Tag der Familie: Kritik an “Schikanen” gegen Alleinerzieherinnen - Österreich - VIENNA.AT
AA

Tag der Familie: Kritik an "Schikanen" gegen Alleinerzieherinnen

Das derzeitige System befördere nämlich Armut bei Kindern und Alleinerziehenden.
Das derzeitige System befördere nämlich Armut bei Kindern und Alleinerziehenden. ©Canva (Symbolbild)
Anlässlich des Internationalen Tags der Familie haben der Österreichische Frauenring, der Verein Feministischer Alleinerzieherinnen und die Volkshilfe Wien "Schikanen" gegen Alleinerzieherinnen in Österreich kritisiert.

Sie forderten bei einer Online-Pressekonferenz u.a. Verbesserungen bei der Unterhaltsgarantie und eine "feministische" Pensionsreform. Das derzeitige System befördere nämlich Armut bei Kindern und Alleinerziehenden - zu 92 Prozent sind das Frauen. Die SPÖ drängte zum Gedenktag ebenfalls auf Maßnahmen gegen Kinderarmut, die FPÖ auf eine "Stärkung der traditionellen Familien".

Ein-Eltern-Familien immer noch nicht als vollwertige Familien angesehen

Ein-Eltern-Familien - diese machen ein Fünftel der Familien in Österreich aus, 92 Prozent der Alleinerziehenden sind Frauen - seien wegen "benachteiligender Gesetze und Rechtssprechung" besonders von Armut gefährdet, kritisierte Andrea Czak vom Verein Feministische Alleinerzieherinnen (FEM.A) bei einer Pressekonferenz und verlangte Änderungen etwa beim Kindesunterhalt. Derzeit bekäme nur die Hälfte der Kinder das Geld aus der Unterhaltsverpflichtung. Anspruch auf die staatliche Unterhaltsgarantie hätte wegen restriktiver Zugangsregeln nur eines von zehn Kindern. Durch "väterfreundliche Unterhaltsgesetze" werde nur ein Drittel der tatsächlichen Kosten ersetzt, dazu kämen steuerliche Benachteiligungen von Alleinerziehenden gegenüber den Vätern.

Änderungen bräuchte es laut Czak etwa beim Kindesunterhalt. Derzeit bekäme nur die Hälfte der Kinder das Geld aus der Unterhaltsverpflichtung. Anspruch auf die staatliche Unterhaltsgarantie hätte wegen restriktiver Zugangsregeln nur eines von zehn Kindern. Durch "väterfreundliche Unterhaltsgesetze" würden für die Kinder zudem nur ein Drittel der tatsächlichen Kosten ersetzt. Dazu kämen steuerliche Benachteiligungen von Alleinerziehenden gegenüber den Vätern, für die es etwa "Steuerzuckerl" beim Kinderbonus und Unterhaltsabsetzbetrag gebe. "Der Staat schützt Kinder nicht vor Kinderarmut."

Bei Pensionen müsse sich ebenfalls etwas tun

Frauen müssten zu Einkommen kommen, mit denen sie ihre Familie auch allein erhalten können, forderte die Vorsitzende des Österreichischen Frauenrings (ÖFR) Klaudia Frieben. Voraussetzung dafür wäre etwa, dass es genug Kindergarten- und Ganztagsschulplätze gibt, um Frauen das Arbeiten zu ermöglichen. Bei den Pensionen müsse sich ebenfalls etwas tun, die Verlängerung des Durchrechnungszeitraums habe zu einer "Welle an Altersarmut" geführt. Die Anhebung des Pensionsantrittsalters der Frauen werde die Situation noch verschlechtern, immerhin gingen schon jetzt viele Frauen aus der Langzeitarbeitslosigkeit in den Ruhestand. Man müsse "das Pensionsrecht feministisch ändern", so Frieben, und zwar durch mehr finanziellen Ausgleich für die von den Frauen unbezahlt geleistete Kinderbetreuung, Pflege und sich dadurch ergebende Teilzeittätigkeit. "Es kann nicht sein, dass die Frauen von heute die Armen von morgen sind."

SOS-Kinderdorf-Geschäftsführer Christian Moser pochte als Maßnahme gegen die "katastrophal wachsende Kinderarmut" auf eine "familienkonforme Arbeitsmarktpolitik", existenzsichernde Arbeitseinkommen und Arbeitszeiten, bei denen die Familien ihre vielen Aufgaben stemmen können. Bei Jobverlust brauche es außerdem Sozialleistungen, die Einkommenseinbußen kompensieren und so das Wohl der Kinder garantieren. Die aktuellen Maßnahmen der Regierung würden nicht ausreichen, "oder es sind eben nicht die richtigen". Notwendig wäre aus seiner Sicht auch mehr Chancengleichheit im Bildungssystem und mehr Prävention in der Gesundheitspolitik, um Druck von den Familien zu nehmen.

"Es sind Schikanen und Auswüchse des Patriarchats, was sich in Österreich hier abspielt", befand ÖFR-Vizevorsitzende Maria Rösslhumer. Besonders schwierig sei die Situation für Alleinerziehende, die in ihrer Beziehung Gewalt erlebt hätten. Diese könnten oft wegen ihrer psychischen und physischen Schwächung keiner Arbeit nachgehen, von der Medizin bekämen sie oft Medikamente statt adäquater Behandlung. Sehr belastend seien auch die Pflegschaftsverfahren, in denen die Obsorge und das Kontaktrecht zu den Kindern geregelt werden. Diese seien für die Mütter oft zermürbend. Diverse Termine und Gutachten würden viel Zeit und Geld kosten, dazu komme die Angst, die Obsorge zu verlieren.

Tanja Wehsely, Geschäftsführerin der Volkshilfe Wien, erneuerte ihre Forderung nach Einführung einer Kindergrundsicherung, damit würden sich die Familien den "Hürdenlauf" für Leistungen ersparen, die ihnen eigentlich zustünden. Derzeit seien Anträge kompliziert und viele Amtswege notwendig, was vor allem für Alleinerziehende mit Migrationshintergrund ein Problem sei.

"Jedes Kind hat das Recht auf ein Aufwachsen ohne finanzielle Sorgen", betonte auch SPÖ-Parteivorsitzender Andreas Babler per Aussendung im Vorfeld des Tags der Familie. Unter der türkis-grünen Bundesregierung habe sich die Kinderarmut allerdings verdoppelt statt wie versprochen halbiert. Die Regierung lasse Familien im Stich, so der Vorwurf Bablers, der den "Herz und Hirn"-Plan seiner Partei bewarb. Dieser sieht u.a. eine Kindergrundsicherung, einen Rechtsanspruch auf einen Kinderbildungsplatz ab dem ersten Lebensjahr und ein gratis Mittagessen in Kindergarten und Pflichtschule vor.

FPÖ-Familiensprecherin Rosa Ecker forderte wiederum eine bessere Bewertung der Familienarbeit bei der Pension und Steuersenkungen für Familien. Diese würden immerhin dafür sorgen, dass der Generationenvertrag hält. Traditionelle Familien müssten gestärkt und Alleinerziehende sowie die Wahlfreiheit zwischen familiärer und externer Betreuung unterstützt werden. Die FPÖ verwies außerdem auf ihre Onlinepetition "Familien stärken - Zukunft sichern" (https://www.fpoe.at/familien-staerken), mit der sie auf "Missstände in der Frauenpolitik" aufmerksam machen will.

Familienministerin Susanne Raab (ÖVP) hob unterdessen per Aussendung hervor, welche "maßgebliche Fortschritte und Verbesserungen für die Familien" in Österreich in den vergangenen zwei Jahren erreicht worden seien. Sie verwies dabei etwa auf eine unlängst erschienene Studie des Research Center der Europäischen Kommission, wonach die Unterstützungsleistungen für Familien hierzulande die höchsten unter allen EU-Ländern seien, sowie auf den Ausbau der Kinderbetreuung oder Maßnahmen für mehr Väterbeteiligung wie den Partnerschaftsbonus.

(APA/Red)

  • VIENNA.AT
  • Österreich
  • Tag der Familie: Kritik an "Schikanen" gegen Alleinerzieherinnen
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen