Tödliche Schießerei in der Nürnberger Südstadt: Urteil gefallen

Tat schockierte

Tödliche Schüsse in Nürnberger Südstadt: Jetzt ist das Urteil gefallen

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16.5.2024, 11:17 Uhr
Am Landgericht Nürnberg-Fürth fand der Prozess wegen tödlicher Schüsse in der Nürnberger Südstadt statt.

© Daniel Löb/dpa Am Landgericht Nürnberg-Fürth fand der Prozess wegen tödlicher Schüsse in der Nürnberger Südstadt statt.

Lebenslänglich - so lautet das Urteil gegen Mert. A., das am Donnerstag, 16. Mai, verkündet wurde. Zudem bestehe eine besondere Schwere der Schuld, so die Kammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth um 11 Uhr. Der Angeklagte sei sowohl des Mordes als auch des versuchten Mordes schuldig.

Am 24. Oktober 2022 hat der damals 28-jährige Angeklagte in der Südstadt vor einem Restaurant auf zwei Männer im Alter von 30 und 35 Jahren geschossen. Einer verstarb, der zweite Mann kam mit Schussverletzungen in Bauch und Oberschenkeln ins Krankenhaus und überlebte. Seit dem 6. Dezember 2023 lief das Verfahren gegen Mert A. vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth im Neubau am Justizpalast.

Richter: Keine Zweifel

Mert A. sei "ohne Zweifel der Mörder" und haben ebenfalls ohne Zweifel versucht, das zweite Opfer zu ermorden, so der Richter bei der Urteilsbegründung. Davon sei die fünfköpfige Kammer nach 36 Verhandlungstagen und 62 gehörten Zeugen überzeugt. Die Tat, so schildert der Richter, sei das Ergebnis einer zerbrochenen Männerfreundschaft und gekränkten Stolzes des Angeklagten.

Bei seiner eigenen Aussage habe sich der Mert A. als "Ritter in weißer Rüstung" dargestellt, der in der Nürnberger Südstadt "einen Streit nach dem anderen geschlichtet habe". Die Beweismittel sprächen hingegen eine ganz andere Sprache und ließen keinen Zweifel an den Mordabsichten von A.: "Der Angeklagte hat schlichtweg das, was er zuvor bereits mindestens zweimal angedroht hat, in die Tat umgesetzt."

Eine besondere Schwere der Schuld liege außerdem vor, weil der Angeklagte wissentlich "nicht nur einem sehr jungen Kind den Vater und der mit dem zweiten Kind schwangeren Frau den Ehemann" genommen habe. Zudem wiege auch das Verhalten von A. nach der Tat besonders schwer: Noch während der Flucht hatte der Südstadt-Schütze weitere Morde angekündigt und Geld erpressen wollen.

Auch den Vorwurf der Verteidigung, es handele sich um ein "Exempel" samt politischer Einflussnahme durch den bayerischen Staat, um Migranten abzuschrecken, wies der Richter entschieden zurück: "Dieses Urteil wurde, wie es im deutschen Rechtsstaat zum Glück üblich ist, von einem unabhängigen Gericht gefällt. Auch, wenn daran in einem Befangenheitsantrag Zweifel gesät wurden." Es "wäre genauso gefallen, wenn A. deutscher wäre uns Heinz Maier hieße."

Staatsanwaltschaft forderte lebenslänglich

Die Staatsanwaltschaft hatte gegen den damals 28 Jahre alten Tatverdächtigen Anklage auf Mord, versuchten Mord, gefährliche Körperverletzung und Verstöße gegen das Waffengesetz erhoben. Sie forderte im April 2024 eine lebenslange Haftstrafe für den Mann. Die Staatsanwältin plädierte außerdem dafür, eine besondere Schwere der Schuld festzustellen. Eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren wäre damit nahezu ausgeschlossen. Diese Forderung unterstrich sie im Abschlussplädoyer am Donnerstag abermals.

Die Verteidigung hatte derweil eine Verurteilung des Angeklagten wegen eines Waffendelikts gefordert. Eine Tötungsabsicht sei A. nicht nachzuweisen, sagten die Verteidiger laut einer Gerichtssprecherin in ihren Plädoyers. Der tödliche Schuss sei erst im Gerangel gefallen. Die Verteidigung plädierte deshalb auf eine Bewährungsstrafe von eineinhalb Jahren. Die letzten Worte im Prozess gehörten dem Angeklagten, der betonte, dass es ihm "sehr leid tut, was passiert ist. Ich wünsche, das alles wäre nicht passiert."

Für drei Monate untergetaucht

Nach der Tat war der Verdächtige im Winter 2022 für drei Monate untergetaucht. Ein Spezialeinsatzkommando konnte ihn schließlich in einem Hotel im italienischen Rimini festnehmen. "Es tut mir leid, was da vorgefallen ist. Ich wollte nur mich und meine Familie beschützen", betonte der Todesschütze noch im April. Am Abend der Tat hätten ihn die beiden Opfer telefonisch provoziert und gedroht, seiner Familie zu schaden.

Er sei deshalb davon ausgegangen, dass diese bewaffnet zu einem Treffen kommen und auf ihn schießen wollten. Er sei in Panik geraten und habe auf die beiden geschossen - aber in Richtung der Beine gezielt, betonte er. "Das war keinesfalls mein Ziel, jemanden zu töten", sagte Mert A. damals. Im Zuge der Ermittlungen konnte auch ein Überwachungsvideo gesichert werden, das den Ablauf der Tat zeigt.

Verzögertes Urteil

Ursprünglich war das Urteil bereits für Dienstag, 14. Mai, erwartet worden. Nach mehrstündigen Verzögerungen und einem Befangenheitsantrag seitens der Verteidigung wurde die Verkündung dann aber auf den Donnerstag, 16. Mai, verschoben. Zwischenzeitlich wurde eben jener Antrag am Mittwoch als "unbegründet zurückgewiesen".