Es ist somit zuvorderst auf die vier (im Einklang mit Erwägungsgrund 11 zur VO 2022/2560, kumulativen) Merkmale des Subventionsbegriffs im Sinne des Art. 3 Abs. 1 VO 2022/2560 einzugehen. Hierbei handelt es sich um das Merkmal der Drittstaatlichkeit (I), der finanziellen Zuwendung (II) bzw. des Vorteils (III) und der Selektivität (IV). Im Einklang mit Erwägungsgrund 9 zur VO 2022/2560 soll die Auslegung und die Anwendung der neuen Verordnung dabei im Lichte der einschlägigen Rechtsvorschriften der Union, einschließlich derjenigen über staatliche Beihilfen, Fusionen und öffentliche Aufträge geschehen, worin der klare Wille zum Ausdruck kommt, ein ineinandergreifendes System an europäischen Wettbewerbsregeln zu errichten.

1 Die Drittstaatlichkeit des Subventionsgebers

Zunächst einmal ist der Frage nachzugehen, was unter einem Drittstaat im hiesigen Kontext zu verstehen ist. Während die allgemeine Literaturdefinition noch von Zuwendungen eines Staates oder anderer Verwaltungsträger spricht, definiert der Art. 3 Abs. 1 VO 2022/2560 den Subventionsgeber seinem Wortlaut nach als „Drittstaat“. Die Einordung dieses Tatbestandsmerkmals erscheint logisch, sodass dieses Merkmal im Laufe des Verordnungsgebungsprozesses nicht Gegenstand eines Änderungsvorschlags war.

1.1 Definition des Drittstaates

Es liegt auf der Hand, dass Regelungen betreffend drittstaatliche Subventionen auch nur Drittstaaten treffen können. Eine positive Definition des Begriffs müsste von Art. 1 Abs. 1 EUV ausgehen, aber würde notwendigerweise, vor dem Hintergrund der möglichen Erweiterung der EU, durch Art. 49 AEUV bzw. einem möglichen Austritt aus der EU gemäß Art. 50 AEUV nur eine Momentaufnahme darstellen. Deshalb erscheint es angezeigt, den Begriff negativ zu definieren: Drittstaat ist derjenige Staat, welcher zum Zeitpunkt der Geltung der VO nicht Mitglied der EUFootnote 1 ist, in welchem die europäischen Verträge somit nicht unmittelbar zur Geltung kommen. Das Weißbuch sprach in seinem definitorischen Anhang noch von „Nicht-EU-Staaten“.Footnote 2 Der Begriff „Drittstaat“ und „Nicht-EU-Staat“ sollten daher synonym gelten.

1.2 Die Handlungszurechnung zu einem Drittstaat

Oben konnte gezeigt werden, dass drittstaatliche Zuwendungen nicht nur unmittelbar durch einen Staat, sondern auch mittelbar durch öffentliche, wie private Unternehmen mit offensichtlichem (SOEs) oder undurchsichtigem staatlichen Einfluss gewährt werden können. Im Folgenden ist somit zu klären, welche Kanäle ein Drittstaat zur Subventionierung nutzt bzw. nutzen kann und ob diese durch die Subventionsdefinition der VO 2022/2560 erfasst werden.

Bereits Erwägungsgrund 12 zur VO 2022/2560 geht davon aus, dass eine finanzielle Zuwendung sowohl von öffentlichen wie auch privaten Stellen ausgehen kann. Unstrittig und, sofern nachweisbar, eindeutig angezeigt ist zuvorderst die Subsumtion unmittelbarer staatlicher Zuwendungen unter den Begriff der Drittstaatlichkeit des Subventionsgebers. Diesen Gedanken greift die Bestimmung des Begriffs „finanzielle Zuwendung“ in Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 lit. a) VO 2022/2560 mit der Aussage auf, dass finanzielle Zuwendungen eines Drittstaates insbesondere finanzielle Zuwendungen der Zentralregierung bzw. (öffentlichen) Behörden aller anderen Ebenen umfasst.

Während sich das Europäische Parlament dieser bereits im Kommissionsvorschlag enthaltenen Formulierung anschloss, durch eine Abänderung des betreffenden Erwägungsgrunds jedoch verdeutlichen wollte, dass es anders als von der Kommission vorgesehen, nicht um eine indirekte oder direkte Zuwendung „von einer Behörde eines Drittstaates“, sondern nur um eine solche Zuwendung von „einem Drittstaat“ gehen soll,Footnote 3 schlug der Rat vor, das ursprünglich gewählte Wort „staatlich“ gegen „öffentlich“ zu ersetzen.Footnote 4 Letzterer setzte sich im Rahmen der Trilogverhandlungen schließlich durch, sodass Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 lit. a) VO 2022/2560 heute von den öffentlichen (public) Behörden spricht. Hierbei besteht jedoch hinsichtlich der deutschen Übersetzung ein Defizit, ging die Übersetzung des Weißbuchs hier noch von „staatlichen Behörden“ aus, wurde dies in der konsolidierten Fassung nach Beschlussfassung jedoch nur schlicht als „Behörde“ übersetzt. Maßgeblich ist hier jedoch der eindeutig aus Initiative des Rats geänderte englische Originalwortlaut. Praktische Konsequenzen sollte dieser Übersetzungsfehler jedoch nicht haben. Diese auch in den deutschen Text hineinzulesende Änderung soll dabei mutmaßlich betonen, dass es für die Subsumtion unter die Fallgruppe des Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 lit. b) lit. i) VO 2022/2560 nicht auf die Zugehörigkeit zum Staat, sondern nur zur öffentlichen Gewalt ankommen soll. Unstrittig nicht von der Fallgruppe umfasst sind finanzielle Zuwendungen, die nicht direkt auf die öffentliche Gewalt eines Drittstaates zurückgehen.

Der allgemeine Subventionsbegriff deckt indirekte Zuwendung dabei ebenfalls ab. So greift etwa der Bund zur Vergabe von Subventionen häufig dort auf Private zurück, wo er über keinen eigenen Verwaltungsapparat verfügt.Footnote 5 Erwägungsgrund 12 greift den Gedanken auf und stellt weiterhin fest, dass die Einzelfallbewertung, ob eine Subvention durch einen Drittstaat gewährt wurde, insbesondere auch von der Rolle der Regierung in der Wirtschaft des betreffenden Lands abhängig gemacht werden soll, womit zweifelsohne auf die hier exemplarisch dargestellten Verflechtungen der chinesischen Regierung mit der eigenen Volkswirtschaft angespielt wird.

Zentral hervor hebt die Verordnung hier den Begriff der „Zurechnung“, indem die lit. b) und c) des Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 VO 2022/2560 Zuwendungen durch öffentliche, wie auch private Einrichtungen dann als drittstaatliche Subvention einstufen, wenn „deren Handlungen angesichts aller relevanten Umstände dem Drittstaat zugerechnet werden können“. Für öffentliche Einrichtungen sollen diese Umstände anhand der rechtlichen und wirtschaftlichen Umstände, der Merkmale der betreffenden Einrichtungen und der Rolle der Regierung in der Wirtschaft bewertet werden. Die Zurechnungskriterien unterscheiden insoweit zwischen öffentlichen und privaten Einrichtungen, als dass die Begriffsbestimmung bei öffentlichen Einrichtungen Indikatoren zur Bewertung vorgibt. Aus Erwägungsgrund 12 zur VO 2022/2560 kann darüber hinaus der bereits erwähnte Rückschluss auf eine jeweilige Einzelfallentscheidung gezogen werden, welcher wohl für beide Arten der Einrichtungen gelten soll.

Somit kommt es auf den Nachweis der „Zurechnung“ an, zu welchen jedoch keinerlei Beweisgrundsätze normiert werden. Auch innerhalb des Verordnungsgebungsprozesses kam dies, zumindest öffentlich, nicht zur Sprache. Auf Basis der gezeigten Verzerrungen durch intransparentes Verhalten und die Beteiligung verschiedener öffentlicher wie privater Akteure, kann die Notwendigkeit der Mitumfassung öffentlicher und privater Einrichtungen nur bestätigt werden.

Fraglich bleibt jedoch, ob ein derart unbestimmtes Zurechnungskriterium hierfür die richtige Wahl ist und wie sich dieses unter der VO 2022/2560 bestimmt. Kennzeichnend für die Zurechnungsfrage ist eine vorzunehmende Wertung. Durch diese Wertung stellen sich bereits auf Ebene des drittstaatlichen Handelns nicht eindeutig zu lösende Fragen. Um zu klären, ob eine weniger wertungsabhängige Regelung hätte getroffen werden können, ist der Blick auf ähnlich gelagerte Fälle zu richten und zu fragen, ob mögliche Unterschiede für eine Anpassung des Maßstabs gesprochen hätten.

Wie noch zu zeigen sein wird, trifft das Antisubventionsrecht auf den hier behandelten Verzerrungseffekt auf dem EU-Binnenmarkt zwar nur ganz eingeschränkt zu, dennoch bietet sich auf Grund der thematischen Nähe ein Blick in die dort schon länger bestehenden Regelungen an. Zusammengefasst regelt die 2016 neu erlassene und damit gemäß ihres Art. 35 die Vorgänger VerordnungFootnote 6 ersetzende Verordnung 2016/1037 (AS-GVO),Footnote 7 dass die subventionierte Wareneinfuhr in die EU, die beim europäischen Wirtschaftszweig, der gleichartige Waren produziert, eine bedeutende Schädigung herbeiführt, durch ein Antisubventionierungsinstrument zu schützen ist.Footnote 8

In Art. 3 AS-GVO wird der Begriff der Subvention für den Anwendungsbereich der Verordnung (Art. 1) legal definiert. Auffällig ist hierbei, vorerst unabhängig von den weiteren Regelungen, dass die Definition in all ihren Varianten stets an der „Regierung im Ursprungs- oder Ausfuhrland“ ansetzt. Insoweit wird vom Wortlaut her nicht auf den Drittstaat an sich, sondern vielmehr nur auf dessen Regierung, neben einem damit verbundenen Vorteil, als eine von zwei KomponentenFootnote 9 der Definition abgestellt.

Der Begriff „Regierung“ ist jedoch in seinem Sinngehalt weit auszulegen und umfasst unter Berücksichtigung von Art. 2 lit. b) AS-GVO, jede öffentliche Körperschaft im Ursprungs- oder Ausfuhrland auf allen Ebenen. Die Subvention soll nämlich auch dann als von einer Regierung geleistet gelten, wenn sie über einen Dritten gewährt wird.

Hierfür spricht insbesondere der Wortlaut des Art. 1 AS-GVO, welcher von „mittelbaren und unmittelbaren“ Subventionen spricht und insoweit im Einklang mit Art. XVI GATT 1994Footnote 10 im Allgemeinen und mit Art. 1 des WTO-Übereinkommens über Subventionen und AusgleichsmaßnahmenFootnote 11 im Besonderen steht. Somit fallen neben Landes- und Gemeindeorganen sowie nachgeordnete Dienststellen, auch Körperschaften des öffentlichen Rechts, die nicht im Rahmen der Hoheitsverwaltung tätig werden, in bestimmten Fällen unter den Regierungsbegriff. In einem Fall bezüglich US-Ausgleichszöllen auf chinesische Einfuhren, hat der Appellate Body (AB) in Auslegung des völkerrechtlichen Abkommens festgestellt, dass unter einer „öffentlichen Körperschaft“ organisatorische Einheiten zu verstehen sind, die Hoheitsgewalt besitzen oder ausüben, oder denen Hoheitsgewalt übertragen wurde.Footnote 12 Ebenso ist die finanzielle Leistung dann der Regierung zuzuordnen, wenn die Regierung eine private Organisation anleitet, bestimmte Leistungen zu gewähren, die normalerweise von öffentlichen Stellen geleistet werden.Footnote 13 Mit diesem, aus dem WTO-Recht stammenden Grundsatz wird ausgeschlossen, dass sich eine Regierung ihren Verpflichtungen aus dem WTO-Subventionsübereinkommen dadurch entzieht, dass private Akteure in den Prozess der finanziellen Vorteilsgewährung eingeschaltet werden.Footnote 14

Böhm stellt in seiner Untersuchung zu den „Strukturen internationalen Subventionsrechts“ unter Bezugnahme auf die Streitbeilegungsorgane des WTO-Subventionsübereinkommens heraus, unter welchen fünf Voraussetzungen eine grundsätzlich durch Private gewährte Subvention dem Staat zuzurechnen ist. Er hält insoweit fest, dass eine Regierung oder öffentliche Körperschaft (1) ein privates Rechtssubjekt anweisen muss (2), eine oder mehrere als finanzielle Beiträge eingestuften Praktiken wahrzunehmen (3), die normalerweise der Regierung obliegen (4) und die sich in keiner Weise von den Praktiken unterscheiden, die normalerweise von den Regierungen ausgeübt werden (5).Footnote 15 Wenn die Regierung eine wesentliche Beteiligung an der privaten Organisation hält, wird eine derartige Anleitung zur Subventionsgewährung oft anzunehmen sein und kann oft der wichtigste Faktor in dieser Frage sein, begründet jedoch nicht die widerlegbare Vermutung einer öffentlichen Körperschaft.Footnote 16

Im Ergebnis ist demnach auch im Antisubventionsrecht stets eine, wenn auch nicht explizit vom Wortlaut so genannte, Zurechnungsfrage zu beantworten. Anders als in der VO 2022/2560 stellt die AS-GVO zwar auf einen scheinbar besser greifbaren Ansatzpunkt der „Regierung“ ab, dennoch kommt auch dieser Ansatz nicht ohne eine Zurechnung im Einzelfall aus. Der gewählte Ansatz der VO 2022/2560 spiegelt damit nur die Erfahrungen mit anderen Rechtsinstrumenten wider. Insbesondere dem Weißbuch der Kommission kann die Absicht entnommen werden, die für die Frage der Zurechnung im Rahmen der AS-GVO unter Bezugnahme auf das WTO-Subventionsübereinkommen entwickelte Beurteilungspraxis, in die Praxis der neuen Verordnung zu übernehmen. Dies erschließt sich insbesondere als eine Schlussfolgerung aus der Feststellung, dass der Begriff „Subvention aus einem Drittstaat“ zum Zwecke der VO 2022/2560 seine Stütze in der AS-GVO findet und aus der hinsichtlich privater Handlungen fast wortgleichen Erläuterung in Fußnummer 61 des Anhangs I.Footnote 17 Der Vollständigkeit halber sei noch darauf verwiesen, dass an eben gleicher Stelle auf die EU-Verordnung zur Sicherstellung des Wettbewerbs im LuftverkehrFootnote 18 hingewiesen wird, welche hinsichtlich ihrer Begriffsdefinition in Art. 2 Abs. 9 VO 2019/712 ebenso als Grundlage des drittstaatlichen Subventionsbegriffs herangezogen werden soll. Aus diesem Verweis ergeben sich jedoch keine neuen Erkenntnisse.

Besonders die Feststellung, dass wesentliche Beteiligungen eine Zurechnung eines privaten Unternehmens zu einem Drittstaat indizieren können, scheint vor dem hier gewählten Anwendungsbeispiel China mit seinen unzähligen SOEs, interessant. So wurde oben als ein Problem des Verzerrungseffekts auf dem EU-Binnenmarkt im Anwendungsbeispiel China herausgearbeitet, dass viele wirtschaftliche Tätigkeiten, die potentiell eine Subvention im Sinne der VO 2022/2560 darstellen könnten, gerade nicht von einem Drittstaat unmittelbar ausgehen, sondern vielmehr durch oder zu Gunsten von SOEs ausgeübt werden.

Es ist somit zu begrüßen, dass der Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 lit. b) und c) VO 2022/2560 im Lichte der Erfahrungen mit Instrumenten wie des AS-GVO die Möglichkeit eröffnet, Zuwendungen, die nur indirekt dem Staat zugeordnet werden können, entsprechend zuzurechnen. Damit dürfte die Begriffszustimmung einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass sich ein Drittstaat in ihrer Subventionspraxis nicht ins Privatrecht flüchtet. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang darauf, dass nach chinesischer Ansicht im Rahmen des WTO-Rechts eine funktionale Äquivalenz eines SOEs mit einer Regierung zur Zurechnung eines solchen zum Staat erforderlich sei, wohingegen ein europäisches (und auch US-amerikanisches) Verständnis, wie gesehen, bereits staatliche Mehrheitsbeteiligungen ausreichen lassen.Footnote 19

Darüber hinaus sei abschließend ein Blick in das mitgliedsstaatliche Beihilferecht (Art. 107 AEUV) geworfen, wo es ebenfalls nach ganz herrschender Meinung in Literatur und Rechtsprechung als zentrales Zuordnungskriterium ebenso um die Frage der Zurechenbarkeit einer Handlung zum Staat geht.Footnote 20 Eine einen Vorteil gewährende Maßnahme eines Mitgliedsstaates, auch durch ein öffentliches Unternehmen,Footnote 21 muss diesem zurechenbar sein.Footnote 22 Im Falle einer Maßnahme, die über ein Unternehmen abgewickelt wird, muss geprüft und nachgewiesen werden, dass eine staatliche Stelle in irgendeiner Weise am Erlass der Maßnahme beteiligt war.Footnote 23 In diesem Kontext interessant erscheint das kürzlich zur Frage der Zurechnung bei öffentlichen Unternehmen ergangene Rechtsmittelurteil Comune di Milano des EuGHs, in welchem dieser bekräftigte, dass es für die Zurechenbarkeit im Beihilferecht nicht ausreiche, dass die Vorteile von einem staatlich kontrollierten Unternehmen gewährt wurden.Footnote 24 Auch wenn der Staat in der Lage ist, ein öffentliches Unternehmen zu kontrollieren und einen beherrschenden Einfluss auf dessen Tätigkeiten auszuüben, kann nämlich nicht ohne Weiteres vermutet werden, dass diese Kontrolle in einem konkreten Fall tatsächlich ausgeübt wird. Vielmehr muss nachvollzogen werden, ob davon auszugehen ist, dass die Behörden in irgendeiner Weise am konkreten Erlass dieser Maßnahmen beteiligt waren.Footnote 25

Unter Bezugnahme auf die Zurechnungskriterien nach der AS-GVO und dem WTO-Subventionsübereinkommen bei privaten Akteuren könnte man insoweit auch von einer „Anleitung“ sprechen. Die Zurechenbarkeit einer Beihilfemaßnahme eines öffentlichen Unternehmens an den Staat kann dabei aus einer Gesamtheit von Indizien abgeleitet werden, die sich aus den Umständen des konkreten Falles und aus dem Kontext ergeben, in dem diese Maßnahme ergangen ist.Footnote 26 Insbesondere ist jedes Indiz von Bedeutung, das im konkreten Fall entweder auf eine Beteiligung der Behörden bzw. (zumindest) die Unwahrscheinlichkeit des Fehlens einer Beteiligung am Erlass einer Maßnahme hinweist; wobei auch deren Umfang, ihr Inhalt oder ihre Bedingungen zu berücksichtigen sind, oder auf das Fehlen einer Beteiligung der Behörden am Erlass dieser Maßnahme zurückzuführen ist.Footnote 27 Durch die Regelungsnähe des Beihilferechts und der neuen VO 2022/2560 ist davon auszugehen, dass ähnliche oder sogar gleiche Bewertungsmaßstäbe auch in die Anwendungs- und Rechtsprechungspraxis hinsichtlich der neuen VO Einzug finden werden.

Hinsichtlich der eingangs zu diesem Abschnitt gestellten Ausgangsfrage eines möglicherweise eher geeigneten Bewertungsmaßstabs anstelle der Zurechnung kann nach alledem festgehalten werden, dass auch andere Rechtsinstitute im Ergebnis nicht ohne die Frage der Zurechnung auskommen. Insoweit scheint die Eizellfallbetrachtung der Zurechnung ein gebotenes Mittel, um einer abstrakten Definition einen möglichst umfassenden Anwendungsbereich einzuräumen. Die etablierten Maßstäbe aus dem Antisubventions- und Beihilferecht werden dabei eine entscheidende Rolle bei der Anwendung der neuen Vorschriften einnehmen. Die Definition des Art. 3 Abs. 1 VO 2022/2560 ist somit in ihrer Begriffsdefinition nach der hier vertretenen Auslegung geeignet, die vielschichtige und undurchsichtige Gemengelage einer Zuwendung aus einem Drittstaat, dem Grunde nach zu regeln. Gleichwohl ungeklärt bleiben vorerst die Fragen des jeweiligen Nachweises, die jedoch nicht Gegenstand der Begriffsdefinition, sondern vielmehr der später folgenden Erörterung der Ermittlungsbefugnisse sind.

2 Das Merkmal der „finanziellen Zuwendung“

Die Antwort auf die Frage, was unter einer „finanziellen Zuwendung“ eines Drittstaates als Subventionsgeber zu verstehen ist, gestaltet sich komplex. Die oben eingeführte allgemeine Definition einer Subvention durch die Literatur spricht von einer „finanziellen Zuwendung oder einem geldwerten Vorteil“, wodurch sich belegen lässt, dass die Frage nach der Zuwendung bzw. dem Vorteil die essenzielle Frage der Begriffsbestimmung ist. Im nationalen Recht hat sich rechtsdogmatisch, auf Basis der verschiedenen rechtlichen Anforderungen, eine Unterscheidung in Finanzhilfen und Verschonungssubventionen etabliert.Footnote 28 Auch nach Auffassung der Unionsgerichte umfasst das Beihilfeverbot in Art. 107 AEUV nicht nur positive Leistungen, sondern auch Maßnahmen, die in verschiedenen Formen die Belastungen vermeiden, welche ein Unternehmen normalerweise zu tragen hat.Footnote 29 In der Literatur wird versucht, Subventionen in diesem Zusammenhang zu kategorisieren, namentlich zwischen Leistungs- und Verschonungssubventionen zu unterscheiden.Footnote 30

Art. 3 Abs. 2 UAbs. 1 VO 2022/2560 greift all diese Gedanken aus dem Beihilferecht und der Literaturdefinition auf und definiert den Begriff der „finanziellen Zuwendung“ weiter, indem dieser zum Zwecke dreifach aufgeteilt wird. Dem Parlament und dem Rat war es in diesem Zusammenhang im Rahmen des Verordnungsgebungsverfahren wichtig zu betonen, dass es sich bei der folgenden Aufzählung um eine nicht abschließende Liste an Fallgruppen handelt. So waren es diese beiden Institutionen, die in Änderung des Kommissionsvorschlags den Zusatz „unter anderem“ in den Art. 3 Abs. 2 UAbs. 1 VO 2022/2560 aufnehmen wollten.Footnote 31 Dies ist sodann auch erfolgt.

Nach lit. a) umfasst eine finanzielle Zuwendung „den Transfer von Geldern oder Verbindlichkeiten, wie etwa Kapitalzuführungen, Zuschüsse, Kredite, Kreditgarantien, Steueranreize, Ausgleich von Betriebsverlust, Ausgleich für von öffentlichen Stellen auferlegte finanzielle Belastungen, Schuldenerlass, Schuldenswaps oder Umschuldungen“. Was zusammenfassend als eine erste Säule eines (potenziellen) direkten Transfers von Geldern oder Verbindlichkeiten umschriebenFootnote 32 werden kann. Gemäß der lit. b) und c) umfassen finanzielle Zuwendungen darüber hinaus zwei weitere Säulen, namentlich den Verzicht auf ansonsten fällige Einnahmen, wobei hierfür mit Steuerbefreiungen oder der Einräumung ausschließlicher Rechte ohne angemessene Vergütung noch Fallbeispiele genannt werden bzw. die Bereitstellung oder den Erwerb von Waren oder Dienstleistungen. Es bedarf mithin einer tiefergehenden Analyse dieser drei Säulen, um der Frage nachzugehen, ob die finanzielle Zuwendung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 VO 2022/2560 als zentrales Kriterium für die Definition einer drittstaatlichen Subvention angemessen ist. Dabei sind einerseits die Auslegung und Anwendung des Kriteriums im Lichte des bestehenden Recht von Bedeutung. Gleichzeitig ist zu hinterfragen, ob durch das Kriterium all diejenigen Effekte erfasst sind, die grundsätzlich zu einer Verzerrung auf dem EU-Binnenmarkt führen können.

2.1 Historischer Kontext

Vorab sei dabei kurz auf den historischen Kontext des Merkmals der finanziellen Zuwendung als Merkmal unzähliger Subventionsdefinitionen eingegangen. Im Unterschied zur positiven Feststellung des Art. 3 Abs. 1 VO 2022/2560, wurde in den Anfängen der Antisubventionsrechtsprechung danach gefragt, ob eine direkte oder indirekte Maßnahme eine Belastung der öffentlichen FinanzenFootnote 33 darstellt. Anders als die heutigen Verordnungen, enthielt ein früherer Vorläufer der AS-GVO, die Verordnung Nr. 2176/84/EG nämlich gerade keine Subventionsdefinition. Dies galt gleichermaßen für alle übrigen Rechtsakte.Footnote 34 In seiner Fediol Rechtsprechung entschied der EuGH sodann, dass ein wesentliches Element des Subventionsbegriffes nach der Rechtslage 1988 die Gewährung eines wirtschaftlichen Vorteils zu Lasten des Staatshaushalts war.Footnote 35 Die Kommission veröffentlichte zu ihrem Verordnungsentwurf zur VO 3284/94, d. h. derjenigen Verordnung, die erstmals die Subvention positiv legal definiert, lediglich die Begründung, dass die Definition der Subvention wörtlich die des WTO-Subventionsübereinkommens übernimmt.Footnote 36 Durch die Regelung wurde die Fediol Rechtsprechung grundsätzlich obsolet.

Der Gedanke der positiven Regelung spiegelt sich heute auch in Art. 3 der VO 2022/2560 wider. Dabei fand sich bereits im Weißbuch der Ansatz zur positiven Definition des finanziellen Vorteils,Footnote 37 der auch im Laufe des Verordnungsgebungsprozesses nicht grundsätzlich in Frage gestellt wurde. Lediglich über den konkreten Katalog des Art. 3 Abs. 2 UAbs. 1 VO 2022/2560 und die Ergänzung des Unterabsatzes um den Zusatz, dass eine finanzielle Zuwendung auch in der unzureichenden Vergütung besonderer oder ausschließlicher Rechte begründet liegen kann, bestand Streit.Footnote 38 Der zuletzt genannte Zusatz hat es gleichwohl in den finalen Verordnungstext geschafft, wohingegen dem Änderungswunsch des Parlaments, unter lit. c) die Bereitstellung oder den Erwerb von Waren oder Dienstleistungen dann nicht dem Begriff der finanziellen Zuwendung unterfallen zu lassen, wenn die Bereitstellung oder der Erwerb im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens stattgefunden hat, im Rahmen der Trilogverhandlungen nicht übernommen wurde.Footnote 39

2.2 Säule eins – die aktive Leistung eines Drittstaates

Unternehmen können im Ausland drittstaatliche Zuschüsse zur Unterstützung ihrer bestehenden Tätigkeit in der EU erhalten.Footnote 40 Derartige Zuschüsse sind die Grundlage für den Paradefall des Verzerrungseffektes auf dem EU-Binnenmarkt und sind dem Grunde nach unstrittig geeignet, eine „finanzielle Zuwendung“ und damit auch grundsätzlich eine Subvention darzustellen. Ebenso können Drittstaaten Unternehmen in der EU billigere Finanzierungen gewähren oder sie können einer Muttergesellschaft mit Sitz außerhalb der EU eine Subvention gewähren, die durch konzerninterne Transaktion an die in der EU ansässige Tochtergesellschaft weitergeleitet wird.Footnote 41 Dies sind nur einige wenige Beispiele für die Handlungsmöglichkeiten eines Drittstaates.

Um den unterschiedlichen Situationen bereits abstrakt-generell Rechnung zu tragen, ist der Wortlaut des Art. 3 Abs. 2 UAbs. 1 lit. a) VO 2022/2560 zweigeteilt. Der Einleitungsteil („den Transfer von Geldern oder Verbindlichkeiten“) erscheint hierbei als direkte Ausdifferenzierung des Begriffs „finanzielle Zuwendung“, während die darauffolgende Aufzählung (beginnend mit „… wie etwa“) eine nicht abschließende Konkretisierung der betreffenden „Gelder oder Verbindlichkeiten“ darstellt. Lit. a) ist dabei durch die Notwendigkeit einer aktiven Handlung des Drittstaates in Richtung des Begünstigten gekennzeichnet.

Darüber hinaus verbirgt sich bei genauerem Hinsehen eine Zweiteilung, welche anschaulich an einem Wortlautvergleich zu Art. 3 Nr. 1 lit. a) ziff. i) AS-GVO und dem wortgleichen Art. 1 Abs. 1.1 Nr. 1 lit. i) WTO-Subventionsübereinkommen erläutert werden kann. Anders als die zuletzt genannten Bestimmungen, unterscheidet der Wortlaut der VO 2022/2560 nicht zwischen einem „direkten und potentiell direkten Transfer“, sondern spricht vielmehr nur von „Transfer“.

Setzt man diesen „Transfer“ nun in Relation zu der nicht abschließenden Auflistung an Beispielen, so fällt auf, dass die genannten Ereignisse der Kreditgarantien und Steueranreize, gerade keinen Transfer von Geldern oder Verbindlichkeiten darstellen. Sie lassen sich vielmehr nur unter den Begriff des potenziell direkten Transfers von Geldern oder Verbindlichkeiten subsumieren. Hieraus lässt sich schließen, dass trotz unterschiedlichem Wortlaut keine Abweichung zu den etablierten Bewertungsmaßstäben aus den vergleichend herangezogenen Rechtsinstituten entstehen soll.Footnote 42 Einzig die Diskussion darüber, ob auch tatsächliche Verbindlichkeitsübernahmen eines Unternehmens durch den Staat unter den Begriff des potentiellen Transfers fallen, sollte mit dieser Wortlautveränderung Rechnung getragen sein. Nicht nur die Sicherung einer Verbindlichkeit, auch die Übernahme einer Verbindlichkeit stellt mithin eine drittstaatliche Subvention dar.Footnote 43

Im Übrigen wirft der Wortlaut wenige kommentierungsbedürftige Fragen auf und kann als weitestgehend selbsterklärend angesehen werden. Einzig sei an dieser Stelle noch darauf hingewiesen, dass bei rückzuzahlenden Krediten nicht der volle Kreditbetrag als Subvention anzusehen ist, sondern lediglich der Unterschiedsbetrag zwischen den Zinsen, die das Unternehmen auf dem freien Kreditmarkt zu zahlen hätte und dem Zinsbetrag, der tatsächlich zu entrichten war, denn nur in diesem Ausmaß ist ein Vorteil gewährt worden.Footnote 44 Dies ist in solchen Fällen zu beachten, in denen für das Aufgreifen einer Subvention zur Prüfung ein bestimmter Wert der Subvention erreicht werden muss.

2.3 Säule zwei – der Verzicht auf ansonsten fällige Einnahmen

Ein finanzieller Beitrag zugunsten eines Unternehmens kann nicht nur darin bestehen, aktiv eine Leistung oder Sicherheit zu erhalten. Stattdessen kann ein drittstaatlicher Beitrag auch darin liegen, es zu unterlassen grundsätzlich fällige Einnahmen einzutreiben.

Ein Unternehmen steht der öffentlichen Hand immer irgendwie in einer Schuldnerrolle gegenüber. Naheliegendes Beispiel sind hier zu zahlende Steuern.Footnote 45 Wollen die öffentlichen Gläubiger einem Unternehmen also einen Vorteil zukommen lassen, so bietet sich als eleganter und diskreter Weg der Erlass, der Verzicht, die Ermäßigung, die Stundung oder die lediglich faktische Nichtdurchsetzung solcher Forderungen an.Footnote 46 Diese Fallgruppe der finanziellen Zuwendung wird somit nicht durch den aktiven Transfer von Mitteln auf den Subventionsnehmer sondern vielmehr dadurch charakterisiert, dass ein Transfer vom Subventionsnehmer auf den Subventionsgeber unterbleibt und finanzielle Mittel auf diese Weise beim Empfänger verbleiben.Footnote 47

In Abgrenzung zu lit. a) können unter die Fallgruppe der lit. b) nur solche fälligen Einnahmen (des Staates) fallen, die nicht bereits unter lit. a) genannt wurden. Die Formulierung ähnelt auch in dieser Fallgruppe sehr stark derer in Art. 3 Nr. 1 lit. a) ziff. ii) AS-GVO und seiner wortgleichen Vorlage in Art. 1 Abs. 1.1 Nr. 1 lit. ii) WTO-Subventionsübereinkommen. Exemplarisch führen diese Rechtsakte Steueranreize wie Steuergutschriften als Anwendungsbeispiel an. Art. 3 Abs. 2 UAbs. 1 lit. b) VO 2022/2560 tat dies im Kommissionsentwurf nicht.Footnote 48 Mutmaßlich auf Basis der bereits erläuterten und gewollten Anlehnung an die AS-GVO und damit an das WTO-Subventionsübereinkommen präferierte der Rat jedoch eine Erweiterung des Wortlauts um „Steuerbefreiungen“.Footnote 49 Das Parlament vertrat hier die Auffassung, die Einräumung unzureichend vergüteter besonderer oder ausschließlicher Rechte sei als besonderes Regelbeispiel in den Wortlaut aufzunehmen.Footnote 50 Letztlich wurden beide Fallgruppen in den Verordnungstext übernommen. In Abgrenzung zu den in Bezug genommenen Vorschriften besteht in der neuen VO darüber hinaus keine Rückausnahme, wie sie sich in Art. 3 Nr. 1 lit. a) ziff. ii) S. 2 AS-GVO findet. Einer derart produktspezifischen Erleichterung bedarf es auf Basis der unterschiedlichen Ansatzpunkte der Regelungen in der VO 2022/2560 auch nicht.

Die Art und Weise der Begünstigung kann in der Fallgruppe der lit. b) trotz ihres kurzen Wortlautes jedoch ebenso vielschichtig wie undurchsichtig sein. Zum einen können gänzliche oder teilweise AbgabebefreiungFootnote 51 zu einer finanziellen Begünstigung auf Seiten eines Unternehmens führen. Gleiches gilt für eine Anpassung der ZahlungsmodalitätenFootnote 52 in Form von Stundungen, Verschiebung der Fälligkeit oder sonstigen Erleichterungen, die nicht einer Befreiung entsprechen. Beide Formen der Begünstigung, welche neben dem Antisubventionsrecht auch im Beihilferecht etabliert sind,Footnote 53 lassen sich problemlos unter den Begriff „Verzicht“ subsumieren. Fraglich ist jedoch, ob dieses auch für den naheliegenden Fall des „Vergessens“ gilt. Allein seiner Wortbedeutung nach, setzt ein „Verzicht“ stets eine aktive Entscheidung voraus. Die reine Untätigkeit ist folglich nicht ohne weiteres unter dem „Verzicht“ zu subsumieren. Verdeutlicht wird dies schließlich auch durch den Wortlaut der AS-GVO und des WTO-Subventionsübereinkommens, in dessen Sinne es eine Begünstigung darstellt, wenn der Staat seine Forderung trotz Fälligkeit (bewusst oder unbewusst) nicht erhebt.Footnote 54

In Art. 3 Abs. 2 UAbs. 1 lit. b) VO 2022/2560 findet sich dieser Ansatz jedoch gerade nicht wieder. Anders als in der bisherigen vergleichenden Argumentation kann für diesen Punkt aber nicht ohne Weiteres auf eine sinngemäße Anwendung der etablierten Grundsätze verwiesen werden. Dies könnte etwa damit begründet werden, es handele sich lediglich um einen Redaktionsfehler und die deutliche Orientierung der Norm an bestehenden Normen des Antisubventionsrechts rechtfertige ein solches Verständnis innerhalb der mutmaßlich unfreiwilligen Regelungslücke. Hiergegen spricht jedoch die Entstehungsgeschichte der Verordnung.

In dem 2020 veröffentlichten Weißbuch der Kommission wurde in dessen Anlage I der Subventionsbegriff noch mit dem „Verzicht auf oder die Nichterhebung von öffentlichen Abgaben“ bestimmt. Damit übernahm die Kommission die Definition des WTO-Subventionsabkommens.Footnote 55 Der 2021 veröffentlichte Vorschlag der Kommission für eine Verordnung enthielt diesen Zusatz jedoch nicht mehr. Auch hat er im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens keinen Einzug mehr in den Verordnungstext gefunden, sodass mangels anderweitiger Anhaltspunkte drauf geschlossen werden könnte, dass dieser Fall gerade nicht unter das neue Regelungsregime fallen sollte. Interessant erscheint es in diesem Zusammenhang, dass sich die Kommission in ihrem Verordnungsentwurf nicht nur bewusst gegen die Übernahme bestehender Regelungen aus der AS-GVO wandte, sondern auch gegen etablierte Grundsätze aus dem mitgliedstaatlichen Beihilferecht. Auch hier wird die schlichte Nichtdurchsetzung von Forderungen ohne eine Gegenleistung unter dem Beihilfebegriff subsumiert.Footnote 56

Dies wirft die Frage auf, ob die damit einhergehende Verengung gewollt ist. Anders als das Antisubventions- und Beihilferecht würde bei einem derartigen Verständnis die neue Verordnung alle Fälle reiner Untätigkeit nicht als Subvention erfassen. Dies würde dem sachlichen Anwendungsbereich eine möglicherweise folgenreiche Lücke bescheren.

Gleichzeitig kann es bei der Auslegung von europäischen Sekundärrechtsnormen nicht auf die Intention der Kommission, sondern nur auf die des Verordnungsgebers, sprich auf die Intention des Parlaments und des Rates als Volksvertretung der Union ankommen. Nicht zuletzt den Änderungsanträgen des Parlaments und des Rates ist, sowohl für den Art. 3 Abs. 2 UAbs. 1 VO 2022/2560 selbst, als auch für den ihn erläuternden Erwägungsgrund 12 zur VO 2022/2560 zu entnehmen, dass beide Institutionen eine möglichst weite Auslegung präferieren. So legte das Parlament Wert auf die Feststellung, dass die Fallgruppen (Säulen) des Absatzes zwei nur beispielhaft seien.Footnote 57 Gleiches gilt für den Rat,Footnote 58 sodass dem ursprünglichen Wortlaut des Kommissionsentwurfs zu Art. 3 Abs. 2 UAbs. 1 VO 2022/2560 der Zusatz „unter anderem“ hinzugefügt wurde. Allerdings ist auch zu beachten, dass gerade der Rat dafür plädierte, das Beispiel der Steuerbefreiung zusätzlich in den Art. 3 Abs. 2 UAbs. 1 lit. b)  VO 2022/2560 aufzunehmen.Footnote 59 Führt man sich vor Augen, dass dieses Beispiel seine Grundlage im WTO-Recht findet und die dortige Formulierung die Nichterhebung gerade neben den Verzicht stellt, so kann daraus geschlossen werden, dass den Volksvertretern der Umstand, dass die Formulierung von bisherigen Wortlauten abweicht, durchaus bekannt war und gerade keine positive Regelung getroffen wurde. Besonders dieser Umstand spricht deutlich gegen das Argument, die Verordnungsgeber hätten sich durch die Betonung einer weiten Auslegung auch für eine Einbeziehung von den gegenüber dem vorherigen Wortlaut des Kommissionsentwurfs gestrichenen Umständen entschieden.

Aus Sicht des Verfassers überwiegen somit die Argumente gegen eine (analoge) Anwendung der etablierten Grundsätze, mit der Konsequenz, dass reine Untätigkeit eines Drittstaats, die eine Nichterhebung von sonst fälligen Einnahmen zur Folge haben, nicht von dem Begriff der finanziellen Zuwendung und damit auch nicht vom Subventionsbegriff erfasst sind. Dies eröffnet die Exkulpationsmöglichkeit über die Aussage, der Drittstaat hätte die Einnahme schlechthin vergessen. Endgültige Klarheit wird hier zukünftig nur die diesbezügliche Gemeinschaftsrechtsprechung bringen.

2.4 Säule drei – Bereitstellung oder Erwerb von Waren oder Dienstleistungen

Schließlich kann die finanzielle Zuwendung zur Begründung einer Subvention auch darin bestehen, dass der Drittstaat, bzw. die ihm nach den dargestellten Maßstäben zuzurechnenden (privaten oder öffentlichen) Akteure, Waren oder Dienstleistungen erwerben oder bereitstellen. Bereits dem Wortlaut nach sind somit zwei gänzlich unterschiedliche Situationen umfasst. Im Falle der Bereitstellung von Waren oder Dienstleistungen durch den Drittstaat tritt der Subventionsempfänger als Gläubiger dem Subventionsgeber gegenüber. Im Falle des Erwerbs hingegen ist der Subventionsempfänger der Schuldner von Waren oder Dienstleistungen gegenüber dem Subventionsgeber. Wenig überraschend orientiert sich auch die lit. c) an den jeweiligen Vorschriften in der AS-GVO und im WTO-Subventionsübereinkommen. In Ersterem heißt es in Art. 3 Nr. 1 lit. a) ziff. ii) AS-GVO, dass eine finanzielle Beihilfe dann vorliegt, wenn „eine Regierung Waren oder Dienstleistungen, die nicht zur allgemeinen Infrastruktur gehören, zur Verfügung stellt oder Waren kauft.“ Im Hinblick auf dessen WTO-Vorlage wird davon ausgegangen, dass eine finanzielle Beihilfe dann vorliegt, wenn die öffentliche Hand eine Dienstleistung zu einem geringeren als dem dafür angemessenen Preis bereitstellt oder die Waren zu einem höheren als dafür angemessenen Preis kauft.Footnote 60 Diese Grundsätze werden sich auch für die neue Verordnung übernehmen lassen.

Im Unterschied zu den bereits existierenden Regelungen ist der Anwendungsbereich der VO 2022/2560 in seiner lit. c) jedoch weiter gefasst. Die AS-GVO umfasst gerade nicht den Fall, dass Dienstleistungen durch den Subventionsgeber als Gläubiger mit berücksichtigt sind. Vielmehr kann bei Dienstleistungen der Subventionsgeber nur als Schuldner auftreten. Dies ergibt sich aus dem Umkehrschluss, dass nur Waren durch den Subventionsgeber gekauft werden können, während in der anderen Fallgruppe Waren oder Dienstleistungen durch den Subventionsnehmer zur Verfügung gestellt werden können. Die Ausnahme, dass finanzielle Zuwendungen in Form des Erwerbs von Dienstleistungen nicht unter die AS-GVO fallen und insoweit der Anwendungsbereich kleiner ausfällt, begründet sich darin, dass die AS-GVO auf Basis des WTO-Subventionsübereinkommen ausschließlich für subventionierte Einfuhren von Waren aus Drittländern gilt.Footnote 61 Die VO 2022/2560 spricht hingegen davon, dass Waren oder Dienstleistungen bereitgestellt oder erworben werden können. Diese Formulierung eröffnet somit sowohl bei Waren als auch bei Dienstleistungen jeweils den gleichen Anwendungsbereich und dient so dazu, die herausgearbeiteten Wege potenzieller Verzerrung so weit wie möglich zu erfassen.

Weiterhin findet sich in Abgrenzung zur AS-GVO und damit auch zum WTO-Subventionsübereinkommen in lit. c) keinerlei Zusatz derart, dass die bereitgestellten Waren oder Dienstleistungen „nicht zur allgemeinen Infrastruktur gehören“ dürfen. Diese Rückausnahme entfällt somit, was ebenfalls für eine möglichst weite Auslegung der Fallgruppe spricht.

Dabei orientiert sich auch die lit. c) darüber hinaus am europäischen Beihilfebegriff. Eine mitgliedsstaatliche Beihilfe liegt nach Art. 107 AEUV auch dann vor, wenn die Lieferung von Gegenständen und die Bereitstellung von Gütern und/oder Dienstleistungen zu Vorzugsbedingungen erfolgt.Footnote 62 Gleiches gilt für die unentgeltliche Vergabe handelbarer EmissionszertifikateFootnote 63 sowie für die unentgeltliche Übertragung von Flächen des nationalen Naturerbes an Naturschutzorganisationen.Footnote 64 Primär vom Beihilfebegriff nicht umfasst wird hingegen die Fallgruppe des Erwerbs von Waren oder Dienstleistungen, da hier insoweit vorrangig das Vergaberecht und dessen Vergaberechtswidrigkeit als Sekundärrecht einschlägig wären. In diesem Zusammenhang plädierte das Parlament dafür, die Fallgruppe der VO 2022/2560 unter die Einschränkung zu stellen, dass sie zu verneinen ist, wenn „die Bereitstellung oder der Erwerb (…) im Rahmen eines wettbewerbsorientierten, transparenten, diskriminierungsfreien und bedingungsfreien Ausschreibungsverfahren“ erfolgt ist.Footnote 65 Ziel war mithin, dann eine finanzielle Zuwendung zu verneinen, wenn die Bereitstellung oder der Erwerb unter einer dem EU-Vergaberecht vergleichbaren Situationen stattgefunden hat. Im Rahmen der Trilogverhandlungen konnte man sich jedoch nicht auf diese Einschränkung der lit. c) einigen. Eine Begründung mag darin liegen, dass es aus europäischer Sicht äußerst schwer werden dürfte, die Umstände eines solchen Ausschreibungsverfahren in einem Drittstaat zweifelsfrei nachzuvollziehen. Gleichwohl hat der Passus seine Aufnahme in Erwägungsgrund 13 zur VO 2022/2560 gefunden und wird somit bei der Auslegung und Anwendung der lit. c) zu berücksichtigen sein.

2.5 Die Geeignetheit der „finanziellen Zuwendung“ und ihre Betrachtung im Kontext der Problemstellung

Nachdem nun die drei Säulen der „finanziellen Zuwendung“ dargelegt wurden, soll abschließend gefragt werden, ob das gewählte Tatbestandsmerkmal auch geeignet ist, die dem Verzerrungseffekt auf dem EU-Binnenmarkt zugrunde liegenden Probleme zu erfassen.

Für die Beantwortung der Frage können Referenzen aus dem Antisubventions- und Beihilferecht der Schlüssel zur Antwort sein. Bei einer solchen vergleichenden Analyse ist jedoch zu beachten, dass die Zielsetzung der AS-GVO im Einklang mit Art. XVI GATT 1994 ein produktspezifischer Preisansatz bei einer Subventionierung eines in den EU-Binnenmarkt zu importierenden Gutes ist. In Abgrenzung hierzu setzt die VO 2022/2560 an den Fragen der Binnenmarktverzerrungen durch Subventionen an, die gerade nicht produktspezifisch sind. Hiermit lässt sich auch ein wörtlicher Unterschied erklären. Die AS-GVO spricht nicht von einer „finanziellen Zuwendung“, sondern von einer „finanziellen Beihilfe“, womit mutmaßlich betont werden soll, dass die Quelle der finanziellen Mittel gerade nicht nur unmittelbar staatlicher Natur sein muss, sondern diese Mittel, wie bereits unter der Frage der Zurechnung gesehen, auch mittelbar über private „Umwege“ an ihr Ziel gelangen können.

Ebenso untermauert die Wortwahl die Feststellung der Kommission, dass der Hauptunterschied bisheriger Subventionsregelungen zu den Subventionen aus einem Drittstaat gerade darin besteht, dass die drittstaatliche Subvention eine finanzielle Zuwendung ist, die einem Unternehmen in der EU, das Waren oder Dienstleistungen anbietet oder Investitionen tätigt, direkt oder indirekt zugutekommt, während Subventionen im Rahmen der AS-GVO und im Rahmen des WTO-Übereinkommens über Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen in der Regel Begünstigten außerhalb der EU gewährt und nur insofern rechtlich betrachtet werden.Footnote 66 Jenseits der eigenen Rechtsordnung kann eine Förderung jedoch nicht durch einen öffentlich-rechtlichen Rechtsakt, sondern vielmehr nur auf der Ebene der Gleichordnung erfolgen.

Darüber hinaus grenzt sich der bisherige europäische Subventionsbegriff, auch wenn er als „finanzielle Beihilfe“ bezeichnet wird, vom Beihilfebegriff des Art. 107 I AEUV hauptsächlich dadurch ab, dass Art. 107 I AEUV die Beihilfe nicht maßnahmenbezogen, sondern ausschließlich wirkungsbezogen definiert, denn in der Begriffsbestimmung der Beihilfe kommen weder Fördermaßnahmen noch Förderzwecke vor.Footnote 67 Der EuGH zieht daraus die Folgerung, dass es für die Eigenschaft einer staatlichen Maßnahme als Beihilfe unerheblich ist, welche Zwecke mit ihr verfolgt werden und ob überhaupt ein Förderzweck verfolgt wird.Footnote 68 Das sich für den Staat als unvorteilhaft erweisende Geschäft wird unter der sogenannten Wirkungsdoktrin schon wegen seiner nicht marktgerechten Konditionen zur Begünstigung und damit zur Beihilfe, auch wenn kein Anhaltspunkt für einen verdeckten Beihilfezweck vorliegt.Footnote 69 Subventionen hingegen werden durch die konkrete Maßnahme definiert. Maßgeblich ist hier die Verschaffung eines Vorteils, was auch für den Begriff der drittstaatlichen Subvention im Rahmen der neuen VO gilt, wenngleich die Marktkonformität auch hier eine entscheidende Rolle spielt (siehe auch unten).

Hinzu kommt somit auch, dass der Fokus der Frage, ob es sich um eine Subvention handelt, nicht auf der Grenze zwischen einer vernünftigen (drittstaatlichen) Regierungspolitik und dem unlauteren Versuch der WettbewerbsverzerrungFootnote 70 liegt, sondern vielmehr einzig die Frage der Vorteilserlangung durch eine staatliche, gegenleistungsfreie Förderung. Die Leistung (Subvention) steht dabei nicht in einem ausgeglichenen Verhältnis zur Gegenleistung, welche direkt oftmals gar nicht existent sein wird. Etwaige Fragen zur Rechtfertigung einer Leistung stellen sich somit auf Ebene der Subvention nicht. Die abweichende Wortwahl untermauert somit auch diese Zielrichtung der Verordnung.

Mit dem produktspezifischen Ansatz der AS-GVO erklärt es sich auch, dass dessen Begriffsbestimmung, welche grundsätzlich fünf Formen der finanziellen BeihilfeFootnote 71 kennt, neben den auch in Art. 3 VO 2022/2560 wiederkehrenden direkten und indirekten Unterstützungsmerkmalen, mehr an einzelnen Waren oder Dienstleistungen bzw. an Zöllen für einzelne Produkte ansetzt. Insoweit kann man auch von einer Unterscheidung der fünf Formen in Produktions- und Exportsubventionen sprechen.Footnote 72 Als Gemeinsamkeit kann dennoch die Enumerierung von Anwendungsfällen gesehen werden, welche sich auch bereits im WTO-Subventionsübereinkommen oder in der EU-Verordnung zur Sicherung des Wettbewerbs im Luftverkehr findet. Im Zuge einer Begriffsbestimmung kann hierin die Absicht des europäischen Gesetzgebers gesehen werden, der Kommission als anwendende Behörde Fallbeispiele zur Beurteilung einer finanziellen Zuwendung mit an die Hand zu geben. Dies ist als ein, auch auf Basis der vielfältigen Erfahrung mit dieser Regelungsart, sinnvolles und in ihrem Umfang ein zu begrüßendes Instrument zu erachten. Schließlich sei noch darauf hingewiesen, dass die in Art. 3 Nr. 1 a) iv) AS-GVO zu findende Einbeziehung mittelbarer Subventionen über Dritte, in der oben dargestellten Zurechnungsfrage aufgegangen ist, sodass es einer derartigen lit. iv) nicht bedurfte.

Abschließend kann festgehalten werden, dass das Kriterium der „finanziellen Zuwendung“ als Kernelement des Subventionsbegriffs begrüßenswert ist. Das Kriterium ist grundsätzlich in der Lage, diejenigen Unterstützungsleistungen von Drittstaaten zu erfassen, die ohne eine Gegenleistung dazu geeignet sind, einen Verzerrungseffekt im EU-Binnenmarkt hervorzurufen. Dabei sichert eine ausdifferenzierte und nicht abschließende Ausgestaltung der Norm in Fallgruppen, dass die erfassten Maßnahmen mit dem Begriff der „finanziellen Zuwendung“ soweit wie möglich erfasst werden können. Die Fallgruppen tragen dabei auch dem Umstand Rechnung, dass gerade in staatlich gelenkten Volkswirtschaften die Zuwendungsflüsse vielseitig und undurchsichtig sein können, indem insbesondere auf Unterstützungsmaßnahmen im Bereich der Förderung von Produktionsfaktoren und der faktischen Erleichterung der Situation eines Unternehmens abgestellt wird. Besonders diejenigen Umstände, die zu einer faktischen Begünstigung ohne eine aktive (offensichtliche) Unterstützung führen, sind kennzeichnend für eine politisch beeinflusste Volkswirtschaft und führen häufig zu Verzerrungseffekten im EU-Binnenmarkt. Die Fallgruppen tragen diesem Umstand ebenfalls Rechnung, auch wenn gezeigt werden konnte, dass die Säule zwei in diesem Zusammenhang eine nicht irrelevante Schwachstelle beinhaltet, bei welcher erst die Rechtsprechung endgültige Sicherheit bringen wird.

3 Das Unternehmen als Subventionsempfänger

Art. 1 Abs. 2 VO 2022/2560 umreißt den Anwendungsbereich, wonach die Verordnung drittstaatliche Subventionen betrifft, die Unternehmen – einschließlich öffentlicher Unternehmen, die der direkten oder indirekten Kontrolle des Staates unterliegen – gewährt werden, welche eine wirtschaftliche Tätigkeit im Binnenmarkt ausüben. Auch die Legaldefinition des Art. 3 Abs. 1 VO 2022/2560 definiert den Subventionsempfänger als ein „Unternehmen, das eine wirtschaftliche Tätigkeit im Binnenmarkt ausübt“.

3.1 Der europarechtlich einheitliche Unternehmensbegriff

Die VO 2022/2560 trifft, abseits eines Verweises für den Unternehmensbegriff im Rahmen eines öffentlichen Vergabeverfahrens (Art. 2 Ziffer 1 VO 2022/2560), ausdrücklich keinerlei Regelung hinsichtlich des Unternehmensbegriffs, gleiches gilt für den höherrangigen AEUV oder den EUV. Auch sie beinhalten keine Legaldefinition. Rechtsprechung und Schrifttum gehen derweil von einem einheitlichen Unternehmensbegriff im gesamten EU-Wettbewerbsrecht aus, der sowohl im EU-Beihilferecht als auch im Rahmen der Missbrauchskontrolle nach Art. 102 AEUV sowie im Rahmen des Kartellverbots des Art. 101 AEUV gilt.Footnote 73 Die AS-GVO setzt in ihrem Anwendungsbereich nicht an Unternehmen, sondern vielmehr an Waren an, sodass in diesem Fall keine Parallelen zum Antisubventionsrecht gezogen werden können. Somit bleibt die Feststellung, dass in Anlehnung an bestehendes Primärrecht der EU-wettbewerbsrechtliche Begriff des Unternehmens,Footnote 74 auch der hiesigen Verordnung zugrunde zu legen ist.

Der Unternehmensbegriff ist stets funktional auszulegenFootnote 75 und umfasst nach ständiger Rechtsprechung jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung.Footnote 76 Mehrere getrennte rechtliche Einheiten können als wirtschaftliche Einheit eingestuft werden, sodass sie dann als ein relevantes Unternehmen zu betrachten sind. Hierzu prüft der Gerichtshof, ob Kontrollbeteiligungen und andere funktionelle, wirtschaftliche und institutionelle Verbindungen bestehen.Footnote 77 Auf diese Rechtsprechung soll an dieser Stelle besonders hingewiesen werden, da diese sogleich bei der Analyse der bisher bestehenden Regelungslücke innerhalb der Fusionskontrolle von besonderer Relevanz ist. Entscheidend für den Unternehmensbegriff ist somit die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit.Footnote 78 Dem Unternehmensbegriff unterfallen dabei natürliche und juristische Personen des öffentlichen oder privaten Rechts, die Güter oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt anbieten, während die privaten Haushalte aus dem Anwendungsbereich des Unternehmensbegriffs ausscheiden.Footnote 79 Auf die im Kartellrecht relevante Abgrenzung zu hoheitlichen Maßnahmen eines Staates unter dem „Deckmantel“ der Unternehmenseigenschaft kommt es im Rahmen der VO 2022/2560 nicht an, da, anders als im Kartellrecht, das Unternehmen nicht der zu betrachtende Handlungsakteur ist, sondern lediglich der Empfänger einer Subvention, auf dessen Autonomie es nicht ankommt.

Nicht nur der einheitliche europäische Unternehmensbegriff setzt eine wirtschaftliche Tätigkeit an sich voraus, auch die VO 2022/2560 spricht in Art. 1 und 3 von einer solchen. Als vermeintliche Einschränkung normiert der Art. 3 Abs. 1 VO 2022/2560, dass das Unternehmen eine wirtschaftliche Tätigkeit auf dem Binnenmarkt ausüben muss. Gleiches formuliert auch Art. 1 Abs. 2 VO 2022/2560 im Rahmen des Gegenstands und Anwendungsbereichs der Verordnung. Es ist somit für ein vollumfängliches Verständnis des Anwendungsbereichs der VO 2022/2560 im Folgenden der Frage nachzugehen, was unter einer wirtschaftlichen Tätigkeit zu verstehen ist.

Zuvorderst legt es der Begriff wirtschaftlich nahe, solche Einheiten von der Subventionsempfängereigenschaft auszuschließen, die eine nichtwirtschaftliche Tätigkeit ausüben. Auch nichtwirtschaftliche Tätigkeiten sind ihrem Wesen nach teils dennoch geeignet, grundsätzlich Verzerrungen auf dem EU-Binnenmarkt zu erzeugen. Auch gemeinnützige und nicht an unternehmerischen Zielen orientierte Tätigkeiten können dazu beitragen, dass Vorteile jenseits des „normalen“ Marktgeschehens entstehen, besonders dann, wenn sie dazu beitragen, dass wiederum unternehmerische Tätigkeiten quersubventioniert werden.

Die Schlussfolgerung, dass nichtwirtschaftliche Tätigkeiten dennoch von der Verordnung ausgeschlossen sind, ließe sich etwa mit dem Umkehrschluss aus dem Wortlaut belegen. Denn die Kommission ging in ihrem Entwurf von gerade diesem Umstand aus. Erwägungsgrund 10 des Kommissionsentwurfs sah hier vor, dass eine finanzielle Zuwendung, die einer Einrichtung zugutekommt, welche nichtwirtschaftliche Tätigkeiten ausübt, keine Subvention im Sinne der Verordnung darstellt.Footnote 80 Im Rahmen des Verordnungsgebungsprozesses wurde dieser Passus jedoch gestrichen und mit weiteren Erläuterungen in Erwägungsgrund 16 neu gefasst. Dabei wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass gerade in einer undurchsichtigen und auf Intransparenz ausgelegten staatlich gelenkten Volkswirtschaft ein nichtwirtschaftliches Unternehmen dafür genutzt werden könnte, eine Subvention zu „verschleiern“. So stellt Erwägungsgrund 16 zur VO 2022/2560 nunmehr fest, dass ein finanzieller Beitrag für eine nichtwirtschaftliche Tätigkeit dann in den Anwendungsbereich der VO 2022/2560 fallen kann, wenn sie zur Quersubventionierung der wirtschaftlichen Tätigkeiten des Unternehmens verwendet wird.

Neben der bereits erwähnten Einrichtung, die Güter oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt anbieten, ist eine vorgelagerte Nachfragetätigkeit, die auf die Herstellung oder Weitervermarktung eines Produktes gerichtet ist, das nachgelagert auf einem relevanten Markt angeboten wird, als wirtschaftlich-unternehmerisch einzuordnen.Footnote 81 Gerade im Zusammenhang mit finanziellen Zuwendungen, die häufig für die Entwicklung oder Verbesserung von Produkten, der Produktion oder des Verfahrens gewährt werden bzw. durch welchen durch die Verbesserung eines vorgelagerten Prozessschrittes der Output eines nachgelagerten Prozessschrittes gesteigert werden soll, erscheint dies im hiesigen Kontext relevant.

Häufig werden Drittstaaten Zuwendungen nicht direkt für bestimmte Güter oder Dienstleistungen gewähren, die sie subventionieren wollen, sondern vielmehr vorgelagerte Schritte finanzielle unterstützen, auch um die Subventionsgewährung möglichst intransparent auszugestalten. Für die wirtschaftliche Tätigkeit kommt es somit primär auf die Bestimmung eines Marktes an, in dessen Wettbewerbsprozess das Unternehmen eingebunden ist.Footnote 82 Im EU-Beihilferecht wird es als Voraussetzung für das Vorliegen einer wirtschaftlichen Tätigkeit gesehen, dass für die unternehmerische Tätigkeit ein Markt besteht, der durch die Beihilfe beeinflusst werden kann. Ob ein solcher Markt vorliegt, ist im Einzelfall zu beurteilen und kann je nach Mitgliedstaat in Abhängigkeit zu der Organisation der entsprechenden Tätigkeit unterschiedlich zu beurteilen sein.Footnote 83 Im EU-Kartellrecht finden sich ähnliche Ansätze.Footnote 84 Charakteristisch für den funktionalen Unternehmensbegriff ist, dass die Definition somit nicht auf das Unternehmen als solches, sondern auf die Art des Handelns abstellt.Footnote 85 Die Rechtsform der Einheit ist dabei ebenso wie die Art der Finanzierung unbeachtlich.Footnote 86 So können neben juristischen Personen auch Personen der freien Berufe Unternehmen im Sinne des EU-Wettbewerbsrechts sein.Footnote 87 Gleiches gilt für die Frage der Gewinnerzielung.Footnote 88

Die soeben dargestellten Grundsätze sind unter Bezugnahme auf die bereits erwähnte Einheitlichkeit des EU-wettbewerbsrechtlichen Unternehmensbegriff im Rahmen der VO 2022/2560 zu übernehmen. Zu fragen ist stets nur danach, ob eine Einheit eine Handlung auf einem Markt vornimmt. Sofern dies der Fall ist, ist vorerst von einer wirtschaftlichen Tätigkeit eines Unternehmens im Sinne der VO 2022/2560 auszugehen. Dies erscheint insoweit auch interessengerecht im Sinne der Zielsetzung der Verordnung. Eine mögliche Verzerrungswirkung setzt voraus, dass überhaupt ein Markt besteht, auf dem es durch die finanzielle Zuwendung, die die Handlung des Unternehmens beeinflusst, zu einer Verzerrung kommen kann. Dies wiederum setzt voraus, dass sich die Unternehmen in einem Wettbewerbsprozess befinden, denn andernfalls besteht keine zu verzerrende Marktsituation.

3.2 Ausschluss vom Unternehmensbegriff

Die damit grundsätzlich sehr weite Auslegung des Tatbestandsmerkmals im Unionsrecht bedingt jedoch eine gewisse Negativabgrenzung.Footnote 89 So liegt etwa im EU-Beihilferecht keine wirtschaftliche Tätigkeit vor, wenn an die Ausübung hoheitlicher Befugnisse angeknüpft wird,Footnote 90 oder Tätigkeiten dem privaten VerbraucherFootnote 91 zuzuordnen sind. Ähnliches gilt auch im EU-Kartellrecht, wo insbesondere private Bedarfsdeckungen nach wohl herrschender Meinung nicht von der Qualifikation als wirtschaftliche Tätigkeit umfasst sein sollen.Footnote 92 Ebenso sind Unternehmen dann nicht unter das EU-Kartellrecht zu subsumieren, wenn ihre Tätigkeit rein hoheitlicher Natur ist.Footnote 93 Die etwa im Fall AlbanyFootnote 94 virulente Frage nach einer negativen Abgrenzung zum kollektiven Arbeitsrecht stellt sich im hiesigen Kontext der drittstaatlichen Subvention hingegen nicht. Ob die übrigen Grundsätze der negativen Abgrenzung hinsichtlich der im Rahmen der VO 2022/2560 zu begutachtenden Frage übernommen werden können, erscheint indes zumindest teilweise fraglich.

3.2.1 Ausschluss des privaten Verbrauchers

Grundsätzlich bejaht werden kann ein Ausschluss bei der Frage nach einem privaten Verbraucher. Zwar wird etwa in der kartellrechtlichen Literatur angeführt, der EuGH habe hierzu noch nicht abschließend Stellung bezogenFootnote 95 und es sprächen gewichtige Gründe dafür, unter bestimmten Umständen auch Private unter den Begriff der wirtschaftlichen Tätigkeit zu subsumieren.Footnote 96 Dennoch erscheint im Grunde der pauschale AusschlussFootnote 97 zweckgerecht. Insbesondere im Beihilferecht kann sich die hiermit artverwandt Frage stellen, ob eine Zuwendung an einen Verbraucher nicht eine verdeckte Beihilfe an einen Unternehmer darstellt. Der Verbraucher bildet dann eine Art „Durchlaufstelle“.Footnote 98 Ein Beispiel für diese „verbrauchervermittelte Unternehmensbegünstigung“Footnote 99 ist etwa die Prämie bei Kauf eines Elektroautos im Zuge des Corona-Konjunkturpakets.Footnote 100 Mit dem Unternehmensbegriff eng verbunden ist insoweit die Frage des eigentlich Begünstigten, wobei hier ebenfalls ein wirtschaftlicher Maßstab gilt.Footnote 101

Bei der Frage einer drittstaatlichen Subvention wird sich die mittelbare Zurechnung jedoch nur sehr eingeschränkt stellen. Dies begründet sich darin, dass Drittstaaten weder Konjunkturpakete noch Steuererleichterungen oder ähnliche staatliche Fördermaßnahmen begründen können, die einem Verbraucher innerhalb der EU zugutekommt. Grundsätzlich ist, sofern er doch relevant wird, mithin der genannte Ausschlussgrund auf die VO 2022/2560 zu übertragen. Eine einzige Einschränkung könnte dann gelten, wenn ein Privater durch eine Zuwendung in die Lage versetzt wird, am Markt wie ein Unternehmen aufzutreten. Im Bereich der Unternehmensübernahme erscheint dieses Problem besonders greifbar. So könnte eine Privatperson durch einen Drittstaat in die Lage versetzt werden, ein Unternehmen jenseits eines Zusammenschlusses schlicht zu kaufen. Mutmaßliche Motive könnten hier die bereits mehrfach angesprochenen strategischen Überlegungen sein. In einem solchen Fall erscheint es, in Einschränkung der zuvor statuierten Feststellung, zweckgerecht, den Zuwendungsempfänger dennoch als Unternehmen im Sinne der hiesigen Subventionsdefinition zu behandeln.

3.2.2 Ausschluss bei hoheitlicher Tätigkeit

Vermeintlich ebenso eindeutig gestaltet sich die Frage nach einem Ausschluss solcher Tätigkeiten, die an die Ausübung hoheitlicher Befugnisse anknüpfen. Grundsätzlich stellt das unentgeltliche Anbieten von Leistungen (oder Zuwendungen) eines Staates für sich genommen kein ausreichendes Argument zur Verneinung einer wirtschaftlichen Tätigkeit dar.Footnote 102 Es gilt zu statuieren, dass es sich bei der Subventionsdefinition der VO 2022/2560 um solche Zuwendungen handelt, die von einem Nicht-EU-Staat herrühren. Mangels Disponibilität von Hoheitsrechten des Subventionsgebers innerhalb des Geltungsbereichs der VO kann bereits dem Grunde nach keine Ausübung von Hoheitsrechten eines Drittstaates in der Union stattfinden. Der Drittstaat kann die Subvention mithin bereits seinem Wesen nach nicht als Mittel zur Verfolgung einer hoheitlichen Aufgabe innerhalb der EU einsetzen. Dies hat zur Konsequenz, dass der Ausschlussvariante grundsätzlich der Anwendungsbereich fehlt.

Allerdings kann ein Drittstaat durch eine Subvention seinen hoheitlichen Verpflichtungen oder Berechtigungen nach der jeweiligen drittstaatlichen Rechtsordnung nachkommen, womit sich die Frage stellt, ob dies einerseits als hoheitliches Handeln im Sinne der hiesigen Ausschlussvariante gesehen werden kann, und sofern dies der Fall ist, ob die Ausschlussvariante dann auch greifen würde.

Ausgangspunkt der Beantwortung der ersten Frage, ist hier die Feststellung, dass die Ausübung hoheitlicher Befugnisse durch öffentliche Stellen keine wirtschaftliche Tätigkeit ist.Footnote 103 Dies leuchtet ein und wird für Mitgliedstaaten, anders als für Drittstaaten, in Art. 51. S. 1 und Art. 62 AEUV hervorgehoben. Für Drittstaaten sind mithin Rückschlüsse aus dem Sinn und Zweck des Ausschlusstatbestandes unter Berücksichtigung ihrer Stellung als Nicht-EU-Staat zu folgern, wobei auch die Frage zu beantworten ist, ob das EU-Recht Drittstaaten nur als Völkerrechtssubjekte oder als Marktteilnehmer bzw. Marktregulierer ansieht. Nimmt der Staat seine originären Aufgaben wahr und wird er zur Erfüllung dieser (verfassungsrechtlich) gebotenen Verpflichtungen am Markt tätig, so kann darin keine selbstbestimmte unternehmerische Tätigkeit am Markt gesehen werden. Dem Grunde nach kann für drittstaatliche Handlungen nichts anderes gelten, was nicht zuletzt aus der Achtung der völkerrechtlichen Souveränität folgt.

Probleme dieses grundsätzlichen Verständnisses ergeben sich jedoch, wenn die Zielsetzung der verfassungsrechtlichen Staatsbindung eines Drittstaates nicht dem Wirtschafts- und Wettbewerbsverständnis der europäischen Rechtsordnung entspricht. Oben wurde aufgezeigt, dass etwa das chinesische Staatsziel darin besteht, die eigene Volkswirtschaft in der Welt zu etablieren und weiter auszubauen. Dabei liegt es auf der Hand, dass einem Drittstaat zur Verwirklichung eines solchen Ziels EntscheidungsspielräumeFootnote 104 hinsichtlich seiner Marktteilnahme verbleiben. Es gilt somit zwischen dem durch eine Maßnahme verfolgen Zweck und der tatsächlichen hoheitlichen Handlung zu unterscheiden.

Die Verfolgung eines öffentlichen Zwecks für sich genommen, begründet somit noch nicht die Qualifikation als hoheitliches Handeln. Vielmehr muss eine umfassende Gesamtbetrachtung angestellt werden.Footnote 105 Diese ist im konkreten Einzelfall vorzunehmen, wobei das europäische Wettbewerbsverständnis ebenso zu berücksichtigen ist, wie die staatliche Souveränität des Drittstaates. Dabei ist mit dem EuGH zu beachten, dass selbst die Erfüllung traditionell oder typischerweise staatlicher Aufgaben nicht bereits das Vorliegen einer wirtschaftlichen Tätigkeit ausschließt.Footnote 106 Die Tatsache, dass ein bestimmtes Verhalten typischerweise hoheitlicher Natur ist, d. h. traditionellerweise dem Staat zugeordnet ist, kann ein Indiz für den nichtwirtschaftlichen Charakter der betreffenden Tätigkeit sein.Footnote 107

Zu beachten ist jedoch, dass das Verständnis, welches Verhalten typischerweise hoheitlicher Natur ist, geprägt wird durch das europäische Verständnis von Hoheitsmacht. Daraus folgt, dass nach der hier vertretenen Auffassung, solche drittstaatlichen Handlungen, die nicht im Einklang mit dem europäischen Verständnis von Hoheitsmacht stehen, nicht unter den Ausschlusstatbestand einer hoheitlichen Handlung fallen können. Dies erscheint auch mit Blick auf die hiesige Problemlage folgerichtig, da anderenfalls eine drittstaatliche Rechtsordnung über den Ausschluss einer wirtschaftlichen Tätigkeit entscheiden könnte. Die Verordnung erkennt mithin keine vollumfängliche marktregulierende Stellung des Drittstaates an und unterwirft die drittstaatlichen Entscheidungen der eigenen Bewertung.

3.3 Das Binnenmarktkriterium

Im vorherigen Abschnitt wurde herausgearbeitet, wann eine wirtschaftliche Tätigkeit vorliegt. Es konnte gezeigt werden, dass hier die im Rahmen des einheitlichen Unternehmensbegriffs geltenden Grundsätze übernommen werden können. Sowohl der Art. 1 Abs. 2 S. 1 als auch der Art. 3 Abs. 1 VO 2022/2560 nehmen jedoch ihrem Wortlaut nach eine Eingrenzung ihres örtlichen Anwendungsbereichs vor. So heißt es dort, dass die wirtschaftliche Tätigkeit „im Binnenmarkt“ ausgeübt werden muss. Die Annahme, dass ein Unternehmen somit nur auf dem Binnenmarkt wirtschaftlich tätig werden muss, um unter die VO zu fallen, wäre jedoch zu kurz gedacht.

Im Weißbuch legte die EU-Kommission diesbezüglich ein Verständnis von drei zu regelnden Fallgruppen dar. Anknüpfungspunkt war die bis dato präferierte Anknüpfung an ein in der EU niedergelassenes Unternehmen.Footnote 108 Die Definition umfasste hiernach (i) eine drittstaatliche Subvention, die einem in der EU niedergelassenen Unternehmen direkt gewährt werden, (ii) drittstaatliche Subventionen, die einem in einem Drittstaat niedergelassenen Unternehmen gewährt und von einer in der EU niedergelassenen verbundenen Partei verwendet werden, und (iii) drittstaatliche Subventionen, die einem in einem Drittstaat niedergelassenen Unternehmen gewährt und dazu verwendet werden, den Erwerb eines EU-Unternehmens zu erleichtern oder an öffentlichen Vergabeverfahren teilzunehmen.Footnote 109

Die drei Fallgruppen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie an der Frage der jeweiligen Niederlassung eines Unternehmens ansetzen. Hiermit einher ginge jedoch eine Zurechnungsfrage, welche im Einzelfall schwer zu beurteilen sein würde. Insoweit wurde ausgeführt, dass ein Unternehmen nach dem Willen der Kommission dann als in der EU niedergelassen gegolten hätte, wenn eine seiner Unternehmenseinheiten in der EU niedergelassen ist. Wäre die Subvention einer außerhalb der EU niedergelassenen Einheit gewährt worden, hätte festgestellt werden müssen, inwieweit der durch die drittstaatliche Subvention entstandene Vorteil der in der EU niedergelassenen Einheit zugeordnet werden kann.Footnote 110

Diese Einzelfallprüfungen hätte sich indes als durchaus kompliziert gestaltet. Häufig wird es gerade im Interesse der jeweiligen Unternehmen liegen, dass etwaige drittstaatliche Subventionen innerhalb einer Unternehmensstruktur möglichst unauffällig verschoben werden. Eine derartige Definition des Binnenmarktkriteriums erscheint sodann wenig effizient. Im Übrigen engt die Orientierung des Unternehmensbegriffs an der Frage der Niederlassung den Begriff sehr ein. Er spiegelt zwar einen grundsätzlichen territorialen Ansatzpunkt wider, verkennt dabei jedoch die Verflechtungen und Verbindungen von Unternehmen, die gerade nicht an Landes- oder Unionsgrenzen aufhören.

Der Verordnungstext setzt folglich in Art. 1 Abs. 2 bzw. Art. 3 Abs. 1 VO 2022/2560 grundsätzlich anders an und regelt, dass sämtliche Subventionen dann von der VO umfasst sind, wenn ein Unternehmen als Subventionsempfänger eine wirtschaftliche Tätigkeit im Binnenmarkt ausübt. Dieser Ansatzpunkt beruht auf bereits zu Zeiten des Weißbuchs ebenfalls erörterten Überlegungen, statt an der Niederlassung, an der Tätigkeit des Unternehmens in der EU anzuknüpfen.Footnote 111 Aus Anhang I zum Weißbuch, welcher sich an der Niederlassung orientierte lässt sich schließen, dass dieser Gedanke zum damaligen Zeitpunkt nicht vorzugswürdig erschien. Bereits im Verordnungsentwurf sah dies anders aus.

Auf das Wort ausüben sei hier insbesondere eingegangen. Ähnlich wie auch bei der Bestimmung des Kriteriums der wirtschaftlichen Tätigkeit selbst, ist der Ansatzpunkt ein handlungsspezifischer. Es ist zu fragen, ob das betreffende Unternehmen auf dem Binnenmarkt wirtschaftlich tätig ist (Handlungskomponente) und ob diese Tätigkeit auf dem Binnenmarkt wahrzunehmen ist (Wirkungskomponente). Insoweit werden in diesem Kontext größtenteils nicht die im Beihilferecht etablierten Grundsätze übernommen. Das dort etablierte Territorialprinzip, wonach die konkrete Vorteilsverschaffung auf dem Territorium der EU erfolgen müsste, wäre für die hiesige Situation als zu eng anzusehen. In Bezug auf mitgliedstaatliche Beihilfen erscheint es zweckdienlich, nur solche staatlichen Zuwendungen unter die Beihilfeaufsicht der Union zu stellen, die Unternehmen innerhalb der Union zugewandt werden. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass die Mitgliedstaaten zur Errichtung und Wahrung eines Systems unverfälschten Wettbewerbs verpflichtet sind, wobei hierfür nur Handlungen innerhalb dieses Systems relevant werden können. Würde man das Territorialprinzip auf die neue Verordnung übertragen, so würde dies den Umstand, dass ein Großteil drittstaatlicher Maßnahmen, die eine potenzielle Verzerrung auf dem EU-Binnenmarkt begründen könnten, exterritorial stattfinden, unberücksichtigt lassen.

Hingegen würde die Anwendung eines reinen (im EU-Kartellrecht etablierten) Auswirkungsprinzips den Anwendungsbereich zu weit fassen. Nach diesem, etwa im Rahmen der Fusionskontrolle zuletzt in der Sache IntelFootnote 112 vom EuGH anerkannten, Prinzip ist nicht danach zu fragen, ob ein Unternehmen in der EU niedergelassen ist, sondern lediglich danach, ob ein unmittelbarer und wesentlicher wirtschaftlicher Einfluss auf den Wettbewerb in der Union ausgeübt wird.Footnote 113 Würde nur danach gefragt, ob sich eine drittstaatliche Maßnahme „spürbar, direkt und vorhersehbar“Footnote 114 auf den EU-Binnenmarkt auswirkt, würden gerade auch diejenigen Maßnahmen erfasst werden, die nur in ihrer Wirkung einen EU-Bezug vorweisen, wobei deren Verzerrungswirkung dann nur sehr schwer und unsicher begründet werden dürfte.

Vielmehr ist wegen der Exterritorialität der Problemstellung zur Auslegung des in Art. 3 Abs. 1 VO 2022/2560 neu etablierten „Ausübungsprinzips“ das Marktortprinzip unter Berücksichtigung des soeben beschriebenen Auswirkungsprinzips heranzuziehen. Sinn und Zweck der Regelung in Art. 3 Abs. 1 VO 2022/2560 ist es, eine drittstaatliche Vorteilsverschaffung auch dann zu erfassen, wenn ein nicht in der EU niedergelassenes Unternehmen eine finanzielle Zuwendung erhalten hat, soweit sich die Verwirklichung des damit bezweckten Vorteils auf einen der im EU-Binnenmarkt tätigen Akteure erstreckt. Anknüpfend an diese Erstreckungswirkung sind die Grundsätze des Auswirkungsprinzips heranzuziehen.

Völkerrechtlich lässt sich dieses Vorgehen damit rechtfertigen, dass die Anknüpfung an den Durchführungsort einer Maßnahme zu einer lückenhaften Erfassung von drittstaatlichen Subventionen führen würde.Footnote 115 Gleichzeitig kommt es nicht auf die Niederlassung sondern auf den Handlungsort im Binnenmarkt an, was den Nachweis der Auswirkung unabhängig von der Frage ermöglicht, was unter einer Niederlassung zu verstehen ist. Wäre die Frage der drittstaatlichen Subvention von der Frage abhängig ob der Begünstigte im Binnenmarkt niedergelassen ist, und würde man in diesem Zuge die Niederlassung definieren müssen, so bestünde die Gefahr, dass versucht werden würde, die Einstufung als Niederlassung zu umgehen, um so die Anwendung der neuen Verordnung zu verhindern.

Knüpft man an die Wirkung in Verbindung mit einer Handlung auf dem Binnenmarkt an, so stellt man außerdem sicher, dass ein möglichst großer Anwendungsbereich in Ansehung der Grenzen des von Seiten der Union regulierbaren Handelns gegeben ist. Vor dem Hintergrund der Vielschichtigkeit und Verflochtenheit drittstaatlicher Unterstützungsmaßnahmen erscheint dies interessengerecht.

Vor diesem Hintergrund und als Beleg der Etablierung eines um eine Wirkungskomponente erweitertes handlungsspezifisches „Ausübungsprinzip“ ist auch die Formulierung des Art. 1 Abs. 2 S. 3 VO 2022/2560 zu verstehen. Hiernach gelten als Unternehmen, die eine wirtschaftliche Tätigkeit im Binnenmarkt ausüben, solche, die die Kontrolle über ein in der Union niedergelassenes Unternehmen erwerben oder mit einem solchen Unternehmen fusionieren, und Unternehmen, die an einem öffentlichen Vergabeverfahren in der Union teilnehmen. Auch hierbei wird nur danach gefragt, wo sich die bezweckte (Aus)Wirkung der wirtschaftlichen Tätigkeit realisiert. Zu der damit einhergehenden Frage des Subventionszwecks nun sogleich.

4 Der Vorteil

Wie dem Wortlaut der Begriffsbestimmung in Art. 3 Abs. 1 VO 2022/2560 zu entnehmen ist, muss dem begünstigten Unternehmen als Resultat der drittstaatlichen Subvention ein Vorteil verschafft werden.

Die Verordnung greift hier einen wirtschaftlichen Ansatz auf, indem Sie davon ausgeht, dass die Leistung (Zuwendung) eine Besserstellung (Vorteil) gegenüber den Marktbedingungen ohne eine Zuwendung hervorrufen muss. Dabei rekrutiert der Art. 3 Abs. 1 VO 2022/2560 einen Gedanken, der auch der Literaturdefinition keineswegs fremd ist und schließlich das anzugehende Kernproblem der Verzerrungen auf der EU-Binnenmarkt begründet. Ausgehend von einem älteren Literaturverständnis, in dem das Subventionswesen als ein „System begrenzter Wirtschaftslenkung“Footnote 116 verstanden wurde, ist heute anerkannt, dass eine Subvention im Allgemeinen auf die Motivstruktur des Empfängers einwirken und dadurch ein bestimmtes Ziel erreicht werden soll, wobei dieses Ziel ohne die Subvention weniger wahrscheinlich eingetreten wäre.Footnote 117 Ob das Ziel dabei eintritt, ist keinesfalls sicher.

Leistet ein Drittstaat eine finanzielle Zuwendung an ein Unternehmen zur Förderung zur Weiterentwicklung einer revolutionären Technik, so ist ungewiss, ob das Unternehmen diese Technik auch wirklich entwickelt. Wendet eine staatlich gelenkte Volkswirtschaft einem europäischen IT-Unternehmen Gelder zu, um den Angebotspreis des betreffenden Unternehmens in einer öffentlichen Ausschreibung für die Neubeschaffung von Hardware den Zuschlag zu ermöglichen und so die heimische IT-Branche zu unterstützen oder die Marktmacht auf dem europäischen Markt auszubauen, so ist nicht bereits durch die Zahlung des Geldes sicher, ob das Unternehmen auch den Auftrag bekommen wird. Die Beispiele verdeutlichen, dass der Subventionsgeber sich keinesfalls ein bestimmtes Ergebnis „einkauft“, sondern erst weitere Faktoren im Laufe der Zeit zeigen, ob das gewünschte Ergebnis eintritt oder nicht. Unbestritten wird dabei aber sowohl eine finanzielle Förderung zugunsten der Innovationsfähigkeit als auch der Senkung des möglichen Angebotspreises dem Unternehmen eine bessere Ausgangslage verschaffen, als es ohne die betreffende Zuwendung gehabt hätte. Es folgt somit die Frage, welche Anforderungen an den Vorteil als Kernelement einer Subvention zu stellen sind.

4.1 Das Motiv einer Subvention

Im Allgemeinen ruht einer Subvention stets ein öffentlicher Zweck inne, was sich etwa auch in der Literaturdefinition niederschlägt.Footnote 118 Das Subventionswesen in einer marktwirtschaftlichen Ordnung ist die Folge des Vorverständnisses, dass Marktakteure keine geldwerte Hilfe vom Staat erhalten sollen. Sie nehmen grundsätzlich nach geografischen, persönlichen und leistungsmäßigen Parametern an der dezentralen Koordinierung der Produkte und des Konsums handelbarer Güter durch den Markt teil. Mit der Subvention greift die öffentliche Hand in der Regel in dieses dynamische Koordinierungsverhältnis ein und will gezielt Impulse setzen.Footnote 119 Die Subvention wirkt auf die Motivstruktur eines Unternehmens ein.Footnote 120 Dies steht dabei im Gegensatz zu einem unbeeinflussten Markt. Eine staatliche Unterstützungsmaßnahme in Form einer finanziellen Zuwendung ist dabei dazu geeignet, Verzerrungseffekte auf dem EU-Binnenmarkt hervorzurufen. Drittstaatliche Unterstützungsmaßnahmen verfolgen häufig ein für die EU undurchsichtiges Ziel und sind auch deshalb bedenklich für den grundsätzlich freien und unbeeinflussten EU-Binnenmarkt.

Die Begriffsdefinition in Art. 3 Abs. 1 VO 2022/2560 fordert daher kein Subventionsziel, sondern vielmehr eine Subventionswirkung, namentlich dem Subventionsempfänger einen Vorteil zu verschaffen. Führt man sich die obigen Beispiele vor Augen, so wäre es aber realitätsfern, im Zuge der Subsumtion unter die Begriffsbestimmung der drittstaatlichen Subvention bereits nachweisen zu müssen, dass der Drittstaat durch die Zuwendung eine Innovation fördern oder eine Bezuschlagung durch die Preissenkung unmittelbar ermöglichen wollte. Zwar ist die konkrete Auswirkung für die Beurteilung, ob eine Verzerrung auf dem Binnenmarkt vorliegt von erheblicher Relevanz, dies ist jedoch eine Folgefrage, die auf Basis der übrigen Kriterien der VO 2022/2560 entschieden werden muss. Die Subsumtion unter die Begriffsbestimmung eröffnet erst einmal nur den Anwendungsbereich der weiteren Regelungen. Es kommt somit nur darauf an, dass die finanzielle Zuwendung zu einem Zustand führt, der einen marktunabhängigen Pluspunkt für das Unternehmen darstellt und der ohne die Zuwendung so nicht eingetreten wäre. Insoweit greift die Verordnung ebenfalls das Beihilferecht auf, in welchem im Ausgangspunkt grundsätzlich das gleiche Problem adressiert wird. Auch dort kommt es darauf an, dass der Beihilfeempfänger einen marktunabhängigen Pluspunkt verzeichnen kann.

Dieses Normenverständnis wird auch durch den Art. 4 Abs. 1 lit. e) VO 2022/2560 gestützt, wonach der Zweck der Subvention gerade ein Indikator der Verzerrung auf dem Binnenmarkt sein kann (dazu noch ausführlich weiter unten). Die EU-Kommission umreißt in ihrem Weißbuch im Rahmen der öffentlichen Auftragsvergabe beispielhaft eine Zielsetzung damit, dass ein Drittstaat ein Interesse verfolgen könnte, in strategisch wichtigen Märkten oder Regionen Fuß zu fassen oder einen privilegierten Zugang zu kritischen und wichtigen Infrastrukturen zu erhalten.Footnote 121 Die damalige Bundesregierung führt in ihrer Stellungnahme zum Weißbuch an, dass in der Regel die Steigerung von Marktanteilen und damit ein nachgelagerter gesamtwirtschaftlicher Vorteil, z. B. durch die Verlagerung wesentlicher Teile der Wertschöpfungskette in den Drittstaat, mit der einhergehenden Beschäftigung, Wissensausbau etc. oder auch langfristigen individualwirtschaftlichen Gewinnen, ein Motiv für drittstaatliche Subventionen darstellen kann.Footnote 122

Das Anwendungsbeispiel China zeigt, dass gerade politische Zielentscheidungen häufig aus europäischer Sicht schwer bis gar nicht ermittelbar sind. Gleichzeitig wird es gerade im Interesse des Drittstaates liegen, die Hintergründe einer Subvention nicht nur in monetärer, sondern gerade auch in inhaltlicher Hinsicht zu verschleiern. Ein praktisch wichtiges Beispiel scheint im Lichte dessen erneut in der Bereitschaft des chinesischen Staates zu liegen, für politisch erwünschte Technologien hohe (weit über „Markt-“) Preise zu zahlen und „seine“ Unternehmen dazu anzuhalten, sich durch Investitionen und Übernahmen in Drittstaaten Zugang zu solchen Technologien zu verschaffen.Footnote 123

Hierbei muss jedoch auch berücksichtigt werden, dass zahlreiche drittstaatliche Beihilferegelungen allgemeiner Natur sind (z. B. Steuervergünstigungen), von denen eine Vielzahl von Konzernen profitieren.Footnote 124 Sofern nun aber kein Subventionsziel gefordert wird, besteht die Gefahr, auch diejenigen Unternehmen zu treffen, die grundsätzlich nur entsprechende Marktumstände auf dem Drittmarkt ausgenutzt haben. Hierunter können auch EU-Unternehmen fallen.

Diese Betrachtungsweise greift jedoch zu kurz. Möglicherweise realisiert sich nämlich gerade in der vermeintlich zufälligen Entscheidung eines (EU-)Unternehmens, von den Maßnahmen profitieren zu wollen, das undurchsichtige Subventionsziel eines Drittstaates. Als Beispiel kann hier etwa die „Belt and Road“-Initiative herangezogen werden, in welcher sowohl die allgemeine Infrastruktur entlang der Seidenstraße als auch spezifische Projekte entlang der Route gefördert werden sollen. Profitiert ein Unternehmen nun von der allgemeinen Infrastrukturförderung etwa dadurch, dass Zulieferprodukte nunmehr einfacher transportiert werden können und somit beispielsweise der Angebotspreis im Rahmen einer öffentlichen Auftragsvergabe niedriger angeboten werden kann, so wäre es offensichtlich nicht im Sinne des Ziels der Verordnung, derartige Fälle bereits dem Grunde nach nicht unter den Subventionsbegriff zu fassen. Der Nachweis eines Vorteils allein, dürfte in der Praxis schon isoliert sehr schwer fallen. Die dahinterstehenden Motive zu ermitteln, ist in den beschriebenen Situationen häufig unmöglich.

Diese, bereits im Rahmen des bestehenden WTO-Subventionsübereinkommens bekannte Problematik wird teilweise als ein übergeordneter Schwachpunkt bestehender Regeln gesehen.Footnote 125 Ein Anspruch an einen rein europäischen Rechtsakt, diesen Schwachpunkt aufzulösen, erschiene insbesondere mangels Durchsetzungsmöglichkeiten außerhalb der eigenen Zuständigkeit, zu ambitioniert. Einzig ein genereller Erlaubnisvorbehalt könnte hier Abhilfe schaffen. Zwar formuliert die Verordnung diesen für das Teilinstrument zwei und drei; hinsichtlich des allgemeinen Überprüfungsmechanismus wäre ein solcher Vorbehalt aber praktisch nicht umsetzbar. Würde man einfordern, dass sämtliche finanzielle Leistungen mit Drittstaatsbezug genehmigt werden müssten, würde man nicht nur ein Bürokratiemonster erschaffen, man würde den Binnenmarkt auch faktisch von der Welt abschotten.

4.2 Der Vorteil im Allgemeinen

Bereits aus dem Wortlaut des Art. 3 Abs. 1 VO 2022/2560 ist zu entnehmen, dass sich dieser Vorteil kausal auf die finanzielle Zuwendung begründen muss. So heißt es dort, dass „eine finanzielle Zuwendung gewährt (werden muss), die einem Unternehmen (…) einen Vorteil verschafft“. Das Kriterium des Vorteils findet sich ebenfalls in Art. 3 AS-GVO. Insoweit dürften die zur AS-GVO entwickelten Grundsätze, im Lichte der bereits angesprochenen Bezugnahme im Anhang I des Weißbuchs, auch für die neue Verordnung herangezogen werden können. Dies gilt auch für die Kausalität, welche sich bereits im Originalwortlaut des WTO-Subventionsübereinkommens findet,Footnote 126 und im Rahmen der Subventionsbestimmung nach der AS-GVO somit maßgeblich ist. Mit anderen Worten: Der Vorteil muss gerade durch den finanziellen Beitrag herbeigeführt werden; er muss auf diesem finanziellen Beitrag beruhen.Footnote 127

Zu fragen ist demnach, was unter einem solchen Vorteil zu verstehen ist. Neben der AS-GVO bezieht sich die Kommission im Anhang I zum Weißbuch im Rahmen des Vorteils explizit auf die Bekanntmachung der Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV,Footnote 128 sodass in Rahmen dieses Subventionsmerkmals die im Beihilferecht entwickelten Maßstäbe heranzuziehen sind. Eine mitgliedsstaatliche Maßnahme fällt nach gefestigter Auffassung des EuGHs nur dann unter den Art. 107 AEUV, wenn sie auch als Vorteil für das begünstigte Unternehmen angesehen werden kann.Footnote 129 Als Beihilfen gelten in dieser Hinsicht Maßnahmen gleich welcher Art, die mittelbar oder unmittelbar Unternehmen begünstigenFootnote 130 oder die als ein wirtschaftlicher Vorteil anzusehen sind, den das begünstigte Unternehmen unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätte.Footnote 131 Hierbei ist nicht das Ziel, sondern die Auswirkung der Maßnahme entscheidend.Footnote 132

Dem Rat war der Gesichtspunkt so wichtig, dass ein Vorteil insbesondere darin liegt, wenn ein Unternehmen Waren, Dienstleistungen, Garantien oder Kredite nicht zu üblichen Marktbedingungen bekommt, dass er diesen Punkt in seinen Änderungsanträgen zu Erwägungsgrund 10 zur VO 2022/2560 ausdrückliche betonte.Footnote 133 Ähnliches gilt für das Parlament, wobei dieses die Marktbedingungen als Kriterium nur hinsichtlich der Frage, ob Verrechnungspreise einen Vorteil darstellen können wenn sie gerade nicht den normalen Marktbedingungen entsprechen, formulieren wollte.Footnote 134 Geeinigt hat man sich schließlich auf eine möglichst weite Formulierung, die den zentralen Begriff der Marktbedingungen hervorhebt und dabei gleichzeitig die geforderten Änderungen beider Seiten übernommen hat.

Es wird bei der Bestimmung des Vorteils im Sinne dieser Erwägungen davon ausgegangen, dass die Bereitstellung oder der Erwerb von Waren oder Dienstleistungen, die im Rahmen eines wettbewerbsorientierten, transparenten und nicht diskriminierenden Ausschreibungsverfahrens erfolgen, den normalen Marktbedingungen entsprechen. Dies erscheint im Lichte der damit einhergehenden Wertungsfrage als angemessen. Ebenso verdeutlicht der Erwägungsgrund 13 mit seiner Feststellung, dass Vorteile insbesondere im Rahmen der Beziehungen zwischen der öffentlichen Hand und öffentlichen Unternehmen gewährt werden können, wenn diese Beziehungen und insbesondere die Finanzierung öffentlicher Unternehmen durch die öffentliche Hand nicht den normalen Marktbedingungen entsprechen.

Bereits unabhängig von der genauen Ausrichtung der Erwägungsgründe ist es nicht von der Hand zu weisen, dass die Marktbedingungen ein relevanter Indikator zur Bestimmung des Vorteils sein werden. Gerade in diesem Indikator lässt sich jedoch auch ein praktisches Problem der neuen Regelung sehen: Es wird hohe ökonomische Expertise und viele Daten erfordern, das Vorliegen der Begünstigung zu belegen. Staatliche Zuwendungsmaßnahmen sind ggf. jedoch bewusst sehr komplex ausgestaltet, um den Subventionscharakter zu verschleiern.Footnote 135 Hinzu kommt die allgemeine Intransparenz und die vermutlich sehr geringe Bereitschaft betreffender Unternehmen oder drittstaatlicher Stellen, an einer Aufklärung mitzuwirken, denn anders als bei der Regulierung mitgliedstaatlicher Beihilfen kann die Union gegenüber den beteiligten Drittstaaten nicht von einer Hoheitsmacht Gebrauch machen. Es stellt sich somit an anderer Stelle in der Praxis möglicherweise die Frage, wie stark mögliche Sanktionen bei unkooperativen Verhalten ausfallen sollten. Im Kern handelt es sich hierbei aber nicht um eine rechtliche, sondern vielmehr politische Frage. Welches Eskalationsniveau ist man im Zweifelsfall bereit zu gehen? Die individuellen Handlungsmöglichkeiten der Kommission in solchen Fällen werden innerhalb der Untersuchung der einzelnen Instrumente der VO 2022/2560 dargestellt.

4.3 Der Vorteil im Besonderen

In Analogie zu den im Rahmen der finanziellen Zuwendung herausgearbeiteten drei Formen der Zuwendung, kann sich auch der Vorteil in unterschiedlicher Form ausgestalten. Im Fall von Zuschüssen besteht der Vorteil im Erhalt des vollen Geldbetrages, wenn der Zuschuss nicht rückzahlbar ist.Footnote 136 Im Falle einer Rückzahlungspflicht stellt sich gegebenenfalls die Frage eines Kredites. Gleiches gilt, wenn auf grundsätzlich fällige Forderungen ganz oder teilweise verzichtet oder diese bewusst nicht eingetrieben werden. Insoweit handelt es sich um die Paradefälle einer unmittelbaren bzw. mittelbaren Begünstigung durch einen Drittstaat.

Kennzeichnend für drittstaatliche Zuschüsse bzw. den Verzicht grundsätzlich einzutreibender Forderungen ist, dass diese kein Äquivalent auf dem freien Markt haben. Sicherlich finden sich Stundungen oder andere Zahlungserleichterungen auch auf dem Markt, jedoch nicht zu einem Betrag, den kein an einer Rendite interessierter Marktteilnehmer anbieten würde. Insoweit unterscheiden sich diese beiden Formen der finanziellen Zuwendung.

Neben der Gewährung von Krediten fallen unter den Zuwendungsbegriff insbesondere die Abnahme von Waren oder Dienstleistungen, die Bereitstellung eben dieser, aber auch die Gabe von Sicherheiten.

Um beurteilen zu können, ob eine derartige mitgliedstaatliche Maßnahme eine Beihilfe im Sinne des Art. 107 AEUV darstellt, ist zu bestimmen, ob das begünstigte Unternehmen eine wirtschaftliche Vergünstigung erhält, die es unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätte. Zwar könnte man im Rahmen einer sinngleichen Übertragung dieser Grundsätze auf die VO 2022/2560 die Ansicht vertreten, jegliche Unterstützungsleistung durch einen Drittstaat sei eine potenzielle Gefahr für den EU-Binnenmarkt, sodass sämtliche drittstaatliche Leistungen unter den Begriff des Vorteils zu subsumieren wären. Hiermit würde man jedoch verkennen, dass der EU-Binnenmarkt grundsätzlich offen für ausländische Investitionen ist.Footnote 137 Bei dem hiesigen Instrument soll es sich gerade nicht de facto um eine Totalabschottung vor einer drittstaatlichen wirtschaftlichen Interaktion handeln, sondern es sollen nur diejenigen Handlungen sanktioniert werden, die jenseits der freien Marktbedingungen erfolgen.

Es erscheint mithin interessengerecht, grundsätzlich die Frage der Marktbedingungen als Entscheidungskriterium der Vorteilsverschaffung als Wirkung der finanziellen Zuwendung eines Drittstaates heranzuziehen.

4.4 Der „Private-Investor-Test“

Insoweit ist zur vollumfänglichen Darstellung zu begutachten, wie diese Untersuchung der Marktbedingungen im Einzelfall zu erfolgen hat. Im Beihilferecht wird zu diesem Zwecke von der Kommission und der Unionsgerichtsbarkeit der sog. „Private-Investor-Test“ resp. „Market Economy Investor Principle“ („Prinzip vom marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgeber“) angewendet.

Zuvorderst ist dort im Rahmen einer marktkonformen Prüfung die normale Vergütung einer betreffenden Leistung zu bestimmen. Eine solche Bewertung setzt eine wirtschaftliche Analyse voraus, die allen Faktoren Rechnung trägt, die ein unter normalen Marktbedingungen tätiges Unternehmen bei der Festsetzung des Entgelts für die erbrachten Dienstleistungen hätte berücksichtigen müssen.Footnote 138 Auch die bereits angesprochenen unmittelbaren oder mittelbaren Begünstigungen würden am Maßstab des „Private-Investor-Test“ einen Vorteil zugunsten eines Unternehmens darstellen. Soweit bei dem fraglichen Verhalten der Staat nicht die Stellung eines Investors, sondern die eines anderen Marktteilnehmers einnimmt, gilt dieser Grundsatz mutatis mutandis.Footnote 139

Ziel ist die Abgrenzung von marktgerechtem staatlichem Verhalten zu Zuwendungen mit Beihilfecharakter.Footnote 140 Das wirtschaftliche Handeln einer betreffenden staatlichen Stelle wird deshalb mit dem hypothetischen Verhalten eines nach Rentabilitätsgesichtspunkten agierenden, privaten Investors verglichen.Footnote 141 Freilich kommt es im Einzelfall nicht auf die Investoreneigenschaft an. So können im Sinne des Grundsatzes mutatis mutandis auch beispielsweise private Kredit- oder Sicherheitsgeber als Referenz herangezogen werden.

Gerade die zuvor genannten Überlegungen bieten sich auch im Rahmen der VO 2022/2560 an. Hierfür spricht neben dem expliziten Verweis auf die Bekanntmachung der Kommission zu Art. 107 AEUV in Anlage I zum WeißbuchFootnote 142 auch der Erwägungsgrund 13 zur VO 2022/2560, wonach die Feststellung eines Vorteils auf Grundlage komparativer Referenzwerte erfolgen soll. Ob eine staatliche Maßnahme den Marktbedingungen entspricht, muss ex-ante auf Grundlage der zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Maßnahme verfügbaren Informationen, geprüft werden.Footnote 143 Hierbei soll die Investitionspraxis privater Investoren, die auf dem Markt erhältlichen Finanzierungsätze, eine vergleichbare steuerliche Behandlung oder die angemessene Vergütung für eine bestimmte Ware oder Dienstleistung, Berücksichtigung finden. Dies erscheint im Lichte des Gesagten als praxistauglicher Ansatzpunkt.

Problematisch gestaltet sich die Situation jedoch dann, wenn keine zu vergleichenden Referenzwerte bestehen. Erwägungsgrund 13 zur VO 2022/2560 legt es hier nahe, in einem solchen Fall bestehende Referenzwerte anzupassen oder alternative Referenzwerte auf Grundlage allgemein anerkannter Beurteilungsmethoden anzuwenden. Fraglich dürfte hier sein, was besonders unter letzterem zu verstehen ist. Hinsichtlich der späteren Anwendung deutet der Erwägungsgrund somit einen sehr weiten Beurteilungsspielraum der Kommission an. Im Beihilferecht wird der Kommission eben dieser nach ganz herrschender Meinung ebenso zugesprochen.Footnote 144 Dies darf gerade vor dem Hintergrund des heiklen Sachverhalts als kritisch betrachtet werden, zumal es auch um mögliche Auswirkungen auf bilaterale drittstaatliche Beziehungen gehen könnte.

Auf der anderen Seite kann aber auch hier ein Blick in das Beihilferecht dem Zweifeln Abhilfe schaffen. In der bereits mehrfach angesprochenen Bekanntmachung zu Art. 107 AEUV unterscheidet die Kommission in Anlehnung an die Unionsrechtsprechung Fälle, in denen die Marktkonformität direkt festgestellt werden kann und solchen, bei denen dies nicht direkt möglich ist.Footnote 145 Wenn eine Transaktion zu gleichen Bedingungen von öffentlichen Stellen und privaten Wirtschaftsbeteiligten, die sich in einer vergleichbaren Lage befinden, durchgeführt wird (Pari-passu-Transaktion), so kann daraus in der Regel geschlossen werden, dass die Transaktion den Marktbedingungen entspricht. Wenn sich dagegen öffentliche Stellen und private Wirtschaftsbeteiligte, die sich in einer vergleichbaren Lage befinden, zwar gleichzeitig, aber zu unterschiedlichen Bedingungen an einer Transaktion beteiligen, deutet dies in der Regel darauf hin, dass die Maßnahme der öffentlichen Stelle den Marktbedingungen nicht entspricht.Footnote 146 Automatisch kann dieses Schlussfolgerung jedoch keineswegs gezogen werden.Footnote 147 Es bedarf stets der genauen Einzelfallprüfung.Footnote 148

Die Kommission führt in der Bekanntmachung im Übrigen aus, dass in unklaren Vergleichsfällen neben den in der Bekanntmachung näher erläuterten anderen BewertungsmethodenFootnote 149 insbesondere das sog. Benchmarking zur Anwendung kommen soll. Hierbei handelt es um eine Vergleichsbetrachtung unter Heranziehung der Art des betroffenen Wirtschaftsbeteiligten, der Art der Transaktion sowie der betroffenen Märkte.Footnote 150 Die Details der jeweiligen Bewertungsmaßstäbe sollen an dieser Stelle nicht weiter abstrakt aufgegliedert werden. Unabhängig von den dahinzustehenden Details kann nämlich für die hier relevante Frage festgehalten werden, dass im Beihilferecht von der Kommission auf Referenzwerte oder andere Bewertungsmaßstäbe zurückgegriffen wird, wenn kein direkter Vergleich möglich ist.

Insoweit ist die ursprünglich als kritisch eingestufte Bewertung des Erwägungsgrund 13 zur VO 2022/2560, zumindest im Hinblick auf die Etablierung dieses Vorgehens zu entproblematisieren. Auch erscheint keine andere Regelung sinnvoll. Eine Übernahme der Grundsätze aus dem Beihilfe- und Antisubventionsrecht erscheint auf Basis der sachlichen Nähe für geboten.

4.5 Der Zeitpunkt der Subvention

Im Rahmen des Kommissionsvorschlags unbeachtet war die Frage danach, wann der Vorteil bei einem Unternehmen vorliegt. Dabei liegt es auf der Hand, dass es für die Auswirkung einer finanziellen Zuwendung nicht zwangsläufig auf die tatschliche Auszahlung einer Leistung ankommen muss. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund, dass im Rahmen der hiesigen Begriffsbestimmungen bestimmte Kategorien einer finanziellen Zuwendung überhaupt nicht von einer Auszahlung abhängen. Insbesondere bei der Gabe von Sicherheiten oder des Erlasses von Steuern, dürfte sich der daraus resultierende Vorteil bereits mit der Gewährung dieser Maßnahmen bei dem betreffenden Unternehmen realisiert haben.

Richtigerweise stellt Erwägungsgrund 15 zur Verordnung 2022/2560 auf Initiative des ParlamentsFootnote 151 nunmehr klar, dass die Subvention als von dem Moment an als gewährt gilt, ab dem der Begünstigte einen Anspruch darauf hat, die Subvention zu erhalten. Dies erscheint gerade unter der Tatsache, dass ein Unternehmen bereits aus der fixen Zusage einer finanziellen Zuwendung eine verwertbare Besserstellung erfährt, interessengerecht.

5 Die Selektivität

Die Begriffsbestimmung in Art. 3 Abs. 1 VO 2022/2560 fordert als letztes Merkmal des Subventionsbegriffs im Einklang mit Erwägungsgrund 14 zur VO 2022/2560, dass die finanzielle Zuwendung, aus der einem Unternehmen ein Vorteil entsteht, rechtlich oder faktisch auf ein oder mehrere Unternehmen oder Wirtschaftszweige beschränkt ist. Unterschied der Kommissionsentwurf seinem Wortlaut nach noch zwischen einzelnen Unternehmen oder einem einzelnen Wirtschaftszweig bzw. mehreren Unternehmen und mehreren Wirtschaftszweigen,Footnote 152 so dürfte sich durch die nunmehr schlankere Formulierung des Art. 3 Abs. 1 VO 2022/2560 keine inhaltliche Änderung im Laufe des Gesetzgebungsprozesses ergeben haben. Demnach fallen nicht alle Maßnahmen, die Wirtschafsbeteiligte begünstigen, unter den Begriff der drittstaatlichen Subvention, sondern nur solche, die selektiv bestimmten Unternehmen oder Gruppen von Unternehmen oder bestimmten Wirtschaftszweigen einen Vorteil gewähren.Footnote 153 Anders als bei dem vorherigen Begriffselementen, helfen hier die Erwägungsgründe zum genaueren Verständnis der Norm nicht weiter. Erwägungsgrund 14 zur VO 2022/2560 gibt de facto nur den Inhalt der Norm wieder.

Ein Vergleich zur AS-GVO scheidet aus. Anders als die VO 2022/2560 setzt die AS-GVO an der Subvention, die mittelbar oder unmittelbar für die Herstellung, die Produktion, die Ausfuhr oder die Beförderung einer Ware gewährt wird (Art. 1 Abs. 1 AS-GVO), an, sodass die finanzielle Beihilfe dort bereits seiner Natur nach selektiv ist.

Anders gestaltet sich dies im Verhältnis zum EU-Beihilferecht. Selektivität nach Art. 107 Abs. 1 AEUV ist die Verschaffung eines selektiven, nur bestimmten Unternehmen oder Branchen zugutekommenden, Vorteils.Footnote 154 Hierbei werden die Begriffe Selektivität, Spezifität und Bestimmtheit häufig synonym verwendet.Footnote 155 Jedoch hinkt der Vergleich zum Beihilferecht an dieser Stelle etwas. Mitgliedsstaaten verfolgen möglicherweise andere Ziele als Drittstaaten. Das Tatbestandsmerkmal der Selektivität soll im Beihilferecht nach Art. 107 Abs. 1 AEUV verhindern, dass mitgliedsstaatliche Maßnahmen der allgemeinen Wirtschaftspolitik, die die Volkswirtschaft eines Mitgliedstaates als Ganzes treffen, unter das Beihilfeverbot fallen. Deshalb sind Maßnahmen, zu denen sämtliche in einem Mitgliedstaat tätigen Unternehmen zu gleichen Bedingungen Zugang haben, keine Beihilfen.Footnote 156 Häufig wird daher diese Ausnahme vom Beihilfeverbot direkt mit Fiskalmaßnahmen, und hier insbesondere mit Steuerregelungen, in Verbindung gebracht. Dies ist jedoch ebenso häufig zu kurz gedacht.Footnote 157 So wurden bereits Emissionshandelssysteme,Footnote 158 die Vergabe von UMTS-TelekommunikationslizenzenFootnote 159 und Gebührenordnungen an FlughäfenFootnote 160 hinsichtlich ihrer Selektivität untersucht.

Drittstaaten hingegen haben nicht die allgemeine Wirtschaftspolitik oder Volkswirtschaft der EU bzw. deren Mitglieder im Visier. Vielmehr verfolgen sie eigene wirtschaftspolitische Ziele und haben oft nur die eigene Volkswirtschaft oder aber bestimmte mitgliedstaatliche Volkswirtschaften im Visier, die sie strategisch beeinflussen und branchenspezifisch an sich binden möchten. Hierdurch verstärkt sich das Problem der Binnenmarktfragmentierung, da mitgliedstaatliche Volkswirtschaften einen singulären Finanzschub erhalten, der das Gefälle zu anderen Mitgliedstaaten verstärken kann und so dem Ziel der Integration des Binnenmarktes entgegenwirkt. Drittstaaten handeln konkret auf Basis von strategischen Erwägungen um beispielsweise in strategisch wichtigen Einzelmärkten oder Regionen Fuß zu fassen oder einen privilegierten Zugang zu kritischen und wichtigen Infrastrukturen zu erhalten.Footnote 161 In Extremfällen kann auch die Schwächung eines bestimmten Wirtschaftszweigs die Motivlage einer finanziellen Zuwendung begründen.

5.1 Selektivität – ist sie überhaupt erforderlich?

Aus der zuvor geschilderten drittstaatlichen Interessenslage könnte man die Erkenntnis folgern, dass die Prüfung der Selektivität im Rahmen der drittstaatlichen Subvention nicht erforderlich ist. Sofern sie im Normentext dennoch gefordert ist, könnte sie eine reine Formsache darstellen.

Dieser Schlussfolgerung läge jedoch ein sehr extremes, negatives Bild einer drittstaatlichen Subvention mit dem einzigen Ziel der Destabilisierung des EU-Binnenmarkts zugrunde, und sie würde die eigentliche Zielrichtung der neuen Regelung verkennen. Das Ziel der VO 2022/2560 ist nicht der Schutz der Union vor ausländischen Investitionen an sich, sondern vielmehr spezifisch das Problem der Verzerrungen der fairen Wettbewerbsbedingungen durch subventionierte drittstaatliche Investitionen im Binnenmarkt anzugehen. Hierunter fallen eben auch strategische Wirtschaftszweige, kritische Vermögenswerte und Technologien.Footnote 162

Dieses Ziel ist zum einen im Kontext der grundsätzlichen Offenheit der EU für ausländische Investitionen zu sehen. So plädierte etwa die damalige Bundesregierung dafür, dass ausländische Direktinvestitionen in der Union nicht unnötig durch einen unklaren Anwendungsbereich der neuen Instrumente erschwert werden sollen.Footnote 163 Gleichzeitig besteht mit der Verordnung über die sicherheitspolitische Überprüfung ausländischer DirektinvestitionenFootnote 164 (sog. Screening-VO) bereits ein Regelungsinstrument, welches nach seinem Art. 1 Abs. 1 S. 1 einen Rahmen für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Union durch die Mitgliedstaaten aus Gründen der Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung schafft.

Es würde zwar den wirtschaftlichen Ansatz der neuen Verordnung 2022/2560 torpedieren, sofern man deren Anwendungsbereich von sicherheitspolitischen Erwägungen i. S. d. Screening-VO abhängig macht. Umgekehrt liefert die Screening-VO mit ihrem Erwägungsgrund aber eine Erklärung, warum die Selektivität im Rahmen der VO 2022/2560 dennoch erforderlich ist: „Ausländische Direktinvestitionen tragen zum Wachstum in der Union bei, indem sie die Wettbewerbsfähigkeit verbessern, Arbeitsplätze und Skaleneffekte schaffen, Kapital, Technologien, Innovation und Fachwissen einbringen und neue Märkte für die Ausfuhren der Union öffnen.“ Wendet man diesen Grundgedanken auf die Frage, warum eine Selektivität auch bei drittstaatlichen Subventionen zu hinterfragen ist an, stellt man fest, dass ein Drittstaat sehr wohl daran interessiert sein kann, einen finanziellen Beitrag für die EU-Volkswirtschaft zu leisten. Nimmt man etwa das Beispiel der Fallgruppe Innovation und Fachwissen, so kann es in Anlehnung an eine das Beihilferecht betreffende Kommissionsentscheidung im Interesse eines Drittstaates liegen, etwa bestimmte berufliche BildungsangeboteFootnote 165 zur Steigerung des Innovationspotentials des Standortes EU entsprechende Förderungen zu initiieren. Sicherlich wäre in diesem Beispiel aller Wahrscheinlichkeit nach die Selektivität gegeben, da die Bildungsförderung einer speziellen Branche oder gar einem Unternehmen zugutekommen würde. Es zeigt sich jedoch, dass einer pauschalen Wertung eine Absage zu erteilen ist.

5.2 Die Kriterien der Selektivität – reine Formsache?

Es lässt sich mithin schlussfolgern, dass es sich auch bei drittstaatlichen Subventionen bei der Frage der Selektivität nicht nur um eine reine Formsache handelt. Dem Wortlaut des Art. 3 Abs. 1 VO 2022/2560 nach ist festzuhalten, dass die Selektivität in mehreren Fallgruppen gegeben sein kann.

Zum einen soll eine finanzielle Zuwendung dann eine Subvention darstellen, wenn sie i) einem einzelnen Unternehmen oder Wirtschaftszweig oder ii) mehreren Unternehmen oder Wirtschaftszweigen zugutekommt. Darüber hinaus kann sich in Kombination mit dem Tatbestand i) oder ii) die Beschränkung sowohl rechtlich (de jure) oder faktisch (de facto) auf die jeweilige Fallgruppe auswirken. Besonders mit der Unterscheidung zwischen einer de jure oder de facto Selektivität orientiert sich der Verordnungstext maßgeblich an der etablierten UnterscheidungFootnote 166 in der Anwendung des Beihilfeverbots in Art. 107 Abs. 1 AEUV. Insoweit darf davon ausgegangen werden, dass sich die Kommission in Ihrer Entscheidungsfindung auch im Rahmen der Selektivität sehr stark an den etablierten Grundsätzen des Beihilferechts orientieren wird.

Die Begünstigung muss selektiv wirken. Wenn Mitgliedsstaaten positive Ad-hoc-Maßnahmen treffen, die einem oder mehreren Unternehmen zugutekommen,Footnote 167 ist in der Regel leicht festzustellen, dass eine Maßnahme einen selektiven Charakter haben kann, da sie eine Vorzugsbehandlung für ein einzelnes oder wenige Unternehmen vorsieht.Footnote 168 Bei finanziellen Zuwendungen durch Drittstaaten sollte, insbesondere für solche der Säule eins, Gleiches gelten.

Weniger eindeutig ist die Lage, wenn Mitgliedsstaaten weiter gefasste Maßnahmen für alle Unternehmen (oder Wirtschaftszweige), die bestimmte Kriterien erfüllen, treffen.Footnote 169 Die Prüfung, ob eine drittstaatliche Maßnahme selektiv wirkt, sollte dann in Anlehnung an die beihilferechtliche Prüfung an den dort etablierten folgenden drei Prüfungspunkten erfolgen:Footnote 170

  • Erstens stellt sich die Frage, ob verschiedene Unternehmen oder Wirtschaftszweige unterschiedlich behandelt werden, wobei diese Ungleichbehandlung im Rahmen einer bestimmten Regelung bestehen muss (Referenzregelung – diese muss zunächst definiert werden).

  • Zweitens muss festgestellt werden, ob diese Ungleichbehandlung zwischen Unternehmen besteht, die sich im Hinblick auf das mit der Referenzregelung verfolgte Ziel in einer vergleichbaren faktischen oder rechtlichen Situation befinden.

  • Drittens stellt sich die Frage, ob diese hinsichtlich der Zielsetzung der Referenzregelung bestehende Ungleichbehandlung durch das Wesen und die allgemeine Struktur, zu dem sie gehört, gerechtfertigt ist.

In Abgrenzung dazu stellen sogenannte allgemeine Maßnahmen, die jedes Unternehmen begünstigen, also z. B. allgemeine steuer- oder wirtschaftspolitische Maßnahmen, keine Beihilfe dar.Footnote 171 Nach Auffassung der Rechtsprechung sind, in Anlehnung an das zuvor geschilderte Bildungsbeispiel, aber selbst Maßnahmen, die prima facie für Unternehmen im Allgemeinen gelten, möglicherweise bis zu einem gewissen Grad selektiv und sind entsprechend als Maßnahmen zu betrachten, die darauf ausgelegt sind, bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige zu begünstigen.Footnote 172 Im Übrigen soll sich diese Arbeit jedoch nicht mit den durchaus komplexen Details der Selektivität nach dem Beihilferecht, insbesondere für uneindeutige Fälle, beschäftigen. Insoweit wird an dieser Stelle etwa auf die Bekanntmachung zum Begriff der staatlichen Beihilfe im Hinblick auf die Anwendung und Auslegung des Tatbestandsmerkmals verwiesen. Dem Grunde nach können die dort erarbeiteten Grundsätze übernommen werden, wobei im Folgenden kurz auf eine Einschränkung dieses Grundsatzes einzugehen ist.

Bereits dargestellt wurde, dass es Kommission und Rechtsprechung im Rahmen der Selektivität häufig mit steuerlichen Maßnahmen unterschiedlichster Art zu tun haben. Eine Auswertung Bartoschs kommt zu der Schlussfolgerung, dass sogar die überwiegende Mehrzahl der Urteile der Unionsgerichte vor einem fiskalischen Hintergrund erging.Footnote 173 Drittstaaten haben, unabhängig von der Art der Maßnahme, jedoch keinerlei Einfluss auf fiskalische Handlungen innerhalb des EU-Binnenmarkts. Einzig in den Grenzen ihrer eigenen Hoheitsmacht sind sie in der Lage, derartige fiskalpolitische Unterstützungen zu gewähren. Hier wird es jedoch im Einzelfall bei allgemein gehaltenen Regelungen schwer sein, eine klare Abgrenzung zwischen selektiv wirkenden Maßnahmen und solchen zu unterscheiden, die dies gerade nicht sind. Hieraus folgt, dass die Ansprüche an den Nachweis der Selektivität im Sinne einer möglichst umfangreichen Geltung der VO 2022/2560 gerade nicht zu hoch ausfallen dürfen.

Gleichzeitig ist zu vermeiden, dass die Selektivität zu einer reinen Formsache verkommt. Aktuelle Beispiele zeigen dabei, vor welcher Herausforderung die Kommission bei dieser Gratwanderung stehen wird. So hat in diesem Zusammenhang ein Industrieverband in seiner Stellungnahme zur öffentlichen Konsultation auf potenziell subventionierte Gaspreise auf dem Drittlandmarkt hingewiesen, die es den lokalen Gasabnehmern ermöglichen, ihre Tätigkeit in der EU zum Nachteil der Wettbewerber auszuweiten.Footnote 174 Hier bezieht sich die Regelung zwar auf einen Wirtschaftszweig, ist somit mutmaßlich selektiv i. S. d. VO 2022/2560, ihr ist aber bereits offensichtlich vor dem Hintergrund der europäischen Gaspreisbremsen zu entnehmen, dass einer Gaspreissubvention auch ein allgemeines nicht selektives Interesse innewohnen kann. Dieses Beispiel zeigt im Lichte des Jahres 2022 auch die potenzielle Brisanz einer jeweiligen Entscheidung.

Daneben bestehen Märkte, auf denen kein Wettbewerb herrscht. Dies betrifft etwa Märkte mit einem einzigen Monopolisten. Besonders die Literatur vertritt hier die Auffassung, das finanzielle Leistungen an solche Monopolunternehmen keine Eignung zu Wettbewerbsverfälschungen haben.Footnote 175 Unabhängig davon ob dies der Fall ist oder nicht, fallen auch Monopolunternehmen unter die Selektivität im Sinne des Art. 3 Abs. 1 VO 2022/2560, da sie sowohl ein Unternehmen, als auch ein Wirtschaftszweig sein dürften. Anders als das Beihilfeverbot stellt sich auf Tatbestandsebene des Art. 3 Abs. 1 VO 2022/2560 nicht die Frage der Eignung zur Wettbewerbsverfälschung. Da es schließlich um die Eignung zur Schaffung von Verzerrungseffekten geht, sind auch finanzielle Leistungen an Monopolunternehmen im Sinne der neuen Verordnung als drittstaatliche Subventionen anzusehen.

6 Der Subventionsbegriff im Lichte der hiesigen Problemlage – Schlussbemerkung

Wie gesehen, beruht der Subventionsbegriff der neuen VO 2022/2560 auf bereits etablierten Grundlagen. Nicht zuletzt auf Grund der sachlichen Nähe lassen sich, wie es auch die Kommission in ihren eigenen Darstellungen herausstellt, viele Parallelen zum Beihilferecht ziehen. Anders als vielleicht naheliegend und etwa von der deutschen Monopolkommission befürwortet,Footnote 176 hat sich die EU jedoch deutlich gegen eine völlige Anlehnung an den Beihilfebegriff des Art. 107 Abs. 1 AEUV entschieden und damit einer faktischen Gleichbehandlung von mitgliedstaatlichen und drittstaatlichen Subventionen dem Grunde nach eine Abfuhr erteilt. Dies begründet sich dabei nicht einzig aber gerade auch an der fehlenden Hoheitsmacht gegenüber Drittstaaten, wonach beide Regelungen bereits natürlichen Unterschieden ausgesetzt sind, die ein jeweils zugeschnittenes Regulierungsinstrument erfordern.

Dieser Ansatzpunkt war bereits dem Weißbuch immanent und mag als Untersuchungsergebnis vor dem Hintergrund dessen, dass die Kommission gerade die Nichterfassung drittstaatlicher Subventionen durch den Beihilfebegriff der AEUV als Rechtfertigung ihrer Verordnungsinitiative angeführt hat, doch verwundern. So finden sich an vielen Stellen gerade auch Bezugnahmen auf das Antisubventions- bzw. das Sektorwettbewerbsrecht. Somit kann und soll insbesondere das Antisubventionsrecht in seiner WTO- und EU-Dimension hilfreich bei der zukünftigen Anwendung der neuen Verordnung sein. Dabei könnte hiergegen angeführt werden, eine alleinige Orientierung am Beihilferecht würde dem Gegenseitigkeitsgedanken einer staatlichen finanziellen Zuwendung, die sowohl die Beihilfe als auch die drittstaatliche Subvention kennzeichnet, ebenfalls gerecht werden. Beide Unterstützungsmaßnahmen sind durch eine Leistung eines Staates gekennzeichnet, auf Basis derer er sich einen Benefit erhofft.

Die Anlehnung an mehrere Rechtsinstitute erscheint jedoch abschließend sinnvoll. Es ist zu begrüßen, dass nunmehr auf Jahrzehnte an Rechtsprechung und Kommissionsentscheidungen zurückgegriffen werden kann und so dem Gegenseitigkeitsverhältnis der Problemlage Rechnung getragen wird. Wäre eine gänzlich neues Regelungsregime etabliert worden, hätte dies, in einem so oder so bereits heiklen Thema, zusätzliche Unsicherheiten für alle Beteiligte bedeutet.

Gleichzeitig ist zwar zuzugeben, dass eine Anknüpfung an den Beihilfebegriff des EU-Rechts mehr Rechtssicherheit mit sich bringen würde, da dieser Begriff in der europäischen Rechtsprechung und der Kommissionspraxis schon weitgehend konkretisiert worden ist.Footnote 177 Allerdings würde eine faktische Eins-zu-Eins-Angleichung auch wesentliche Unterschiede zwischen den Motiven mitgliedstaatlicher Beihilfen und drittstaatlicher Subventionen außer Acht lassen. Der größte Unterschied dürfte dabei wohl darin liegen, dass ein Drittstaat gerade keine Motive der gemeinschaftlichen Wirtschaftsförderung oder die Verfolgung, der am Gemeinwohl der Union orientierten, anderen Ziele verfolgt.

Die Interessen von Staaten und insbesondere Drittstaaten unterscheiden sich dem Grunde nach nicht von privaten Interessen, soweit beide regelmäßig die Steigerung ihres eigenen Erfolgs, oder im Rahmen eines Staats, die Steigerung des Erfolgs ihrer eigenen Unternehmen und Volkswirtschaft, anstreben. Für die EU gilt ähnliches, wobei das verfolgte Interesse hier jedoch durch die europäischen Verträge in vielen Bereichen vergemeinschaftet wird.

Den zuletzt genannten Unterschied muss eine, den Binnenmarkt vor eben diesen Verzerrungen schützende, Verordnung berücksichtigen. Es mag daher ein wohlklingendes Ziel der Verordnung sein, die drittstaatlichen Subventionen grundsätzlichen den gleichen Regelungen zu unterwerfen, wie mitgliedstaatliche Beihilfen. Freilich sollte sich das neue Regelungsregime an den bestehenden Regelungen orientieren, eine völlige Gleichschaltung scheidet jedoch aus. Bereits die Begriffsbestimmung konnte hier zeigen, dass dies auch in der Praxis nicht möglich ist.

Dabei kann statuiert werden, dass die Begriffsbestimmung des Art. 3 Abs. 1 VO 2022/2560 grundsätzlich geeignet erscheint, die den Verzerrungseffekt auf dem EU-Binnenmarkt zu Grunde liegenden Subventionen aus Drittstaaten zu erfassen. Es erscheint sinnvoll, den Begriff des Drittstaates als mittel- oder unmittelbar zurechenbare Handlungen des Staates oder aller öffentlichen Körperschaften zu verstehen. Dabei ist gerade nicht danach zu fragen, ob die finanziellen Mittel selbst aus dem Staatshaushalt finanziert werden, sondern nur, ob die Entscheidung auf eine staatliche Beeinflussung zurückzuführen ist.

Das hiermit einhergehende Nachweisproblem wurde an obiger Stelle im Zuge der Zurechnung der finanziellen Zuwendung umfangreich beleuchtet. Gerade im Rahmen einer häufig intransparenten und verschleierten drittstaatlichen Zuwendung wird es in der Praxis schwierig werden, die konkreten Entscheidungswege nachzuvollziehen. Es konnte jedoch auch aufgezeigt werden, dass der gewählte Weg der Situation einer staatlichen gelenkten und undurchsichtig beeinflussten Volkswirtschaft gerecht wird, die häufig über SOEs oder zumindest mittelbar beeinflusste private Unternehmen ihre Unterstützungsmaßnahmen organisiert. Die mutmaßlich besser zu bestimmende Frage, ob die Mittel der Zuwendung auf den Staatshaushalt zurückgehen, hätte den Anwendungsbereich extrem eingeengt und das Problem der Intransparenz nur vermeintlich gelöst. Es ist nicht davon auszugehen, dass drittstaatliche Behörden der Kommission umfangreiche Einblicke in drittstaatliche Haushaltsangelegenheiten gewähren werden. Mangels hoheitlicher Durchsetzungsfähigkeit hätte sich das Transparenzproblem dort somit ebenso gestellt.

Weiterhin ist es begrüßenswert, nur diejenigen Zuwendungen zu berücksichtigen, die finanzieller Art sind, wobei der Begriff im Zuge der hier dargestellten und nicht abschließenden drei Säulen, möglichst weit auszulegen ist. Auch dies trägt dem Umstand Rechnung, dass staatliche Beeinflussungen aus Drittstaaten häufig niedrigschwellig und undurchsichtig stattfinden. Nur selten wird eine direkte Zuwendung erfolgen. Nach der hier vertretenen Ansicht ist die VO 2022/2560 gleichwohl in einer gewissen Konstellation als lückenhaft zu bezeichnen, als dass sie mutmaßlich solche Zuwendungen nicht erfasst, die sich auf das schlichte Vergessen einer Einforderung fälliger Leistungen beziehen.

Es erscheint zudem anwenderfreundlich und folgerichtig, den etablierten europäischen Unternehmensbegriff aufzugreifen. Gleichzeitig grenzt es den Anwendungsbereich des neuen Instruments zutreffend ein, dass nur Zuwendungen an solche Unternehmen relevant werden, die in der Union eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben (Ausübungsprinzip). Würde sich die Verordnung auch auf Zuwendungen an Unternehmen beziehen, die sich lediglich auf den Binnenmarkt auswirken, würde dies einerseits zu einem unverhältnismäßigen Aufwand und andererseits dazu führen, dass Maßnahmen außerhalb der eigenen Zuständigkeit durchgesetzt werden müssten. Abschließend ist es sinnvoll, im Rahmen der Vorteilsverschaffung nicht das konkrete Ziel eines Drittstaates zu hinterfragen. Dieses wird regelmäßig gezielt verschleiert werden, sodass es richtig erscheint, nur danach zu fragen, ob die Zuwendung zu einer marktunüblichen Verschaffung eines positiven Umstands für das Unternehmen führt. Die Betrachtung der normalen Marktbedingungen stellt sicher, dass auch Unternehmen nicht fürchten müssen, bezüglich jeder wirtschaftlichen Interaktion mit einem Drittstaat einer Kontrolle durch die neue VO 2022/2560 ausgesetzt zu sein. Wie auch innerhalb der Union kann ein Unternehmen, ohne fürchten zu müssen, mit Sanktionen belegt zu werden, weiterhin zu marktkonformen Umständen mit einem Staat wirtschaftlich verflochten sein. Die Selektivität rundet den Schutz des Unternehmens dabei vollumfänglich ab.

Sicherlich wird erst die Anwendungs- und Rechtsprechungspraxis zeigen, ob das gewählte Vorgehen auch von langfristigem Erfolg geprägt ist und ob eine (noch) stärkere Orientierung am Beihilferecht anzuraten gewesen wäre. Aus Sicht des Verfassers stehen die Zeichen hinsichtlich der Begriffsbestimmung dem Grunde nach auf Erfolg. Auch werden die Fragen der Zurechnung, der finanziellen Zuwendung und des Vorteils insbesondere die im Rahmen der Analyse der (wirtschaftlichen) Ausgangslage herausgearbeiteten Probleme spezifisch erfasst, sodass das Instrument von seinem Anwendungsbereich her geeignet erscheint, zu faireren Bedingungen auf dem Binnenmarkt beizutragen.

Es sei noch darauf hingewiesen, dass es im Zuge eines umfassenden Schutzes des EU-Binnenmarkts geboten ist, die hier beleuchteten Tatbestandsmerkmale grundsätzlich allesamt weit auszulegen. Wie eingangs erläutert, entscheidet die Frage nach dem Subventionsbegriff maßgeblich über den sachlichen Anwendungsbereich der Regelungen des Art. 4 ff. VO 2022/2560. Nur durch eine weite Auslegung können möglichst umfassend die Handlungen auf dem EU-Binnenmarkt auf ihre Verzerrungswirkung hin überprüft werden.