Die Lust am Landleben und die Ausbreitung des Konformismus erzwingenden Provinziellen

Ammersee. Bild: Nino barbieri/CC BY-SA-2.5

Gespräch mit Björn Vedder, der aufs Land gezogen ist und nicht nur dort den provinziellen Geist des Konformismus und des sozialen Drucks gefunden hat, sondern auch in Städten, in der Politikund im digitalen Biedermeier.

Sie haben ja ein Buch geschrieben, das man fast auch ein bisschen als Rant gegen das Landleben bezeichnen könnte. Ich sehe aber, Sie leben immer noch auf dem Land. Warum hält Sie es dennoch dort?

 

Björn Vedder: Es ist ja wirklich schön, auf dem Land zu leben, nicht wahr? Also wenn ich aus dem Fenster schaue, die Sonne scheint, hier vorne rechts da schaukeln die Segeljachten im Wind … Schöner kann man es ja kaum haben.

 

Aber Sie sind doch unzufrieden damit, wie Sie im Buch schreiben? Oder ist das eher ein Versuch einer allgemeinen Kritik am Landleben? Man muss ja eigentlich auch sagen, Herrsching am Ammersee ist nicht gerade ein Dorf, sondern eigentlich eine Kleinstadt, auch wenn das Wachstum erst in den 1940er, 1950er Jahren so richtig angefangen hat. Damals gab es etwa 2000 Einwohner, jetzt sind es an die 10.000.

Björn Vedder: Ja, das stimmt schon. Aber ich glaube, man sollte das Landleben nicht unbedingt geographisch verstehen, also wie weit etwa die nächste Autobahnauffahrt entfernt ist, sondern als einen mentalen Begriff. Es gibt eine mentale Provinzialität, die mich vor allen Dingen interessiert in meinem Buch. Und die findet sich hier bei uns am Ammersee genauso wie vor 40 Jahren im Ostwestfälischen, wo ich aufgewachsen bin. Das ist schon interessant, wie hartnäckig sich das hält.

Wenn man ältere Untersuchungen zum Landleben liest, wie zum Beispiel Adornos Essay zur „Erziehung nach Auschwitz“, in dem es auch viel ums Landleben geht, ist für ihn die große Gefahr, warum der Faschismus zurückkehren könnte, die Bösartigkeit der Landbevölkerung. Er sieht ganz ähnliche Strukturen eines provinziellen Geistes, die sich mit einer großen Hartnäckigkeit durch die Jahrzehnte und auch jenseits der genaueren geographischen Verortung durchziehen.

Ich habe nach Erscheinen des Buches eine ganze Reihe Zuschriften bekommen, vor allen Dingen von Frauen interessanterweise, die mir gesagt haben: „Ich bin so froh, dass Sie das geschrieben haben, denn das, was da in Ihrem Buch steht, das habe ich genauso erlebt.“ Die Briefe kamen aus Kassel oder Schleswig-Holstein und so weiter. Es gibt vielleicht doch so eine mentale Signatur des Provinziellen, die sich aber – und deswegen ist das Land eben auch besonders interessant, glaube ich – auch in den Städten ausbreitet. Auch unsere städtischen Viertel, die sich sozial homogenisieren, neigen zu einer Provinzialisierung.

Sie meinen nicht, dass die Knappheit der sozialen Beziehungen auf dem Land eine Rolle spielt, sondern dass andere Faktoren mit reinspielen? Wenn man auf dem Land lebt, kennt man notgedrungen viele, die auch dort wohnen. Wenn man auf der Straße läuft, klar, wird man erkannt und man kann schon wenig heimlich oder anonym tun. Das ist in der Stadt,  auch in einem Viertel, das ein bisschen homogener ist, doch anders.

Björn Vedder: Ja, das stimmt.

 

Das Provinzielle zeigt sich im Wunsch, in einer wertebasierten Gemeinschaft leben zu wollen

Was wären denn die strukturellen Bedingungen des Landlebens? Offenbar, wenn man Ihnen Glauben schenkt, ist die Provinzialität auch ein Effekt dann, wenn es sich nicht um alte Bewohner des Landes handelt, sondern auch frische Auswanderer, sozusagen Stadtflüchtlinge da reinkommen und dann diesen Geist  mit aufnehmen. Das müsste doch Ihre These sein?

Björn Vedder: Das Provinzielle zeigt sich vor allen Dingen in einem mangelnden Bewusstsein für die Kontingenz der eigenen Werte und Überzeugungen und ihm Wunsch, in einer wertebasierten Gemeinschaft zu leben, die die eigenen Werte und Überzeugungen mit sozialer Kontrolle anderen gegenüber durchsetzt. Und hier spielt auch die Knappheit der sozialen Beziehungen auf dem Land eine Rolle. Auf dem Land tritt die wertebasierte Gemeinschaft noch mal mit größerer Selbstherrlichkeit auf, weil es weniger konkurrierende Meinungen gibt.

Ich komme aus einem linksalternativen Elternhaus. Da hörte man diese Lieder von Franz-Josef Degenhard wie das von den Schmuddelkindern. Es gab da ein Bild mit dem Bahndamm, der alles eingrenzt. In einem Lied kommt ein Fremder in die Stadt und wird dann von einem Dorfmob gehetzt und am Bahndamm gestellt. In diesem geschlossenen Raum herrscht eine bestimmte Moral und werden auch die praktischen Lebensvollzüge nicht einfach als eine Art gesehen, die praktischen Herausforderungen des Lebens irgendwie zu bewältigen, sondern als etwas, das auch einen moralischen Wert hat und dadurch besonders ausgezeichnet ist.

Wir wissen ja, sobald man sich auf einen Wert beruft, muss man den immer verteidigen, weil Werte nur durch andere Werte gestützt werden können. Damit kommt eine Wertegesellschaft automatisch auf die schiefe Bahn. Sie gerät ins Rutschen und muss dieses Rutschen aufhalten mit einer, wie ich meine, aggressiven Haltung gegenüber anderen, die ihr Leben anders führen.

Provinziell ist, den Leuten vorzuschreiben, was sie wollen sollen

Mir fällt dazu gerade ein, dass wir ja auch eine Außenministerin haben, die eine wertebasierte Außenpolitik durchsetzen will. Würden Sie das auch in diesen Provinzialisierungstrend einordnen?

Björn Vedder: Absolut. Ich glaube, dieser Provinzialisierungstrend zeigt sich auch in den Kabinetten und in den Think Tanks und so weiter, weil die voll sind von Leuten, die anderen Menschen sagen wollen, was sie wollen sollen. Ferdinand Tönnies, einer der ersten deutschen Soziologen, sagte, dass sich das Dorf durch einen Gemeinwillen auszeichnet. Alle wollen etwas Gemeinsames und das führt zu einem gemeinsamen Wollen. Ich glaube, Barack Obama war der erste Politiker, der sich auf einer großen Ebene  Verhaltensökonomen ins Haus geholt hat, die im Sinne eines liberalen Paternalismus versucht haben, den Menschen durch Nudges, durch Anstupser, näherzubringen, dass sie wollen, wovon die Regierung überzeugt ist, dass das sie das am Ende wollen sollen. Die Annahme ist, dass der Mensch selber zu doof, zu uninformiert, zu phlegmatisch oder zu faul ist, um wissen zu können, was er selber möchte. Das ist ein Trend, der eigentlich vollkommen antiliberal ist, die sich aber historisch aus dem Provinziellen, aus dem Dörflichen, gebildet hat und jetzt bis in die Politik und in die Regierungen reicht.

Die Natursehnsucht, die dann auch mit der Idealisierung des Lebens auf dem Land einherging, kam im Zuge der Industrialisierung auf, als die Städte explodierten. Gartenstädte waren die ersten Versuche, der Stadt zu entkommen, aber gleichzeitig nicht ganz wegzugehen, sondern in einem gewissen Sicherheitsabstand zu bleiben. Die Kritik an den Städten ist im Übrigen schon uralt.  Auf dem Land oder im Dorf, so wird gesagt, lebt man in überschaubaren Zusammenhängen, weswegen es hier eine Gemeinschaft gibt, während in der Stadt eher Gleichgültigkeit herrscht.

Björn Vedder: Ja, auf dem Land ist die Gemeinschaft noch in Ordnung.

Die Anonymität in der Stadt ist liberaler

Die Gleichgültigkeit oder Anonymität erzeugt Angst, weil da alles Mögliche passieren kann. Aber Sie würden sagen, diese Gleichgültigkeit ist eher das, was das urbane Leben ausmacht und was Sie attraktiver finden oder liberaler finden als das Gemeinschaftsgedudel auf dem Land?

Björn Vedder: Genau. Ich glaube, dass die Anonymität in der Stadt liberaler ist. Nicht, weil die Menschen das Ziel haben, liberal zu sein. Es ist sozusagen ein Kollateralnutzen der Ignoranz der Stadtmenschen gegeneinander, dass dort die Menschen einfacher nach ihrer eigenen Facon glücklich werden können. Zumindest in solchen Städten, in deren Vierteln noch Anonymität herrscht und die noch nicht eine sehr dichte soziale Homogenität erzeugt haben. Wenn Sie nach Schwabing oder in bestimmte Viertel in Berlin oder in Hamburg gehen, wo bestimmte soziale Gruppen die Mentalität bestimmen, dann haben sie ganz ähnliche Formen der sozialen Kontrolle, wie ich sie im Ostwestfälischen in den 1980ern beim Pfarrer und Schulmeister erlebt habe. Das ist schon interessant und deswegen ist das Landleben auch so ein zentrales Thema jenseits dieser Sehnsucht, die vielleicht jeder ab 40 Jahren hat, mal auf das Land zu ziehen. Da kann man in der Nussschale beobachten, wohin es mit einer Gesellschaft geht, wenn sie sich weiter in diese Richtung des Provinziellen bewegt, wie wir das vielleicht gerade tun.

Es gab eine Stagnation des Lebens in den Städten. Die Bevölkerung wuchs nicht weiter, Städte schrumpften, die Speckgürtel nahmen zu. Nach Corona wachsen die Städte wieder, was wahrscheinlich dem Zuzug der Migranten und auch einer höheren Geburtenrate zu verdanken ist. Auf dem Land gebiert es sich es offenbar nicht so gut wie in der Stadt.

Björn Vedder: Also bei uns haben die meisten drei, vier Kinder oder so.

Gut, das ist die neue Norm. Ist denn diese Zuwanderung der Migranten oder von Fremden in die Städte auch etwas, was sozusagen das Stadtleben im Unterschied zum Land oder zum Provinziellen auszeichnet? Wenn Sie von der homogenen Kultur in Stadtvierteln, sind dort vielleicht auch Fremde weniger vorhanden als in anderen Vierteln.

Björn Vedder: Ja, klar. Zumal in einer Hinwendung zum Fremden auch eine Chance liegen kann, dem Provinziellen zu entkommen, weil es einen darauf aufmerksam macht, wie zufällig und kontingent die eigenen Überzeugungen sind und dass andere es eben anders machen, aber mit genauso guten Gründen. Damit kann auch eine Form der Freiheit entstehen, wenn wir das Fremde nicht abwehren, sondern als etwas begreifen, dem wir empathisch gegenüberstehen, weil es uns auch hilft, uns zu verändern und uns noch einmal weiter oder neu zu liberalisieren.

Würden Sie das dann auch politisch verorten können? Ist das Land sozusagen eher AfD, Freie Wähle und rechts und die Stadt eher links und liberal. Wo würden Sie die Grünen verorten?

Björn Vedder: Ich finde ja, die Grünen sind in vielen Punkten von ähnlich provinziellem Geiste wie die CDU-Altvorderen aus meiner Kindheit in Ostwestfalen, weil sie auch die Überzeugung haben, sie müssten in einer Form der Überlegenheit andere nur anschubsen, dass sie auch das wollen, was sie zu wollen richtig finden. Es gibt eine ganze Reihe von Untersuchungen, die nahelegen, dass auf dem Land stärker konservativ gewählt wird und in Städten eher liberal. Aber ich glaube eben, dass auch die liberalen Kräfte, und die Grünen sind dafür ein gutes Beispiel, eine Tendenz zur Provinzialisierung haben. Insofern würde ich diesen Stadt- und Landunterschied, reaktionär und fortschrittlich, gar nicht so eng ziehen wollen, weil auch die Städte bis in unsere Regierungen hinein antiliberal werden.

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Digitales Biedermeier

Seit ungefähr 30 Jahren rollt die Digitalisierung über uns hinweg. Das heißt, wir leben nicht mehr in der Stadt oder auf dem Land, sondern in einer globalen Metropole, zu der jeder mittlerweile Zugang  hat. Das war vor 30 Jahren noch anders, da war man auf dem Land relativ abgeschnitten, was das Internet angeht, aber das hat sich doch angeglichen, sodass nun jeder Teilhabe an dieser globalen oder sehr großen Öffentlichkeit hat. Nivelliert das die mentalen oder kulturellen Unterschiede zwischen Staat und Land. Auch mit der Mobilität ist man nicht mehr so abgegrenzt und ausgeschlossen, wie das früher der Fall war. Das müsste sich doch auch gedanklich auswirken.

Björn Vedder: Ich glaube nicht. Es gibt eine geographische Nivellierung. Man kann sich auf die hinterletzte Berghütte innerhalb von zwei Tagen Jeans aus Japan schicken lassen. Aber auch das Internet hat seine Filterblasen, was auch durch Algorithmen gefördert wird, die uns die Timeline zuspielen. Ich habe den Eindruck, dass das Provinzielle wie so eine stadtgewordene Filterblase ist, in der man sich wohlfühlt, weil Weltanschauungen bestätigt werden, weil es gleich und homogen ist. Es ist ein digitales Biedermeier.

Also eine digitale Provinz, die sich weltweit ausbreitet. Entkommt man dieser Provinz? Wohin geht man mental?

Björn Vedder: Wie ich eben sagte durch eine Hinwendung zum Fremden, zur Kontingenz und zur Einsicht, dass das, was wir in unserer Kultur und Tradition hochschätzen, vielleicht nur etwas ist, mit dem wir – zum Teil historisch gewachsen, zum Teil neu gelernt – versuchen, die Herausforderungen unseres Lebens zu bewältigen. Das kann man praktisch bewerten, aber nicht moralisch. Man müsste vor allen Dingen anfangen, von der Moralisierung aus dem alltäglichen Leben, auch als Abgrenzungsmechanismus zu anderen, abzulassen und sich nicht mehr fragen, wie kann der andere wollen, was ich will, sondern zu fragen, was will er von mir und was bin ich ihm schuldig? Genauso wie ich eine Herzensordnung habe, ein schöner Begriff von Augustinus, haben andere eine andere, vielleicht völlig fremde. Die Frage ist nicht: „Wie wollen wir alle das Gleiche?, sondern: „In welchem Maße kann ich die Verwirklichung meiner Wünsche und Ziele dem anderen zumuten und in welchem Maße?

Das wäre ein Versuch, den Konformismus aufzubrechen.

Björn Vedder: Ja, eine Ethik, die von der Fremdheit und Andersheit des anderen, auch von der Kontingenz und Zufälligkeit, auch gewissermaßen von der Unwichtigkeit meiner eigenen Wünsche und Ziele ausgeht. Ich gehe nicht von mir aus, sondern vom anderen und verhalte mich antwortend zu ihm.

Ich habe mal vor einiger Zeit ein Buch geschrieben über das Wohnen. Da ging es auch um den Unterschied zwischen Heidegger und dem jüdischen Philosophen Vilem Flusser. Er hat das städtische Leben propagiert, während Heidegger bekanntlich die Heimat und die Verortung gepriesen hat. Wenn wir nicht mehr provinziell wohnen, würden wir uns auch von diesem Bezug zur Heimat lösen bzw. von diesen Gedanken. Provinziell ist, man zieht aufs Land, man kommt in eine Heimat, man hat eine Gemeinschaft, man ist verwurzelt mit den Bäumen sozusagen und beschränkt sich damit.

Björn Vedder: Ich erinnere mich, bei Flusser gab es diesen schönen Satz, wo er sagt: Der Mensch braucht keine Wurzeln wie ein Baum, er hat Beine, um zu gehen. Das Leben ist in Bewegung, auch auf den anderen zu. Das ist ein schönes Moment, dass wir alle einander fremd und auch unverstanden sind. Und dass wir viel weniger gemeinsam haben, als wir denken – außer, dass wir eben mit unserem Leben irgendwie zurechtkommen müssen.

Der Unterschied von Stadt und Land hat auch etwas mit der Ökonomie zu tun. In der Stadt oder im Umland von Städten gibt es Arbeitsplätze. Auf dem Land ist es schwieriger, Arbeit zu finden. Im oberbayerischen Land ist der Tourismus stark und da ziehen da auch die reicheren Leute hin, die nicht mehr unbedingt arbeiten müssen, sondern das Geld schon mitbringen. Wie spielt denn in Ihre Überlegungen zum Ländlichen oder Provinziellen die Wirtschaft oder das Arbeitsleben hinein? Mit der Digitalisierung wird es ja für viele Tätigkeiten möglich, überall zu arbeiten. Man kann sich auf dem Land ansiedeln und muss nicht mehr unbedingt in der Stadt wohnen. Dadurch nivellieren sich auch die Unterschiede.

Björn Vedder: Ja, das stimmt. Ich glaube, durch das Homeoffice gibt es neue Möglichkeiten, aber das können auch nicht alle Menschen machen. Leute, die so arbeiten wie wir, können das wunderbar im Homeoffice machen, aber wenn Sie Chirurg sind oder Schweißer oder so, wie wollen Sie da im Homeoffice arbeiten?

Rechte und linke Landlust

Wenn die smarten Roboter kommen, dann könnten die auch von Zuhause aus gesteuert werden.

Björn Vedder: Kommt drauf an, wem dann die Produktionsmittel gehören. Es gibt ja zwei Trends. Es gibt diese rechte Landlust, die aus Blut und Boden, Gemeinschaft, Scholle und Waldeseinsamkeit kommt. Und dann gibt es ein Alternativmodell der Linken, die auf dem Land das alternative Leben zu suchen. Beides sind Formen des Landlebens, die ökonomisch große Privilegien voraussetzen. Sei es, dass man sich wie Botho Strauß seine Villa in die Schorfheide zurückziehen und dunkel raunen kann, sei es, dass man an einem der südbayerischen Seen in einer Villa, die von Mama gekauft wurde, einen auf Hippie macht und verächtlich auf die Menschen herunterschaut, die die jeden Morgen in die S-Bahn steigen müssen, um eine 4000-Euro-Hypothek für ein halb so großes Haus abzubezahlen.

Es ist ganz interessant, dass es gerade in dieser linksalternativen Landszene immer den Versuch gibt, das Landleben als das ökonomisch günstigere und einfachere vorzustellen. Schon in dem Buch „Walden oder Leben in den Wäldern“ schreibt Henry David Thoreau: Ja, ich lebe hier dermaßen frugal und einfach, das könnte ich mir nirgendwo leisten. Ich spare so viel, weil ich nur Mais esse und so weiter. Dann ist jemand dem nachgegangen und hat herausgefunden, dass das nur ging, weil er die Bleistiftfabrik vom Vater geerbt hat und er zum Landleben jedes Jahr 1000 Dollar zugeschossen bekam. Ein richtiges Landleben, das auch ökonomisch gut funktioniert, ohne dass Geld aus der Stadt kommen oder mitgebracht werden muss, ist dann eben doch eher ein Leben in der Landwirtschaft. Der Einzige, den ich kenne, dem das Leben auf dem Land auch ökonomisch gut gelingt, ist ein Freund von mir, der Zuckerrübenbauer im Rheinland ist. Er arbeitet zumindest in der Sommersaison 80 Stunden die Woche, bis ihm der Maschinenschweiß in den Haarspitzen steht. Also das ist eine richtige Keulerei und nicht selber die Tomaten im Garten ziehen und ein bisschen Home Farming für Instagram betreiben. Das ist dann ein ganz anderes Landleben, als das, das uns auch in den Medien als alternatives Leben vorgegaukelt wird.

Sie haben geschrieben, dass Sie mal ein Interview in der Süddeutschen gegeben haben, wo Sie Ihre Beengungsgefühle ausgedrückt haben, die sie auf dem Land haben. Daraufhin seien Sie auch von ihrer Umgebung entsprechend angesprochen worden. Man macht sich ja dann auch unbeliebt,  wenn man seine Meinung über diese Provinzialität zum Ausdruck bringt und dies auch vernommen wird. Isoliert man sich damit?

Björn Vedder: Also dieses Interview, auf das Sie anspielen, ist ja einige Jahre her. Ich hatte ein Buch geschrieben über die Verlogenheit der bourgeoisen Mittel- und Oberschicht, und sagte: Dieses Fünf-Seelen-Land ist voll vom reichen Pöbel. Das haben mir einige übergenommen und gesagt, ich sei ein Nestbeschmutzer, ich wüsste gar nicht zu schätzen, dass ich hier in dieser schönen Gemeinschaft leben darf. Das ist schon auch ein Zeichen von Provinzialität. Als ich das Buch über das Landleben etwa meiner Schwester zeigte, da sagte die: Du hast Recht, es ist hier so, wie die sagst, aber gerade weil das so ist, musst du aufpassen, dass deine Kinder noch auf die Geburtstage eingeladen werden. Aber bisher habe ich hier von meinen Nachbarn keine großartig negativen Reaktionen erlebt. Und das zeigt ja auch, dass es hier vielleicht doch nicht so provinziell ist, wie ich das in meinem Buch behauptet habe.

 

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17 Kommentare

  1. Die Bauernproteste sind wieder in den abseits der medialen Blase angelangt.
    Das ernähren in Europa erfährt die Zeitenwende, denn die armen subventionierten Bauern, können nicht mehr mithalten, trotz Subventionen, in einer multipolaren Ordnung und Welt, für ihren exzessiven nutzlosen Erträge.
    Die multipolare Ordnung wird die Landwirtschaft der einstigen Verordnung auf ihre realen Situation zurück stutzen.
    Europa kann nicht mehr ihre ‚Philosophie‘ durchsetzen und ist auf der anderen Seite nicht in der Lage, das offen zu kommunizieren.

    Die Agrarwirtschaft wird überleben, jedoch nicht mehr über „Politik“, jedoch mit der direkten Vermarktung und den sich bildendenden Strukturen.
    Die einzige Frage bleibt über die ‚Grossbesitzer‘ philanthrophischen Ursprungs.

  2. In dem Interview werden ja viele Aspekte angesprochen. Ein Aspekt ist der wohl schlimmste an den meisten Menschen, die Provinzialität, oder besser die Spießigkeit im Denken.
    Tucholsky versucht mal die Definition ein Spießer sei ein Mensch, der relative Dinge absolut nehme.
    Das ist ganz gut formuliert. Und so verbrauchen die meisten Menschen ihre Kraft und Zeit für meist völlig irrelevante Sachen, was der Nachbar so treibt und macht, was die die wieder anzieht, wer mit wem gerade schnackselt, wer an was oder wen glaubt….. Sie sind in der Welt wie Holzwürmer in einer Riemenschneider-Plastik.
    Man kann auch sagen 90 % der Menschen haben die Erwartung, dass alles in der Welt genau ihren kleinkarierten Vorstellungen entsprechen müsse und rasten mehr oder weniger aus, wenn dem nicht so ist. Da ist es egal ob sie an Allah oder an Demokratie oder was auch immer glauben, es sind letztlich Kleingeister unfähig zu jeder Art geistiger Größe oder Weiterentwicklung. Alles andere sind nur Symptome.

    1. Hey

      Danke für Ihren Hinweis auf Tucholsky. Kurz auf den Punkt gebracht.
      Dem möchte ich, frei nach Lagerfeld, hinten an stellen: ‚Wer in seinem Denken Ismen benötigt hat die Kontrolle über sein Gehirn verloren.‘
      Was ebenfalls für propagandistische Begrifflichkeiten jeglicher ideologischer Couleur gilt.

      Zu den angesprochenen „90%“ – hoffentlich sind es angesichts der allgemeinen Schulpflicht in diesem Land nur so wenige.

      Grüße

  3. Was ist mit jenen Landbewohnern, die eben „kleinkariert“ leben wollen und dieses, ihr Seinwollen nicht auf andere übertragen möchten, weil sie so frei sind, jedem seine Freiheit vor allem im Denken zu lassen, ihn nämlich zu lassen, wie er ist? Was Sie da als „völlig irrelevant“ von oben abkanzeln ist ein Bruchteil dessen, was sich soziales Leben nennt. Ich maße mir nicht an, Städter, die über Ihre oben kurz umrissenene Sichtweise nicht hinauskommen, als Kleingeister zu titulieren, jedoch, beschränkt ist sie allemal.
    Verzeihung,. ich muß jetzt die Karnickel füttern.

  4. Mir scheint, dass ein entscheidender Unterschied zwischen „Stadt“ und „Land“ darin besteht, dass man in der Stadt nicht mehr so recht weiß, was das Eigene ist. Vieles folgt daraus, und zwar auch das, was Herr Vedder anspricht.

    Auf dem Lande weiß man noch um die Bedeutung des Eigenen und das fängt schon beim eigenen Grundstück und Haus an, das man eben selber versorgen und instand halten muss. Anderes, auch Kulturelles, kommt hinzu. Es gibt auch die Vorstellung von einem unter normalen Umständen unveräußerlichen Eigenen bzw unveräußerlichen Eigentum. Welche Überwindung kostet es doch so manchen Landbewohner, in der Not das Haus der Eltern oder auch nur eine Wiese zu verkaufen. Wer Eigenes hat und kennt, der kümmert sich darum, der pflegt es, dem ist der Werterhalt wichtig und der zielt auf den Fortbestand in der Zukunft. Man hat Verantwortung für das Eigene und lässt es nicht verkommen. Zudem weiß man auch darum, was für eine Lebensart und was für Werte für diese Zielsetzung nötig sind.

    Und wie ist es bei so manchen Stadtvierteln unserer Großstädte … ?! (…)

    Es ist ein beliebtes Klischee von Städtern, den Landbewohnern so etwas wie Unduldsamkeit anzudichten. Gewiss, das gibt es auch, aber es ist nicht die Regel.

    @ H.S. hat ganz recht, wenn er oben darauf hinweist, dass auch der Landbewohner andere leben lässt wie sie wollen:
    „… die eben „kleinkariert“ leben wollen und dieses, ihr Seinwollen nicht auf andere übertragen möchten, weil sie so frei sind, jedem seine Freiheit vor allem im Denken zu lassen, ihn nämlich zu lassen, wie er ist. “

    Entscheidend ist für den Ländler, dass man auf dem eigenen Grundstück, dem eigenen Land der Herr ist. Und mit dem Nachbarn zerstreitet man sich normalerweise sehr viel weniger als Städter und bestimmte Filme es oft unterstellen, denn der Nachbar wird bleiben. Man muss mit ihm auskommen. Also ist man höflich, tolerant, wahrt zumindest die Form und pflegt den Kontakt am Gartenzaun.

    Einen „provinziellen Geist“ im Sinne eines Geistes mit beschränktem Horizont und Nichtinfragestellung eigener Werte findet man – da hat Herr Vedder sicherlich recht – auf dem Lande ebenso wie in der Stadt. Bemerkenswert und irgendwie widersprüchlich ist bei Vedder allerdings der Umstand, dass er zwar einerseits gewissermaßen für „Leben und Leben lassen“ plädiert …

    (-> „Ja, eine Ethik, die von der Fremdheit und Andersheit des anderen, auch von der Kontingenz und Zufälligkeit, auch gewissermaßen von der Unwichtigkeit meiner eigenen Wünsche und Ziele ausgeht. Ich gehe nicht von mir aus, sondern vom anderen und verhalte mich antwortend zu ihm.“)

    … und sich dann andererseits doch wieder die bissigen Spitzen und die Kritik an dem, was er ländlich oder provinziell nennt, nicht verkneifen kann.

    Insgesamt finde ich, dass Vedders Überlegungen zumindest für mich keinen sonderlichen Erkenntnisgewinn darstellen.

    1. Ergänzend noch eine kurze Überlegung, worin denn nun das Eigene und das Eigentum des durchschnittlichen Städters bestehen. Wenn man einmal von der Minderheit der echten Eigentümer (d.h. der Hauseigeneigentümer) absieht, dann sind es eher ideelle Dinge: Haltungen, Träume, Vorstellungen von der Art zu leben, eigene Verhaltensweisen im weitesten Sinne (oft auch nur zu Freizeit und Konsum), relativ viel freie Zeit und Sozialkontakte aller Art.
      Das ist eine andere Schwerpunktsetzung als beim Landbewohner.

      Nun mag jemand einwenden, dass es doch auch Stadtbewohner mit erheblichem Aktienbesitz und einer wertvollen Eigentumswohnung gibt. Das stimmt natürlich, doch handelt es sich dabei um kein Eigentum, über das man die volle Eigentümerverfügung hat. Auch mit einem dicken Aktienpaket gehört einem eben nur ein winziger Bruchteil eines Unternehmens und ich kann das Unterhmen kaum lenken, und als Eigentümer einer Eigentumswohnung hat man keine echte oder gar alleinige Verfügung über das Haus, sondern muss immer in Kompromissen mit anderen handeln, also z.B. renovieren.

      Mit anderen Worten: Das Eigene des Städters besteht in weniger dauerhaften Dingen, denn Träume, Haltungen und Freundschaften sind ebenso unbeständig wie das virtuell anmutende Gemeinschaftseigentum an Aktien oder der Eigentumswohnung.

      Kurz: Das Eigene des Städters ist volatil. Und so ist er eben, der Städter: volatil, schwankend, abhängig.

      1. @ Wolfgang Wirth

        Oder anders gesagt, auf dem Land ist man gezwungen, entsprechend seiner Möglichkeiten und Interessen, Entscheidungen zu treffen, was eine eigene Art des Denkens erfordert und hervorbringt, wo hingegen das gedankliche Netz des großkariert denkenden Städters den Umständen entsprechend etliche Sachverhalte nicht erfassen kann.

        Trotzdem bin ich dankbar für den Artikel, denn „Hinterfrage alles!“ gilt auch für das eigene Weltbild, wobei die Kommentare dazu hilfreich und anregend sind.

        Grüße

        1. @ Ameise III

          Ja, sehe ich auch so.
          Städter und Landbewohner denken verschieden und bleiben verschieden. Die immer mal wiederkehrenden Versuche, beide Gruppen einander anzunähern oder auch bloß die jeweils andere Gruppe zu verstehen, sind selten erfolgreich.

          Oft bleiben die in die Speckgürtel der Städte oder an den Rand der Provinz gezogenen Städter innerlich Städter. Sie bringen die Stadt sozusagen in ihrem Kopf mit. Man erkennt das an ihrem Bedürfnis, immer mal wieder in die Stadt zu fahren, um dort etwas zu „erleben“ oder Besuch aus der Stadt zu bekommen. Die Vorteile des ruhigeren Landlebens nutzen, ohne auf das Angebot der Städte verzichten zu wollen. Man kann auf dem Lande wohnen, ohne dort wirklich angekommen zu sein. Beispielhaft ist das hier etwa bei der Mitforistin @ jane otto zu erkennen.

          Gruß

          1. Ja Hallo 🙂
            das nehme ich freundlich zur Kenntnis.
            Ohne Möglichkeit in die Städte flüchten zu können, würde es hier draußen arg öd.
            Es handelt sich ja auch um eine lang geübte Kulturtechnik, sich in diversen Angeboten zurechtfinden zu können.
            Ganz ähnlich wie ein Feinschmecker, ein Rotisseur, ein Sommelier über ein in Jahren geschultes Geschmacksnerveninstrumentarium verfügt und dementsprechend seine Auswahl tätigt, so kann man, grob gesagt, das auch mit dem jenes Enthusiasten vergleichen, der Genüsse von Galerierundgängen und speziellen Theateraufführungen sich nicht versagen wollen würde.
            Sollten diese einmal erworbenen Fähigkeiten dem Verfall preisgegeben werden?
            Mitnichten. Gepflegt und gehegt werden sollen sie, denn auch sie sind zarte und schützenswerte Pflänzchen, die mitunter, veredelt in einem Text für die Lokalzeitung, einer nicht ganz geringen Leserschaft zugänglich gemacht werden können. Ich sehe das hier als Diaspora, und Anhänger dieses Glaubens findet man auch hier in nicht unbeträchtlicher Zahl: eine ältere Dame, die mal Bildhauerei studiert hatte, zeigte mir kürzlich ihr Atelier in einer Waldhütte. So haben wir auch gleich eine Ausstellung vereinbart- in der nächsten Großstadt.
            Und was die Musik angeht: Freejazz in einem alten Gasthof, oder irgendwo noch weiter draußen- das ist das ganz Ursprüngliche und Allerfeinste.
            Leute aus Berlin kommen hergereist.
            Eine kleine feine Szene.
            Man muss nur wissen: wann und wo.

            1. Moin jane otto

              Es freut mich zu lesen, das es insgesamt für sie passt und lediglich kulturelle anstatt befürchteter sozialer Gründe Ursache Ihrer ‚Landflucht‘ sind. 🙂

              Wegen des Gartens wurde ich auch mal gefragt, ob in dem Chaos etwas anderes als ‚Unkraut‘ wächst.
              Darauf die aufrichtige Antwort:
              – zu geizig, um mit dem Schlauch zu gießen
              – zu faul zum Kannen schleppen und ständig jäten
              – komm rein und schau es dir an
              Die Blicke – unbezahlbar 😀

              Grüße

  5. Bevor ich dann mal die Wege im Garten mähe-
    also im Grunde ist die Sonne aufs Haupt hier draußen besser.
    Diese städtischen Käfigwohnungen- Pruitt Igoe- kenn ich genau,
    und auch wenn ein Balkon dran war, auf dem man ein paar kümmerliche Tomaten ziehen konnte:
    ich habe gelitten.
    Ständig fantasierte ich über Räume, die diesen Namen auch verdienen.
    Vor allem: Arbeitsraum. Was alles ich tun können würde- wäre ich nicht so elend beengt.
    Ein altes Pfarrhaus- im Winter schweinekalt- brachte mich dem Traum zumindest ein bißchen näher.
    Und was die Leute anbelangt: die schienen zu wissen, dass sie mich nicht unbedingt in den Dorfclub aufnehmen müssen, denn ich war zur Schlüsselübergabe mit einem absolut schicken neonfarbenen ‚FCK NZS‘-Schal angereist. Man konnte direkt die Kinnlade runterfallen sehen bei dem, der den Schlüssel übergeben sollte.
    Wichtig und gut: einen kleinen Stoppelhopser zu haben, also meinetwegen irgendein Kleinstauto, um den nächsten Bahnhof innert einer Viertelstunde erreichen zu können, und dann die nächste Großstadt mit irgendeinem Regionalexpress + dieses Ticket, womit man den Nahverkehr nutzen kann.
    Wichtig auch: in irgendeinem großstädtischen Verein eingeschrieben bzw. engagiert zu sein,
    Newsletter zu bekommen, Veranstaltungslisten, Lesungen, Kino, Konzerte, Festivals.
    So lebe ich im Dreieck von gleich einigen Großstädten und habe die Qual der Wahl, wohin ich mitunter auch erst am späten Nachmittag aufbrechen sollte.
    Kein Wunder, dass der Garten tatsächlich etwas hintendran ist, aber ich erkläre das dann mit Permakultur.
    Muß ja nicht alles im rechten Winkel sein, die Beete und so.
    Hauptsache, es geht noch irgendwie durch mit wahrer Blumenpracht:
    eine wahre Freude. Und paar Tomatenpflanzen hab ich auch.

  6. In der abgebildeten Region (Ammersee, Starnberger See) bin ich großgeworden:
    — Das Bauernland, in dem wir als Kinder spielten, Schlitten fuhren, Frösche suchten … ist heute komplett, auf vielen Kilometern, mit Einfamlienhäusern zugebaut.
    — Meine Mutter war notgedrungen Hausfrau, weil keine Ganztagskita: Auf dem bayerischen Land damals völlig undenkbar („Rabenmutter“) und auch heute selten.
    — Eine bezahlbare Mietwohnung (junge Familie: Vater Berufsanfänger, 2 Kinder, 1 Noch-Hausfrau) gibt es heute im ganzen Landkreis nicht mehr. Siehe Immoscout: Die nächste wäre in München-Pasing.

    Das ist die Realität!
    „Die Idiotie des Landlebens“ (Karl Marx)

  7. „Es gibt vielleicht doch so eine mentale Signatur des Provinziellen, die sich aber – und deswegen ist das Land eben auch besonders interessant, glaube ich – auch in den Städten ausbreitet. Auch unsere städtischen Viertel, die sich sozial homogenisieren, neigen zu einer Provinzialisierung.“
    Als geborene Städterin (Nürnberg) bin ich vor etwas über 30 Jahren in ein Dorf gezogen. Jetzt dank vieler Stadtflüchter noch 2000 Einwohner. Ich kann Ihnen in vielem zustimmen, halte es aber für wichtig diese Einschätzung von Mentalitäten durch wirtschaftliche und in der Folge strukturelle Entwicklungen zu ergänzen.

    Vor kurzem las ich in einem Diskussionsbeitrag, ich vermute einen Stadtnazi als Urheber, folgenden Satz „„Vielleicht sollte man einfach stets den Gedanken im Hinterkopf parat halten, dass Amerikaner letztlich nichts als die Nachkommen des Abschaums Europas sind.“
    Wirtschaftlich erzwungene Migration war für die ersten beiden Generation noch nie von positivem Erleben begleitet, ganz gleich in welcher geschichtlichen Epoche. Aber eine relativ saturierte Mittelschicht kann sich inzwischen auch ohne großes Erbe Besitz auf dem Land leisten. Verloren geht in beiden Fällen das, was ich als `Nachbarschaftlichkeit´ bezeichnen würde: ein Sozialverhalten das man, Städte betreffend, gerne „solidarisch“ nennt, und Dörfer betreffend als „kleingeistigen sozialen Druck“. Es handelt sich aber nach meiner Erfahrung um ein gleichartiges Phänomen, so wie es im Gespräch auch zum Ausdruck kommt.

    1. Ein gewissermaßen ansprechendes Zitat:„…den Gedanken im Hinterkopf parat halten, dass Amerikaner letztlich nichts als die Nachkommen des Abschaums Europas sind.“
      Abschaum ist in der Tat ‚Nazispeak‘, doch all die Glücksritter, übrigens auch in andere Weltgegenden unterwegs, waren wohl nicht die integersten Zeitgenossen.
      Btw. > Vorteil vom Land: kaum Lichtverschmutzung > heute Polarlichter zu sehen.
      War grade noch draußen: komplett rötlich Ri. Nordosten.

    2. @ Christa Meist

      So eine infantile Formulierungen ist doch unter Ihrem Niveau:
      „… ich vermute einen Stadtnazi als Urheber … „

      1. @ Wolfgang Wirth
        Kann sein. Aber die Charakterisierung von jane otto als „Glücksritter“ trifft das Problem auch nicht besser als die Verbalinjurie Abschaum. Wie alles Lebendige beheimatet sich auch der Mensch. So lange er genug Stoffe oder andere Arten vorfindet um zu überleben, bleibt er gerne da wo er ist. Man kann das durchaus mit der Anpassung von Pflanzen und Tieren vergleichen.
        Weil das so ist, macht man z. B. einen Unterschied z. B. zwischen Flucht, Migration, langem Urlaub und „Auslandserfahrung“, wie es heute im Arbeitsleben als positives Erfahrungselement beruflicher Qualifikation genannt wird. Früher hieß es „Wanderschaft“ und hatte den gleichen wirtschaftlichen Zweck.
        Daneben gibt es sicher einfach auch nur „Neugierige“. Marco Polo war vielleicht so einer, Alexander von Humboldt oder …
        Ich glaube gelernt zu haben, dass ALLE Menschen Individuen sind. Manche von ihnen kennt man, und kann sie einschätzen. Vorurteile gegenüber Menschen, die man in Schubladen steckt, werden nicht erst dann zum Nachteil, wenn das Schild auf der Schublade im GG steht.
        Ich kann zu diesem Thema empfehlen: Hofbauer, Hannes: Kritik der Migration. Wer profitiert und wer verliert.

  8. Richtig, heut ist überall Provinz. Aber auf dem Lande insbesondere.

    Gab es eigentlich einmal ein provinzfreies Atlantis? Irgendwas vermissen wir doch. Meiner Meinung nach enstand das Vermisste stets dort, wo von Marx und Engels die Rede war. Mag ja sein, dass die DDR misslingen ist. Aber hier im Westen haben die beiden doch die Kleingeister in Bedrängnis gebracht.

    Irgendwann wird man darauf zurück kommen.

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