«Mehrheit hat sich mit Eden Golan und Israel solidarisiert» - 20 Minuten

«Mehrheit hat sich mit Eden Golan und Israel solidarisiert»

Publiziert

ESC-Voting«Schweigende Mehrheit hat sich mit Eden Golan und Israel solidarisiert»

Während sich in der Schweiz die Uni-Proteste ausbreiten, schlug der israelischen ESC-Sängerin viel Hass entgegen. Doch im Publikumsvoting brachte die Mehrheit Solidarität mit Israel zum Ausdruck.

Darum gehts

  • Der ESC wurde zum Politikum. Insbesondere der israelischen Sängerin Eden Golan (20) schlug viel Hass entgegen.

  • Derweil werden auch in der Schweiz die Diskussionen wieder lauter, an mehreren Universitäten wird mit teils offen antisemitischen Inhalten protestiert.

  • Für Erik Petry, Historiker und stellvertretender Leiter des Zentrums für Jüdische Studien der Universität Basel, ist klar: Anti-israelische Proteste sind Ausdruck einer lauten Minderheit.

  • Beim Publikumsvoting des ESC habe sich hingegen gezeigt, wie die laute Mehrheit denke. Israel erhielt am zweitmeisten Stimmen. 

Die 20-jährige Eden Golan trat für Israel am ESC auf. Und wurde damit zur Zielscheibe einer pro-palästinensischen und anti-israelischen Haltung gewisser Teile der Bevölkerung. Bei ihren Auftritten wurde sie ausgebuht, vor ihrem Hotel wurde demonstriert. Der finnische Sänger Käärjä, der 2023 für Finnland an den Start gegangen und dieses Jahr während der Halbfinal-Show aufgetreten war, liess ein Video aus den sozialen Medien löschen, auf dem er mit Golan getanzt hatte. Der holländische Teilnehmer zog sich eine Fahne über den Kopf und die griechische Teilnehmerin stellte sich schlafend, während Golan an einer Pressekonferenz sprach. Golan musste ihren Song abändern und Demonstrierende forderten den Ausschluss Israels vom Wettbewerb.

Das alles zeigt: Der ESC, der nicht müde wird, zu betonen, eine unpolitische Veranstaltung zu sein, ist hochpolitisch. Schlagzeilen machten dabei vor allem die erwähnten Israel-kritischen Stimmen. Bis zum Moment, an dem die Moderatorinnen die Punktzahl aus dem Publikumsvoting für Israel verkündete: 323 Punkte. Das Publikum aus 14 Ländern, darunter auch die Schweiz, hatte Golan und damit Israel die maximale Punktzahl gegeben. Das Land, das nach der Jurywertung auf Platz zwölf gelegen hatte, übernahm kurzzeitig gar die Führung in der Wertung.

«Voting war eine stille Demo für Israel»

Erik Petry ist Historiker und stellvertretender Leiter des Zentrums für Jüdische Studien der Universität Basel. Dass er sich in seiner akademischen Laufbahn einmal zum ESC äussern würde, hätte er sich bis vor wenigen Tagen nicht vorstellen können. Und trotzdem sagt er jetzt gegenüber 20 Minuten: «Dieses Publikumsvoting war in gewisser Weise eine stille Demonstration für Israel, ein Kontrast zu jenen lauten Minderheiten, die wutentbrannt Parolen schwingen, Universitäten in Beschlag nehmen und Israel Genozid vorwerfen. Die schweigende Mehrheit hat sich in diesem Moment mit Eden Golan und Israel solidarisiert.»

Von einer schweigenden Mehrheit zu sprechen, scheint denn auch durchaus nicht unangebracht. Während bei den Uni-Besetzungen jeweils ein paar Dutzend und bei pro-palästinensischen Demos ein paar Hundert bis ein paar Tausend Menschen teilnehmen, schauten den ESC weltweit rund 160 Millionen Menschen. Wie viele Menschen tatsächlich abgestimmt haben und wie viele davon für Israel, geben die ESC-Organisatoren nicht bekannt. Es liegt aber auf der Hand, dass es weit mehr waren, als derzeit die Eingangshallen von Schweizer Unis blockieren.

«Die lautstarke Minderheit verrennt sich»

Das wurde laut Petry auch in der jüdischen Community wahrgenommen: «Diese Unterstützung für Golan wurde als positives Zeichen wahrgenommen. Die 20-Jährige äussert sich nicht politisch, auch wenn ihr Song natürlich die schwierige Zeit seit dem 7. Oktober umschreibt. Sie wurde zur Projektionsfläche für den Hass einiger auf Israel und hat diesem Druck standgehalten und ihre Performance durchgezogen. Dafür zollt man ihr Respekt.»

Petry stellt klar, dass Kritik an Israels Politik legitim ist. Er sagt aber auch: «Die lautstarke Minderheit verrennt sich. Sie versuchen, einen hochkomplexen Konflikt auf einfache und falsche Parolen und Schlagworte wie Genozid oder Kolonialstaat runterzubrechen. Es ist erschreckend, wie viel Unwissen in all diesen Debatten immer wieder zutage tritt.»

Wie die Stimmung gegenüber dem Nahostkonflikt und den involvierten Parteien in der Schweizer Bevölkerung tatsächlich ist, ist laut Petry schwierig zu sagen: «Ich wage mich da nicht auf die Äste hinaus. Ich würde mir aber manchmal wünschen, die jetzt schweigende Mehrheit würde ihre Stimme gegen die lautstarke Minderheit erheben.»

Hast du den ESC geschaut?

Folgst du schon 20 Minuten auf Whatsapp?

Eine Newsübersicht am Morgen und zum Feierabend, überraschende Storys und Breaking News: Abonniere den Whatsapp-Kanal von 20 Minuten und du bekommst regelmässige Updates mit unseren besten Storys direkt auf dein Handy.

Deine Meinung

141 Kommentare