Nazis ließen 23.000 Fahnenflüchtige hinrichten
 

Nazis ließen 23.000 Fahnenflüchtige hinrichten

aus Damals

Thema folgen

Wer im Krieg von der Front desertierte, musste mit dem Tod rechnen.

Anzeige

LIMBURG/WETZLAR. Rigorose Disziplinierung und drakonische Strafen, das waren schon immer die Zutaten, die es Heerführern und Potentaten ermöglichten, vor allem immer dann ihre Armeen zusammenzuhalten, wenn es brenzlig wurde.

Waren noch zu Zeiten des Dreißigjährigen Krieges die meisten Soldaten Freiwillige, die sich für Geld, aber ohne Ansehen der Nationalität verdingten, so folgte in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts in allen europäischen Ländern die Aufstellung von stehenden Heeren der einzelnen Landesherren. Damit ging nicht nur eine Professionalisierung bei Bewaffnung, Ausrüstung und Ausbildung einher, sondern auch eine Veränderung der Wehrpflichten und des Militärstrafrechts.

Beim Gassenlaufen gab's Prügel von den Kameraden

Anzeige

In Preußen galten der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. und sein Sohn Friedrich II., der Große, als wesentliche Reformer des Militärwesens. Auch sie setzten auf harte Disziplin, die ihnen wichtig erschien, um Nachlässigkeiten oder eben die Desertion nicht einreißen zu lassen. Die Bandbreite der Strafen reichte vom Gassenlaufen, bei dem die Soldaten ganzer Kompanien den Delinquenten mit Weidenruten züchtigen mussten, über lange Haftstrafen bis hin zur Todesstrafe, die allerdings regelmäßig nur dann verhängt wurde, wenn Kameradenmord oder im Kriegsfall Fahnenflucht vor dem Feind vorlagen.

Waren im Ersten Weltkrieg Todesstrafen nur im Wiederholungsfall üblich, wurden im Zweiten Weltkrieg bei der Wehrmacht weitaus mehr Todesurteile gesprochen, je weiter der Krieg fortschritt. Über 626.000 Militärgerichtsverfahren wurden bis zum Beginn des letzten Kriegsjahrs 1945 dokumentiert.

Die Vorwürfe waren oft Fahnenflucht, "Feigheit vor dem Feind", Selbstverstümmelung oder "Wehrkraftzersetzung". Etwa 23.000 Soldaten wurden hingerichtet, die Todesurteile gegen etwa 7000 weitere umgewandelt.

Die Amerikaner vollstreckten nur ein einziges Todesurteil

Über 100.000 Deserteure, beispielsweise die, die nicht vor dem Feind, sondern etwa in der Heimat desertierten, mussten ins "Zuchthaus". Im Zweiten Weltkrieg desertierten nach heutiger Zählung rund 400.000 deutsche Soldaten, die allerdings nicht alle erwischt wurden - bei einer Gesamtzahl von über 18 Millionen deutscher Soldaten eine vergleichsweise geringe Desertionsquote von rund zwei Prozent.

Anzeige

Von über drei Millionen US-Soldaten desertierten im Zweiten Weltkrieg ebenfalls einige Tausend. Allerdings wurde nur 49 Mal die Todesstrafe verhängt. Vollzogen wurde nur eine einzige.

Von Martin H. Heller