Die drei Grund-Weltanschauungen im Lebenslauf – Ein Dialog mit der Copilot-KI

Gestern Abend war es mal wieder so weit: Eine kleine Gruppe von Mastodon-Linken begann wieder Nichtlinke digital abzukanzeln, was auch wieder schnell bis zur Gleichsetzung von CDU und NSDAP eskalierte. Darunter geht parteipolitischer Dualismus bei einigen leider nicht. Denn wer selbst vom eigenen Gutsein allzu überzeugt ist, muss auch demokratisch Andersdenkende für böse halten.

Das Ganze war eine gute Gelegenheit, digitale und also (a)soziale Medien mal wieder ein paar Tage runter zu fahren und lieber ein Buch zu lesen: “Erinnerungen. Mein Leben in der Politik” von Wolfgang Schäuble (1942 – 2023).

Buchcover "Erinnerungen. Mein Leben in der Politik" von Dr. Wolfgang Schäuble. Das Buch wird hier in der Hand gehalten von Dr. Michael Blume.

“Erinnerungen. Mein Leben in der Politik” von Wolfgang Schäuble, Klett-Cotta

Nun hatte ich den großen Christdemokraten einige Male erlebt und auch mit ihm gesprochen, war von seiner Weisheit, aber auch seiner Härte gegenüber sich selbst und anderen fasziniert gewesen. In “Erinnerungen” gönnt er sich und uns freundlichen Großmut, ja Selbstironie und Lob auch für Aktive anderer Parteien wie den damaligen SPD-Bundeskanzler Helmut Schmitt (1918 – 2015).

Dies brachte mich auf die Idee, heute morgen mal ein wenig mit der Bing-Copilot-KI zu philosophieren. Die Definition der drei Grund-Weltanschauungen des egozentrischen Relativismus (“neutral”), feindseligen Dualismus (“böse”) und dialogischen Monismus (“gut”) war ChatGPT ja längst gelungen. Aber würde die KI auch schon sinnvolle Antworten darauf finden, wie sich diese im Lebenslauf entwickeln?

Der Prompt “Haben egozentrischer Relativismus, feindseliger Dualismus und dialogischer Monismus etwas mit dem Alter von Menschen zu tun?” erbrachte bereits folgende Antwort:

Die Verbindung zwischen philosophischen Ansichten wie egozentrischem Relativismus, feindseligem Dualismus und dialogischem Monismus und dem Alter von Menschen ist ein interessantes Thema. Es gibt Theorien, die vorschlagen, dass sich unsere Weltanschauungen im Laufe des Lebens entwickeln und verändern können. Zum Beispiel:

Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass diese Entwicklungen nicht bei allen Menschen gleich sind und von vielen Faktoren beeinflusst werden können, einschließlich persönlicher Erfahrungen, Bildung und kulturellem Hintergrund. Philosophische Bildung und Reflexion spielen eine wesentliche Rolle dabei, wie Menschen ihre Weltanschauungen formen und weiterentwickeln.

Diese Antwort fand ich schon recht gut, obwohl ich noch ein wenig weiter gehen würde: Der egozentrische Relativismus ist ja die uns mit Tieren verbindende Grundeinstellung der Weltdeutung: Was mir gut tut, ist gut, was mir lästig ist, ist böse. Und viele Menschen wachsen ihr Leben lang nicht darüber hinaus oder fallen immer wieder darauf zurück. Deswegen werden in freiheitlichen Demokratien auch nie alle Menschen wählen. Die Bezüge von Politik zum eigenen Leben bleiben ihnen verborgen oder zu komplex, zu anstrengend. Kein Interesse.

Dass feindseliger Dualismus oft in der Jugend in Gruppendynamiken bis hin zu Banden und Mobbing “ausprobiert” wird, würde ich bestätigen. Allerdings hängt diese Prägung zu sog. “autoritären Persönlichkeiten” (Adorno) eben auch stark von den Kindheits- und Sozialerfahrungen ab und kann sich über Jahre, ja Jahrzehnte zu Hass, Hetze und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit verfestigen. Wir alle kennen doch jene keifenden Alten, die durch das Leben eben nicht freundlich und weise geworden sind, sondern bitter, reaktant, zukunfts- und menschenfeindlich.

Symboldbild der Hand des feindseligen Dualismus mit dem Sexismus als Mittelfinger, dem Antisemitismus als Zeigefinger, dem Antiziganismus als Ringfinger, Rassismus & Ableismus als Daumen und Hass & Hetze als kleiner Finger. Klick führt zum Vortrag von Dr. Michael Blume dazu in Leinfelden-Echterdingen

 
 
 

Ebenso können wir bereits in den Freundschaften und Aussagen von Kindern Spuren des dialogischen Monismus finden, die sich selten, aber idealerweise zu einer gelassenen Haltung der Ambiguitätstoleranz (Annahme von Vielfalt), der Hoffnung, ja Weisheit entwickeln. Im “Vielfalt”-Duden hatte ich dazu auf S. 91 einen Dialog zitiert:

“Fragt ein Journalist ein Stadtkind: “Gibt es in deinem Kindergarten eigentlich viele Ausländer?” Antwortete der ehrlich verdutzte Knirps: “Nein, bei uns gibt es nur Kinder.”

Zumal sich auch Wolfgang Schäuble gleich anfangs auf den Philosophen Karl Popper (1902 – 1994) berief, lässt sich natürlich fragen: Haben philosophische Grundeinstellungen denn auch Auswirkungen auf das individuelle und soziale Leben?

Also promptete ich den Copilot mit der Frage: “Wie beeinflussen diese Ansichten das soziale Miteinander?”

Die KI-generierte Antwort:

Philosophische Ansichten wie Relativismus, Dualismus und Monismus haben einen tiefgreifenden Einfluss auf das soziale Miteinander. Sie prägen unsere Vorstellungen von Moral, Gerechtigkeit und die Art und Weise, wie wir mit anderen interagieren. Hier sind einige Beispiele, wie diese Ansichten das soziale Leben beeinflussen können:

Diese philosophischen Ansichten beeinflussen nicht nur individuelle Überzeugungen, sondern auch gesellschaftliche Strukturen und Institutionen. Sie können die Art und Weise beeinflussen, wie Gesetze gestaltet und interpretiert werden, wie Bildungssysteme aufgebaut sind und wie politische und soziale Debatten geführt werden. Philosophische Ansichten sind somit ein integraler Bestandteil des sozialen Gefüges und haben das Potenzial, sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf das Zusammenleben zu haben.”

 

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Dr. Michael Blume studierte Religions- und Politikwissenschaft & promovierte über Religion in der Hirn- und Evolutionsforschung. Uni-Dozent, Wissenschaftsblogger & christlich-islamischer Familienvater, Buchautor, u.a. "Islam in der Krise" (2017), "Warum der Antisemitismus uns alle bedroht" (2019) u.v.m. Hat auch in Krisenregionen manches erlebt und überlebt, seit 2018 Beauftragter der Landesregierung BW gg. Antisemitismus. Auf "Natur des Glaubens" bloggt er seit vielen Jahren als „teilnehmender Beobachter“ für Wissenschaft und Demokratie, gegen Verschwörungsmythen und Wasserkrise.

21 Kommentare

  1. Du VEGETIERST im durch Bildung verursacht-verstärktem kategorischen Imperativ, also stumpf-, blöd- und wahnsinnig (die drei Grundeinstellungen) dieser Welt- und “Werteordnung” des zeitgeistlich-reformistischen Kreislaufes im stets GLEICHERMAßENEN imperialistisch-faschistischen Erbensystem, wo der nun “freiheitliche” Wettbewerb, um die Deutungshoheit des “gesunden” Konkurrenzdenkens, mit heuchlerisch-verlogener Schuld- und Sündenbocksuche im “Recht des Stärkeren” konfusionert was als ganzheitlich-ebenbildliches Wesen Mensch …! 👋😇

    • Vielen lieben Dank, @hto! Ich finde es immer wieder nett, wie Sie uns die volle Emotionalität des feindseligen Dualismus auch von links vorführen! Die meisten meiner sonstigen Hater kommen ja von rechts, wobei sich die Beschimpfungen nicht wesentlich unterscheiden. Feindseliger Dualismus, eben. 🙂

      Ihre Satzfetzen sind immer wieder ein wenig schwer zu verstehen, aber im Wesentlich laufen sie doch darauf hinaus, dass Sie glauben, eine einzige gegen-“imperialistisch-faschistische” Wahrheit gefunden zu haben. Und zunehmend sauer sind, weil Sie damit auch in linken Parteien nicht reüssieren konnten. Also schimpfen und keifen Sie im Internet, statt zu einem weisen, gütigen, eben dialogistisch-monistischen Menschen zu reifen. Interessant finde ich dabei auch Ihre Wahl der Du-Anrede, mit der Sie mir maximal nahetreten wollen.

      Auch der Rückzug in den Relativismus kommt für Sie nicht in Frage, schließlich glauben Sie, “die Wahrheit” verkünden zu müssen. Sie fühlen sich absolut gut – und entsprechend müssen Andersdenkende abgrundtief böse sein. So einfach lässt sich ein komplexes Leben deuten.

      Die Zeit wird Ihnen eng. Aber Ihre Drukos bleiben als psychologische und digitale Kunstwerke des Freund-Feind-Dualismus. Das ist doch mehr als nichts.

      Ihnen von Herzen alles Gute!

  2. Sehr geehrter Herr Blume, da Sie ja immer so schön von Friedensenergien fabulieren, erlaube ich mir zur Inspiration mal diesen Link zu posten.

    https://www.datacenterfrontier.com/energy/article/33038469/iea-study-sees-ai-cryptocurrency-doubling-data-center-energy-consumption-by-2026

    ChatGPT, CoPilot und Co mögen ja Ihre narzisstischen Anteile über Gebühr streicheln, früher haben Sie sicher auch nach ihrem Namen gegoogelt:-), aber im Moment ist und bleibt es dabei, “alles ist eins, außer die Null:-)

    • Danke, @Marcus R!

      Tatsächlich haben Prof. Inan Ince und ich auch schon in unserem Videocast über BitCoin und andere Kryptowährungen einschließlich deren Energiebilanzen diskutiert:

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/blume-ince-krypto-coins-als-einstieg-in-verschwoerungssekten/

      Was Ihren Vorwurf der “narzisstischen Anteile” angeht, so möchte ich nicht über Ihren Neid spekulieren. Die simple Tatsache ist, dass ich bereits 2008 als Wissenschaftsblogger angefragt wurde und seitdem gerne und ohne jede Bezahlung in Form vom 1140+ Blogposts wissenschaftlich informierende Inhalte anbiete. Die ja offensichtlich auch Sie erreichen und anregen.

      Auch in Zukunft möchte und werde ich das Netz nicht Verschwörungsmythologen, Dualistinnen und KryptoBros überlassen, sondern Abzocke, Hass und Hetze durch digitalen Content entgegenwirken. Dass Blogs nun auch durch KIen ausgewertet und weiterverarbeitet werden, hatte ich bis vor wenigen Jahren noch gar nicht auf dem Schirm, es motiviert mich aber nun zusätzlich. Wie schrecklich wäre es denn, wenn wir gerade auch die deutschsprachigen KI-Algorithmen nur mit konsumorientiertem Relativismus oder gar feindseligem Dualismus trainieren würden!

      Dem in zahlreichen Auflagen gedruckten “Hexenhammer” von 1486 warfen sich leider viel zu spät seriöse Stimmen mit aufklärenden Druckwerken entgegen. Wenn wir aus der Mediengeschichte also eines lernen können, dann doch dies: Kein neues Medium alleine den feindseligen Dualisten und egozentrischen Relativistinnen überlassen, nie wieder!

      Neiden Sie also gegen erfolgreiche Wissensbloggerinnen und -blogger gerne weiter oder aber, noch besser: Machen Sie doch im Hinblick auf Ihre Mitmenschen und emergente KI-Quellcodes einfach konstruktiv mit! 🙂

  3. @Blume: “… glauben, eine einzige gegen-“imperialistisch-faschistische” Wahrheit gefunden zu haben.”

    Von GLAUBEN kann keine Rede sein, ich WEISS es, durch das “Gott/Vernunft-Kollektiv”!
    👋😇

    • Ja, @hto, so habe ich mir Ihre Erkenntnistheorie auch vorgestellt. Und wenn Sie also mit absoluter Sicherheit durch Gott UND Vernunft zu wissen glauben, dann sind wir anderen selbstverständlich sowohl ungläubig wie auch unvernünftig. Klar.

      Falls Sie meine erkenntnistheoretische Position verstehen wollten: Ich weiß, wie wenig wir Menschen sicher wissen und wie viel wir glauben. Religiöse wie auch philosophische, juristische und politische Überzeugungen basieren ganz wesentlich auf metaphysischen Annahmen, zu denen wir (auch Sie) viel weniger wissen als glauben.

      So “glaube” ich beispielsweise sowohl an Gott wie auch an Vernunft, weiß jedoch, dass sich beider “Existenz” nicht empirisch beweisen lässt. Entsprechend habe ich mich bereits vor zehn Jahren als “agnostischer Theist” bezeichnet:

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/agnostischer-a-theist-und-gesinnung/

      Denn griechisch Agnosie bedeutet eben auch “Nichtwissen” – und so sehr ich auch persönlich an Gott glaube, so wenig kann und will ich Seine Existenz wissenschaftlich beweisen. Vertrauen in die Religion, die Liebe, das Recht gehen über empirisch überprüfbares Wissen hinaus.

      Entsprechend dieser erkenntnistheoretischen Demut versage ich mir die Erlaubnis, Andersdenkende und Andersglaubende dualistisch zu verdammen. Das unterscheidet uns offensichtlich.

  4. Beim Lesen verspüre ich einen Schlag in die Magengrube. Sind Menschen, die in jungen Jahren nicht mit Philosophie in Berührung gekommen sind intoleranter, möglicherweise ignoranter? Da ich mich nie damit intensiver befasst habe, bin ich jetzt ziemlich ratlos.

    Wolfgang Schäuble habe ich nie getroffen, habe aber lange im Wahlkreis von Brigitte Baumeister gewohnt. Von daher erwarten Sie bitte keine Sympathie für Herrn Schäuble, aber es gilt de mortuis nihil nisi bene. Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen.

    Ich habe Verständnis, wenn Sie der Vergleich Ihrer Partei mit der NSDAP verletzt und halte solche Vergleiche für falsch. Lieber schweige ich über meine Meinung über die CDU, da ich nicht fehlinterpretiert werden möchte. Grundsätzlich gibt es links wie rechts Betonköpfe. Manche Diskussion ist es auch nicht wert, geführt zu werden, eben weil es, wie Sie schreiben, keine gemeinsame Basis gibt. Mir wurde schon von CDU Mitgliedern vorgeworfen, als Mutter versagt zu haben, weil sich mein Kind für sein politisches Engagement für einen demokratischen Mitbewerber entschieden hat.

    In meinem Leben habe ich Diskussionen mit Demenzkranken und Jugendlichen geführt. Auch Lebenserfahrung bringt einen Menschen weiter. Es gibt viele Menschen, die ihr psychisches Päckchen zu tragen haben und manches überwinden müssen. Die sich dadurch weiterentwickeln und vielleicht eher zur Religion als zur Philosophie neigen.

    Meine Frage an die KI war daher: Sind Menschen, die sich nicht mit Philosophie beschäftigen weniger intelligent?

    Bing Copilot antwortet u.a.

    “Insgesamt ist es wichtig, Menschen nicht aufgrund ihrer Interessen oder Aktivitäten zu beurteilen. Jeder Mensch hat unterschiedliche Stärken und Talente, und Intelligenz ist ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Faktoren. Es ist nicht angemessen, jemanden als weniger intelligent zu betrachten, nur weil er sich nicht mit Philosophie beschäftigt.”

    Es ist daher wichtig, Kindern und jungen Menschen Wertschätzung entgegenzubringen, eine gesunde Fehlerkultur zu entwickeln und ihnen Herzensbildung zu vermitteln. Den Wert eines Menschen machen nicht seine materiellen Werte aus. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass gerade Menschen, die von manchen Politikern mit dem entwürdigenden Attribut “sozial schwach” betituliert werden, über eine enorme Empathie und im religiösen Sinne christliche Nächstenliebe verfügen.

    • Vielen Dank, @Marie H. – und von mir her Zustimmung zu Ihrem Druko samt dem Zitat von ChatGPT!

      Denn mein Argument ist doch ausdrücklich nicht, dass sich jeder Mensch mit akademischer Philosophie befassen müsste. Dass diese weder vor feindseligem Dualismus noch vor Antisemitismus schützt, habe ich ausführlich u.a. am Beispiel des Philosophie-Professors und späteren NS-Rektors Martin Heidegger ausgeführt:

      https://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/verschwoerungsfragen-25-von-wegen-covidioten-verschwoerungsmythen-verstehen-mit-heidegger-und-platon/

      Mein Argument baut stattdessen ausdrücklich auf Karl Popper auf, der u.a. schrieb: „Ich glaube, dass alle Menschen Philosophen sind, wenn auch manche mehr als andere. […] Ich meine sogar, daß die Tatsache, daß ich selbst ein Berufsphilosoph bin, ernsthaft gegen mich spricht…“ in: Auf der Suche nach einer besseren Welt, Piper 2014 (17. Auflage), S. 194 – 195

      Es ist also im Wesentlichen das gemeint, was Sie mit „Lebenserfahrung“, aber auch mit Engagement in Politik, Religion, Kunst u.ä. ansprechen. All dies IST bereits philosophisch und kann durch universitäre Philosophie gewürdigt und begleitet, aber nicht ersetzt werden.

      Das ist im Wesentlichen auch der Grund für diesen Blog: Ich informiere und lade Menschen zum Mitdiskutieren ein, beantworte daher auch täglich konstruktive Drukos.

      Schließlich ärgere ich mich wie Sie auch über feindseligen, parteipolitischen Dualismus. Wer sich in einer demokratischen Partei engagiert, hat erst einmal meinen grundlegenden Respekt dafür, dass sie oder er Interesse, Zeit und Geld für die Mitgestaltung unserer Demokratie aufbringt. Auch Mitglieder von SPD, Grünen, FDP, Piratenpartei, ÖDP usw. sind daher nicht meine Feinde, sondern Verbündete für unsere Demokratie! Entsprechend wenig Geduld habe ich für digitale Mobs von rechts (oft auf X) oder links (oft auf Mastodon), die mich alleine deshalb belästigen und beschimpfen, weil ich mich seit Jahrzehnten (!) in die CDU einbringe. Und das eskaliert dann auch immer wieder bis in unsägliche NS-Gleichsetzungen und zeigt damit, wie sog. soziale Medien zur Verrohung und Zeitverschwendung beitragen. Ich habe in vielen Jahren ehrenamtlicher Gemeinderatstätigkeit nicht so viel parteipolitischen Dualismus erlebt wie in nur einem Monat in asozialen Medien.

      • Danke für die ausführliche Antwort.
        Leider ist es bei Social Media durch die Anonymität leichter, andere Menschen zu verletzen, zu diffamieren oder gar zu zu bedrohen. Das ist in einem Gremium wie dem Gemeinderat so nicht möglich. Obwohl es auch da Intrigen gibt. Es gab schon immer Zusammenarbeit zwischen den Fraktionen, weil Parteipolitik auf lokaler Ebene nicht die vorrangige Rolle spielt.
        Bei X habe ich leider erleben müssen, wie man als Mitglied der CDU von anderen Mitgliedern fast schon gemobbt wurde. Nicht ich persönlich.
        Was ich mir für unsere Demokratie wünsche: Respekt für politisch Andersdenkende (auf der Basis der FDGO!).
        Danke an Sie, dass Sie das immer wieder unmissverständlich klarmachen.

        • Vielen Dank, @Marie H. 🙏🇩🇪🇪🇺

          In seinen „Erinnerungen“ schrieb Wolfgang Schäuble auch über seine „parteipolitische Heimat: Konservativ? Christdemokrat!“

          Als frühe „Leitfigur“ beschrieb er „Konrad Adenauer“, der u.a. empfohlen habe: „Nehmen Sie die Menschen wie sie sind, andere gibt es nicht.“ (S. 43)

          Entsprechend verwahrte auch er sich gegen den kleingeistigen, parteipolitischen Dualismus, wie er im Netz so oft tobt: „Das Bild der SPD als Feind wurde in meiner Familie nicht gepflegt,… […] Die FDP stand uns in grundsätzlichen politischen Positionen zwar näher, aber wir Söhne spürten immer eine gewisse Distanz unseres Vaters zum Gesellschaftsbild der Liberalen.“ (S. 44)

          Entsprechend würdigt der große Christdemokrat in seinen „Erinnerungen“ auch immer wieder demokratische Persönlichkeiten aus anderen als seiner eigenen Partei.

          • Sie machen mich tatsächlich neugierig auf Schäubles Memoiren. Das Bild, das ich von ihm habe, ist vielleicht doch nicht ganz richtig.
            Konrad Adenauer hatte recht.
            Meines Erachtens hat aber auch Robert Habeck zurecht darauf hingewiesen, dass es eine konservative Partei in Deutschland braucht. Das verstehen leider viele nicht.
            Mich haben in den letzten Tagen zwei Persönlichkeiten aus der CDU positiv überrascht. Angela Merkel und Armin Laschet.

          • Ja, @Marie H. – ich habe erst neulich in einem deutsch-englischen Text, der noch nicht digital veröffentlicht ist, für die Demokratie das Sprachbild eines Vogels verwendet. Dieser benötige einen konservativen und einen progressiven Flügel, um fliegen zu können. Ohne die Vielfalt demokratischer Parteien gibt es keine echte Freiheit.

      • Guten Morgen, @Michael Blume,
        Wolfgang Schäuble hat mich mit seiner Härte manchmal irritiert, seine Geradlinigkeit hat mich aber beeindruckt. Er war das Gegenteil eines Populisten. Als Politiker mit Rückgrat fehlt er gerade jetzt.

        • Vielen lieben Dank und Zustimmung, @Peter Gutsche – so habe ich Wolfgang Schäuble auch erlebt.

          Als jugendlicher JU-ler fragte ich ihn einmal im Rahmen von Klostertagen, ob er den Erfolg der deutschen Wiedervereinigung denn auch genieße. Er antwortete sinngemäß, dass er im privaten Leben gerne auch “heiter” sei, aber als Politiker lieber “klare Positionen” beziehe, als zu feiern. Er empfahl uns daher ausdrücklich, auch privat Freundschaften zu je anderen Konfessionen und Parteien zu pflegen, “damit eure Welt nicht zu eng wird.”

          Diese Ansagen haben nicht nur mich sehr beeindruckt. Und durch die Lektüre von Schäubles “Erinnerungen” – beispielsweise zu manchen Härten seiner Jugend im Nachkriegsdeutschland – erscheint mir heute manches noch viel nachvollziehbarer.

          Das war übrigens auch einer der Gründe für meine Mastodon-Pause. Mir geht der dort leider weitverbreitete, parteipolitische Dualismus von links auch emotional nahe. Klar konnte und kann man an Wolfgang Schäuble vieles kritisieren, er wurde ja auch nie Kanzlerkandidat. Wer aber Christdemokraten wie ihn mit Faschisten oder gar Nationalsozialisten gleichsetzt hat nach meiner Auffassung jedes Maß und jeden Anstand hinter sich gelassen. Für mich ist Wolfgang Schäuble gerade auch in seiner Fehlbarkeit nicht nur ein politisches, sondern auch ein persönliches Vorbild.

  5. Wenn Sie sich Menschen als Teilchen vorstellen, ist der Relativismus gasförmig (die Menschen leben aneinander vorbei), Monismus flüssig (man lebt aneinander vorbei, toleriert einander, arbeitet aber zusammen, um gemeinsam Wellen zu schlagen), Dualismus fest (die Menschen werden zermalmt und entwickeln harte Schalen, die sie voneinander isolieren, es gibt viel Reibung aneinander, viel Hitze und wenig Kommunikation). Im Endeffekt eine Frage von Druck pro Fläche.

    In einem „Gas“ gibt es einfach Platz genug, einander auszuweichen, es ist die Distanz, die die Menschen isoliert, der mangelnde Kontakt. Unter Druck muss man diesen Raum verdichten, statt Pufferzonen gibt es Wände und Mauern, die mit Stacheln und Speeren um sich beißen. Die Goldlöckchenzone, in der Menschen Kontakte, Netzwerke aufbauen, das Optimum an Druck und Temperatur, liegt irgendwo dazwischen.

    Uns fehlt Platz. Wir drehen durch wie die Schweine in Massentierhaltung. Und mit „Platz“ meine ich vor allem die Psyche. „Zukunft“ gehört auch dazu. Wir sehen doch, was vor sich geht, wir ziehen in die Städte, es werden keine Wohnungen gebaut, wir knallen uns mit Arbeitskräften zu, die wir nicht zu Fachkräften ausgebildet kriegen, die halbe Bevölkerung steht schon mit einem Bein im Sarg, es gibt keine Fluchtwege in Hoffnung, in sinnvolle Arbeit, denn Geld pumpen für die Feudalfürsten zählt nicht dazu, es fehlen Ressourcen, selbst der Mist in den Regalen wird nicht mehr verdünnt, sondern fehlt einfach – der Fluchtweg Konsum ist auch dicht. Bleibt die Flucht in den Irrsinn.

    Die Weimarer Demokratie bot keine Auswege, drehte sich nur im Kreis und verspeiste den Staat durch Verteilungskämpfe. Das Kapital floh ins Ausland, wofür Hitler irrtümlich die Juden verantwortlich machte. Geld ist halt ein Proletarier, ein Republikflüchtling und vaterlandsloser Geselle, es singt die Internationale und geht dorthin, wo es einen Job findet, deswegen führen China und USA die Leibeigenschaft ein, wie Hitler es damals tat, und auch Europa wäre besser damit beraten. Globale Wirtschaft kriegt globale Probleme, überall verschiedene Symptome derselben Krankheit, viele Nadelöhre, selber Fleischwolf.

    Das ist immer noch das Drama, der Albtraum, von dem ich ständig spreche – Dummheit mit Ethik gegen intelligente Massenmörder bedeutet, dass nur die Massenmörder überleben. In Amerika scheint die Demokratie dazu gelernt zu haben und geht den halben Weg, um nicht den ganzen gehen zu müssen. Ob das reicht, um Trump aufzuhalten, werden wir sehen. Deutschland – nun. CDU vs NSDAP. Weimar gegen Nazis. Beides mögen Gegensätze sein. Doch welche davon Sie wählen, Sie wählen die NSDAP. Wenn Sie Schaf und Wolf im selben Käfig kaufen, bekommen Sie dann das Schaf?

    Tun Sie Putin und Merz in einen Käfig, werfen Sie ein Messer rein und schauen Sie, wer lebend herauskommt. Washington und Wirtschaft die Politik zu überlassen und selbst den Provinzkaspar zu machen, sich für abgebrühte Schlitzohren und geschickte Staatsmänner zu halten, weil man sich in Berlin und Brüssel wie im erstbesten Kuhkaff-Rathaus eifrig gegenseitig Gruben gräbt und selbst hineinfällt und trotzdem damit durchkommt, weil man keine echte Macht hat und deswegen kaum Schaden anrichten kann – das geht nicht mehr. Ob CDU, CSU, SPD – sie haben sich mit China auf die Schnauze gelegt, sie haben sich mit Russland auf die Schnauze gelegt, weil Dorftrottel in der großen Stadt immer auf der Schnauze landen. Willkommen in Vegas, ihr Landpomeranzen.

    Die Enge der Zeit. Schnürt mir die Kehle zu. Werdet erwachsen oder geht aus dem Weg. Euresgleichen haben schon einem Hitler den Weg bereitet. Und der war schon einer zu viel.

    • Nein, @Paul S.

      Auch ein Relativismus, der mit Kraftausdrücken daherkommt, bleibt nur ein Relativismus. Deswegen folgen auf mancherlei bedenkenswerte Sätze bei Ihnen immer wieder objektiv falsche und im Ergebnis menschenverachtende Aussagen wie:

      „Deutschland – nun. CDU vs NSDAP. Weimar gegen Nazis. Beides mögen Gegensätze sein. Doch welche davon Sie wählen, Sie wählen die NSDAP. Wenn Sie Schaf und Wolf im selben Käfig kaufen, bekommen Sie dann das Schaf?

      Das ist nicht nur sachlich falsch, sondern auch niederträchtig, weil es Demokratinnen und Demokraten mit Faschisten und sogar Nationalsozialisten gleichsetzt. Wer Wolfgang Schäuble oder Angela Merkel unterstützt und gewählt 🗳️ hat, hat demokratische, dialogisch-monistische Politik bekommen – und eben keinen hasserfüllten Dualismus a la Putin oder gar Hitler. Wenn Sie da keine Unterschiede erkennen können, dann stimmt Ihre Wahrnehmung nicht.

      So erlebe ich auch hier in den Drukos @hto als feindseligen Dualisten, @Marie H. als lebenserfahrene, dialogische Monistin und Sie als pseudo-objektiven Relativisten. Und dieses digitale Komplettangebot empfinde ich wiederum als wertvoll für kommende Leserinnen und Leser.

      In diesem sehr speziellen Sinne: Danke! 🙏

  6. @Hauptartikel

    „Relativismus: … Andererseits kann er auch zu Konflikten führen, wenn Menschen keine gemeinsamen Grundlagen für Diskussionen finden.
    Dualismus: … In anderen Fällen kann es jedoch zu Feindseligkeit und Missverständnissen führen, wenn Menschen nicht bereit sind, über ihre eigenen Ansichten hinauszuschauen.
    Monismus: … Es kann aber auch zu Konflikten führen, wenn die Suche nach einer gemeinsamen Grundlage die individuellen Unterschiede ignoriert.“

    Kenntnisse und Horizonte sind offenbar das, womit KI sich auskennt? In der Tat sind dies entscheidende Bedingungen, wenn es um menschliche Haltungen und ihre Kommunikation geht. Möge gerade die KI dabei helfen, eben die Horizonte allseits zu erweitern, um dann auf die Tische der Diskussionen zu kommen.

    Glauben und Wissen sind hier beides relevant. Glauben ist nun selten unbegründet, und Wissen öfter weniger gesichert, als man denkt. Auch das dürfte von KI gut abgebildet werden können.

    „Monismus: Fördert die Idee, dass alles miteinander verbunden ist, was zu mehr Empathie und Zusammenarbeit führen kann..“

    Die eine Welt und die eine Geisteswelt dürften hier hilfreich sein. Das Bewusstsein menschlicher Unkenntnis zusammen mit einer Orientierung auf die praktisch gesicherten Erkenntnisse von Wissenschaft. Soweit diese wirklich vorliegen zumindest.

    Hier würde ich insbesondere eine Eine Geisteswelt als grundlegenden Glaubensinhalt betrachten, der uns insbesondere von Streitigkeiten unter den Göttern entlastet, und wir uns hier in Ruhe um die weltlichen Angelegenheiten kümmern können. Und das ohne die Teilhabe an Geisteswelten und eine maßgebliche Unterstützung aufgeben zu müssen.

    Aber auch das bloße Bewusstsein der einen Welt als ein einziger Planet, der nicht alles vertragen kann, was wir mit ihm anstellen, kann von Grund auf monistisch sein.

    • Richtig, @Tobias Jeckenburger: Der dialogische Monismus kann religiös oder nichtreligiös sein, also den Glauben an überempirische Wesenheiten beinhalten oder auch nicht. Womit sich diese nach meiner Einschätzung erstrebenswerte Einschätzung nicht verträgt ist der dualistische Wunsch nach der Vertreibung oder gar Vernichtung anderer.

      Oder wie es die Juristinnen und Juristen auch zum deutschen Grundgesetz formulieren: Auf die Präambel „In Verantwortung vor Gott und den Menschen“ umfasst sowohl positive wie negative Religionsfreiheit.

      Wolfgang Schäuble, seligen Angedenkens, schrieb in seinen o.g. „Erinnerungen“ auf S. 47 über seinen „Konfirmandenglauben“ als „Quelle der Vergewisserung und der Gelassenheit“.

      „Die größte Entsprechung für das, was ich glaube, habe ich in der Musik von Bach gefunden, der in seinen Passionen den Menschen nicht heldenhaft zeigt, sondern sündigt und begrenzt. […] Der Glaube ermöglicht eine realistische Perspektive: Es gibt Dinge, die wir nicht beeinflussen können, wie in meinem Fall das Attentat eines geistig Verwirrten.“

      Entsprechend sei „der beste Rat in meinem Leben“ eine Antwort von Jesus an den Pfarrer Don Camillo in „Don Camillo und Peppone“ gewesen: „Nimm dich nicht so wichtig.“

      Dialogischer Monismus ist der Weg zur Gelassenheit, ja Weisheit.

  7. Michael Blume
    17.05.2024, 22:34 Uhr

    Nein, @Paul S.

    Nein zu seinen Texten sag ich allein schon wegen deren Länge. Wenn jemand was Sinnvolles hat, so soll er sich möglichst kurz fassen. Wozu sollte ich denn eine Lupe nehmen, wenn in seinen überlangen Schriften doch was Sinnvolles stehen sollte? Da fang ich doch gar nicht erst zu Lesen an! Verarschen kann ich mich auch alleine.

    Wer Wolfgang Schäuble oder Angela Merkel unterstützt und gewählt 🗳️ hat, hat demokratische, dialogisch-monistische Politik bekommen – und eben keinen hasserfüllten Dualismus a la Putin oder gar Hitler. Wenn Sie da keine Unterschiede erkennen können, dann stimmt Ihre Wahrnehmung nicht.

    Ich bin atheistischer CSU-Wähler. Wer will mir jetzt Faschismus unterstellen, nur weil ich den profitorientierten Privatkapitalismus in einen profitorientierten Staatskapitalismus umwandeln möchte.
    Nur dass bei letzterem die Profite nicht mehr an Aktionäre oder privilegierte Angestellte verteilt werden, sondern an gemeinnützige Institute geleitet werden. Oder ganz einfach zur Steuerentlastung des Bürgers verwendet werden.
    Oder bin ich Faschist, weil ich die veralteten Begriffe wie Sozialismus und Kommunismus vermeiden möchte und lieber in eine zeitgemäße Sprache übersetzen?

    • Das ist eine schöne Erinnerung, @Michael Blume.
      Ich bin übrigens eher nicht “konservativ sozialisiert”, bin über Themen wie Naturschutz politisch geworden und heute Mitglied der Grünen. Aber den Austausch mit politisch anders Denkenden habe ich meistens als bereichernd erlebt. Gerade jetzt wäre es wichtig, dass die demokratisch orientierten und an Lösungen interessierten Menschen sich unabhängig von parteipolitischer Ausrichtung zusammentun und respektvoll miteinander streiten.
      Wir sollten uns das nicht – von welcher Seite auch immer – kaputtmachen lassen.
      Denn es kommt gerade soviel ins Rutschen und der “Raum des gemeinsamen Weltverstehens” schwindet (wie Sie es sinngemäß mal gesagt haben).

      • Danke & ja, @Peter Gutsche. Uns beide verbindet die „grün-schwarze“ Sorge um die Schöpfung bzw. Mitwelt, mit einer Sozialdemokratin würden wir soziale Gemeinsamkeiten finden, mit einem Liberalen die Achtung der Freiheitsrechte auch gegenüber einem überbordenden Staat, mit einer Piratin die Faszination fürs Fediversum, mit einem Volt-Mitglied die Begeisterung für Europa usw.

        Prioritäts- und Zielkonflikte sind da selbstverständlich unausweichlich, wie jede Koalitionsregierung beweist. Aber ich glaube, wir sind uns einig, dass wir viel mehr gemeinsam haben, als es uns jemals zu „Hauptgegnern“ oder gar „Feinden“ machen würde. Die Verrohung insbesondere der nationalen Digital-Diskurse quer durch alle Demokratien trägt m.E. zur leider wachsenden Zahl politischer Straf- und sogar Gewalttaten bei. Dialogisch-monistische Demokratinnen und Demokraten sollten sich m.E. nicht durch digitale Beschleunigung und feindseligen Dualismus verrohen und vergiften lassen. When they go low, we should go high. (Nach Michelle Obama, einer großen Autorin mit viel Politikerfahrung, die ich auch mal live erleben durfte.)

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