Ukraines First Lady in Belgrad: Kehrt Serbien Russland endgültig den Rücken?

Ukraines First Lady in Belgrad: Kehrt Serbien Russland endgültig den Rücken?
Den Besuch von Olena Selenska in der serbischen Hauptstadt deuten viele als ein Zeichen der Abkehr des Balkan-Landes von den russischen Freunden.

Die ukrainische First Lady Olena Selenska ist am Sonntagabend gemeinsam mit Außenminister Dmytro Kuleba in Belgrad angekommen. Es handelt sich um den ersten Serbien-Besuch einer hochrangigen Politikerin bzw. eines hochrangigen Politikers aus der Ukraine seit dem Beginn der russischen Invasion Ende Februar 2022. 

Viele deuten den Besuch der Frau des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij und seines Außenministers als ein Signal der Abkehr der serbischen Regierung von Russland, dem ewigen Verbündeten.

Der erste Tag des Besuchs sei der Kulturdiplomatie gewidmet gewesen, schrieb Selenska auf Telegram. Auf der Plattform X teilte sie Fotos von sich gemeinsam mit der serbischen First Lady Tamara Vučić, Kuleba und seinem Amtskollegen Marko Djurić mit. In der Stadtbibliothek weihte sie das "ukrainische Regal" mit ukrainischsprachigen Büchern ein. Dasselbe tat sie auch in der Festung Kalemegdan mit einem Audioguide in der ukrainischen Sprache. Es gehe um Projekte, die "Gemeinschaft und ein gegenseitiges tieferes Verständnis der Geschichte unserer Völker" herstellen sollen, schrieb Selenska auf X. 

Über den Serbien-Besuch des ukrainischen Duos berichteten alle großen russischen Medien. Auf dem Portal der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Ria Novosti landete der Artikel darüber unter den meistgelesenen an diesem Tag. Den Kommentaren nach zu urteilen, sind die Russen nicht begeistert. 

"Beschämend" oder "Das ist ekelhaft, das ist ekelhaftes Verhalten eines 'Freundes' Russlands" - so lauten die beiden beliebtesten Kommentare zu dem Artikel von Ria Novosti. Die meisten Leserinnen und Leser bezichtigen Serbien des Verrats an Russland ("eine Watschn ins Gesicht Russlands") und gehen mit dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić hart ins Gericht. "Vučić, bist du wirklich so rückgratlos?", fragt sich ein Leser. 

Doch nicht nur Kritik an der serbischen, sondern auch der eigenen Regierung wird in den Kommentaren geäußert: 

  • "Hat jemand außer Lukaschenko Angst vor uns? Sogar Kirgisistan hat eine Kehrtwende gemacht. Unsere Außenpolitik ist etwas schwach" oder 
  •  "Wer sind die 'Freunde', die wir noch haben? Papua aus Polynesien? Oder Nordkorea?"

Ein anderer Leser stellt hingegen fest: "Russland hatte nie Freunde. Es gab nur Feinde." Ähnlich sieht es ein weiterer: "Es gibt keine Freunde, niemandem kann man vertrauen."

Serbien hat die russische Invasion verurteilt, die Sanktionen aber abgelehnt

Aufgrund traditioneller historischer, religiöser, politischer und militärischer Bindungen ist in Serbien eine prorussische Stimmung weit verbreitet. Präsident Vučić ist stets bemüht, das Gleichgewicht zwischen der angestrebten EU-Mitgliedschaft und den Beziehungen zu Russland und China, wichtigen Partnern und Investoren, zu halten. 

Auf der einen Seite hat sich das Staatsoberhaupt Vučić seit dem Invasionsbeginn gleich dreimal auf internationalen Foren im Ausland mit dem ukrainischen Staatschef Selenskij getroffen - zuletzt im Februar bei einem Regionaltreffen in Tirana. Seit 2022 hat Serbien Tausende ukrainische Flüchtlinge aufgenommen, humanitäre Hilfe in die Ukraine geschickt und Hilfe bei der Minenräumung des Landes und beim Wiederaufbau nach dem Krieg versprochen. Zudem zeigten die im vergangenen Jahr aus dem Pentagon durchgesickerte Geheimdokumente, dass Serbien einer Lieferung von Waffen und Munition an Kiew zugestimmt hatte.

Andererseits sitzen auch in der neuen, erst kürzlich zusammengestellten serbischen Regierung, zwei umstrittene Minister: Aleksandar Vulin, ehemaliger Geheimdienstoffizier mit prorussischer Haltung und Nenad Popović, der ebenfalls als ein Befürworter Russlands gilt. Beide befinden sich auf einer langen Liste mit Diplomatinnen und Diplomaten, die unter US-Sanktionen stehen. Es bleibt wohl bei einem Tanz auf mehreren Hochzeiten für Vučić. 

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