Naturtagebuch: Druidenhain bei Wohlmannsgesees | Das Grüne Archiv
Druidenhain, Wohlmannsgesees, Fränkische Schweiz, Fränkischer Jura

Naturtagebuch: Druidenhain bei Wohlmannsgesees

Das alte Wissen der keltischen Druiden wird noch heute von vielen sehr geschätzt. Ihr Handwerk inspiriert gerade Kräuterliebhaber, aber auch Historiker, Maler, Mystiker und Naturwissenschaftler. In manchen Fällen sind die Druiden aus alter Zeit sogar Namenspatrone für verschiedene Pflanzen und märchenhafte Orte. Der Druidenhain bei Wohlmannsgesees ist solch ein magischer Ort.

 

Eine mystische Kultstätte der Druiden

Meine engsten Vertrauten würden mich wohl nicht nur als Archivarin, sondern auch als Druidin aus Leidenschaft bezeichnen. Die Kräuterkunde, ebenso wie die keltische Tradition haben es mir schon seit Kindesbeinen angetan. So verwundert es nicht, dass es mich auf meinen Exkursionen in die Natur des Öfteren an mystisch anmutende Naturorte zieht, die man getrost als Kultstätten für das magische Treiben von Hexen und Druiden beschreiben kann.

Mysteriös angeordnete Felsformationen, märchenhafte Wurzeltreppen und Baumhaine, denen man schon anhand ihres knorrig wachsenden Baumbestandes ihr hohes Alter und ihren magischen Charakter ansieht, sind meine Lieblingsorte. Das umso mehr, wenn sich Sagen und Legenden um sie ranken.

Der Druidenhain erinnert an eine Zeit, als grüne Kultstätten noch mit Ehrfurcht betreten wurden. An Orte, deren Zauber und Energie einer Verwebung geologischer, botanischer und mystischer Kräfte geschuldet ist. Orte, an denen man die Zeichen der Naturmagie in moosbewachsenen Felsnischen, majestätisch verschlungenen Baumwurzeln und von Kräutern überwuchertem Waldboden findet.

Steinformationen, die wie Gänge eines grünen Freilichttempels anmuten. Baumriesen, die wie uralte Wächter den kultischen Zirkel umringen. Gestrüpp, das wie ein botanischer Leitfaden das alte Kräuter- und Pflanzenwissen der Natur aufzeigt. Dies sind unsere heiligen Orte aus längst vergangener Zeit. Und doch sind sie so präsent und allgegenwärtig wie eh und je. Noch…

 

Druidenhain, Wohlmannsgesees, Fränkische Schweiz, Fränkischer Jura
Arborische Wächter aus alter Zeit | © Elisabeth Adam

Die Baumhaine des alten Jurameers

Der Druidenhain ist ein gut 1 ha großes Waldareal im Wiesenttal 500 m südwestlich der Gemeinde Wohlmannsgesees. Das Naturdenkmal gehört zum oberfränkischen Landkreis Forchheim und ist Teil des Naturparks Fränkische Schweiz. Der Hain ist gekennzeichnet durch ein moosbewachsenes Labyrinth aus Dolomitgestein, das charakteristisch für das Fränkische Jura ist.

Die Region, in der sich der Druidenhain befindet, war vor ca. 160 Millionen Jahren noch Teil des Jurameers. Seine Felsformationen bildeten damals weitläufige Riffe unter Wasser. Tektonische Verwerfungen vor rund 150 Millionen Jahren zur Zeit des Oberjuras sorgten dafür, dass sich das Jurameer in Richtung des heutigen Nordatlantiks öffnete.

Damit einher ging ein stetiges Sinken des Meeresspiegels. Die Riffe des Jurameers wurden freigelegt. Vor rund 35 Millionen Jahren kam es dann zu weiteren Verwerfungen in der bayerischen Jura-Region. Diese sorgten neben der Entstehung der Alpen und des Rheingrabens auch dafür, dass im Bereich des Fränkischen Juras der ehemalige Meeresboden aufbrach.

Ähnlich wie bei der Schwarzachklamm entstanden auch im Einzugsgebiet des Druidenshains zerklüftete Steinformationen. Markant an den Riff-Furchen im Druidenhain ist dabei eine nahezu lineare Bruchkante. Die gitterförmige Aufreihung der 2 bis 5 m hohen und 2 bis 6 m langen Felsblöcke gleicht einer architektonischen Anordnung.

Ein weiteres Phänomen sind die Bäume des Hains, die teils auf den Felsen oder aus schmalen Felsnischen herauswachsen. Als wären sie wie von Zauberhand dem Gestein selbst entsprungen, verleihen sie dem Hain ein gar magisches Ambiente.

 

Druidenhain, Wohlmannsgesees, Fränkische Schweiz, Fränkischer Jura
Das bewaldete Jura-Riff | © Das Grüne Archiv

Die Schwursteine fränkischer Raubritter und Hexen

Die Legende von Robin Hood kennen die meisten als ur-britisches Märchen. Erste Fassungen entstanden zwischen dem 13. und 14. Jahrhundert. Sie erzählten die Geschichte von einem mittellosen Rittersohn, der durch die Repressalien der königlichen Obrigkeit zum Dasein als Raubritter von Sherwood Forest gezwungen wurde.

Ein Schicksal, das damals viele aus dem Ritterstand teilten. Es war die Zeit, in der es zum Aufstieg der Reichsstädte kam. Ländliche Rittersgüter, die damals noch dem Lehnsherrentum unterlagen, verloren dagegen zusehends an Macht und Wohlstand. Dies nicht nur in Großbritannien, sondern in ganz Europa.

In Franken betraf dies unter anderem das Rittergeschlecht von Geylingen. Die Familie des Burgherren der Burg zu Wald, Konrad der Schwarze Geilling, lag in einer Fehde mit den wohlhabenden Patriziern der Reichsstadt Nürnberg, die dem ländlichen Lehnsadel die Besitztümer streitig machte.

Konrads Sohn, der legendäre Eppelein von Gailingen, sah sich um 1360 ob der zunehmenden finanziellen Verluste seiner Familie zum Raubrittertum gezwungen. Ähnlich Robin Hood begann er, mit einer eingeschworenen Meute reiche Kaufleute in den Wäldern um die Reichsstadt überfallen haben.

Besagte Meute bestand aller Wahrscheinlichkeit nach aus Eppelein von Gailingens Bundgenossen. Mit ihnen soll der Raubritter Legenden zufolge am 1. Mai 1339 pünktlich um Mitternacht im Druidenhain zu Wohlmannsgesees einen Treueschwur geleistet haben.

Datum, Zeit und Ort sind insofern symbolträchtig, als dass es sich hierbei um die Hexenstunde der im Keltischen auch als Beltane bekannten Walpurgisnacht handelt. Der Raubritter und seine Mannen müssten sich hierüber und auch über die Bedeutung des Druidenhains als keltischer Kultort der Druiden und Hexen im Klaren gewesen sein.

 

Druidenhain, Wohlmannsgesees, Fränkische Schweiz, Fränkischer Jura
Wo Ritter ihren Schwur ablegen | © Das Grüne Archiv

Zwischen Keltensiedlung und Druidentum

Historischen Schätzungen zufolge soll der Name des Druidenhains bereits in der Epoche der Romantik entstanden sein. Schriftlich erstmals erwähnt wurde er jedoch viel später in der 3. Auflage von Brückners Wanderführer „Die fränkische Schweiz und ihr Vorland“ aus dem Jahr 1912.

Dessen ungeachtet erscheint es aber nicht abwegig, dass der Ort schon viel früher als Kultstätte keltischer Druiden fungierte. Denn die Region ist bekannt für ihre alten Keltensiedlungen, wobei die nächstgelegene Keltensiedlung von Altendorf nur 25 km vom Druidenhain entfernt ist.

Dabei handelt es sich im Übrigen um die größte keltische Talsiedlung Nordbayerns. Ihr kulturelles Einzugsgebiet dürfte zweifelsohne das Gebiet des Hains mit eingeschlossen haben. Davon einmal abgesehen erkennt ein professioneller Druide (oder in diesem Fall eine Druidin…) auch anhand der Flora des Druidenhains sofort, dass hier nicht erst seit gestern Berufskollegen am Werk sind.

Rund um den Druidenhain wächst nämlich ein höchst verdächtiges Kraut: der Waldmeister. Er ist das heilige Kraut der keltischen Druiden und wurde von ihnen bereits in der Antike umfangreich als Heilkraut, Gewürzkraut und Zauberpflanze genutzt. Dies interessanterweise allen voran zum Maifest Beltane, an dem der Raubritter Eppelein wie erwähnt seinen Treueschwur leistete.

 

Waldmeister im Hain der Druiden
Ein klares Anzeichen druidischer Aktivität: Waldmeister ziert den Hain | © Das Grüne Archiv

Flora des Druidenhains

Der Druidenhain liegt in einem Fichten- und Buchenwald. Es handelt sich um einen Schluchten- und Hangmischwald, in dem außer Bäumen aber noch ganz andere Gewächse heimisch sind. Schon die Namen mancher künden davon, dass es sich bei dem Hain um einen sagenhaften Ort der Kräuterkundigen handelt. Denn neben dem Waldmeister finden sich hier nämlich noch andere Traditionskräuter, darunter:

 

Die massiven Felsblöcke des Hains sind teilweise vollständig von Moos überwuchert. Gemeinsam mit dem Grünspan an hiesigen versteinerten Schwämmen alter Vorzeit verleihen sie den Gesteinsformationen einen grünen Saum, der sich über das gesamte Areal erstreckt. Dazwischen rankt an zahlreichen Bäumen Efeu empor, was der magischen Atmosphäre vor Ort den letzten Schliff verleiht.

Um den Druidenhain herum liegen ferner weitläufige Feuchtwiesen lokalisiert, auf denen neben üblichen Verdächtigen wie dem Löwenzahn oder dem Hahnenfuß auch ziervolle Blumen wie die Akelei oder die inzwischen recht selten gewordene Wiesen-Glockenblume tummeln.

 

Alte Wildkräuter und Waldstauden im Druidenhain

© Das Grüne Archiv

Waldbaden und Meditation im Druidenhain

Als mystischer Kraftort ist der Druidenhain wie geschaffen, um neue Energie zu tanken. Das japanische Konzept des Waldbadens alias shinrin-yoku (森林浴) als Quell der Erholung und Genesung lässt sich hier ausgezeichnet praktizieren. Gerade im Sommer ist der Druidenhain außerdem ein wunderbares Ausflugsziel, um im Schatten der hohen Buchenbäume der Hitze zu entgehen.

Das Haingebiet bietet herrliche Möglichkeiten zum Wandern und Klettern. Und auch für Höhlenforscher gibt es im Umkreis einiges zu entdecken. Gleich drei Jurahöhlen befinden sich mit der Rosemüllerhöhle, Oswaldhöhle, Witzenhöhle und Engenreutherhöhle in Laufnähe zum Druidenhain.

Eine schöne Rundtour um das Areal bietet die Druidentour. Die 11,6 km lange Wanderroute führt im Kreis von Muggendorf über Wohlmannsgesees, Kanndorf, Birkenreuth und Trainmeusel bis nach Frauenstein. Letzteres liegt gerade einmal 19 Minuten vom Bahnhof Muggendorf entfernt.

Mit einer Steigung etwa 204 Höhenmeter vom tiefsten bis zum höchsten Punkt der Wanderroute lässt sich die Druidenrunde als moderat bis mittelschwer bezeichnen. Die Tour eignet sich somit hervorragend für eine Tageswanderung für ambitionierte Einsteiger.

Zu Empfehlen ist die Tour dabei aber nur an trockenen Tagen von Frühling bis Frühherbst, da die Waldwege teils sehr laubbedeckt sind und bei Regen schnell zu einer Rutschpartie werden.

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