Statt Abriss: Neue Nutzung für das Waschhaus
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Ideen für neue Nutzung anstatt Abriss

Das Waschhaus soll zum „Klimahaus“ werden

Friedrichshafen / Lesedauer: 5 min

Es gibt Ideen für die Zukunft des vom Abriss bedrohten Gebäude auf dem RAB-Gelände - Zumindest, wenn es nach dem „Netzwerk für Friedrichshafen“ geht.
Veröffentlicht:14.05.2024, 16:00

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Gegen den Abriss des ehemaligen Waschhauses des Reichsbahn-Ausbesserungswerks in der Eugenstraße formiert sich weiterhin Widerstand. Aktuell darf das bereits entkernte Gebäude nicht weiter abgerissen werden. Erst muss eine durch das „Netzwerk für Friedrichshafen“ erwirkte Begehung ergeben, dass in dem über 120 Jahre alten Haus keine geschützten Tierarten Unterschlupf gefunden haben. „Je nach Ergebnis kann der Abriss danach sofort weitergehen oder es müssen zunächst Maßnahmen zum Schutz vorhandener Arten ergriffen werden“, sagt Robert Schwarz, Sprecher des Landratsamts.

Das ist nicht in erster Linie ein baurechtliches Problem

„Ich finde es ein bisschen lächerlich, eine städtische Entwicklung von geschützten Fledermäusen oder Käfern abhängig zu machen“, kommentiert dies der Architekt Paul Fundel. Er fordert dazu gezielten Gestaltungswillen. Wie Stadtrat Philipp Fuhrmann (Netzwerk) setzt er sich für den Erhalt des Waschhauses ein. Die Stadt beruft sich darauf, dass die Bahn das Waschhaus, rechtlich betrachtet, abreißen könne. Schließlich sei es nicht denkmalgeschützt, ein Abriss nicht genehmigungspflichtig. Doch Fundel genügt dieses Argument nicht. „Man sollte das Thema des Abrisses oder des Erhalts nicht darauf abschieben, dass das ein baurechtliches Problem ist“, sagt er. „Sondern das ist eine Sache der zukünftigen Stadtentwicklung. Unserer Stadtkultur.“

Beim Waschhaus könnte sich städtisches Leben entfalten

So sieht das auch Philipp Fuhrmann: „Mit einem Abriss schädigt man die Stadt. Denn dort könnte sich städtisches Leben entfalten.“ Gerade mit Blick darauf, dass sich das Waschhaus nördlich der Bahnlinie befindet, die Friedrichshafen zerschneidet; also in jener Hälfte der Innenstadt, der es an Entwicklungsperspektiven fehlt.

Das Waschhaus als Baustein einer klimaangepassten Stadt

Fuhrmann schwebt vor, das ehemalige Waschhaus - sofern es gerettet werden kann - künftig als „Klimahaus“ zu nutzen. Saniert werden sollen dazu lediglich das Mauerwerk, die Fenster und das Dach. Bislang ist das Waschhaus nur über das Grundstück der Deutschen Bahn zu betreten. Deshalb solle es auf der Eugenstraße einen Zugang erhalten. Fuhrmann stellt sich vor, dass das „Klimahaus“ kommunal betrieben und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wird. „Ganzjährig werden hier Pflanzen gezogen, aufbewahrt und gepflegt“, konkretisiert Fuhrmann. „Im Winterhalbjahr dient das Waschhaus der Aufbewahrung von frostempfindlichen Kübelpflanzen, die im Sommer versiegelte öffentliche Flächen begrünen und verschatten - als wichtiger Beitrag zur klimaangepassten Stadt.“

Sechs Monate im Jahr könnte Gastronomie ins Waschhaus

Das „Klimahaus“ solle Raum zur Erholung, zur Information und zur Fortbildung sein, sowie mit einer kleinen Fachbibliothek ausgestattet werden. Die Kosten für den Kauf, die Minimal-Sanierung und die Personalkosten seien aus dem Klimabudget der Stadt zu finanzieren, so Fuhrmann. Er regt außerdem an, die Räumlichkeiten im Sommerhalbjahr an einen Gastronomen zu verpachten.

Die Stadt reagiert verhalten

Das Rathaus reagiert verhalten auf Nutzungsvorschläge: „Eine Belebung des Areals ist aus stadtplanerischer Sicht wünschenswert. Ob das Gebäude dafür geeignet ist, ist uns derzeit nicht bekannt“, teilt die Pressestelle auf SZ-Anfrage mit. Und sie erinnert daran, dass die Stadt „seit langem und auch weiterhin an einem Erwerb des sogenannten RAB-Areals interessiert“ sei, „um das Gesamtareal einer geordneten städtebaulichen Entwicklung zuzuführen“: Die Bahn habe bislang aber keine Absicht gezeigt, das Gesamtgelände zu verkaufen - und eine direkte Anfrage aus dem Gemeinderat auch schon einmal verneint.

Es geht nicht ums komplette RAB-Gelände

Für Fuhrmann wird mit dem Ziel einer solchen Maximallösung aber ein zu großes Fass aufgemacht. Dass die Bahn das RAB-Gelände nicht verkaufe, sei ja „hinlänglich bekannt“, schreibt er in einer E-Mail an Baubürgermeister Fabian Müller, die der SZ vorliegt. Darum gehe es auch gar nicht. „Sondern“, so Fuhrmann, „um ein historisches Gebäude in Randlage, welches logistisch keine Funktion im Gelände hat, aber für die Entwicklung der Eugenstraße enormes Potenzial aufweist. Dies sollte mit der Bahn verhandelbar sein!“

Die Bahn gibt bislang keine Auskunft

Wie die Deutsche Bahn das Gelände nach dem Abriss des Waschhauses überhaupt verwenden will, ist indes immer noch unklar. Soll wieder darauf gebaut werden? Geht es vielleicht darum, ein paar Stellplätze für Busse zu schaffen? Oder weiß man das so konkret selbst noch nicht? Auf eine SZ-Anfrage gab die Deutsche Bahn bisher keine konkreten Auskünfte.

Broschüre von 2019 stuft Waschhaus als „erhaltenswert“ ein

Es ist nicht so, dass sich die Stadt über die erhaltenswerte Bausubstanz in Friedrichshafen keine Gedanken machen würde. Beim Büro „Bricks & Beyond“ in Berlin gab sie hierzu eine Studie in Auftrag, die 2023 auch veröffentlicht wurde. Das Waschhaus wird darin jedoch nicht erwähnt. Anders als in der damals schon drei Jahre alten, 2019 erschienenen Broschüre von Paul Fundel über „Beachtenswerte Gebäude und Anlagen in Friedrichshafen“. „Baubürgermeister Müller kennt meine Broschüre auch“, sagt Fundel. Das Waschhaus wird dort explizit als „erhaltenswert“ aufgeführt, auch wegen seines „bemerkenswerten Innenraums“ , wie Fundel schreibt. Inzwischen dürfte dieser Innenraum mit den markanten Säulen und Sitzbänken der Entkernung zum Opfer gefallen sein. Vom Waschhaus steht nur noch die Außenhaut.

Ein Zeugnis der Anfänge der Industrie in Friedrichshafen

Auch aus stadtgeschichtlichen Gründen plädiert Fundel für den Erhalt des Waschhauses - denn das Reichsbahn- Ausbesserungswerk, zu dem es gehörte, „war in Friedrichshafen die Wiege des Maschinenbaus“, liest man in Fundels Broschüre. Das Werk wurde gebaut, um die Fahrzeuge der Eisenbahn an der damaligen Endstation der Bahnstrecke Stuttgart-Friedrichshafen zu warten und zu reparieren. Philipp Fuhrmann führt an: „Dass die Südbahn 1850 schon eingerichtet wurde, war ja der Grund, warum Leute wie Hüni und Zeppelin überhaupt erst nach Friedrichshafen gekommen sind. Das ist ein ganz wichtiger Teil der noch vorhandenen Geschichte.“

Paul Fundel erwartet jetzt, dass die Stadt mehr tut. „Ich vermisse das Engagement des Stadtplanungsamts, sich in dieses Thema mehr einzubringen“. sagt er. Und: „Die Stadtverwaltung muss ein solches Gebäude doch erhalten wollen. Auch wenn es nicht im Eigentum der Stadt ist.“