Außergewöhnliche Neuproduktion der Oper »Saint François d’Assise« in der Elbphilharmonie

Kent Nagano (© Claudia Höhne)

Es ist eine der aufwändigsten Opernproduktionen, die in der Elbphilharmonie je zu sehen war, und ein Höhepunkt des Internationalen Musikfests Hamburg: Rund 300 Mitwirkende bringen am 2. Juni 2024 Saint François d’Assise von Olivier Messiaen auf die Bühne des Großen Saals. Der Hamburgische Generalmusikdirektor und Messiaen-Experte Kent Nagano, der auch an der Uraufführung 1983 beteiligt war, hat die musikalische Leitung. Von Staatsopernintendant Georges Delnon stammt ein völlig neues, eigens für die Architektur der Elbphilharmonie entwickeltes szenographisches Konzept mit Stegkonstruktionen, einem großen LED-Ring über der Bühnenfläche und einer scheinbar schwebenden Sängerin. Für die Videoeinspielungen wurde u.a. auf dem Seenotrettungsschiff Sea-Watch 5, mit dem Klimaforscher Mojib Latif, in einem Hospiz und in einem Duschbus in Hamburg-Altona gedreht. Weitere Aufführungen am 6. und 9. Juni. Tickets auf elbphilharmonie.de.

Die Oper in der spektakulären Architektur der Elbphilharmonie aufzuführen, war für Kent Nagano und Georges Delnon der Ausgangspunkt der Produktion. »Der ganze Innenraum der Elbphilharmonie wird so zur Bühne, die Zuschauer:innen zum Teil eines großen Ganzen im Sinne eines möglichst starken gemeinschaftlichen Erlebens dieses großartigen Werks. Wir suchen nicht nur nach dem optimalen Klang im Raum, sondern begreifen den einzigartigen Raum-Klang des Saals als theatralisches Element für sich. Die Zuschauer:innen werden bestenfalls das Gefühl haben, mittendrin zu sein und in die Musik hineingesogen zu werden«, beschreibt Georges Delnon das gemeinsame Vorhaben.

Erstmals wird der Bühnenbereich mit einer aufwändigen Steg-Konstruktion überbaut, auf der Jacques Imbrailo als St. François auftreten wird. In luftiger Höhe wird Anna Prohaska als L’Ange (Der Engel) im Saal schweben und die akustischen Möglichkeiten des Raumes völlig neu ausloten.

In seiner Oper über den heiligen Franz von Assisi setzte sich Olivier Messiaen intensiv mit der Beziehung des Menschen zu Gott und der Schöpfung auseinander. Weit mehr aber ging es ihm darum, »die Beziehung von Gesellschaft und Natur und die Spannung zwischen beiden zu verdeutlichen«, sagt Kent Nagano.

Der Messiaen-Schüler Nagano war 1983 an der Uraufführung beteiligt. Er kennt das epochale Werk des Franzosen wie kaum ein zweiter und ist weltweit einer der wichtigsten Interpreten seines Œuvres. »Für Messiaen ist Saint Francois d’Assise keine ›Oper‹, auch kein Oratorium, es ist etwas, das er im Sinne von Berlioz ›spectacle‹ nannte, ein musikalisches Geschehen, das man anschaut, dem man auch mit den Augen folgen kann. Das Drama entsteht durch Sprache und Musik. Und es entsteht dann, wenn wir uns dem Puls der Natur überlassen, uns mit ihrem Rhythmus harmonisieren«, so der Dirigent.

Kent Nagano und Georges Delnon geht es in ihrem gemeinsamen Projekt vor allem darum, Franziskus im Spiegel der Gegenwart und heutigen Gesellschaft zu zeigen. »Wer ist Franziskus, wo finden wir seine Lehre in der heutigen Gesellschaft?« war eine Ausgangfrage für Regisseur Delnon. »Franziskus ist für uns Geistlicher, Umweltschützer, Sterbebegleiter, Jugendlicher, Wissenschaftler, Musiker, Obdachloser, Sterbender, Helfender. Franziskus war jemand, der die Menschen unterschiedlichster Herkunft und sozialer Zugehörigkeit zusammenführte und zueinander führte.«

Die Menschen, die in ihren verschiedenen Rollen für Franziskus in unserer Gegenwart stehen, sind in Filmen auf einem großen LED-Ring über der Bühnenfläche von allen Seiten sichtbar. Gedreht wurde dafür u.a. an Bord des Seenotrettungsschiffes Sea-Watch 5 auf Sizilien, mit dem Klimaforscher Mojib Latif, im Kloster Assisi, aber auch vor Ort in Hamburg in einem Hospiz, im Duschbus GoBanyo und in der Elbphilharmonie. Parallel wird der Gesamtraum allmählich durch Licht und Videoprojektionen theatralisch verwandelt und steht in immer deutlicherem Kontrast zum konzertanten Setting von Philharmonischem Staatsorchester, der Audi Jugendchorakademie und dem Vokalensemble LauschWerk sowie den Solist:innen.


Im Rahmen des Internationalen Musikfests Hamburg ist Messiaens Saint François d’Assise für drei Vorstellungen als Koproduktion der Staatsoper Hamburg, des Philharmonischen Staatsorchesters Hamburg und der Elbphilharmonie Hamburg zu erleben.


Saint François d’Assise

Von: Olivier Messiaen

Premiere in der Elbphilharmonie: 2. Juni 24 (17.00 Uhr; Großer Saal)
Weitere Vorstellungen: 6. und 9. Juni 24 (jeweils um 17.00 Uhr)
Dauer inkl. zwei Pausen: 5:15 Stunden.

Musikalische Leitung: Kent Nagano
Szenische Einrichtung: Georges Delnon
Szenografie: Thomas Jürgens
Kostüme: Julia Mottl
Video: Marcus Richardt
Licht: Stefan Bolliger
Dramaturgie: Janina Zell/Ralf Waldschmidt
Chor: Martin Steidler

Mit: Jacques Imbrailo (St. François), Anna Prohaska (L’Ange), Anthony Gregory (Le Lépreux), Kartal Karagedik (Frère Léon), Dovlet Nurgeldiyev (Frère Massée), Andrew Dickinson (Frère Elie), David Minseok Kang (Frère Bernard), Florian Eggers (Frère Sylvestre), Niklas Mallmann (Frère Ruffin)

Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
Audi Jugendchorakademie
Vokalensemble LauschWerk


In französischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Ein Projekt von Kent Nagano und Georges Delnon
Koproduktion der Staatsoper Hamburg, Philharmonischem Staatsorchester Hamburg und Elbphilharmonie Hamburg. Unterstützt durch die Stiftung zur Förderung der Hamburgischen Staatsoper und die Commerzbank Hamburg.

elbphilharmonie.de