Der Fantasiefreund Blue (Steve Carrell) will nicht aufhören zu existieren. Bea (Cailey Flaming) versucht, ihm dabei zu helfen. 
Der Fantasiefreund Blue (Steve Carrell) will nicht aufhören zu existieren. Bea (Cailey Flaming) versucht, ihm dabei zu helfen.
Paramount Pictures

John Krasinski hatte Unglück im Glück. In den 2000ern wurde der Schauspieler als Jim in der US-Adaption von The Office berühmt – bekanntlich eine der lustigsten Fernsehserien überhaupt. Seitdem probiert er verzweifelt, dem Schicksal zu entkommen, das er mit vielen Fernsehschauspielern teilt: auf eine Rolle reduziert zu werden. Versucht hat er das zum Beispiel mit seinem Mitwirken im Marvel-Cinematic-Universe oder der Actionserie Jack Ryan. Wirklich geschafft hat er es aber erst 2018, als er bei dem recht originellen Horrorfilm A Quiet Place Regie führte. Jetzt hat Krasinski radikal das Genre gewechselt und mit IF: Imaginäre Freunde einen gelungenen Kinderfilm gedreht.

Ein junges Mädchen namens Bea (Cailey Fleming) ist gerade in diesem seltsamen Alter, wo man es eilig hat, erwachsen zu werden. Sie glaubt noch, das sei etwas Erstrebenswertes. Die Zwölfjährige macht gerade eine schwierige Lebensphase durch, offenbar ist ihre Mutter kürzlich verstorben, und der Vater (John Krasinski selbst) liegt mit gebrochenem Herzen im Krankenhaus. Sie zieht zu ihrer Großmutter und entdeckt dort das Unmögliche: Im oberen Stockwerk leben imaginäre Freunde, die von ihren Kindern vergessen wurden – und wenn Kinder ihre imaginären Freunde vergessen, dann können diese auch nicht mehr gesehen werden. Nachbar Cal (Ryan Reynolds), der so wie Bea die Fähigkeit besitzt, imaginäre Freunde zu sehen, betreibt so etwas wie eine Vermittlungsagentur. Fortan hilft ihm Bea, die einsamen und verzweifelten Fantasiefreunde an neue Kinder zu vermitteln.

Prominente Fantasiefreunde

In Hollywood hat John Krasinski entweder ziemlich viele Freunde, oder er weiß, was auf der Insel von Jeffrey Epstein geschehen ist. Anders kann man sich den prominenten All-Star-Cast nicht erklären, der für die Stimmen der Fantasiefreunde gewonnen werden konnte. Krasinskis The Office-Co-Star Steve Carell spricht Blue, ein liebenswürdiges, überdimensional großes und haariges Etwas. Phoebe Waller-Bridge leiht ihre Stimme einer humanoiden Schmetterlingsballerina, und George Clooney spricht den Astronauten, ganz klassischer Bubentraum. Brad Pitt ist ein Unsichtbarer. Bradley Cooper, der sich bekanntlich nichts sehnlicher wünscht als einen Oscar, ist in einer seiner bisher stärksten Rollen zu hören: als Glas Wasser.

Die verschiedenen IFs, so nennen sich die imaginären Freunde, sind einfallsreich und mit viel Liebe zum Detail gestaltet. Wenn man darüber hinwegsehen kann, dass die Idee des Films relativ schamlos von der in Vergessenheit geratenen Zeichentrickserie Fosters Haus für Fantasiefreunde abgekupfert ist, kann man damit auf jeden Fall Spaß haben. Erzählerische Schwächen hat IF aber schon. Auf einer zusätzlichen Ebene die existenziellen Fragen des Erwachsenenlebens zu beleuchten, wie das die Pixar-Filme Alles steht Kopf oder Soul schaffen, gelingt nicht ganz. Aber das ist auch nicht notwendig. Man wird nämlich daran erinnert, dass man als Kind endlos viel Fantasie hatte – und fragt sich, wo die hinverschwunden ist. (Jakob Thaller, 15.5.2024)