Herr von Hirschhausen, Sie hören zum Jahresende mit der TV-Unterhaltung auf. Warum wollen Sie die Showbühne verlassen?

Das ist für mich folgerichtig. Ich habe vor einem Jahr nach 30 Jahren Bühne meine Tour beendet, der WDR hat dankenswerterweise mein letztes Programm "Mensch Hirschhausen" aufgenommen und im Ersten gezeigt. Morgen gibt es eine neue Ausgabe von "Was kann der Mensch – die Hirschhausen Show". Im Herbst machen wir noch zwei Ausgaben, aber dann ist auch mal nach 14 Jahren und über 60 Primetime-Shows am Donnerstag- und Samstagabend gut. Ich konzentriere mich auf die Arbeit meiner Stiftung Gesunde Erde-Gesunde Menschen, ein neues Buchprojekt und auf die Presenter-Dokus für die ARD am Montag um 20:15 Uhr. Ich bin also nicht weg – nur woanders. Es ist ein großes Privileg, Fernsehen für viele machen zu dürfen, es ist und bleibt Teil meines Lebens. Als neugieriger Mensch entwickle ich mich gerne weiter. Und freue mich, dass der WDR und so viele Fans und Zuschauer diese Entwicklung nachvollziehen und mit gehen!

Sie sind vor 14 Jahren eher zufällig auf die Samstagabend-Bühne gekommen. Was haben Sie in dieser Zeit über das Unterhaltungsfernsehen gelernt?

Stimmt, das war eine wilde Zeit: Kerner ging zu Sat.1, dann Pilawa zum ZDF und ich kam damit plötzlich von der Live-Bühne zu "Frag doch mal die Maus". Show hat mir immer Spaß gemacht, auch jetzt noch. Ich habe gelernt, wie man dosiert mit guter Unterhaltung auch ernste Themen transportieren kann. "Hirschhausens Quiz des Menschen" war ja eine der wenigen Shows, denen kein eingekauftes Format zugrunde lag, sondern im Kern die Idee aus meinen Bühnenprogrammen und Büchern, Medizin mit Humor zu verbinden. Darauf bin ich immer noch ein bisschen stolz, weil wir echte Pioniere waren, zum Beispiel auch beim Thema Inklusion. Wir haben in der Primetime über Cochleaimplantate, Tischtennis bei Parkinson, Depression, Epilepsie und Erste Hilfe gesprochen. Dafür bekamen wir den Medienpreis "Bobby" der Lebenshilfe und haben nachweislich mehreren Zuschauern das Leben gerettet, weil jemand in ihrem Umfeld wusste, was man tut, wenn jemand umfällt. Auch in der kommenden Ausgabe "Was kann der Mensch" zeigen wir einen faszinierenden blinden Mann, der buchstäblich mit den Ohren sehen kann. Und wir reden über Europa, weil die Europawahl ansteht und es ohne funktionierende Demokratie auch wenig zu lachen gäbe.

Mit ihren Shows wollten Sie "Relevanz mit Firlefanz" verbinden, wie Sie stets betonten. Gibt’s in Zukunft von Ihnen also nur noch Relevanz ohne Firlefanz?

Keine Sorge, ich habe den Humor nicht verloren, auch wenn ich mich mit meiner Stiftung Gesunde Erde-Gesunde Meschen tagtäglich einem ziemlich dicken Brett widme: dem Schutz unserer Lebensgrundlagen. Da kann einem bei der Faktenlage, den Temperaturrekorden, dem rasanten Artensterben und der Untätigkeit der Politik schon mal das Lachen vergehen, aber das machts ja auch nicht besser. Mich treibt immer wieder an, zu komplexen und schwierigen Themen neue Perspektiven und Erzählformen zu finden. In der Doku "Hirschhausen und ADHS" der Besuch im Knast oder  bei „Hirschhausen und die Abnehmspritze“ der Selbstversuch, für den ich mir Massen von Schokoriegeln reinzwängte, um dann im MRT zu sehen, wie meine Leber verfettet und das eigene Hirn austickt. Linear, im Public Value und in der ARD-Mediathek sind diese Dokus sehr erfolgreich, für die Dokus zu Long Covid gab es den Georg-von-Holtzbrinck-Preis für Wissenschaftsjournalismus, und die Rückmeldungen von Betroffenen wie von Ärztinnen und Ärzten sind sehr ermutigend, weiter mit der Kamera an Orte und Themen zu gehen, wo man sonst nicht hinkommt und verschiedene Welten zu verbinden.

Jüngst wurde bekannt, dass das Joint Venture Ihrer Firma Hirschhausen Media mit Frank Plasbergs Produktionsfirma Ansager & Schnipselmann endet, die ja selbst demnächst ihren Betrieb einstellen wird. Ein Schritt, der auch ihrem künftigen Fokus auf Ihre Dokumentationen geschuldet ist? 

Ja, die Dokumentationen waren nie Teil dieses Joint Ventures, weil ich da seit Urzeiten mit dem Team von Bilderfest in München eng und kreativ zusammenarbeite. Mit Hirschhausen Media produziere ich aktuell zehn Folgen für Youtube zum Thema "Alle verrückt". Ich spreche über den Megatrend "Mental Health" mit Psychiatrieerfahrenen über ihre Depression, Psychosen oder Klimaangst, und kläre, wie die Symptome am besten zu behandeln sind. Ich genieße es mit einem eigenen kleinen Studio schnell Ideen auszuprobieren und umzusetzen. Auch der Podcast "Hirschhausen und Adick - Medizin von Morgen" ist dort entstanden. Weitere Podcasts sind schon in der Mache. Also ich langweile mich nicht.

Was müsste passieren, um Sie vielleicht doch noch einmal für eine Show zu begeistern?

Wenn wir das 1,5-Grad Ziel-erreichen, gerne! Erst mal machen wir noch zwei schöne Folgen "Was kann der Mensch" und eine neue Doku im Herbst. 

Herr von Hirschhausen, vielen Dank für das Gespräch.

"Die Hirschhausen-Show - Was kann der Mensch?" am Samstag um 20:15 Uhr im Ersten