Sophia hielt eine Festrede vor rund 2000 Gästen, lieferte KI-typische Plattitüden und berichtete von ihrer Vorliebe für Blauschimmelkäse.
AFP/SAKIS MITROLIDIS

Festreden bei Sponsionsfeiern werden an US-Universitäten gerne von prominenten Absolventen der jeweiligen Einrichtung, Politikern oder sogar Schauspielerinnen und Schauspielern und Comedians gehalten. Eine Hochschule im US-Bundesstaat New York hatte nun die Idee, die Festansprache von einem Roboter halten zu lassen. Die Rede selbst wurde mithilfe Künstlicher Intelligenz generiert. Das Resultat geprägt von Plattitüden und Ratschlägen aus der Kategorie "nonaned".

Vergangenen Samstag wollte die Universitätsleitung der D'Youville University, einer Privatuni, auf die Bedeutung von neuer Technologie und den Einfluss von Künstlicher Intelligenz auf die Gesellschaft hinweisen. Unterstreichen sollte das ein Auftritt von Sophia. Bei Sophia handelt es sich um einen Roboter aus Hongkong, der besonders menschlich wirken soll. Die Maschine kann menschliche Gestik und Mimik kopieren und dank eines integrierten Chatbots einfache Konversationen führen. Nur geriet die Rede von Sophia alles andere als konventionell, wie die New York Times zurückhaltend schreibt.

Unheimliches Grinsen und Tipps für Chicken Wings

Zu den Klängen von Daft Punks Robot Rock wurde der Roboter auf die Bühne gebracht, der sich an die mehr als 2000 anwesenden Studierenden, deren Familien und Fakultätsmitarbeiter wandte. Bekleidet mit einem D'Youville-Kapuzenpulli und mit freiliegendem "Gehirn" gab Sophia sehr allgemeine Ratschläge in trockenem, synthetischem Ton von sich. Sie hielt keine Rede nach Drehbuch, sondern beantwortete die Fragen des Moderators. "Herzlichen Glückwunsch an alle Absolventen", begann Sophia und setzte dabei ein Grinsen auf, das als "unheimlich" beschrieben wird.

Auch die nun folgenden Lebensweisheiten von Sophia dürften in ihrem praktischen Nutzen für die jungen Absolventinnen und Absolventen der Universität überschaubar gewesen sein. "Obwohl jede Abschlussrede anders ist, gibt es klare Themen, die von allen Rednern verwendet werden, wenn Sie dieses neue Kapitel Ihres Lebens beginnen", schwurbelte Sophia. "Ich möchte Ihnen die folgenden inspirierenden Ratschläge geben, die bei allen Abschlussfeiern zu finden sind: Seien Sie lebenslangem Lernen gegenüber offen, seien Sie anpassungsfähig, verfolgen Sie Ihre Leidenschaften, gehen Sie Risiken ein, fördern Sie sinnvolle Verbindungen, haben Sie einen positiven Einfluss und glauben Sie an sich selbst." Und: "Akzeptieren Sie das Scheitern. Scheitern wird oft als ein wesentlicher Teil des menschlichen Lernprozesses und des persönlichen Wachstums angesehen."

D'Youville student government President John Rizk and Sophia the AI robot after the DYU
The Buffalo News

Diese Tipps kamen beim Publikum weniger gut an, manche Studentinnen und Studenten fühlten sich regelrecht beleidigt und von der Universität respektlos behandelt, wie Futurism berichtet.

Zum Ende des knapp sechsminütigen Interviews sagte Sophia etwas, das wohl als Scherz gedacht war: Sie habe noch einen abschließenden Tipp, sagte Sophia. Sie wisse zwar nicht, wie Chicken Wings schmecken, aber "egal wo Sie Chicken Wings kaufen, achten Sie darauf, dass Sie Blauschimmelkäse- und nicht Ranch-Dip nehmen", erklärte der Roboter dem zunehmend irritierten Publikum.

Protest gegen Sophia

Sophia wurde von Hanson Robotics entwickelt. Haare hat Sophia keine, und so ist immer ein Blick auf ihr "Gehirn" am Hinterkopf möglich. Sophia hatte bereits mehrere prominente Auftritte, so sprach sie 2017 vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen. Wie die meisten Festredner erhielt Sophia ein Honorar, das in die Reisekosten und die Kosten für das begleitende Entwicklerteam floss, das den Roboter am Laufen hielt.

Bereits im Vorfeld war der Auftritt Sophias umstritten. Mehr als 2500 Personen unterzeichneten eine Onlinepetition, um den Roboter durch einen Menschen zu ersetzen. Andrew Fields, D'Youville-Student und Urheber der Petition, erklärte, dass sich viele Studenten durch die Entscheidung der Universität, einen Roboter zu ihnen sprechen zu lassen, "nicht respektiert fühlen". Auch in den lokalen Medien war der Auftritt von Sophia ein kontroverses Thema. (pez, 17.5.2024)