Michael Reeves

Freudig zum Vater beten

Freudig zum Vater beten

Der Gott der Gemeinschaft möchte Gemeinschaft mit uns. Er möchte, dass wir ihm seine Verheißungen und seinen Charakter vorhalten, denn dadurch wird es für uns zu einer immer bewussteren Realität, wer er ist. Wir wachsen durch unsere Hartnäckigkeit – wir lernen es höher zu schätzen, dass er unser Freund und die Quelle allen Segens ist und dass wir und auch die Welt ihn brauchen, um in Ordnung gebracht zu werden. Im Alten Testament kann man immer wieder beobachten, dass Gott Israel nicht mehr half, wenn sie ihn nicht mehr anriefen. Er will, dass uns klar ist: Segen kommt allein von ihm. Segen ist nichts Natürliches, und letztlich findet man ihn nirgendwo sonst.

Gott als guten Vater sehen

Beachte, wie Jesus die gütige Väterlichkeit Gottes weiter hervorhebt: »Wo bittet unter euch ein Sohn den Vater um einen Fisch, und der gibt ihm statt des Fisches eine Schlange?« (Lk 11, 11). Selbst wir bösen Väter geben unseren Kindern keine Fläschchen mit Milzbranderregern, wenn sie zu uns kommen. Selbst wir sind gütig – wie viel mehr dürfen wir von dem Vater des Lichts erwarten, in dem es keinerlei Finsternis gibt! Etwas Ähnliches sagt der Herr in Jesaja: »Kann auch eine Frau ihr Kindlein vergessen, dass sie sich nicht erbarme über den Sohn ihres Leibes? Und ob sie seiner vergäße, so will ich doch deiner nicht vergessen. Siehe, in die Hände habe ich dich gezeichnet« (Jes 49,15–16).

Gott als Vater ansprechen

Jesus betont, dass es für das Gebet wesentlich ist, die bereitwillige und fürsorgliche Güte unseres Gottes zu kennen. Wenn wir beten, haben wir Gott oftmals instinktiv ohne Christus vor Augen, lediglich als Herrn und Richter. Dann haben wir das Gefühl, er möchte uns Sünder gar nicht hören – und auch wir wollen mit unserer Schuld nicht in seiner Gegenwart sein. Doch wenn wir uns an seine Güte erinnern, an die geöffneten Arme des Vaters – dass er uns adoptiert hat –, dann wird in uns der Wunsch wach, zu ihm zu kommen.

Gott als Vater anzusprechen und es auch so zu meinen, heißt, das Evangelium richtig verstanden zu haben. Es zeigt deine Einsicht, dass der Sohn, welcher von Ewigkeit her »in des Vaters Schoß« ist (Joh 1,18), kam, um uns mitzunehmen, damit wir dort bei ihm sein können. Er kam, um uns, die wir ihn abgelehnt haben, zurückzubringen – und dies nicht nur als Geschöpfe, sondern als Kinder. Wir sollen die überfließende Liebe genießen, die der Sohn allezeit erfahren hat. Das Wissen, dass du ein geliebtes Kind Gottes bist, bewahrt dich davor, Gebet für eine Leiter zu Gott zu halten oder für eine Übung, durch die du dir sein Wohlwollen erarbeitest. Gebet bewirkt nicht, dass du mehr angenommen bist. Stattdessen wächst durch das Gebet deine Wertschätzung für das, was du bereits bekommen hast.

»Gott als Vater anzusprechen und es auch so zu meinen, heißt, das Evangelium richtig verstanden zu haben.«

Vielleicht ist dein Herz kalt, deine Liebe schwach und dein Beten armselig. Doch das Entscheidende ist: Als jemand, der mit Christus vereint und der in ihm ist, bist du ein geliebter Sohn – und dein Vater freut sich, deine Stimme zu hören. Wenn es um irgendeinen anderen Gott ginge, dann müssten wir selbstverständlich durch die Kraft unseres eigenen Eifers kommen; bei diesem Gott kommen wir durch die seine.

In Jesu Namen beten

Johannes Calvin sagte, dass wir gewissermaßen durch Jesu Mund beten. Für den Vater waren die Gebete seines lieben Sohnes immer erwünscht – und wir beten in dessen Namen. Der Sohn gibt uns seinen Namen, damit wir in diesem Namen beten. Daher beten wir, als wären wir er. Wir wurden in diese Beziehung zwischen dem Vater und dem Sohn hineinversetzt, um uns daran zu erfreuen – und genau das tun wir beim Beten. Daher ist Gebet die Ausübung des Glaubens – nämlich Gottes nahezu unglaublicher Zusage zu glauben, dass wir zu ihm kommen können, obwohl unsere Kälte und Schuld das Gegenteil behaupten. Wir müssen glauben, dass der Höchste unser liebender Vater ist. Eben das bedeutet Gebet: eine Beziehung zum Vater als unserem Vater.


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