Göring-Eckardt geht AfD an: "AfD-Politiker sind demokratisch gewählt, deswegen aber nicht Demokraten" | Abendzeitung München

Katrin Göring-Eckardt kontert Beatrix von Storch: "AfD-Politiker demokratisch gewählt, aber keine Demokraten"

Brutale Überfälle auf Politiker und Wahlkämpfer häufen sich. 53 Prozent sehen die Demokratie durch extreme politische Kräfte bedroht: Wie viel Schuld daran trägt die AfD? Und ist die "verrohte Republik" noch zu retten? Das fragte Louis Klamroth am Montagabend bei "Hart aber fair".
| Doris Neubauer
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AfD-Politiker wie Beatrix von Storch (rechts) seien zwar "demokratisch gewählt, deshalb aber nicht Demokraten", erklärte Katrin Göring-Eckardt bei "Hart aber fair".
AfD-Politiker wie Beatrix von Storch (rechts) seien zwar "demokratisch gewählt, deshalb aber nicht Demokraten", erklärte Katrin Göring-Eckardt bei "Hart aber fair". © WDR / Oliver Ziebe

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Allein 2023 wurden 2790 Anschläge auf Politikerinnen und Politiker der im Bundestag vertretenen Parteien verübt. Damit hat sich die Anzahl der Körperverletzungen, Brandstiftungen, Bedrohungen, Beleidigungen und Nötigungen allein in den letzten vier Jahren verdoppelt. Auf Politikerinnen und Politiker der Grünen wurden die meisten Angriffe verübt. Nur bei den Gewaltdelikten lag die AfD mit 86 Attacken vor der Linkspartei. 

Das letzte (bekannte) Opfer war allerdings von der SPD: Vergangene Woche wurde der Europaabgeordnete Matthias Ecke beim Plakatieren in Dresden angegriffen und musste mit einem gebrochenen Jochbein ins Krankenhaus eingeliefert werden. "Es geht mir schon wieder besser", verriet er Louis Klamroth, der ihn am Sonntag in Dresden besucht hatte. Zumindest körperlich. Verarbeitet hätte er das Geschehene nämlich noch nicht: "Das macht etwas mit mir, das macht etwas mit den Menschen, die da mit gemeint sind", gab er zu und sprach von einem "Angriff auf die Demokratie". Schon seit Jahren beobachtete er mit Sorge die "organisierte Verrohung" des politischen Klimas in Deutschland und Sachsen, die von "AfD und anderen Rechten vorangetrieben" wäre. Björn Höcke, Jörg Urban, Maximilian Krah würden "dazu beitragen, dass der politische Gegner als Feind markiert wird". Doch auch zwischen den demokratischen Parteien wäre der Wind rauer geworden. 

Diese Verrohung bringt offenbar nicht nur "Menschen, die Demokratie mit Leben füllen" (Zitat Klamroth) in Gefahr. "Wie gefährdet ist die Demokratie selbst?", wollte der Moderator bei "Hart aber fair" am Montagabend von Katrin Göring-Eckardt (Bündnis 90/Die Grünen, Bundestagsvizepräsidentin), Dorothee Bär (CSU, stellvertretende Parteivorsitzende), Beatrix von Storch (AfD, stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Bundestag) und Sebastian Fiedler (SPD, Kriminalbeamter und Bundestagsabgeordneter) wissen. Als Experten hatte er Ulf Buermeyer (Jurist und Podcaster "Lage der Nation") und Martin Machowecz (stellvertretender Chefredakteur der ZEIT) eingeladen.

Trotz zunehmender Gewalttaten gegen Politikerinnen und Politiker gab sich "Zeit"-Journalist Martin Machowecz optimistisch: "Wir haben eine starke Demokratie - auch in Ostdeutschland."
Trotz zunehmender Gewalttaten gegen Politikerinnen und Politiker gab sich "Zeit"-Journalist Martin Machowecz optimistisch: "Wir haben eine starke Demokratie - auch in Ostdeutschland." © WDR / Oliver Ziebe

"Zeit"-Journalist Machowecz: "Wir haben eine starke Demokratie - auch in Ostdeutschland"

Dass ausgerechnet ein "unauffälliger Typ" wie Ecke angegriffen wurde, hielt Machowecz für eine "Zäsur". Dennoch gab der Journalist sich optimistisch: "Wir haben eine starke Demokratie - auch in Ostdeutschland." In einer solchen dürfe Gewalt nie Mittel der politischen Auseinandersetzung sein, betonte Jurist Buermeyer: "In der Demokratie muss gestritten werden in der Sache, gegen Ideen, aber nie gegen Menschen." Wie auch Ecke zuvor erklärte er, dass die AfD aber Menschen als Ziele markiere - die Partei sei "Vorreiter in die schlechte Richtung." 

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Die AfD würde "Menschen beurteilen, was Menschen anhaben, wie sie leben, wo sie leben, wo sie herkommen", schoss sich auf Göring-Eckardt auf die AfD als Sündenbock ein, "das höhlt unser Grundgesetz aus, weil die Menschenwürde für alle gilt." Da sie versuchten, dieses Grundgesetz und das demokratische System auszuhöhlen oder zu unterminieren, wären "AfD-Politiker zwar demokratisch gewählt, deshalb aber nicht Demokraten". Genau das hätte das Oberverwaltungsgericht in Münster bestätigt: Dieses hatte an eben diesem Montag die Einstufung der AfD als Verdachtsfall durch den Verfassungsschutz für rechtens erklärt.

Von Storch: AfD wird Gerichtsurteil anfechten

"Diese Gerichtsentscheidung werden wir angehen", kündigte von Storch eine Nichtzulassungsbeschwerde an. "Und am Ende steht der Weg nach Karlsruhe offen." Der Verfassungsschutz wollte lediglich die AfD-Umfragewerte drücken: "Das sind Politiker der anderen Parteien, die mit uns in einem Konkurrenzverhältnis stehen", prangerte sie an, dass der Verfassungsschutz dem Innenministerium unterstellt ist. 

"Erzählen Sie hier keinen Unsinn", reagierte Sebastian Fiedler (SPD, Kriminalbeamter und Bundestagsabgeordneter) sichtlich ungeduldig auf diesen Vorwurf. Die Beamten hätten "einen Eid auf die Verfassung geschworen - wie ich auch in der Vergangenheit - und arbeiten nach Recht und Gesetz, das durch unabhängige Gerichte überprüft wird." Es wären solche Aussagen, aber auch Falsch- und Unwahrheiten in sozialen Medien, die zu einem Klima führten, "mit dem sich alle möglichen Leute zum Mitmachextremismus oder bei Gewalttaten getragen fühlen". Deshalb wäre er seit dem Urteil durch das OVG für das Schreiben eines Verbotsantrags der AfD: Durch die Debatten im Laufe des Verfahrens könnte die Öffentlichkeit zunehmend merken, "mit wem sie es zu tun haben". Das wiederum könnte die Zustimmungswerte senken. Der Ansicht war auch Jurist Buermeyer: "Mit breitem Diskurs kann man wieder für Demokratie begeistern", sprach er sich für einen solchen Prozess aus.

Am Montagabend diskutierte Louis Klamroth (Mitte) mit SPD-Politiker Sebastian Fiedler (links), Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt (zweite von links), AfD-Politikerin Beatrix von Storch, Jurist Ulf Buermeyer (dritter von rechts), CSU-Politikerin Dorothee Bär (zweite von rechts) und Journalist Martin Machowecz.
Am Montagabend diskutierte Louis Klamroth (Mitte) mit SPD-Politiker Sebastian Fiedler (links), Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt (zweite von links), AfD-Politikerin Beatrix von Storch, Jurist Ulf Buermeyer (dritter von rechts), CSU-Politikerin Dorothee Bär (zweite von rechts) und Journalist Martin Machowecz. © WDR / Oliver Ziebe

"Zugespitzt: Wir retten die Demokratie, indem wir die Opposition verbieten", hielt von Storch von diesem "hanebüchenen" Vorschlag sichtlich wenig. "Vom Verbot der CDU ist keine Rede. Es geht um die undemokratische", stellte Buermeyer richtig. Die AfD-Abgeordnete zeigte sich empört. Sie fände es unverschämt, "sich darüber zu erheben, zu entscheiden, wer Demokrat ist in diesem Land." Besser wäre es, so von Storch sich mit den Inhalten der AfD auseinanderzusetzen und die Brandmauern abzubauen. 

Dorothee Bär: Seit Einzug der AfD ins Parlament hat sich der Ton "massiv verschärft"

An der Polarisierung im Land hätte ihre Partei keine Schuld, erklärte von Storch. Vielmehr käme sie dadurch zustande, dass der "gesellschaftliche Konsens" aufgehoben wurde: "Wir sind kein Einwanderungsland, wir brauchen Energie aus Kohle und Kernkraft und es gibt zwei Geschlechter und nicht 96." Auch die Verrohung des Diskurses läge nicht an der AfD: "Wir werden die ganze Zeit beleidigt", klagte sie. Insbesondere im Deutschen Bundestag würden die AfD-Mitglieder "rauf und runter" als Terroristen und Nazis beschimpft. 

Das Stichwort kam Fiedler offenbar gelegen: "Frau von Storch, haben Sie mich Nazi genannt oder nicht?', wollte er von ihr wissen. "Mich übrigens auch. 2018", fügte Göring-Eckardt hinzu. Wie auf Knopfdruck und "weil es so schön passt", hatte Louis Klamroth von beiden Situationen einen Einspieler parat. Dabei handelte es sich nicht um Einzelfälle, wie Dorothee Bär bestätigte: Seitdem die AfD im Bundestag sitze, hätte sich der Ton "massiv verschärft".  Zu guter Letzt hatte die CSU-Politikerin eine "Liebeserklärung an ihren Job" parat - und damit das Schlusswort: "Es gibt große Dramen, aber es gibt auch ganz viel Freude in unserer repräsentativen Demokratie", ließ sie die Zuschauer von "Hart aber fair" wissen, "ich hoffe, dass sich ganz viele auch zur Wahl stellen und nicht nur wählen gehen."

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4 Kommentare
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  • luxemburger am 16.05.2024 15:18 Uhr / Bewertung:

    Die Gruenen liegen +/_ stramme 4,5% hinter der AFD bei den Umfragen,das aergert die Frau Goering-Eckardt gewaltig.

  • Ana_Log am 14.05.2024 09:43 Uhr / Bewertung:

    ein Verfassungsschutz kümmert sich um eine Partei
    .. und ...
    genau das ist DEMOKRATIE

  • Tonio am 14.05.2024 07:51 Uhr / Bewertung:

    Ob eine Partei demokratisch ist, entscheidet immer noch das Bundesverfassungsgericht und nicht der politische Gegner und auch nicht Frau Göring-Eckhardt.