„Status Confessionis“, Rezension von Christoph Fleischer, Fröndenberg 2024 – Der schwache Glaube

„Status Confessionis“, Rezension von Christoph Fleischer, Fröndenberg 2024

Print Friendly, PDF & Email

Zu: Dietrich Bonhoeffer, Berlin 1932 – 1933, Dietrich Bonhoeffer Werke, hrsg. Von Eberhard Bethge (+) u. a., Zwölfter Band, hrsg. Von Carsten Nicolaisen und Ernst-Albert Scharfenroth, Chr. Kaiser Verlag 1997, 2. Auflage 2016, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 1997, ISBN 978-3-579-01882-9, gebunden, 630 Seiten, 128,00 Euro (print)

https://www.penguin.de/Buch/Berlin-1932-1933/Carsten-Nicolaisen/Guetersloher-Verlagshaus/e204686.rhd

Mit dem Titel dieser Rezension steige ich mittendrin ein: In einem Brief an Karl Barth vom 9.9.33, also schon gegen Ende des Berichtszeitraums, heißt es: „Daß der status confessionis da ist, daran kann ja nicht gezweifelt werden, aber worin sich die confessio heute am sachgemäßesten ausdrückt, darüber sind wir uns nicht im klaren.“ (S. 125, Tippfehler „im klaren“ steht so im Text). Laut Anmerkung ist hiermit kein „Bekenntnisfall“ wie etwa im Sinn einer Lehrbeanstandung gemeint, sondern eine „Bekenntnissituation“.

Der Berichtszeitraum wurde ursprünglich mit „1933“ angegeben (siehe Buchumschlag), umfasste aber schlicht zwei Semester der Lehrtätigkeit Dietrich Bonhoeffers, die er als Privatdozent neben seiner Anstellung als Pfarrer in Berlin ausübte. Der gemeinte Zeitraum beginnt November 1932 und endet mit Ende September 1933. Dietrich Bonhoeffer wechselte in ein Auslandspfarramt in London. Inhaltlich gesehen umfasst der Zeitraum umfasst also die Monate der Machtergreifung Hitlers mit den entsprechenden Konsequenzen wie der Entmachtung des Reichstages und ersten Verfolgungsmaßnahmen gegen Juden. Dass sich Bonhoeffer klar auf die Seite der Juden gestellt hat, lässt sich z. B. klar an Aufsatz „Die Kirche vor der Judenfrage“ ablesen (S. 349-358).

Der Beginn von Bonhoeffers Tätigkeit als Pfarrer in Berlin 1931 fiel zusammen mit der Aufgabe als Dozent an der Humboldt Universität. Im Jahr 1933 war Bonhoeffer, der nun wieder in seiner Heimatstadt lebte, 27 Jahre alt. Er war zudem eingebunden in die Arbeit des Weltbundes der Kirchen. Sein Arbeitspensum muss immens gewesen sein, da er akademische Lehrveranstaltungen und zugleich Gottesdienste und Predigten vorbereitet und durchführte. Politisch engagiert im Sinn einer Partei war er jedoch nicht.

Der Berichtsband „Dietrich Bonhoeffer, Berlin 1932 – 1933“ lädt dazu ein, Texte Bonhoeffers im historischen Kontext zu lesen und dabei seine biografischen Grundentscheidungen kennenzulernen. Das Angebot des Auslandspfarramts nahm er 1933 gerne an, da ihm hin und wieder schon Repressalien des NS-Staates angedroht wurden wie der Entzug der Lehrerlaubnis an der staatlichen Universität.

Die Briefe und Dokumente des ersten Teils (S. 13 – 150) lassen sich sicherlich gut ergänzend zu einer bekannten Bonhoeffer-Biografie lesen.

Der Zweite Teil enthält Dokumente zu „Lehrveranstaltungen“ und wissenschaftliche Texte, die zum Teil auch schon an anderer Stelle veröffentlicht worden sind. Das „Betheler Bekenntnis“, das unter Mitarbeit Bonhoeffers entstand, liegt in einer Synopse der Hauptentwürfe vor. Das endgültig edierte Papier bleibt unberücksichtigt, da Bonhoeffer selbst daran nicht mehr mitgearbeitet hat. Dieser Text gehört sicher in eine biografische Quellensammlung. Jedoch war Bonhoeffer hierbei nur Mitautor.

Hier begegnet uns ein noch sehr junger Theologe, der angesichts der Herausforderungen der Zeit klare Positionen bezieht. Sein späteres Martyrium ist in diesem Berichtszeitraum bereits vorgezeichnet. Man lese nur den folgenden Satz vor dem Hintergrund des späten Gefängnisgedichts „Von guten Mächten“, mit dem Dietrich Bonhoeffer seinen Angehörigen Weihnachtsgrüße übermittelt: „Und dann ist es eben gut, dass es, auch wenn es einem noch so widersinnig erscheinen will, wieder Weihnachten wird und man von neuem dazu aufgerufen wird nun nicht an dem Dunklen und dem Hoffnungslosen hängen zu bleiben, sondern von neuem die Botschaft von dem Licht, das im Finstern scheint,  ernstzunehmen und von hier aus neu zu leben.“ (S. 34).

Die Texte Dietrich Bonhoeffers aus dem Jahr 1933 sind beileibe nicht nur von biografischem Wert. Hier sind Gedanken und theologische Konzepte angedacht, die bis heute bedacht werden können. Man lese nur den Vortrag „Christus und der Friede“ (S. 232 ff) und denke dabei an die heutigen Schwierigkeiten damit. Hier gilt beides: „Solange die Welt Gott los ist werden Kriege sein.“ (S. 233), Aber auch: „In der „Nachfolge Jesu stehen“ heißt „Zeuge des Friedens zu sein“ (ebd.)

Wer sich mit Dietrich Bonhoeffer beschäftigt, wird immer auf eine glaubwürdige und zugleich zeitgemäße Auslegung des Evangeliums stoßen.

Autor: christoph.fleischer

Christoph Fleischer, evangelischer Pfarrer in Westfalen, Mitglied in der Gesellschaft für evangelische Theologie und in der Dietrich Bonhoeffer Gesellschaft.

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.