Dieses Dorf in Baden-Württemberg verschwand vor 30 Jahren beinahe spurlos
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Dieses Dorf in Baden-Württemberg verschwand vor 30 Jahren beinahe spurlos

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Kapelle Ruine einer Kapelle in der Wutachschlucht, Schwarzwald, Baden-Württemberg.
Eines der wenigen Überbleibsel des einstigen Kurorts: Die Badkapelle. © IMAGO/Peter Schickert

Bonndorf im Schwarzwald – In der Wutachschlucht im Schwarzwald existierte einst eine kleine Gemeinde, die vor 30 Jahren fast spurlos verschwand. Was ist passiert?

In Deutschland existieren zwar keine Geisterstädte im amerikanischen Sinne, doch einige verlassene Ortschaften zeugen von vergangenen Zeiten. In der Wutachschlucht im Schwarzwald, dem größten Canyon des Landes, befinden sich die Überreste einer kleinen Gemeinde, die vor rund drei Jahrzehnten fast vollständig dem Erdboden gleichgemacht wurde.

Natur- und LandschaftsschutzgebietWutachschlucht
LageBaden-Württemberg
Fläche9,688 Quadratkilometer
Einrichtungsdatum26.07.1939

Vor 30 Jahren verschwand der Kurort Bad Boll im Schwarzwald beinahe spurlos

Die Geschichte der ehemaligen Gemeinde Bad Boll, die nicht mit der größeren, noch bestehenden Gemeinde im Kreis Göppingen verwechselt werden sollte, reicht bis ins Jahr 1467 zurück, als sie erstmals in den historischen Aufzeichnungen auftauchte. Zu jener Zeit befand sich auf dem Gelände lediglich ein kleines Badehaus, das zur Burg Tannegg gehörte. Über die Jahre hinweg entwickelte sich aus diesem Badehaus eine blühende Siedlung, von der heute nur noch eine Kapelle Zeugnis ablegt.

Ein weiteres geheimnisvolles gotisches Kapellenbauwerk findet sich auf einer Insel in Baden-Württemberg, die allerdings nicht betreten werden darf. Die Entwicklung von Bad Boll zu einer Siedlung mit einem Gasthaus und einer Badeanstalt ist dem reinen Quellwasser zu verdanken, das vom Bezirksapotheker Bleicher aus Bonndorf einer gründlichen Untersuchung unterzogen wurde. Die heilenden Eigenschaften des Wassers sprachen sich in den umliegenden Gemeinden herum und zogen immer mehr Menschen an.

Vom Badehäuschen zum Kurort – Dank „Heilender Quellen“ florierte Bad Boll einst

Bis 1840 bestand die Gemeinde jedoch nur aus einem Badhof und einem Wohnhaus, welches – je nach Quellenlage – Anfang oder Ende Januar 1854 vollständig niederbrannte. Nach dem Wiederaufbau ab 1855 erlebte Bad Boll seine Blütezeit gegen Ende des 19. Jahrhunderts. In dieser Zeit veräußerte das Großherzogtum Baden den Weiler an Carl Schuster, den damaligen Oberbürgermeister von Freiburg im Breisgau.

Wasserfall in der Wutachschlucht im Naturpark Suedschwarzwald Wutach; Wutachschlucht; Schwarzwald; Black forest; Germany
Dank des „heilenden Quellwassers“ entwickelte sich Bad Boll zu einem beliebten Kurort. © IMAGO/Zoonar.com/Jürgen Vogt

Schuster investierte in den Ort, modernisierte die Gebäude und verwandelte Bad Boll in einen prosperierenden Kurort, wie auf der Webseite Hügelhelden berichtet wird. Eine kleine Umleitung der Wutach mit einer Turbine sorgte für die Stromversorgung der Anlage. Nach Schusters Tod übernahm ein Fischerclub aus London die Siedlung und nutzte sie für Zucht und Fischfang. Der Club legte auch einen ersten Weg durch die Wutachschlucht an.

Schlechte Wasserqualität und fataler Brand wurden Bad Boll zum Verhängnis

Jedoch führte das Abwasser einer nahegelegenen Papierfabrik zu einer solchen Verschlechterung der Wasserqualität, dass der Club sich 1912 zurückzog. Danach diente das Areal als Erholungs- und Kurort und unter einem Freiburger Arzt als Privatklinik sowie Therapiehof. Ein Brand im Jahr 1975, bei dem der Arzt ums Leben kam, führte zur Aufgabe von Bad Boll.

Eine Postkarte des ehemaligen Kurortes Bad Boll im Schwarzwald, Baden-Württemberg
Eine Postkarte, die Bad Boll im Schwarzwald als blühenden Kurort zeigt. © Verlag Gebrüder Metz/Wikipedia

Im Oktober 1977 geriet die verlassene Siedlung erneut in den Fokus, als das Bundeskriminalamt (BKA) den Verdacht hegte, RAF-Terroristen könnten sich dort nach dem Mord an Hanns-Martin Schleyer versteckt halten. Die Durchsuchungen blieben allerdings erfolglos. Anfang der 1980er Jahre gab es noch einen Versuch, einen Beherbergungsbetrieb oder ein Schullandheim zu etablieren, der jedoch scheiterte.

Mauerreste und Kapelle einzigen Überreste des ehemaligen Kurorts

Als die damaligen Eigentümer das Gelände an einen christlichen Verein aus Würzburg verkaufen wollten, machte das Land von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch und ließ 1993 alles bis auf die Badkapelle abreißen. Heute sind in der Wutachschlucht nur noch die Kapelle und einige überwucherte Mauerreste der ehemaligen Siedlung zu finden. Die Wutachschlucht gehört übrigens zu den schönsten Ausflugszielen im Schwarzwald. (sba)

Dieser Artikel wurde mit maschineller Unterstützung bearbeitet und vor der Veröffentlichung von dem Redakteur Stephanie Bach sorgfältig geprüft.

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