Akademischer Israel-Boykott: Wie niederländische Kunststudenten ihre Kommilitonen verraten

Wie niederländische Kunststudenten ihre israelischen Kommilitonen verraten

Die Königliche Akademie der Künste in Den Haag stellt die Zusammenarbeit mit der Jerusalemer Bezalel-Universität ein. Warum sich dieser Boykott gegen die Falschen richtet. Ein Kommentar.

Die Akademie für Kunst und Design Bezalel in Jerusalem
Die Akademie für Kunst und Design Bezalel in JerusalemShai Halevi/CC BY-SA 3.0

Was für ein Jammer! Die niederländische Königliche Akademie der Künste (KABK) in Den Haag hat beschlossen, eine Zusammenarbeit mit der Bezalel Academic of Arts and Design in Jerusalem abzusagen, wie der öffentlich-rechtliche Sender NOS meldet. Es sei die erste Bildungseinrichtung in den Niederlanden, die eine solche Maßnahme ergreift, indem sie das Austauschprogramm mit der Bezalel University abbricht. 

Im Dezember hatte die Studentenvereinigung der KABK eine Online-Petition initiiert, die wegen Israels Vorgehen gegen die Zivilbevölkerung im Gazastreifen zu diesem Boykott aufruft. Das Management hatte diese Forderung erst abgelehnt, scheint dem nun aber nachgekommen zu sein. 

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Wenn es keine ausgemachte Gemeinheit ist, ist es zumindest ein Zeichen von eklatanter Unreife, dass die niederländischen Studenten in ihrem Wollen, Partei für die unschuldigen Opfer des Krieges zu ergreifen, denjenigen in die Kniekehlen treten, mit denen sie sich in diesem Wollen verbünden müssten. In Israel selbst ist die Kritik an Benjamin Netanjahus Vernichtungsstrategie Anlass für nicht abreißende Proteste, gegen die die Regierung mit Gewalt vorgeht. 

Israel und Palästina: Umgang mit der Kunstfreiheit im Krieg

Wie dumm, ausgerechnet die Bezalel-Universität bestrafen zu wollen! Sie war bei der Rede, die der Festspielintendant Matthias Pees zur Eröffnung des Theatertreffens hielt, zentraler Aufhänger, um die Nöte des Kulturbetriebs mit dem Israel-Palästina-Konflikt zu thematisieren. Pees zeigte sich nach einem Besuch der Jerusalemer Bildungseinrichtung äußerst inspiriert und würdigte deren kurz zuvor erarbeitete Umgangsregeln zu Fragen der Meinungs- und Kunstfreiheit im Krieg.

Während hierzulande mit Antisemitismusklauseln operiert wird, entwirft sich die Uni als ein Raum für kreative Freiheit aller Lehr- und Lernprozesse. Um diese Freiheit zu gewährleisten, „ist ein sicherer Raum zum Experimentieren, Reflektieren, Ausprobieren und Verwerfen erforderlich.“ Die Studenten brauchen diesen geschützten Raum, um sich zu exponieren, verletzlich zu machen und sich dabei irren zu dürfen. Es geht um Kunst, es geht also auch um intime Erkundungen und rohe Emotionen. 

Mit den Umgangsregeln reagiert die Jerusalemer Universität auf das Hamas-Massaker vom 7. Oktober 2023, beklagt die zivilen Opfer des Terrors und des Krieges auf beiden Seiten sowie die Verheerungen des fragilen Miteinanders in der israelischen Gesellschaft und konkret auch in Bezalel. Diese tapferen Jerusalemer Kunststudenten ringen nach einer Möglichkeit, miteinander im Gespräch zu bleiben. Und ihre niederländischen Kommilitonen schlagen ihnen die Tür vor der Nase zu und lassen sie allein.