Jetzt ist es also so weit. Den Überblick über das wuchernde „Star Wars“-Franchise hat man lange verloren, da wird es auch beim „Herrn der Ringe“ richtig kompliziert. 50 Jahre nach dem Tod seines Schöpfers J.R.R. Tolkien – „Zweitschöpfer“, hätte er aus noch viel komplizierteren, nämlich religiösen Gründen gesagt – und vier, nachdem sein treuer Nachlasswalter, gestrenger Editor und jüngster Sohn Christopher Tolkien gestorben ist, wird nun auch die mittelirdische Filmindustrie so unübersichtlich wie eine panamaische Briefkastenfirma.
Jüngste Nachricht: Die Macher der heiß geliebten Kino-Trilogie I und der nicht ganz so heiß geliebten Kino-Trilogie II sind zurück im Geschäft. Peter Jackson, der von 2001 bis 2003 den „Herrn der Ringe“ verfilmte (17 Oscars, kein Scherz) und zwischen 2012 und 2014 Tolkiens „Prequel“ „Der Hobbit“ in die Länge zog (kein Oscar, trotz einiger Nominierungen) wird zwei weitere Mittelerde-Filme produzieren und bringt die alte Mannschaft mit: Philippa Boyens und Fran Walsh, mit der Jackson verheiratet ist, werden am Drehbuch mitschreiben, die Regie hat man in die Hände von Andy Serkis gelegt, wohl dem Motion-Caption-Experten schlechthin.
In Trilogie I und II hat Serkis den analogen Teil Gollums gespielt, beim „Hobbit“ teils auch schon die Second Unit geführt. Serkis wird diesmal auch die Titelrolle spielen, denn der Arbeitstitel des neuen Projekts lautet „The Hunt for Gollum“ – womit der interessante Teil dessen beginnt, was Warner Bros. Discovery-Chef David Zaslav bei einem „Earnings call“ zu verkünden hatte.
Denn anders als im „Star Wars“-Franchise schöpft man in Mittelerde niemals aus der hohlen Hand. J.R.R. Tolkien hat eine fantastische Welt hinterlassen, die theoretisch für ein halbes hundert Filme reicht. Tatsächlich ist bereits jedes der drei „Zeitalter“ Mittelerdes ein Kosmos für sich. „Die Ringe der Macht“ etwa, Amazons nun mit Warner Bros. konkurrierendes Serien-Projekt, dessen zweite Staffel bald über uns kommen wird, hat sich auf das Zweite Zeitalter konzentriert, es dabei aber leider wie das Dritte behandelt.
Zumindest die erste Staffel krankte daran, weniger die andersartige Tolkien-Welt zeigen zu wollen, die jenseits des „Herrn der Ringe“ (oder in seinen Anhängen) erscheint, als einen Peter-Jackson-Film im Serienformat anzustreben. Jacksons „Ringe“-Trilogie war halt ein Smash Hit – und steht so seitdem jeder neuen Tolkien-Verfilmung im Weg.
Wenn es aber immer Aragorns, Gandalfs und Hobbits à la Jackson braucht, kann man auch gleich Jackson mit der Sache betrauen. Innovativ ist das nicht, aber immerhin auch nicht unanständig. Denn das Schlimmste, so hört man, hat Jackson abgewendet. Filme wie „Der junge Aragorn“ oder „Der junge Gandalf“ wollte er offenbar so wenig drehen wie Tolkiens Erstes oder Zweites Zeitalter aufs Dritte trimmen. Schließt man vom Arbeitstitel auf das neue Projekt, hat er sich lieber eine Ritze im „Herrn der Ringe“ gesucht. Eine „Jagd auf Gollum“ nämlich gibt es. Bei Tolkien allerdings bleibt sie ein Botenbericht.