Zum Aussteigen gezwungen: Londons Busfahrer können sich die Stadt nicht leisten

Zum Aussteigen gezwungen: Londons Busfahrer können sich die Stadt nicht leisten
Die durchschnittliche Miete in der englischen Hauptstadt frisst das komplette Gehalt von vielen Schlüsselkräften. Dafür schießen Lagerräume aus dem Boden.

Im Idealfall, so lernt man es beim Einstieg in den Wohnungsmarkt, sollte eine Wohnung ein Drittel des Gehalts ausmachen. Gerade noch machbar ist eine Bleibe, die 50 Prozent des Einkommens aufbraucht. Doch viele Schlüsselarbeitskräfte in London müssten ihr komplettes Gehalt nur für eine Zwei-Zimmer-Wohnung ausgeben. Würden sie im noblen Chelsea oder Kensington wohnen wollen, müssten sie sogar noch ein Viertel des Folgemonats drauflegen. Das ergab eine Analyse des Vereins „Generation Rent“. 

Zum Aussteigen gezwungen: Londons Busfahrer können sich die Stadt nicht leisten

Konkret kostet ein Wohnung in London im Schnitt 1.700 Pfund (umgerechnet 1.965 Euro) - genauso viel wie Friseure, Reinigungskräfte oder Hilfslehrer verdienen. Selbst die Fahrer der berühmten roten Doppeldeckerbusse können sich mit einem Durchschnittsgehalt von 2.599 Pfund (3.000 Euro) zwölf Mal im Jahr - denn 13. und 14. Gehalt gibt es in Großbritannien nicht - einzig eine durchschnittliche Zwei-Zimmer-Wohnung im ärmeren Drittel der englischen Hauptstadt leisten. Und auch dort frisst die Miete den halben Lohn. 

„Ich liebe alles an London“, schrieb Ben Twomey, Chef der Gruppe „Generation Rent“, unlängst auf X – „außer das Mieten“.

Verlust und Notunterkunft

Die Situation spitzt sich nämlich immer weiter zu: Das Angebot an Wohnungen ist zuletzt zurückgegangen und die Mieten in der Folge noch mehr in die Höhe geschnellt. Die Zahl der Londoner, die in Notunterkünften leben, übersteigt mittlerweile die Einwohnerzahl des Küstenorts Blackpool.

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Jede Woche verlieren rund 300 Londoner ihre Wohnung; die Kommunalbehörde London Councils hat einen „Wohnungsnotstand“ ausgerufen. „Wenn nicht dringend etwas unternommen wird, wird die Krise des sozialen Wohnungsbaus in eine Todesspirale münden“, mahnte der Evening Standard.

Teurer als Monte Carlo

Die teuren Mietpreise - die vor allem bei der Privatvermietung angeboten werden - gehen auf die teuren Immobilienpreise zurück. Laut Immobilien-Website Zoopla liegt der durchschnittliche Preis für eine Zwei-Zimmer-Wohnung (Immobilien werden in Großbritannien in Zimmern anstatt Quadratmetern angeboten) in London bei umgerechnet 849.729 Euro. Damit landet London im europäischen Vergleich auf Platz eins der teuersten Wohnorte –  noch vor dem exklusiven Monte Carlo, Monaco. 

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Lagerräume schießen aus dem Boden

Was also tun, wenn man in London in einer viel zu kleinen Wohnung lebt? Hier will nun ein anderer Unternehmenszweig profitieren: Vergessen Sie die Mitgliedschaft im Fitnessstudio und die Saftkur, fasst es der Guardian zusammen: Das neue Must-Have zur Steigerung des persönlichen Wohlbefindens ist ein Selfstorage. 

Verstaust du schon?

Die Firma Hold, die demnächst fünf Lagerräume in London eröffnet, versucht die britischen Haushalte davon zu überzeugen, dass man mit 290 Euro pro Monat  - so viel kostet der Lagerraum mit sechs Quadratmetern - „Gefühle der Ruhe und Entspannung“ fördern und sogar die psychische Gesundheit  verbessern kann.

Die erste Selfstorage-Lagerhalle eröffnet Hold strategisch platziert zwischen den Bezirken Camden und Islington, die mit ihren durchschnittlichen Mieten in der Höhe von umgerechnet 3.102 bzw 2.767 Euro doppelt so hoch sind, wie die Mieten im übrigen England. 

Die "Perseus" liegt vertäut am Camden Market

Der Camden Market

Hold ist dabei  nicht das einzige Unternehmen, dass aus den fehlendem Stauraum in den Londoner Wohnungen Profit schlagen möchte. Laut Immobilienunternehmen Cushman & Wakefield sind 2023 im Vereinigten Königreich neue Selfstorage-Flächen in der Größe von 6.000 Zweizimmerwohnungen entstanden. Oder: so viel wie drei Hochhaustürme in Canary Wharf. 

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Canary Wharf

Ausgelagerte Stauräume können aber nicht die Lösung sein, findet Ben Twomey. Und sieht im Guardian auch die Regierung am Zug: Es müssen mehr Wohnungen gebaut, die Kommunen angemessen finanziert und gegen Vermieter vorgegangen werden, die von überfüllten Wohnungen profitieren. Das Ziel ist klar: Der Anstieg der Mieten muss gebremst werden.

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