Überraschender Fund in Göttingen: Der Papyrus des Papstes
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Überraschender Fund in Göttingen: Der Papyrus des Papstes

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Einzigartige Entdeckung von Forschern der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen im Diplomatischen Apparat der Universität: Fragment der Papsturkunde aus dem Jahr 891 auf Papyrus – von Papst Stephan V. für das Kanonissenstift Neuenheerse bei Paderborn.
Einzigartige Entdeckung von Forschern der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen im Diplomatischen Apparat der Universität: Fragment der Papsturkunde aus dem Jahr 891 auf Papyrus – von Papst Stephan V. für das Kanonissenstift Neuenheerse bei Paderborn. © Daniel Berger/nh

Einen einzigartigen Fund machen Forscher in einer Sammlung der Uni Göttingen. Sie entdecken ein Papst-Schreiben aus dem Jahr 891.

Göttingen – Überraschender Fund der Papsturkundenforscher in Göttingen.

Sie entdecken und identifizieren in einer Sammlung der Universität ein Fragment auf Papyrus – es stammt aus dem Jahr 891 und ist nördlich der Alpen einzigartig.

Herausragender Fund der Papsturkundenforschung

In der Arbeitsstelle der Pius-Stiftung für Papsturkundenforschung der Niedersächsischen Akademie der Wissenschaften zu Göttingen haben Mitarbeiter einen herausragenden Fund gemacht.

Sie konnten ein bisher unbestimmtes Fragment, das im Diplomatischen Apparat, einer Sammlung der Uni Göttingen, aufbewahrt wurde, identifizieren. Es ist Teil der einzig erhaltenen päpstlichen Papyrusurkunde nördlich der Alpen. Der Hauptteil der Urkunde lagert im Staatsarchiv in Münster. Insgesamt gibt es in Europa nur 30 erhaltene päpstliche Originalpapyri.

Päpste stellen Urkunden bis zum Jahr 1000 auf Papyrus aus

Papyrus war der Beschreibstoff, auf dem die Päpste in Rom bis etwa zum Jahr 1000 ihre Urkunden ausstellten, bevor sie nach und nach auf das haltbarere Pergament umstellten.

Auf dem Göttinger Fragment sind griechische Schriftzüge zu sehen – auch das ist einzigartig. Es handelt sich um den Schlussteil einer Urkunde von Papst Stephans V. für das Kanonissenstift Neuenheerse bei Paderborn aus dem Jahr 891. Mit der Urkunde bestätigte der Papst die Gründung des Klosters und sicherte ihm wirtschaftliche Eigenständigkeit zu.

Göttinger Papst-Papyrus geht auf Reisen

Der Göttinger Papst-Papyrus wird auf Reisen gehen: Ab Herbst wird das Fragment in Paderborn in der Ausstellung „Corvey und das Erbe der Antike“ zu sehen sein, womöglich in Vereinigung mit dem Münsteraner Hauptteil.

Die Göttinger Experten konnten zudem rekonstruieren können, dass die Urkunde 1812, als sowohl Paderborn als auch Göttingen zum „Königreich Westphalen“ gehörten, zusammen mit Hunderten anderen Urkunden aus säkularisierten Kirchen nach Göttingen kam.

Überführung der Urkunden nach Göttingen

Für die Auswahl und Überführung der Urkunden nach Göttingen war damals das Akademiemitglied Prof. Thomas Christian Tychsen verantwortlich, ein Orientalist, dem auch der Diplomatische Apparat unterstand. Nach dem Untergang des Königreichs Westphalen wurden die Urkunden von den Rechtsnachfolgern, im wesentlichen Preußen, zurückgefordert und 1816 restituiert, also zurückgegeben. Darunter war die Papyrusurkunde aus Neuenheerse – aber offenbar nicht vollständig. (Thomas Kopietz)

Schatztruhe mit uralten Schriften und Urkunden

Der Diplomatische Apparat (Apparatus diplomaticus) ist eine wissenschaftliche Einrichtung der Philosophischen Fakultät. Seit April 2007 wird er vom Seminar für Mittlere und Neuere Geschichte verwaltet. Seit Oktober 2023 wird der Diplomatische Apparat von Prof. Anne Greule geleitet.

Er umfasst eine beispiellose Sammlung von weit mehr als 1000 Schriftzeugnissen aus Spätantike, Mittelalter und Früher Neuzeit, abgefasst in verschiedenen, insbesondere alten und außereuropäischen Sprachen – auch Latein, Mitteldeutsch, Altgriechisch, Hebräisch, Arabisch, Persisch, Türkisch, Tamilisch, Singhalesisch. Schon in der Gründerzeit der Uni, existierte ein didaktisch ausgerichtetes „Diplomatisches Cabinet“, das seit 1759 der Diplomatik, der Lehre zur Erschließung und Erforschung von Urkunden, diente, aber auch Handschriften, Siegel und Kupferstich-Reproduktionen barg, wie die Uni mitteilt.

Noch im heutigen, 1802 angelegten Apparat bilden Papst-, Kaiser-, Königs- sowie geistliche, dynastische, städtische und bürgerliche Privaturkunden den Grundbestand. Im 19. und 20. Jahrhundert wurde die Sammlung von Wissenschaftlern, die Forschung und Lehre durch anschauliche Realien zu verbinden wollten, um Urkunden, Handschriften und Siegel sowie neuere Siegelabgüsse und Ablichtungen von Urkunden, Handschriften, Akten, Siegeln und Wappen auf Fotos und Dias bereichert.

Seit 2013 sind Digitalisate der Urkunden, Handschriften und Handschriften- sowie Urkundenfragmente online zugänglich. Die Siegelsammlung ist seit 2017 über das Sammlungsportal der Uni Göttingen hier online zugänglich. (tko)

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