«Wir waren bisher unsichtbar, Nemo hat das geändert» - 20 Minuten

«Wir waren bisher unsichtbar, Nemo hat das geändert»

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Queere Community«Wir waren bisher unsichtbar, Nemo hat das geändert»

Die ganze Schweiz freut sich über den ESC-Sieg von Nemo. Die queere Community freut sich noch ein wenig mehr. Sie erhofft sich dadurch Aufwind für die Anliegen nonbinärer Menschen.

Mit diesem Auftritt überzeugte Nemo Jury und Publikum im Finale.

20min/ESC

Darum gehts

  • Nemo hat den Eurovision Song Contest gewonnen und nutzt den Moment, um auf die fehlende Option eines dritten Geschlechts in der Schweiz hinzuweisen.

  • Das Thema gewinnt durch Nemos Sieg an öffentlicher Aufmerksamkeit und weckt in der nicht binären Community Hoffnung.

  • Im Juni planen Unterstützer einen offenen Brief an Bundesrat und Parlament, um die Anerkennung nicht-binärer Personen zu fordern.

Nemo hat am Samstag den Eurovision Song Contest gewonnen – und ist offen nicht binär. Auf die Frage, wen das Bieler Musiktalent denn als erstes anrufen würde, lauete die Antwort: «Bundesrat Beat Jans.» Es gebe in der Schweiz keinen Eintrag für ein drittes Geschlecht, und das sei inakzeptabel und müsse geändert werden.

«Im Moment des Sieges habe ich mich erst wahnsinnig für Nemo gefreut und dann sofort für alle nicht-binären Personen in der Schweiz», sagt Lio Brändle vom Transgender Network Switzerland (TGNS). 150’000 Menschen identifizierten sich hierzulande als nicht-binär und könnten das so nicht eintragen. «Wir waren bisher unsichtbar, was weder der psychischen noch der physischen Gesundheit guttut. Nemo hat das nun geändert.» Denn dadurch kämen auch Menschen mit dem Thema in Berührung, die nichts oder nur wenig mit er queeren Community zu tun hätten.

«Nemo setzt Kampf für Gleichberechtigung fort»

Auch Queeramnesty freut sich über die Aufmerksamkeit. «Wir hoffen nach diesem grossartigen Sieg für die Schweiz auch auf mehr Empathie und Verständnis für die Situation und Anliegen nonbinärer Menschen», sagt Mediensprecher Beat Gerber. Zum Beispiel für die von Nemo angesprochene Eintragung des dritten Geschlechts. «Andere Länder kennen die Option schon längst. Vielleicht wird die Debatte auch hier noch einmal neu angeschoben.»

Für den ehemaligen SRF-Moderator Patrick Rohr steht Nemo für eine offene, liebrale Welt, in der jede Person so leben darf, wie sie will. «Ich fände es grossartig, wenn sich die ganze Schweiz hinter Nemo und dem, wofür Nemo steht, vereinen würde.» Im Jahr 2005 forderte Rohr gemeinsam mit seinem Mann auf der Titelseite der «Schweizer Illustrierten», das damals debattierte Partnerschaftsgesetz anzunehmen. Damit war es gleichgeschlechtlichen Paaren erstmals möglich, ihre Beziehung eintragen zu lassen. «Seitdem ist viel passiert, aber auf dem Weg zur vollständigen Gleichberechtigung für alle Lebensformen gibt es noch viel zu tun. Nemo setzt diesen Kampf fort.»

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«Musik verbindet Menschen weltweit»

Das Momentum, das Nemo kreiert habe, müsse nun genutzt werden, sagt auch Lio Brändle. Im Juni werde Bundesrat und Parlament ein offener Brief übergeben, in dem die Anerkennung nicht binärer Personen gefordert werde. «Der Sieg Nemos gibt unserer Kampagne noch einmal extra Aufwind.»

Auch der musikalische Effekt darf laut Brändle und TGNS nicht unterschätzt werden. «Musik verbindet Menschen weltweit. Vielleicht kommen Erinnerungen hoch, wie man selbst schon auf eine Art den Code brechen musste.» Vielleicht führe diese Empathie zu mehr Verständnis für die Anliegen nonbinärer Menschen.

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