieren.

smart:comp 2 by sonible

Durch das Soloschalten des Send-Kanals und das Aktivieren der Delta-Funktion von smart:comp 2 können wir genau hören, was der Kompressor aus dem trockenen Signal entfernt. In diesem Fall handelt es sich größtenteils um das unerwünschte Geräusch, das durch die Transienten des Glockensounds verursacht wird.

4. Peaks kontrollieren für einen natürlicheren Hall

Egal ob du einen Reverb auf einem Send oder direkt auf der Spur deines Audiomaterials verwendest, gibt es Situationen, in denen du möchtest, dass der Reverb so natürlich wie möglich klingt. Bei einer sehr dynamischen Aufnahme kann der Nachhall von sehr lauten Noten oder Trommelschlägen deutlich ausgeprägter sein als der von leisen Noten – was manchmal in einem unregelmäßigen, unangenehmen Effekt endet.  Natürlich ist ein Kompressor perfekt dafür geeignet, mit einem sehr dynamischen Signal umzugehen. Lädst du aber einen Kompressor nach dem Reverb, hat das sehr wahrscheinlich einen unnatürlichen Klang zur Folge, da er nicht nur das Level des Reverbs, sondern auch des trockenen Signals ändert.

In folgendem Audiobeispiel hörst du einen Marimba-Klang mit Reverb samt anschließender Kompression. Das Ergebnis ist ein seltsam anschwellender Sound. Verursacher ist die Marimba als lautester Teil des Signals. Sie löst die Kompression auf dem gesamten Signal samt Reverb aus.

Kehrst du die beiden Prozesse um und platzierst den Kompressor an erster Stelle, kann der Hall zwischen den (nacheinander erklingenden) Marimba-Klängen frei erklingen, ohne vom Kompressor unterdrückt zu werden.

In diesem Beispiel haben wir pure:comp und pure:verb verwendet. Beide bringen tolle Features mit, die es uns ermöglichen, einen natürlicheren Effekt zu erzielen. Der Clean Style von pure:comp sorgt für eine transparent Kompression. Durch die leichte Reduzierung der Clarity werden die höheren Frequenzen abgeschwächt, was das Signal weiter weg klingen lässt – perfekt also, um einen natürlichen Raum für den trockenen Sound zu schaffen.

pure:comp by sonible

In pure:verb können wir steuern, wie natürlich oder synthetisch der resultierende Hall klingt, indem wir den Parameter Synthetic anpassen. Mit einem Synthetic-Wert von 0 klingt pure:verb eher so, als ob ein Klang in einer echten Umgebung aufgenommen wurde, während ein Wert von 100 eher künstlich und algorithmisch klingt. Aus diesem Grund haben wir uns im Beispiel für einen Synthetic-Wert von 0 entschieden.

pure:verb by sonible

5. Hau auf die Glocke

Diese letzte Technik mag auf den ersten Blick vielleicht etwas einschüchternd wirken, fügt jedoch lediglich einen zusätzlichen Schritt zu einigen der anderen in dieser Liste hinzu. Sie verfolgt auch das gegenteilige Ziel der vorherigen Technik aus Tipp 4, ist jedoch großartig, wenn ein wirklich natürlicher Hall nicht oberste Priorität hat. Manchmal möchten wir unserem Hall etwas mehr Präsenz und Durchsetzungsfähigkeit verleihen, ohne dass er unser trockenes Signal völlig überdeckt. Wir zeigen dir, wie du dieses Ziel mit pure:comp und pure:verb erreichst.

Der erste Schritt besteht darin, unseren Hall auf einen Sendkanal zu legen. Wir laden pure:verb und schicken unser Schlagzeug zum Reverbkanal. Anschließend können wir die Einstellungen von pure:verb nach unserem Geschmack anpassen. Dazu gehört auch mit den verschiedenen Profilen zu experimentieren, bis wir den von uns gewünschten Klang erzielen. Wie bei vielen Aspekten der Musikproduktion gibt es hier keine festen Regeln, an die du dich halten musst. Du kannst kreativ werden und verschiedene Profile auf unterschiedlichen Klängen ausprobieren. In unserem Fall erreicht wir mit dem Speech-Profil von pure:verb exakt den Klang, den wir uns für die Schlagzeug-Spur vorstellen.

pure:verb by sonible

Jetzt, da wir einen subtilen Raumhall auf einem Send eingerichtet haben, können wir pure:comp auf einen eigenen Send laden und unseren Hall-Send dorthin schicken – zusammen mit einem kleinen Anteil des trockenen Signals. Da wir mit einer parallelen Arbeitsweise hantieren, können wir auch extreme Einstellungen vornehmen. Wir haben uns für das Mix/Hard-Profil von pure:comp mit voll aufgedrehter Kompression entschieden. Das Ergebnis ist ein robuster und zusammenhängender Klang. Da die Verarbeitung auf individuellen Sends erfolgt, können wir diese Kanäle auch unabhängig voneinander anpassen, automatisieren oder bearbeiten.

pure:comp by sonibleWeitere Informationen zu unseren Reverb- und Kompressor-Plugins findest du auf den folgenden Produktseiten von pure:comp, pure:verb, smart:comp 2 und smart:reverb.