Sabine Sauer liest und singt Tucholsky in der Grassauer Sawallisch-Villa
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Sabine Sauer liest und singt Tucholsky in der Grassauer Sawallisch-Villa

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Beim Literarischen Abend zu Kurt Tucholsky las Sabine Sauer aus seinen Schriften. Varvara Manukyan spielte dazu am Bösendorfer Flügel die passenden Stücke.
Beim Literarischen Abend zu Kurt Tucholsky las Sabine Sauer aus seinen Schriften. Varvara Manukyan spielte dazu am Bösendorfer Flügel die passenden Stücke. © Giesen

Die bekannte Moderatorin Sabine Sauer lud zu einem besonderen literarischen Ereignis in die Sawallisch-Villa in Grassau. Mit sorgfältig ausgewählten Texten und Gedichten des renommierten Schriftstellers Kurt Tucholsky (1890-1935) sorgte sie für einen bewegenden Abend, der durch musikalische Beiträge der Pianistin Varvara Manukyan abgerundet wurde.

Grassau – Ein bewegender Abend zu dem Publizisten und Schriftsteller Kurt Tucholsky (1890 bis 1935) fand in der Reihe Literatur und Musik im ausverkauften großen Kammermusiksaal der Sawallisch-Villa statt. Unter dem Titel „Panter, Tiger & Co – Mit den Waffen des Geistes“ las die bekannte Moderatorin Sabine Sauer von ihr ausgewählte Texte und Gedichte von und über Kurt Tucholsky. Dazwischen gab es sogar einige Gesangseinlagen, da Sauer einige Gedichte sang, die von ihrem kürzlich verstorbenen Kollegen Rüdiger Wolff vertont worden waren.

Tragischer Prophet

Zu den vielfach politisch scharf satirischen Texten spielte die Pianistin Varvara Manukyan die passenden Stücke von Dmitri Schostakowitsch, Franz Schubert oder Alexander Skrijabin.

Kurt Tucholsky schrieb als Gesellschaftskritiker in der Tradition von Heinrich Heine und gehört neben Georg Trakl, Erich Kästner oder Joachim Ringelnatz zu den bedeutendsten Publizisten der Weimarer Republik. In den vorgetragenen Texten machte Sabine Sauer deutlich, dass Tucholsky glasklar die fürchterliche Entwicklung Deutschlands in den Zweiten Weltkrieg hinein und die millionenfache Ausrottung der Juden kommen sah.

Erich Kästner schrieb nach einem Treffen mit „Tucho“ am Lago Maggiore: „ein kleiner dicker Berliner wollte mit der Schreibmaschine eine Katastrophe aufhalten“. Das war das letzte Treffen der beiden Freunde, denn wenig später fuhr Tucholsky nach Göteborg in Schweden, wo er seinem Leben ein Ende setzte.

Erinnerung an Bücherverbrennungen

Nicht zufällig war das Datum der Veranstaltung gewählt: Am 10. Mai 1933 fanden die Bücherverbrennung der Nationalsozialisten statt. Die Texte Tucholskys, der unter vier Pseudonymen schrieb – auch um sich selbst zu schützen, nämlich Ignaz Wrobel (der Verfasser eines Mathebuchs), Theobald Tiger, Peter Panter und Kaspar Hauser. Als politisch hoch engagierter Journalist, als Pazifist und Kriegsgegner, der unter anderem die „Weltbühne“ mit herausgab, warnte er unverdrossen vor der aufkeimenden rechten Bewegung und dem Nationalsozialismus. Viele Texte klingen so, als seien sie heute geschrieben.

Aber nicht nur Satiren wie „Der Pfau“ oder „In der Hotelhalle“ kamen zu Gehör, sondern auch die romantischen Gedichte wie „Liebespaar am Fenster“ und „Wahre Liebe“.

Magie des Ortes

Sabine Sauer, die nun schon zu den Stammgästen der Sawallisch-Villa zählt, betonte die ganz besondere Atmosphäre des Grünen Hügels in Grassau, die „Magie dieses Ortes“ wie offensichtlich so viele andere Besucher auch, die – einmal da gewesen – immer wieder kommen. Nach der Pausespielte die Musik eine noch größere Rolle als vorher. Dass Varvara Maukyan virtuos sämtliche Facetten des Klavierspiels beherrscht – kraft- und temperamentvoll, wie auch ganz zart und gefühlvoll – zeigte die Pianistin unter anderem bei Claude Debussys „Gollywogs Cake Walk (aus „Children´s Corner) oder Franz Schuberts „moments musicaux“, nachdem Sauer aus einem Brief von Arnold Zweig an den toten Tucholsky gelesen hatte.

Lustiger Abschluss

Um den Abend nicht allzu traurig nachdenklich abzuschließen, las Sabine Sauer am Schluss noch Tucholskys unglaublich ironisch bissige, aber auch lustige Satire auf das Leben in einer großen Familie mit dem Titel „Wo kommen die Löcher im Käse her?“ Auf den anhaltenden Applaus der Zuhörer gab auch Vavara Manukyan eine Zugabe mit einem romantischen Impromptu von Robert Schumann.

Auf ein Wiedersehen mit Sabine Sauer am 7. Dezember in der Sawallisch-Villa darf man sich freuen. Druckfrisch gibt es gerade die Programme für das zweite Halbjahr 2024.

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