AKW Mülheim-Kärlich: Hier landen alle zerlegten Teile, die dann auf Metallgitterboxen verteilt und für den Schacht Konrad "fertig" gemacht werden.

Mitten im ehemaligen Atomkraftwerk

AKW Mülheim-Kärlich: "Der spannendste Teil des Abrisses hat begonnen!"

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Andreas Krisam

Rund fünf Jahre nach dem Abbau des AKW-Kühlturms geht es jetzt an die markante Reaktorkugel und den daneben aufragenden Abluftkamin. Das Innerste des sogenannten Reaktordruckbehälters wird zerlegt.

"Wir arbeiten hier in einer druckfesten Stahlkugel. Früher hat hier genau in der Mitte die Kettenreaktion stattgefunden, wurde die Energie erzeugt. Und heute sind wir am spannendsten Teil des Rückbaus dran", sagt Projektleiter Thomas Volmar. Genau dieser Reaktordruckbehälter, der technologisch sehr anspruchsvoll sei, werde gerade zerlegt.

Zum Arbeiten im ehemaligen AKW muss man sich an Regeln halten

Rund 150 Mitarbeiter arbeiten im AKW in zwei Schichten - von 6 Uhr morgens bis 14 Uhr am Nachmittag und von 14 Uhr bis 22 Uhr abends. Diese müssen sich an genaue Regeln halten, sagt Volmar. Die Regeln fangen schon beim Betreten der Reaktorkugel an: In Umkleidekabinen wird die Kleidung gewechselt, die Ingenieure und Monteure tragen Overalls.

"Das ist wie zuhause. Da zieht man ja auch die Straßenschuhe aus und die Hausschuhe an. Essen und Trinken dürfen wir hier nicht innerhalb des Kontrollbereichs. Da wo Strahlung sein könnte, halten wir uns so kurz wie möglich auf. Das sind alles solche Regeln und die sind uns in Fleisch und Blut übergegangen."

AKW Mülheim-Kärlich
Blick von außen auf Reaktordruckbehälter und Abluftkamin

Kaum noch hohe Radioaktivität im AKW

Da wo früher die Energie erzeugt wurde, also mitten in dem sogenannten Reaktordruckbehälter werden Leitungen, Metallteile und Kabel zerlegt - teilweise technisch hoch anspruchsvoll unter Wasser. Das Wasser werde als Abschirmung für die Strahlung benutzt. Dies werde ferngesteuert gemacht mit Kameras und Robotern, um immer sehen zu können, was gerade passiert, so Volmar.

Die noch strahlenbelasteten Teile werden so zurecht geschnitten, dass sie in Metallgitterboxen passen und erst ins Zwischenlager Ahaus und dann ins Endlager "Schacht Konrad" nach Salzgitter transportiert werden können. Die Zerlegung des Druckbehälters wird seiner Schätzung nach noch zwei bis drei Jahre dauern. Danach werde die Betonaußenhaut abgerissen.

"Gefährliche Radioaktivität gibt es nur noch im Bereich des Reaktordruckbehälters, der jetzt unter Wasser ist", erklärt der Projektleiter des AKW in Mülheim-Kärlich. In allen anderen Bereich gebe es keine hohe Strahlenbelastung mehr. Bislang habe es keine Zwischenfälle gegeben. 

Das AKW in Mülheim-Kärlich wird gebaut
1975 wird das AKW in Mülheim-Kärlich gebaut. Bild in Detailansicht öffnen
Ein Bagger fräst Meter für Meter an der Kante des 160 Meter hohen Kühlturms ab
Ein Bagger fräst Meter für Meter an der Kante des 160 Meter hohen Kühlturms ab. Bild in Detailansicht öffnen
Zwei Menschen sitzen in Campingstühlen auf der rechten Rheinseite und beobachten den kontrollierten Abriss des Kühlturms.
Den Einsturz des Kühlturms verfolgten im August 2019 zahlreiche Anwohner und Interessierte. Bild in Detailansicht öffnen
Ein Bagger bricht die Stützpfeiler des Kühlturms ab.
Zwei ferngesteuerte Bagger brachten den dann nur noch 80 Meter hohen Kühlturm kontrolliert zum Einsturz. Bild in Detailansicht öffnen
Der 80 Meter hohe Kühlturm stürtzt in sich zusammen
Der 80 Meter hohe und 60 Meter breite Kühlturm fiel 2019 planmäßig in sich zusammen. Bild in Detailansicht öffnen
Der abgerissene Kühlturm des AKW in Mülheim-Kärlich
Am 9. August 2019 stürzte der Kühlturm um 15.38 Uhr in nur drei Sekunden in sich zusammen. Bild in Detailansicht öffnen

Große Teile des AKW-Geländes bereits verkauft

Inzwischen sind von dem einst 350 Hektar großen Gelände des ehemaligen Atomkraftwerks nur noch sechs übrig. Ein Hotel ist im Rohbau, eine Eventhalle und eine Garagenanlage sind bereits entstanden. Außerdem hat sich ein Logistikunternehmen angesiedelt. Was mit den verbliebenen sechs Hektar des Kraftwerks passiert, ist noch nicht bekannt.

Das Kernkraftwerk in Mülheim-Kärlich wurde am 1. März 1989 in Betrieb genommen. Nur 13 Monate später musste es wegen formaler Mängel schon wieder vom Netz.

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