Vermisstes Mädchen in Köln: Was tun, wenn das Kind verschwindet? | Kölner Stadt-Anzeiger

Nach Fall Helin in Köln-KalkWas tun, wenn mein Kind plötzlich verschwunden ist?

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Ein Spielplatz liegt auf dem Gelände des Bürgerparks in Köln-Kalk.

Auf dem Spielplatz des Bürgerparks in Köln-Kalk war am Freitagabend die kleine Helin verschwunden. Samstag wurde sie in der Wohnung eines Mannes aufgefunden. (Symbolbild)

Der Fall Helin zeigt, wie schnell ein Kind verschwinden, aber auch wieder auftauchen kann. Diese sieben Tipps können im Notfall helfen.

„Wo ist das Kind?“ Keine Antwort auf diese Frage zu haben, ist für Eltern ein Albtraum. Kein Wunder, dass Fälle von vermissten Kindern immer wieder für Aufsehen sorgen. Dabei kann alles ganz schnell gehen: In der einen Sekunde schlendert man auf dem Volksfest, in der nächsten ist das Kind von der Menschenmenge verschluckt. 

In einem aktuellen Fall verschwand die dreijährige Helin aus Kassel, die mit ihren Eltern Verwandte in Köln besucht hatte. Am Freitagabend (10. Mai) sei sie mit ihrer Tante in einem Kalker Park unterwegs gewesen, als diese ihre Nichte aus den Augen verloren habe, berichteten die Ermittler. Der Park sei zu dem Zeitpunkt „sehr gut gefüllt“ gewesen. Zum Glück wurde Helin nach etwa zwölf Stunden wiedergefunden.

Rund 16.500 Kinder bis einschließlich 13 Jahre galten im Jahr 2023 zu einem Zeitpunkt als vermisst – so die Statistik des Bundeskriminalamts. Demnach schwankte die Zahl in den Jahren 2018 bis 2023 zwischen rund 14.500 (2021) und 18.100 (2019).

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Am 25. Mai 1979 verschwand in New York der damals sechsjährige Etan Patz spurlos. Der Internationale Tag der vermissten Kinder wurde eingeführt, um ihm zu gedenken und dient zur Aufklärung solcher Fälle.

Was aber tun, wenn das Kind plötzlich nicht mehr auffindbar ist? Wir haben die wichtigsten Hinweise von Initiativen und der Polizei gebündelt.

1. Bleiben Sie ruhig

Allein der Gedanke daran, das Kind zu verlieren, löst panische Gedanken bei Eltern aus. Doch die Erfahrung zeigt, dass Kinder fast immer wieder auftauchen. Die Aufklärungsquote bei Fällen vermisster Kindern des Bundeskriminalamts lag in den vergangenen sechs Jahren bei 99,8 Prozent.

Für den gesamten Prozess gilt also: Ruhe bewahren und konzentriert vorgehen. Um Unterstützung zu erhalten, können Sie einen Freund oder eine Bekannte um Gesellschaft bitten, die ruhig bleibt und einen „zurück auf den Boden holt.“

2. Rufen Sie sofort die Polizei

Die „Initiative Vermisste Kinder“ rät dazu, unverzüglich die 110 anzurufen und eine Vermisstenanzeige zu erstatten. Es könnte kostbare Zeit verstreichen. Beschreiben Sie der Polizei ihr Kind, welche Kleidung es trägt und ob es eine Zahnspange oder Brille trägt. Erklären Sie außerdem, wo es zuletzt war und wohin es wollte. Jede Information kann helfen.

Die Polizei fragt dann üblicherweise zunächst die Leitstelle der Rettungsdienste und Krankenhäuser ab, ob dort ein auf die Beschreibung passendes Kind versorgt wird. Ein Streifenwagen sucht dann bekannte Anlaufpunkte des Kindes ab.

3. Sammeln Sie Informationen

Stellen Sie eine Infomappe zusammen, um eine schnelle und erfolgreiche Suche zu ermöglichen. Diese Mappe sollte äußere Merkmale des Kindes, wie Haarfarbe, Augenfarbe, Größe und Bekleidung, und ein aktuelles Foto des vermissten Kindes enthalten. Protokollieren Sie zudem die letzten Aufenthaltsorte des Kindes und alle weiteren Informationen, die bei der Suche helfen könnten.

4. Suchen Sie die Umgebung gründlich ab

Es sollten alle Orte abgesucht werden, an denen sich Ihr Kind aufhalten könnte: Schulweg, Spielplatz und Lieblingsplätze. Versuchen Sie möglichst genau die Familiensituation und die letzten Tage zu rekonstruieren. Versetzen Sie sich dabei in den Kopf des Kindes: Was hat mein Kind in letzter Zeit bewegt? Wo war es besonders glücklich? Vielleicht will es dorthin zurück.

5. Binden Sie Freunde und andere Eltern ein

Fragen Sie Freunde Ihres Kindes und ihre Eltern, ob sie etwas wissen. Gerade bei Jugendlichen könnte hinter dem Verschwinden ein Streit stecken. Das Kind war sauer und ist in der Rebellion abgehauen. Das sucht dann erstmal bei der besten Freundin Hilfe oder erzählt ihr zumindest von der Flucht und den weiteren Plänen.

Überhaupt ist es in solchen brenzlichen Situationen wichtig, das eigene Netzwerk zu aktivieren. Auch Nachbarn, befreundete Ehepaare und Geschwister könnten eine Idee haben, wo sich das Kind aufhält. Eine private Whatsapp-Gruppe ist schnell gegründet, um eine Suchaktion zu koordinieren. Wer weiß, vielleicht hat der junge Sohn auch nur die Straße des Familienfreundes wiedererkannt, bei dem er immer ein Stück Pizza bekommt, und befindet sich dort. 

6. Halten Sie Ihr Handy bereit

Achten Sie darauf, dass Ihr eigener Telefonanschluss für einen Anruf Ihres Kindes frei bleibt. Das Kind könnte sich jederzeit melden, etwa mit dem eigenen Handy.

Vermitteln Sie im Gespräch Gesprächsbereitschaft und vermeiden Sie es, Vorwürfe zu machen! Was auch immer der Auslöser für die Situation war, die Gesundheit des Kindes und dass es wohl auf ist, ist das wichtigste. 

7. Lassen Sie jemanden zu Hause, falls das Kind wiederkommt

Sorgen Sie nicht nur dafür, dass immer jemand ans Telefon geht. Es muss auch jemand zu Hause die Tür aufmachen können, falls das Kind wiederkommt. 

Weitere Aktionen

Schalten Sie die Presse oder soziale Medien wie Facebook erst nach Rücksprache mit der Polizei ein. Ein breiteres Netz auszuwerfen kann neue Hinweise liefern. Aber von Fremden aus der Öffentlichkeit kommt nicht immer nur hilfreiche Rückmeldung.

Weitere Anlaufstellen

Egal, ob Ihr Kind im Sommerurlaub in Frankreich oder auf dem Spielplatz neben der Wohnung verschwunden wird, rufen Sie die 116000 an. Das ist eine europäische Vermissten-Notrufnummer, bei der Sie Hilfe erhalten.

Die „Initiative Vermisste Kinder“ aus Hamburg bietet Hilfesuchenden eine strategische Struktur sowie weiteres Infomaterial. Über die Bundesgrenze hinweg setzt sich der Verein dafür ein, die Zusammenarbeit bei der Suche vermisster Kinder auf allen Ebenen weiter zu verbessern.

Der gemeinnützige Verein „Weißer Ring“ ist eine eigenständige Hilfsorganisation, die Kriminalitätsopfern und ihre Familien durch telefonischen Kontakt oder die Anforderung von Informationen unterstützen kann. Außerdem bietet er finanzielle Unterstützung, um Notlagen zu überbrücken. (mcl mit dpa)

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