Sturm Graz will den zweiten Matchball verwerten und den Titel fixieren.
Christian Ilzer kann Sturm Graz am Sonntag zum Titel führen.
APA/ERWIN SCHERIAU

Graz/Salzburg/Wien – Den zweiten Matchball zur Erfüllung des Meistertraums will Sturm Graz unbedingt verwandeln. Mit einem Heimsieg am Sonntag (17.00 Uhr/Sky) im Herzschlagfinale gegen Austria Klagenfurt könnten die Steirer eine fantastische Saison mit dem vierten Meistertitel krönen, erstmals seit 25 Jahren das Double fixieren und Serienmeister Salzburg nach zehn Titeln in Folge vom Thron der Fußball-Bundesliga stoßen. "Es sind alle heiß auf dieses Finale", betonte Trainer Christian Ilzer.

Zwei Punkte liegt Sturm vor dem Showdown der letzten Runde vor den Salzburgern, die ihrerseits im abschließenden Heimspiel gegen den formstarken LASK gewinnen müssen. Beim Cupsieger lebt die Hoffnung auf den vierten Titel nach 1998, 1999 und 2011, auch wenn das direkte Duell bei Punktegleichheit für die Salzburger spricht und deshalb nur ein Sieg fix reicht. "Es ist definitiv kein Spaziergang", sagte Ilzer und gab Einblick in die derzeitige Gefühlslage. "Zwei Tage vor dem Finale bewegt es sich zwischen Euphorie und Angst. Wir müssen uns aufs Wesentliche konzentrieren. Wir spüren, dass dieses Spiel bewegt."

"Eine große Mission"

Für den Pfingstmontag ist in Graz eine Saisonabschlussfeier geplant. "Wir wollen die Abschluss- und Cupsiegerfeier umtaufen in eine Meisterfeier", bekräftigte Ilzer. Es seien die Schlussmeter einer großartigen Saison, die mit einem Fixplatz in der Champions League enden könnte. "Letztes Jahr sind wir nahegekommen und sind jetzt wir drauf und dran, den Liga-Giganten zu stürzen. Das ist eine große Mission, die eine unglaubliche Energie freisetzt und uns alle zusammenschweißt."

Eine Woche nach dem bitteren 2:2 beim LASK, wo ein später Gegentreffer sowie ein Lattenkopfball in der Schlussphase den vorzeitigen Gewinn des Meistertitels verhinderten, wird die Aufgabe gegen die Violetten vom Wörthersee nicht einfacher. Mittelfeldregisseur Otar Kiteishvili, von Vereinsvertretern der Liga zum Spieler der Saison gewählt, muss gelbgesperrt zuschauen. "Er ist qualitativ ein Unterschiedsspieler und ein Riesen-Führungsspieler. Natürlich fehlt so ein Spieler, aber es ist nicht das erste Mal, dass er fehlt", betonte Ilzer.

Der 28-jährige Georgier, dessen Vertrag in Graz am Saisonende ausläuft, war zuletzt die Lebensversicherung der "Blackies". In Linz erzielte er beide Tore, beim 1:1 gegen Hartberg eine Woche zuvor rettete er mit seinem Ausgleichstreffer in Unterzahl einen Punkt. "Spieler der Saison zu werden ist großartig, als Mannschaft haben wir aber bekannterweise noch unser größtes Ziel am Wochenende vor uns – danach können wir hoffentlich gemeinsam feiern", sagte Kiteishvili.

Ilzer, der wie in der Vorsaison von den Trainerkollegen, Sportdirektoren und Präsidenten der Liga zum Trainer der Saison gewählt wurde, ist vor dem Ligafinale jedenfalls zuversichtlich. Seine Truppe habe in letzter Zeit viele Finalspiele gehabt, "deshalb können wir mit dem Druck umgehen", betonte der Erfolgstrainer. Im Kader gebe es allerdings noch einige Fragezeichen, einige angeschlagene Spieler. Ob Manprit Sarkaria, der seit zwei Wochen wieder voll mittrainiert, ein Thema für den Kader ist, ließ Ilzer offen.

Pacult-Elf als Partycrasher?

Die Klagenfurter werden jedenfalls motiviert in die Begegnung gehen, denn eine kleine Chance auf den fünften Tabellenplatz und die damit verbundene Chance auf das Europacup-Play-off gibt es für den Tabellensechsten noch. Dazu müsste die Truppe von Peter Pacult in Graz gewinnen und auf eine Niederlage des TSV Hartberg bei Rapid hoffen. "Es geht für beide um sehr viel", sagte Pacult, dessen Team zum Partycrasher werden könnte. "Wir brauchen einen Sieg, um Platz fünf zu erreichen. Mit Versteckenspielen werden wir nicht viel gewinnen."

Von Sturm erwartet sich Pacult die gewohnte Herangehensweise. "Sie werden Pressing spielen und sofort das Heft in die Hand nehmen. Wir müssen versuchen, das Spiel irgendwie in den Griff zu bekommen", betonte Pacult, der auf den gelbgesperrten Leistungsträger Andy Irving verzichten muss. Der schottische Leihspieler von West Ham United hatte sich beim 0:1 gegen Rapid wegen eines Foulpfiffs in der 89. Minute bei Schiedsrichter Stefan Ebner beschwert, der Klagenfurter Max Besuschkow hatte Marco Grüll zuvor nicht berührt. "Das war sehr unberechtigt und eine Fehlentscheidung", monierte Pacult. "Sehr schade, dass er beim letzten Spiel fehlt."

Die bisherigen Saisonduelle gewannen die Grazer in Klagenfurt mit 3:0 und 4:0, in der Steiermark trennten sich beide Teams im vergangenen August torlos. "Natürlich wird es für beide Mannschaften irgendwo eine Nervengeschichte", sagte Pacult in Bezug auf das Fernduell der beiden Titelkandidaten. Sturm müsse gewinnen, genau "das Muss ist das Gefährliche", wusste der Wiener, der bei der Trainerwahl den dritten Platz belegte."

Salzburger "Vorfreude" auf "Fußballfest"

Das Ende einer Ära droht, die Chance auf die Serienfortsetzung aber lebt. Mit der Hoffnung auf Grazer Nervenflattern und ein spätes Happy End geht Red Bull Salzburg in den Titel-Showdown am Sonntag (17.00 Uhr). Um die elfte Meisterschaft in Serie doch noch zu holen, müssen die Bullen zumindest den formstarken LASK in die Schranken weisen.

"Es ist klar, was passieren kann. Wir können auf Platz eins landen, was ein riesiger Ansporn ist. Oder wir festigen den zweiten Platz, uns kann nicht viel passieren", spielte Salzburg-Trainer Onur Cinel vor dem Heimspiel gegen den auf Platz drei einzementierten LASK die Ausgangslage herunter. Die Endplatzierung sei aktuell kein großes Thema in der Mannschaft. "Es ist vielmehr das Thema, dass wir gespürt haben, was wir leisten können, wenn wir als Team auftreten."

Sportdirektor Bernhard Seonbuchner schickt den Klub trotz der dräuenden Wachablöse voller "Vorfreude" in ein von ihm erwünschtes "Fußballfest". Vor seinem Fazit einer turbulenten Saison wollte Seonbuchner den Sonntag abwarten, der eine "geile Geschichte, an die wir glauben", schreiben könnte. In einer Nervenschlacht sieht er sein Team im Vorteil, gerade weil Salzburg den Ausgang nicht mehr selbst bestimmen kann. "Daher denke ich, dass die Nerven jemand anderes haben muss, wir müssen ein gutes Spiel spielen."

Überqueren die Steirer die Ziellinie nach ihrem Geschmack, würde eine der längsten Meisterserien Europas reißen. Seit 2014 hieß Österreichs Champion immer Salzburg, seit dem Einstieg von Red Bull in Österreichs Fußball-Beletage waren der Konkurrenz nur vier Titel vergönnt. Zweimal war das die Wiener Austria (2006 und 2013), je einmal Rapid (2008) und Sturm (2011).

Meister fix in der Champions League

Die Früchte, die Salzburg zu großen Teilen selbst gepflanzt hat, könnte diesmal Sturm ernten. Zum vorerst letzten Mal ist Österreichs Meister fix für die Champions League qualifiziert, während der "Vize" den beschwerlichen Weg durch die Qualifikation auf sich nehmen muss.

"Auf unserem Platz können wir nur unser Ergebnis beeinflussen", sagte Cinel. "Es kommt auf uns an, unsere Performance, unser Level der Konzentration. Das war in Hartberg super, so hätten wir es uns in vielen Spielen gewünscht." Gegen den LASK forderte der Assistent von ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick Durchsetzungsvermögen ein. "Es prallen zwei intensive Spielstile aufeinander." Gegen die Linzer ist Salzburg in vier Meistergruppen-Duellen (drei Siege, ein Remis) noch ungeschlagen.

Das letzte Pflichtspiel der Saison ist auch Cinels vorerst letzter Auftritt als Salzburg-Cheftrainer. Der 38-Jährige wechselt wieder zum FC Liefering zurück, in Pepijn Lijnders wurde ein neuer Chefcoach mit reichlich Premier-League-Erfahrung verpflichtet.

Konaté Aufsteiger der Saison

Verlassen konnten sich die Bullen zuletzt auf Karim Konaté. Der zum "Aufsteiger der Saison" gewählte Stürmer von der Cote d'Ivoire hat in den jüngsten fünf Partien achtmal getroffen und dürfte mit 19 Saisontoren der jüngste Torschützenkönig der Ligageschichte werden. Der Zweite Marco Grüll (Rapid) hält bei 13 Treffern. Zum Saisonfinale ist Konaté 20 Jahre und 59 Tage alt und damit noch einmal jünger als Karim Adeyemi vor zwei Jahren (20 Jahre, 131 Tage).

Auch der LASK hat einen Torjäger in Form in den Reihen. Nach acht Toren in den jüngsten sechs Spielen ist Marin Ljubicic die Symbolfigur des Aufstiegs unter Trainer Thomas Darazs. Drei schoss er vor einem Monat beim 3:1 gegen Salzburg in Linz. In den vergangenen vier Spielen feierten die Linzer drei Siege und zuletzt ein 2:2 gegen Sturm Graz. Während Salzburgs Trainer "Intensität, Geschlossenheit und Stabilität" bei den Athletikern ausmacht, stehen Fragzeichen hinter der Aufstellung und Einsatzfreudigkeit angesichts des bereits fixierten dritten Ranges.

Darazs sah die Sache zuletzt positiv, seine Spieler müssten nun nicht mehr "beweisen, dass sie leiwande Kicker sind", sondern könnten vielmehr befreit aufspielen. Er versprach am Freitag: "Unabhängig von der Tabellenkonstellation gehen wir in jedes Spiel mit der Intention, es zu gewinnen. In Salzburg wollen wir die gute Entwicklung der letzten Wochen fortsetzen und die Saison positiv abschließen. Von der Charakteristik her erwartet uns ein ähnliches Spiel wie gegen Sturm."

Rapid von Hartberg gefordert

Der vierte Platz ist fix, ein Sieg soll trotzdem her: Rapid will sich am Sonntag (17.00 Uhr/live Sky) mit drei Punkten im Heimspiel gegen den TSV Hartberg in die Sommerpause verabschieden. "Wir hoffen auf einen versöhnlichen Abschluss, ein Sieg wäre das Schönste, was wir uns selbst und den Fans schenken könnten", sagte Rapid-Trainer Robert Klauß am Freitag. Die Steirer haben das klare Ziel, die Saison aus eigener Kraft zu verlängern, dafür reicht schon ein Punktgewinn.

Die Truppe von Cheftrainer Markus Schopp wäre bei einem Remis fix Fünfter und würde damit die bisher beste Platzierung aus der Saison 2019/20 egalisieren. Dabei wären die Steirer damit auch im Europacup-Play-off-Finale der Liga um den letzten internationalen Startplatz. Als Gegner wartet dort entweder der WAC oder die Wiener Austria. Vor der letzten Runde beträgt der Polster auf den Sechsten Austria Klagenfurt zwei Punkte.

"Wir haben die Möglichkeit, punktetechnisch mit Rapid gleichzuziehen. Das wäre eine riesengroße Geschichte. Ich glaube, dass es das Ziel sein muss, nach 32 Runden gleich viele Punkte wie der SK Rapid gemacht zu haben. Darauf liegt unser voller Fokus", verlautete Schopp. Das wäre im Falle eines neuerlichen Auswärts-Triumphs im Allianz Stadion der Fall. Sich mit einem 0:0 zu begnügen ist für die Steirer also scheinbar kein Thema. Für Hartberg spricht, dass in den fünf bisherigen Duellen mit Rapid nach der Ligateilung immer das Auswärtsteam am Ende die Oberhand behalten hat.

Burgstaller-Einsatz fraglich

Bei den Wienern, die auf Lukas Grgic und vermutlich auch auf den angeschlagenen Guido Burgstaller verzichten müssen, war die Stimmung in dieser Woche "gelöster" als sonst. "Es ist weniger Druck drauf", betonte Klauß. Das erste Heimspiel gegen die Hartberger verlor sein Team knapp mit 0:1, wobei der 39-jährige Deutsche noch gar nicht im Amt war. "Das war ewig her, oder? In Österreich spielst du viermal gegeneinander, da braucht man vom ersten Spiel ja gar nicht mehr reden", sagte Klauß. In Erinnerung ist ihm hingegen der 3:0-Erfolg in Hartberg am 31. März, bei dem Marco Grüll als Dreifach-Torschütze glänzen konnte.

Der 25-jährige Offensivspieler, der in 131 Pflichtspielen für Rapid 46 Mal getroffen hat, wird vor wahrscheinlich mehr als 20.000 Zuschauern vorerst zum letzten Mal im Rapid-Dress zu sehen sein, er wechselt zu Werder Bremen. Ein anderer Transfer wurde erst am Freitag bekannt, so zieht es Abwehrspieler Martin Moormann zum Ligakonkurrenten Blau-Weiß Linz, wo er einen Vertrag bis 2026 unterzeichnete. Daneben werden am Sonntag auch Innenverteidiger-Routinier Michael Sollbauer, Allrounder Thorsten Schick, der dritte Tormann Bernhard Unger sowie die Leihspieler Terence Kongolo und Neraysho Kasanwirjo verabschiedet.

Mit Kasanwirjo könnte es allerdings ein Wiedersehen geben. Sport-Geschäftsführer Markus Katzer ließ durchblicken, dass ein neuerliches Engagement des Außenverteidigers zu späterer Zeit durchaus noch ein Thema sei. Allgemein habe man transfertechnisch "schon was vor. Wie viele es werden, wird man dann sehen. Mit dem ein oder anderen, mit dem wir sprechen, sind wir aber schon sehr weit", gab Katzer Einblick. (APA, red, 19.5.2024)

Technische Daten und mögliche Aufstellungen zur Meistergruppe (10. Runde) am Sonntag (17.00 Uhr, Sky):

FC Red Bull Salzburg - LASK (Wals-Siezenheim, Red Bull Arena, SR Altmann). Bisherige Saisonergebnisse: 0:1 (h), 1:0 (a), 1:3 (a)

Salzburg: Horn - Daniliuc, Baidoo, Pavlovic, Guindo - Sucic, Diambou, Gloukh - Simic, Koita, Konate

Es fehlen: Schlager (Knie), Bidstrup (Schulter), Dedic (Wade), Fernando (Oberschenkel), Kjaergaard (Oberschenkel), Ulmer (Wade), Morgalla (rekonvaleszent), Capaldo (rekonvaleszent)

LASK: Lawal - Stojkovic, Ziereis, Andrade, Bello - Horvath, Berisha - Usor, Taoui, Flecker - Ljubicic

Es fehlen: Renner (Knie), Mustapha (Sprunggelenk), Ljubic (Oberschenkel)

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SK Sturm Graz - SK Austria Klagenfurt (Graz, Merkur Arena, SR Lechner). Bisherige Saisonergebnisse: 0:0 (h), 3:0 (a), 4:0 (a)

Sturm: Jaros - Gazibegovic, Wüthrich, Affengruber, Schnegg - Gorenc Stankovic, Lavalee - Horvat, Prass - Böving, Biereth

Es fehlt: Kiteishvili (gesperrt)

Klagenfurt: Menzel - Wernitznig, Mahrer, Wimmer, Schumacher - Besuschkow, Benatelli, Cvetko - Karweina, Arweiler, Bonnah

Es fehlt: Irving (gesperrt), Binder (Wade), Djoric (rekonvaleszent)

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SK Rapid - TSV Hartberg (Wien, Allianz-Stadion, SR Hameter). Bisherige Saisonergebnisse: 0:1 (h), 0:1 (a), 3:0 (a)

Rapid: N. Hedl - Oswald, Querfeld, Cvetkovic, Kasanwirjo - Kerschbaum, Sattlberger - Lang, M. Seidl, Grüll - Mayulu

Es fehlen: Grgic (gesperrt und verletzt), Kongolo, Vincze, Auer, Seydi, Kongolo, Gale (alle verletzt bzw. im Aufbautraining)

Fraglich: Burgstaller (angeschlagen)

Hartberg: Sallinger - Heil, Komposch, Steinwender, Pfeifer - Kainz - Frieser, Sangare, Prokop, Avdijaj - Entrup