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Deutschland Verbotene SA-Parole

Höcke zu Geldstrafe von 13.000 Euro verurteilt

„Sollte das Urteil rechtskräftig werden, wäre Björn Höcke vorbestraft“

Das Landgericht Halle hat den AfD-Politiker Björn Höcke wegen des Verwendens der SA-Losung „Alles für Deutschland“ zu einer Geldstrafe in Höhe von 13.000 Euro verurteilt. Eine Revision ist innerhalb einer Woche möglich. Dorothea Schupelius sagt: „Premiere für Höcke, so verurteilt zu werden.“

Quelle: WELT TV / Dorothea Schupelius

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Im Prozess gegen Björn Höcke in Halle ist ein Urteil gefallen: Der AfD-Politiker muss wegen des Verwendens einer SA-Parole eine Geldstrafe von 13.000 Euro zahlen. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Bewährungsstrafe gefordert, die Verteidigung einen Freispruch.

Das Landgericht Halle hat den AfD-Politiker Björn Höcke wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen zu einer Geldstrafe verurteilt. Er soll 100 Tagessätze je 130 Euro zahlen – in Summe 13.000 Euro.

Die fünfte Strafkammer sah es am Dienstag als erwiesen an, dass Höcke im Mai 2021 bei einer Kundgebung in Merseburg die verbotene Parole „Alles für Deutschland“ der Sturmabteilung (SA) der NSDAP verwendet habe. Dabei handle es sich um eine Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen nach Paragraf 86a des Strafgesetzbuchs.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, eine Revision ist innerhalb einer Woche möglich. Die Staatsanwaltschaft hatte nach der Urteilsverkündung angekündigt, Rechtsmittel zu prüfen.

Sollte das Urteil rechtskräftig werden, gilt Höcke als vorbestraft. Im Bundeszentralregistergesetz ist geregelt, welche Strafen in das polizeiliche Führungszeugnis aufgenommen werden. Bei Geldstrafen von weniger als 90 Tagessätzen ist das laut Paragraf 32 nicht der Fall.

Richter Jan Stengel bezeichnet Höcke als „intelligenten Mann“

Der Vorsitzende Richter Jan Stengel erklärte in der Urteilsverkündung, das Gericht sei davon überzeugt, Höcke habe gewusst, dass die SA-Parole verboten ist und sie trotzdem verwendet. „Sie sind ein redegewandter, intelligenter Mann, der weiß, was er sagt“, sagte Stengel. Der Deckmantel der Meinungsfreiheit sei von dem Angeklagten „stark strapaziert worden“. Auch sei das Gericht der Auffassung, die Entscheidung zur Verwendung des Spruchs sei spontan gewesen „nach dem Motto: Mal gucken, wie weit ich gehen kann.“

Der Staatsanwalt hatte in ihrem Plädoyer eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung gefordert. Diese sei „zur Einwirkung auf den Angeklagten unerlässlich“, das ergebe sich auch aus dem „Nachtatverhalten des Angeklagten“, sagte der Staatsanwalt Benedikt Bernzen. Zudem forderte er, dass Höcke als Auflage 10.000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zahlen müsse, etwa an eine NS-Gedenkstätte oder ein Aussteigerprogramm für Rechtsextremisten.

Staatsanwalt Benedikt Bernzen (l.) und Oberstaatsanwalt Ulf Lenzner
Staatsanwalt Benedikt Bernzen (l.) und Oberstaatsanwalt Ulf Lenzner
Quelle: dpa/Ronny Hartmann

Höcke hatte die Vorwürfe gegen ihn vor Gericht zurückgewiesen. Die Herkunft der Parole sei ihm nicht bewusst gewesen. Staatsanwalt Bernzen sagte am Dienstag, das sei „weder glaubhaft, noch nachvollziehbar“. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft handelte Höcke vorsätzlich. Höcke habe eine vielfach in Vergessenheit geratene Parole wiederbelebt und salonfähig gemacht.

Der Staatsanwalt sagte außerdem, der „augenscheinlich fundierte NS-Sprachschatz des Angeklagten deutet auf Täterwissen hin“. So habe Höcke auch an anderer Stelle NS-Vokabular verwendet, etwa als er den früheren Bundesminister und SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel als „Volksverderber“ bezeichnet habe. Es handle sich „um gezielte, planvolle Grenzüberschreitungen, um vermeintliche Denk- und Sprechverbote anzugreifen“, sagte Bernzen.

Höcke warf Staatsanwalt fehlende Neutralität vor

Höckes Verteidiger forderten einen Freispruch. Der Spruch sei eigentlich vergessen gewesen, sagte Verteidiger Ralf Hornemann in seinem Schlussvortrag am Dienstag. Nicht Höcke, sondern die Staatsanwaltschaft habe dafür gesorgt, dass ihn nun zahlreiche Menschen kennen. Höckes Anwalt Ulrich Vosgerau hält es sogar für nicht eindeutig belegt, dass die Losung der Hauptspruch der SA gewesen sei.

Björn Höcke und sein Anwalt Ulrich Vosgerau
Björn Höcke und sein Anwalt Ulrich Vosgerau
Quelle: Getty Images/Sean Gallup
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Der dritte Anwalt, Philip Müller, sagte, ein Bezug zur NS-Zeit sei bei der Veranstaltung in Merseburg nicht vorgekommen. Über Windräder sei geschimpft worden, über die Grünen und über die Migrationspolitik. Es habe sich um eine spontane Rede Höckes gehandelt und es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Parole planvoll oder vorbereitet verwendet worden sei.

In seinen letzten Worten warf Höcke dem Staatsanwalt fehlende Neutralität vor. „Mein Eindruck ist, dass sie heute die Binde der Justitia nicht auf ihren Augen hatten, Herr Staatsanwalt“, sagte Höcke am Dienstag. „Sie haben nicht nach entlastenden Momenten gesucht.“ Zudem verwies der Politiker mehrfach darauf, dass er die Meinungsfreiheit in Deutschland als eingeschränkt sieht. Der Richter ermahnte Höcke, er solle sich zur Sache äußern und keine Wahlkampfrede halten.

Gericht zeigt Ausschnitt aus WELT-TV-Duell

Am Dienstag standen vor den Plädoyers zunächst über mehrere Stunden Anträge und Beweismittel im Mittelpunkt. So wurden etwa Videos gezeigt, darunter ein Ausschnitt aus dem TV-Duell bei WELT, bei dem Höcke am 11. April gegen den Thüringer CDU-Spitzenkandidaten Mario Voigt angetreten war. Darin äußerte sich der AfD-Politiker auch zu den von der Staatsanwaltschaft Halle erhobenen Vorwürfen gegen ihn und sagte, bei der SA-Parole handele es sich um einen „Allerweltsspruch“.

Ein zweites gezeigtes Video zeigte einen Auftritt von Höcke im thüringischen Gera. Dort hatte er während eines Stammtisches die Parole „Alles für Deutschland“ auch verwendet, das dritte Wort allerdings nicht selbst ausgesprochen, sondern es vom Publikum rufen lassen. Zu diesem Zeitpunkt war die Anzeige wegen der Rede in Merseburg und die Ermittlungen längst Thema in den Medien. Der Fall sollte zwischenzeitlich Teil der aktuellen Verhandlung in Halle werden, wurde es dann aber doch nicht.

Der in Nordrhein-Westfalen geborene Höcke wird sich auch wegen weiterer Vorwürfe vor Gericht verantworten müssen: Am Landgericht Mühlhausen in Thüringen wurde eine Anklage gegen ihn wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung zugelassen. Termine für die Verhandlung gab es dort bisher nicht. Vor dem Landgericht in Halle soll der Fall in Gera verhandelt werden. Auch hier gibt es bislang keine Termine.

ll/fsch/sebe mit AFP/dpa

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