Zwei Instrumente in heiterster Gemeinschaft – Kultur in Emden

Zwei Instrumente in heiterster Gemeinschaft

Jennelt. Das Barock ist ein janusköpfiges Ding. Himmelhochjauchzend wechselt mit Todesbetrübnis, Hoffnung mit Verzweiflung. Und wie jede Epoche, in der das Kriegsgeschehen dominiert, ist sie innovativ und erfindungsreich. Vielfältige Facetten menschlicher Effekte und Affekte werden bedient – natürlich auch im Bereich der Musik.

Mit rund 160 Besuchern an der Kapazitätsgrenze war das „Nachtkonzert bei Kerzenschein“ in Jennelt. Bilder Wolfgang Mauersberger

Im Nachtkonzert bei Kerzenschein, dem fünften Konzert im Rahmen des „Krummhörner Orgelfrühlings“, in der reformierten Kirche zu Jennelt zeigten Veronika Skuplik (Barockvioline) und Michael Fuerst (Orgel und Cembalo) die weltliche Komponente des Krummhörner Orgelfrühlings. Und somit entwickelten sich die leichten, lieblichen Töne in zahlreicher Form – vom sanglichen Praeludium, über weltliche Instrumentalmusik bis hin zum unverwüstlichen Variationensatz „La Folia“ oder dem Traditionell „John, come kiss me now“, einem derb-temporeichen Spaß, den Barockvioline und Cembalo in heiterster Gemeinschaft vollzogen. Übrigens zum Vergnügen der rund 160 Besucher, die die Jennelter Kirche im Übermaß füllten.

Konzertierten mit Barockvioline und Orgel: Veronika Skuplik und Michael Fuerst

Veronika Skuplik, Schülerin von Thomas Albert und eine Meisterin der historischen Aufführungspraxis, spielt mit bestechender Leichtigkeit und Spielfreude. Darin ist sie auf einer Linie mit Michael Fuerst, der gewandt am Cembalo (mehr) und an der Constabel-Orgel (weniger) agierte. Fuerst ist gebürtiger Amerikaner, spricht aber ein lupenreines Deutsch. Plattdeutsch kann er auch, das hat ihm der Großvater in Nebraska beigebracht. Aber das ist eine andere Geschichte …

Wurde für den schwedischen Teil des Konzertes eingeblendet: das Grab der Occa Johanna Freiin von Ripperda (1619 auf Burg Farmsum bis 1686 im Stockholmer Schloss). Beerdigt wurde die Adelige im Grabkeller der Kirche zu Jennelt, wo der Sarg noch heute zu sehen ist 

Das Programm der beiden Musiker vereinte nicht nur Werke deutscher, italienischer, französischer Komponisten, sondern reichte bis ins Schwedische hinein. Denn Thomas Baltzar, deutscher Violinist und Komponist, war 1653/54 Kammerviolinist von Christina, die von 1632 bis 1654 schwedische Königin war, ehe sie abdankte und zum Katholizismus übertrat. Christina soll selber Violine gespielt haben. Baltzar war mit einem Praeludium für Orgel und mit dem oben erwähnten Song „John, come kiss me now“ im Programm vertreten.

Konzertierte auch an seinem eigenen Cembalo: Michael Fuerst. Das Instrument wurde nach der Veranstaltung im Kofferraum des Autos verstaut und abtransportiert

Das Publikum, vollkommen begeistert von dem schönen Programm, ließ die beiden nicht ohne Zugaben gehen, und ganz unkompliziert wurden sie gewährt. Auch danach, als Siek Postma, Leiter des Orgelfrühlings und an diesem Abend Hausherr in seiner Kirche, zu Sekt und Selters im Chorraum einlud, blieben viele Besucher noch da, ganz erfüllt von der Musik und der schönen Präsentation.