Ein 39-jähriger Mann randaliert am Stuttgarter Schloss und zerstört zahlreiche Fensterscheiben. Nach einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und anschließender Untersuchungshaft wird der Mann freigesprochen - wegen dessen Cannabis-Konsum.
Die Tat hat für großes Aufsehen gesorgt: In der Nacht zum 23. Februar wurden am Neuen Schloss in Stuttgart 15 Fensterscheiben und eine Tür im Ehrenhof zerstört. Verwendet wurden dafür offenbar Pflastersteine vom Schlossplatz. Weil im Schloss Räume des Staatsministeriums, des Wirtschaftsministeriums und des Finanzministeriums betroffen waren, konnte eine politisch motivierte Tat nicht ausgeschlossen werden. Daher übernahm der Staatsschutz die Ermittlungen, die Politik äußerte sich bestürzt.
Mann randaliert an Stuttgarter Schloss - und wird wegen Cannabis freigesprochen
Es stellte sich allerdings ziemlich schnell heraus, dass es sich nicht um einen Anschlag mit politischem Hintergrund gehandelt hat. Die Polizei fasste bereits in der folgenden Nachteinen 39 Jahre alten Mann, der sich im Bereich des Schlosses auffällig verhielt. Möglicherweise plante er sogar eine Wiederholung der Tat. Bei der Vernehmung räumte er ein, die Scheiben eingeworfen zu haben. Der psychisch auffällige Mann wurde zunächst in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht, wenige Tage später erließ ein Richter allerdings Haftbefehl. Seither saß der Tatverdächtige in Untersuchungshaft – bis zum Montag.
An diesem Tag war die Verhandlung am Stuttgarter Amtsgerichtangesetzt. Der Ausgang: ziemlich überraschend. „Das Gericht ist mit sachverständiger psychiatrischer Beratung zum Ergebnis gekommen, dass der Angeklagte aufgrund einer drogeninduzierten Psychose nicht schuldfähig gehandelt hat“, sagt ein Gerichtssprecher. Der Angeklagte ist daher freigesprochen worden, obwohl er die Tat gestanden hat.
Offenbar ist ein 77-seitiges Gutachten erstellt worden, um herauszufinden, ob der 39-Jährige zum Tatzeitpunkt zwischen Recht und Unrecht unterscheiden konnte. Hintergrund der Psychose mit Wahnvorstellungen und Verfolgungsängsten soll ein längerer Cannabis-Konsum sein.
Täter auf freiem Fuß: „Keine Voraussetzungen für psychiatrische Unterbringung“
Der Mann befindet sich nun wieder auf freiem Fuß. Zwar führt seine Erkrankung dazu, dass er nicht verurteilt werden kann, allerdings reicht sie offenbar auch nicht aus, um ihn in einer psychiatrischen Einrichtung unterzubringen. „Die Voraussetzungen dafür liegen nicht vor“, sagt der Gerichtssprecher. Außerdem habe sich der Mann über zwei Monate lang in Untersuchungshaft befunden.
Die Schadenssumme beläuft sich laut Finanzministerium inzwischen auf 41 000 Euro. Man prüft nun, ob man die Summe privatrechtlich einklagen kann. Die Erfolgsaussichten sind allerdings nicht sehr groß: Der Mann kommt aus dem Ausland, spricht kaum Deutsch, ist arbeitslos und hat keine sozialen Kontakte.
Von Jürgen Bock
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