Der Sandwirt - Schon wieder eine „Schicksalswahl“

Schon wieder eine „Schicksalswahl“

„Eine Nazi-Partei“, so bezeichnete Frau Esken von der SPD die AfD in einem Interview mit dem österreichischen Fernsehen. Beim letzten Mal haben wir ja ausgiebig über die SPD und ihren Niedergang gesprochen. Frau Esken hat sich den Artikel anscheinend zu Herzen genommen und möchte die These bestätigen, dass die SPD eigentlich keine Themen mehr hat, außer einen äußerst diffusen Kampf gegen die Rechten. Wer dazu gehört, ab wann man rechts, rechtsextrem oder Nazi ist, wird dabei natürlich nicht weiter differenziert. Deshalb wird mit dieser Äußerung am Ende des Tages auch nicht die AfD diskreditiert, sondern eher das Dritte Reich verharmlost. 

Ähnlich geschmacklos, wie wir es in den Corona-Zeiten erlebt haben, als sich Querdenker („Jana aus Kassel“) mit Verfolgten aus dem Nazi-Regime verglichen haben. Nur mit dem Unterschied, dass sich Frau Esken und die SPD mal wieder im Wahlkampf befinden. 

Den Rechtsruck stoppen

Falls Sie es noch nicht mitbekommen haben: Am 9. Juni findet die Wahl des Europäischen Parlamentes statt. Für die SPD sieht es erneut gar nicht mal so gut aus. Aktuellen Umfragen zufolge steht man bei kümmerlichen 14 Prozent und ist momentan nur noch auf Rang 4. Um Platz 2 kämpfen gerade die AfD und die Grünen. 

Da hilft es auch nicht, dass Olaf Scholz und die Spitzenkandidatin der SPD, Katharina Barley, streng von den Wahlplakaten hinabsehen und mit dem Slogan „Rechtsruck stoppen – SPD wählen“ werben. Denn die Frage dabei ist: Wie genau soll der Rechtsruck eigentlich gestoppt werden? 

Zumindest nicht von der SPD, wenn man den desaströsen Umfragewerten für die ehemalige Volkspartei Glauben schenken darf. Erstaunlich bleibt, dass trotz diverser Spionage-Affären und einen Spitzenkandidaten, der keine Fettnäpfchen oder Videobotschaften zum Fremdschämen auslässt, die AfD immer noch besser als Scholz & Co. dastehen. 

Gewalt ist keine Lösung

Da hilft es auch nicht, dass man den Angriff auf den SPD Politiker Matthias Ecke bestmöglich ausschlachten möchte. Doch was ist genau passiert? Ecke wurde am 03.05.2024 von vier Jugendlichen angegriffen, als er gerade dabei war, Plakate für die SPD aufzuhängen. Die Angreifer wurden identifiziert und stellten sich inzwischen. Sie sollen rechtsextrem sein, einer war auch mal auf einer AfD-Kundgebung. 

Der etwas holprige Vorwurf lautet: Hass im Netz (dafür ist selbstverständlich alleine die AfD verantwortlich) führt automatisch zu realen Gewaltverbrechen. Naja, andere Faktoren sollte man dabei nicht außer Acht lassen, aber gut, natürlich ist Gewalt niemals eine Lösung. Und ja, selbstverständlich ist das eine verachtenswerte Tat. Nicht, weil Herr Ecke Politiker ist, sondern, weil er wie jeder Mensch ein Recht auf körperliche Unversehrtheit genießt. Hoffentlich werden die Täter dafür bestraft und hoffentlich, das ist auch das Wichtigste, erholt sich Matthias Ecke vollständig von diesem feigen Angriff. Kein Wenn und kein Aber.

Was nun allerdings befremdlich wirkt ist die Art und Weise, wie Parteien, Journalisten und Internet-Rambos mit diesem Angriff umgehen. Oder besser gesagt, wie selektiv mit Angriffen auf Menschen umgegangen wird. Wir erinnern uns gut an die vielen Gewaltverbrechen der letzten Jahre an Nicht-Politikern, die meistens als Einzelfälle von regionalem Interesse abgekanzelt wurden. Da wurde das nun geforderte Mitgefühl gerne vergessen.

Der zahnlose Tiger

Aber zurück zum Thema, es ist ja Wahlkampf: Da ist es wichtig, Zeichen zu setzen. Zeichen wofür? Wofür wird eigentlich bei der sogenannten Europawahl abgestimmt? Die Wahlplakate der Parteien strotzen auf alle Fälle vor langweiligen Phrasen.

Von einer Europawahl zu sprechen, ist an sich schon mal ziemlicher Unsinn. Denn viele (eher reiche) Länder aus Europa sind gar nicht Mitglied der EU (z.B. Norwegen, Schweiz oder Großbritannien). Es wird lediglich das neue EU-Parlament gewählt. 

Dieses Gremium als Parlament zu bezeichnen, ist ebenfalls ziemlich verwegen. Denn allzu viele Kompetenzen hat diese Institution nicht. Zumindest keine Kompetenzen, die ein Parlament im herkömmliche Sinne auszeichnet. Zwar entscheidet man beim Haushalt mit, kontrolliert die anderen Organe und stimmt über Gesetze ab, doch eigene Gesetze kann das Parlament nicht einbringen und verabschieden. 

Auch die „Regierung“ der EU, die Kommission, kommt nicht aus der Mitte des Parlaments. Diese Leute werden vom Rat der EU bestimmt. Zwar darf das EU-Parlament den EU-Kommissionspräsidenten wählen, doch auch dieser wird mehr oder minder von den Mitgliedsstaaten bestimmt. Glauben Sie nicht? Dann erinnern wir uns doch kurz an die letzte europäische „Schicksalswahl“.

Die große Schicksalswahl

Wir schreiben das 2019. Die EU hat Angst vor einem „Rechtsruck“ und erklärt die EU-Wahl zur Entscheidungswahl. Quasi gut gegen böse. Der supertolle Vorzeige-Europäer Jean-Claude Juncker und das total wichtige EU-Parlament sprachen sich im Vorfeld dafür aus, dass der Spitzenkandidat der stärksten Fraktion der Nachfolger von Juncker als Präsident der Europäischen Kommission werden sollte. Es hieß also Weber (Christdemokraten) vs. Timmermans (Sozialdemokraten). – Es kam allerdings, wie es kommen musste: Weder der siegreiche Weber, noch der unterlegene Timmermans wurden Kommissionspräsident, sondern Angela Merkel zauberte, quasi als letzten Gruß an Europa, Ursula von der Leyen aus dem Hut. Diese war aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr tragbar als Verteidigungsministerin und man brauchte ein neues Betätigungsfeld für die gute Frau. 

So, und damit ist dann eigentlich auch alles über die EU, ihre volksnahe Organisation und die Wichtigkeit dieser Wahl gesagt, was gesagt werden musste. Doch bleibt die Frage, warum ausgerechnet Frau Esken und die SPD trotzdem so einen Aufwand betreiben in den letzten Wochen?

Worum es bei der Wahl wirklich geht

Ja, was soll die ganze Aufregung von Esken und der SPD um die Wahl eines Parlaments, dass praktisch sowieso nichts zu melden hat? Wie immer geht es um mehrere Dinge. Es geht um die berühmte Deutungshoheit, die Linke nur sehr ungern abgeben. Sie erinnern sich sicher noch an die Coronazeit. Da wurde beispielsweise „die Wissenschaft“ instrumentalisiert, um ja die Deutungshoheit über das Thema zu behalten. Ähnlich verhält es sich mit der EU. 

Darüber hinaus darf man nicht vergessen, dass die EU ein Prestigeobjekt für viele Politiker, vor allem von links, darstellt. Nur deshalb ist es zum Beispiel zu erklären, dass es Griechenland, trotz unglaublicher Haushaltslücken, in die Eurozone geschafft hat. Damals übrigens der Grundstein für die heutige Schuldenunion, die es eigentlich niemals geben sollte. 

Wo wir gerade beim Thema sind: Natürlich geht es, wie immer, auch ums Geld. Nicht nur für die Parteien, sondern auch für die Abgeordneten, die für ihre Abgeordnetentätigkeit fürstlich entlohnt werden. Da macht die Basis der Parteien auch schon mal Druck auf die Parteispitze. Gerade bei Parteien wie der SPD, bei denen es in den letzten Jahren nicht so gut lief. 

Als letzten Grund darf man nicht vergessen, dass vor allem die SPD-Führung in den letzten Monaten kräftig einstecken musste. Deshalb fungiert die Wahl des Europäischen Parlaments auch als Stimmungstest für die anstehenden Wahlen (oder besser: Wahldebakel) in Ostdeutschland. 

Um die Bürger geht es, wie immer, eher nicht. Sie müssen verstehen: Esken, SPD & Co. haben wichtigeres zu tun.

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2 Kommentare. Leave new

  • Hans Altbauer
    19. Mai 2024 12:45

    Ihr Beitrag bringt es auf den Punkt. Er bestätigt deutlich dass das Volk wählt und das System bestimmt.

    Antworten
  • Glaslilie
    24. Mai 2024 21:48

    Der Artikel richtet mal wieder den riesigen Scheinwerfer auf die Unfähigkeit der SPD. Zusammengefasst kann man Folgendes sagen:

    Die SPD arbeitet hart daran, die 5%–Hürde zu unterschreiten. Und wie? Indem sie keine Inhalte mehr liefert und so ziemlich keine Realpolitik macht bzw. noch nicht einmal anstrebt. Der parteipolitische Inhalt beschränkt sich allein auf den „Kampf gegen Rääächts“. Denn das Ziel de SPD ist längst keine sozialgerechte Politik mehr, die beim Volk ankommt. Sie ist nur noch dazu da, die AfD und auch jede weitere rechtskonservative Partei zu bekämpfen. So lange dies der SPD gelingt, so glaubt sie, habe sie die Demokratie gerettet und dem Volk dadurch einen Bärendienst erwiesen. Von Scholz Rolle im Wirecard–Skandal, Gifffeys plagiierter Doktorarbeit oder Kühnerts fehlendem Berufsabschluss fange ich erst gar nicht an, das könnte die (bessergestellten) Wähler der SPD aller Voraussicht nach überfordern und ihr linkes Weltbild zum Einstürzen bringen.

    Mir hat der Artikel sehr gut gefallen. Schön, dass es noch solche Meinungen und Ansichten gibt.

    Liebe Grüße
    Sandi

    Antworten

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