Shardlake: Kritik zur Premiere der Disney+-Miniserie mit Sean Bean
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Shardlake: Kritik zur Premiere der Disney+-Miniserie mit Sean Bean

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Sean Bean (m.) in der Serie „Shardlake“
Sean Bean (m.) in der Serie „Shardlake“ © Disney+

Disney+ hat die Romanreihe „Shardlake“ von C. J. Sansom als Vierteiler mit Sean Bean adaptiert. Die Geschichte spielt im 16. Jahrhundert, als der englische König Heinrich VIII. riesige Reformen in seinem Reich durchführt und mit der Kirche kämpft.

Spoilerwarnung - diese Meldung kann Hinweise auf die Fortführung der Handlung enthalten!

Am 27. April 2024 starb der englische Schriftsteller C. J. Sansom im Alter von 71 Jahren. Das 20. Jubiläum seiner erfolgreichen „Shardlake“-Buchreihe hat er letztes Jahr noch erleben können. Doch den Serienstart von Shardlake, der ersten wirklich umgesetzten Adaption seiner historischen Abenteuergeschichte, verpasste er nun um wenige Tage. Denn der Vierteiler mit Superstar Sean Bean (Game of Thrones, „Der Herr der Ringe: Die Gefährten“) ging am 1. Mai beim Streamingdienst Disney+ online - obwohl man natürlich davon ausgehen kann, dass Sansom als Mastermind vielleicht schon eine Vorschau sehen konnte.

Darum ist es umso beruhigender zu wissen, dass die von TV-Autor Stephen Butchard (The Last Kingdom) geschriebene und von Regisseur Justin Chadwick (Becoming Elizabeth) inszenierte Verfilmung von Sansoms Werk dem ersten Anschein nach gelungen ist. Episode 1 nimmt die Zuschauer:innen mit in eine Zeit des Umbruchs, in der viel von Moral gesprochen wurde, obwohl eigentlich alle wichtigen Akteure egoistische Motive verfolgt haben. Der englische König Heinrich VIII. - berüchtigt für seine Angewohnheit, die eigenen Ehefrauen zu enthaupten - will Anfang des 16. Jahrhunderts die korrupte Kirche entmachten.

Heinrich selbst taucht in der neuen Miniserie zunächst nicht auf, doch dafür sein oberster Minister Thomas Cromwell, der eben von Bean gespielt hat. Er verleiht der historischen Figur die nötige Gravitas, steht aber doch nur in der zweiten Reihe. Immerhin heißt die Serie nicht „Cromwell“, sondern „Shardlake“. Und dieser Matthew Shardlake, gespielt von Arthur Hughes (The Innocents), ist als Charakter nicht weniger interessant. Als sogenannter Barrister bringt er das Gesetz des Königs an Ort und Stelle, auch wenn er die Dinge selbst ein bisschen differenzierter sehen mag...

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Das ist der Serienheld „Shardlake“

Matthew Shardlake wird als zuverlässliger Problemlöser vorgestellt. Darum setzt Cromwell genau ihn auf einen sensiblen neuen Auftrag an, der vor allem eines erfordert: Präzision. Cromwell hat großen Respekt vor Shardlake, was uns den Staatsmann gleich sympathisch machen soll, denn die meisten anderen Menschen begegnen unserem Helden mit Verachtung. Er mag zwar ein echter Gentleman sein, doch aufgrund von Skoliose hat er einen Buckel, in den man abergläubisch viel Böses reinlesen kann.

Shardlakes Äußeres war auch einst der Grund, warum man ihm den Weg zum Priesterdasein versperrt hatte. Ausgerechnet ein vermeintlicher Diener Gottes sagte ihm als Kind, er könne mit seinem krummen Rücken niemals die Kirche repräsentieren. Die Serie zeigt früh die Verkommenheit des organisierten Christentums auf - wie etwas humorvoller auch die Szene unterstreicht, in der Cromwell mehrere Schädelreliquien der heiligen Barbara beäugt. Passend dazu spielt sich auch Shardlakes neuer Fall an einem Kloster ab, wo sich ein brutaler Mord ereignet hat.

Arthur Hughes (l.) und Anthony Boyle (r.) in der Serie „Shardlake“
Arthur Hughes (l.) und Anthony Boyle (r.) in der Serie „Shardlake“ © Disney+

Zusammen mit Cromwells deutlich unsympathischerem Handlanger Jack Barak, gespielt von Anthony Boyle (Masters of the Air), reist unser Held zur abgelegenen Stadt Scarnsea, um die bierernsten Benediktiner auszufragen, was bei ihnen vorgefallen ist. Die Mönche ahnen bei der Gesandschaft des Königs sofort, dass es sich nur um einen Vorwand handeln könnte, gleich das ganze Kloster dichtzumachen. Und so legen die Brüder ein kollektives Schweigegelübde ab. Nun muss Shardlake das schwächste Glied der Kette ausfindig machen, um seine Antworten zu kriegen.

Verdächtig scheinen vor allem der abgeklärte Abt Fabian (Babou Ceesay), der verstrickte Schatzmeister Edwig (David Pearse) sowie Bruder Mortimus (Brian Vernel) und Bruder Jerome (Paul Kaye). Ersterer hat nämlich eine Vergangenheit als Soldat und könnte durchaus in der Lage sein, ein solches Verbrechen zu begehen; während Letzterer besonders aufbrausend erscheint und auch politische Schimpftiraden gegen den König von sich lässt. Und dann ist da noch der Novize Simon (Joe Barber), der von allen als Dummkopf abgetan wird, aber immerhin ein Kronzeuge für Shardlake werden könnte...

Guter Serienstart für „Shardlake“

Was der neuen Miniserie „Shardlake“ mit ihrem Auftakt bei Disney+ besonders gut gelingt, ist die Einführung des schon recht komplexen Titelhelden, der in ebenso vielschichtigen Zeiten unterwegs ist. Der Vorlagenschöpfer Sansom hatte sicherlich ein Händchen dafür, historische Hintergründe so auszuwählen, dass das Potential für seine erfundenen Abenteuer am größten wird. Zumal man durch fiktive Figuren in einem wahren Kontext am besten ein Gefühl für Geschichte kriegen kann. Der Serienmacher Stephen Butchard kennt das schon durch seine Adaption der Uhtred-Saga „The Last Kingdom“.

Sollten sich er und Disney dazu entscheiden, nach dem ersten „Shardlake“-Band, nämlich „Dissolution“, noch eines oder alle der sechs weiteren Bücher mit Arthur Hughes, Sean Bean und Co umzusetzen, würde sich dadurch ein tolles Fenster in Schlüsselperioden Großbritanniens bieten. Der nun erste Mordfall im Kloster erinnert natürlich auch an den Umberto-Ecco-Roman „Der Name der Rose“, obwohl man diese Assoziation nicht zu weit verfolgen sollte, weil einfach niemand im direkten Vergleich damit allzu schmeichelhaft wegkommen kann.

Für die erste Episode des Vierteilers „Shardlake“ gibt es von uns solide vier von fünf Barbara-Schädel!

Hier abschließend noch der Trailer zur neuen Serie „Shardlake“:

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