Gerade einmal vier Jahre ist es her, dass Österreichs Essenszusteller einen eigenen Kollektivvertrag aus der Taufe hoben. Kaum den Kleinkinderschuhen entwachsen, steht dieser heuer mehr denn je auf wackeligen Beinen. Sieben Mal rangen die Sozialpartner seit Herbst vergeblich um einen neuen Gehaltsabschluss für rund 2000 Fahrradboten.

Sie radeln bei jeder Witterung bis zu 20.000 Kilometer im Jahr: Wie viel ist die Arbeit der Essenszusteller wert?
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Zwischen ihnen steht eine bisher unüberbrückbare Differenz von 2,9 Prozentpunkten. Nun wird gestreikt: Über Mittag stehen am Mittwoch in Wien, Graz, Klagenfurt und Innsbruck für dreieinhalb Stunden zahlreiche Räder still.

"Unsere Leute leisten sich keine ausgedehnten Urlaube, sie fahren keine teuren Autos. Sie wollen einfach nur überleben", sagt Markus Petritsch, Vorsitzender des Fachbereichs Straße in der Gewerkschaft Vida. Die von den Arbeitnehmern geforderten 8,7 Prozent seien angesichts der stark gestiegenen Kosten für Mieten und Lebensmittel lediglich ein Teuerungsausgleich.

Im Schnitt verdienten Essenszusteller für 40 Stunden die Woche auf zwei Rädern 1430 Euro netto, rechnet Petritsch vor. Das sei unter der Armutsgefährdungsgrenze von 1572 Euro.

Schmerzgrenzen

Christian Freitag, Chefverhandler der Arbeitgeber, sieht die gesamte Branche in einer prekären wirtschaftlichen Situation und die maximale Schmerzgrenze einer Gehaltserhöhung daher bei 5,8 Prozent erreicht. Die Zahl der Betriebe rund um Fahrradboten habe sich in den vergangenen eineinhalb Jahren halbiert. "Die Gesellschaft ist nicht bereit, für umweltfreundlichen Transport mehr zu bezahlen."

Die Proteste in den kommenden Stunden sollen der Auftakt für weitere ausgedehnte Streiks sein. Kommende Woche sind die nächsten Aktionen geplant. Die Gewerkschaft schließt nicht aus, dass zahlreiche Boten ihre Arbeit auch über mehrere Tage niederlegen werden. (Verena Kainrath, 15.5.2024)