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Volles Kino
Foto: Fabian Schwarzinger

Warum überhaupt ins Kino?

Mit weit aufgerissenen Augen, blasser Haut, einem Getränk in der Hand und ein bisschen aufgewühlt, so könnte man die durchschnittlichen Besucher*innen im Kino beschreiben. Das Hinterteil im roten Samt, um eine Armlehne kämpfend vor der Leinwand, so verbringen sie die meiste Zeit. Oder sie fachsimpeln über die künstlerische Inszenierung, die subtile Charakterentwicklung und die narrative Struktur des Films.

Die ersten richtig warmen Frühlingstage ziehen die Menschen aus den Wohnungen ins Freie. Auch wenn es noch ein bisschen frisch für Wasserspaß ist, liegt, wer kann, schon im Gras in der Sonne. Vitamin D tanken und dem blassen Winterteint entgegenwirken, stehen auf dem Programm. Auf jedem Programm? Nein! Eine von unverbesserlichen Filmnerds bewohnte Stadt hört nicht auf, in dunklen Räumen zu sitzen. Das kann nur eines heißen: Die Filmfestival-Saison beginnt auch in Österreich.

Wer im Frühling durch Linz spaziert, müsste blind sein, um die Werbung für das Crossing Europe Filmfestival zu übersehen. Die Landstraße voller Fahnen und der OK Platz voller Menschen, die hitzig über den gesehenen Film diskutieren. „Die Unterhaltung ist für die Blockbuster, hier sind andere Themen wichtiger“, sagt eine Besucherin. Aber warum gehen wir eigentlich nach wie vor ins Kino? Könnte man sich nicht mit ultragroßem Flatscreen und mega Soundsystem auf der Couch genauso gut irgendeinen Streifen hineinziehen? 

Bilder und Geräusche

Begonnen Mitte des 19. Jahrhunderts auf Jahrmärkten, etablierte sich zum Ende des Jahrhunderts das Kino in seinen Anfängen. Das neue Angebot wurde begeistert angenommen und Anfang des 20. Jahrhunderts wurden die Kinosäle luxuriöser. Innovationen wie der Tonfilm oder der Farbfilm zogen immer mehr Menschen in die Kinosäle. Gegen andere technische Entwicklungen wie das Fernsehen oder die Streamingangebote musste sich das Kino stark behaupten. Aber tatsächlich zeigt der Jahresbericht von UNIC, der International Union of Cinema, seit der Jahrtausendwende ein kontinuierliches wirtschaftliches Wachstum bis zur Corona-Pandemie. Nachdem die Maßnahmen aufgehoben wurden, haben sich die Kinos von den fatalen Auswirkungen erholt und die Besucher*innenzahlen sind wieder angestiegen.

Neben dem amerikanisch geprägten Kinomainstream sind es die kleinen und großen Filmfestivals, die die Kunst des Films und das Erlebnis Kino aufrechterhalten. Denn Film ist nicht nur eine Unterhaltungsbranche. Film ist Kunst und Kunst ist nicht immer bequem. Kunst regt auf. Kunst bringt ins Gespräch.

Direkt ins Herz

Seinen Sitznachbar am herzlich lauten Lachen zu erkennen, einen Film in den Gesichtern der Besucher*innen nachwirken zu sehen oder sich in fremden Darstellungen zu verlieren, das alles kann nur das Kino. Es mag kitschig klingen und doch ist Film eine Kunst, die direkt ins Herz geht.

Das wird im negativen Sinn sehr deutlich, wenn man sich den historischen Einsatz von Film- und Kinokultur anschaut.
Das wird aber auch im positiven Sinn sehr deutlich, wenn man sich aufs Crossing Europe begibt. Es zeigt sich, wie vielseitig die Filmindustrie sein kann, wenn Menschen aus unterschiedlichen Kulturen und Hintergründen zusammenkommen und ihre Geschichten erzählen. Darum sind Filmfestivals wie Crossing Europe so erfrischend. Da es für viele verschiedene Perspektiven und Geschichten eine Plattform oder besser eine Leinwand gibt. Man wird sozusagen am Boden der Realität unterhalten.

Kann man machen

In Österreich haben Filmfestivals bei vielen schon einen fixen Kalendereintrag und locken mit Rahmenangeboten und Festivalstimmung jedes Jahr neue Menschen an. Es geht ums Vernetzen, Informieren, Kontakte knüpfen und sich inspirieren lassen. Es ist vielleicht nicht für jeden Geschmack immer was dabei, aber man soll ja manchmal die Komfortzone verlassen. Im schlimmsten Fall kann man sich über etwas Neues aufregen. Im besten Fall erkennen einen die anderen schon am Lachen.



Crossing Europe 2024

Crossing Europe Logo

filmfestival linz
30 april – 05 mai 2024
www.crossingeurope.at

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Für den Kopf im Labor, für die Seele am Schreiben. Wenn ich über ein gutes Buch rede, einfach unterbrechen. Das könnte sonst lang dauern.