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PTBS wird immer häufiger diagnostiziert
Posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) während der Schwangerschaft oder im ersten Jahr mit Kind werden heute viel eher erkannt als noch vor mehr als zehn Jahren. Anhand von Versicherungsdaten untersuchte eine US-Forschungsgruppe Trends bei den Diagnosen perinataler PTBS. Berücksichtigt wurden mehrere Millionen Lebendgeburten im Zeitraum von 2008 bis 2020. Die Analyse ergab einen Anstieg der perinatalen PTBS-Diagnosen auf mehr als das Vierfache innerhalb von zwölf Jahren: Die Rate stieg von rund 38 pro 10.000 Entbindungen im Jahr 2008 auf gut 186 pro 10.000 Geburten im Jahr 2020.
Der signifikante Anstieg könnte auf ein stärkeres Bewusstsein, eine gesteigerte Diagnoserate oder eine erhöhte Prävalenz der Erkrankung zurückzuführen sein. Zu den soziodemografischen Merkmalen, die mit einer PTBS-Diagnose assoziiert waren, zählten jüngeres Alter (15 bis 26 Jahre), Komorbiditäten und ein geringeres Einkommen.
Hall S V et al. (2024) Perinatal Posttraumatic Stress Disorder Diagnoses Among Commercially Insured People Increased, 2008-20. Health Affairs; https://doi.org/msn4
Welchen Einfluss hat der Geburtsmodus?
Die Befürchtung, dass eine vaginale Entbindung negative Auswirkungen auf das künftige Sexualleben haben könnte, ist ein möglicher Grund, warum die Nachfrage nach Sectiones in den letzten Jahren gestiegen ist. Laut einer schwedischen Studie ist die Angst jedoch unbegründet. Die Forschenden analysierten die Daten von Frauen aus der Stockholm Public Health Cohort (SPHC), deren Teilnehmende in regelmäßigen Abständen Fragen zu ihrer Gesundheit und zum Lebensstil beantworten. Dabei konnten keine Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen der Art der Entbindung und der späteren Zufriedenheit mit dem Sexualleben entdeckt werden - auch nicht, wenn unterschiedlich lange Zeiträume seit der Geburt miteinander verglichen wurden. Schwangere, die Bedenken bezüglich einer vaginalen Geburt äußern, können zumindest, was das spätere Sexualleben angeht, beruhigt werden.
Larsdotter Zweygberg A et al. (2024) Mode of delivery and subsequent self-perceived sexual life satisfaction: a populationbased cohort study. Am J Obstetr Gynecol; https://doi.org/gtmrxz
Bessere Denkleistung durch Stresshormone
Ein Team des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie hat untersucht, wie Stresshormone die frühe Entwicklung von Gehirnzellen in der Großhirnrinde von Föten beeinflussen. Für ihre Untersuchungen nutzten sie sogenannte Gehirnorganoide. Das sind Modelle des sich entwickelnden Gehirns, die aus menschlichen Haut- oder Blutzellen gewonnen werden und in der Petrischale heranreifen. Dem Team gelang es, kausale Zusammenhänge zwischen Stresshormonen und einer veränderten Hirnstruktur nachzuweisen, die mit einem höheren Bildungsniveau im späteren Leben zusammenhängen könnten: Die Hormongruppe der Glukokortikoide erhöht die Anzahl einer bestimmten Art von Gehirnzellen, die für das Wachstum der Großhirnrinde wichtig sind. Allerdings haben Glukokortikoide eine gegenteilige Wirkung, wenn sie spät in der Schwangerschaft eingenommen werden: Studien haben gezeigt, dass dies mit einem Verlust neuronaler Verbindungen und einem erhöhten Risiko für psychiatrische Störungen im späteren Leben einhergeht.
Krontira et al. (2024) Human cortical neurogenesis is altered via glucocorticoid-mediated regulation of ZBTB16 expression, Neuron, https://doi.org/gtqxdn
Prognose: Fruchtbarkeit weltweit rückläufig
Die Welt steuert auf eine Zukunft mit niedriger Fertilität zu. Laut einer Analyse werden im Jahr 2100 weltweit 97 % der Länder eine Fruchtbarkeitsrate von weniger als 2,1 Kindern pro gebärfähiger Person haben. Diese ist für die Aufrechterhaltung der Bevölkerungszahl erforderlich. Nur sechs Staaten (Samoa, Tonga, Somalia, Niger, Tschad und Tadschikistan) werden über dieser Fertilitätsmarke liegen. Diese demografisch geteilte Welt wird enorme Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft haben: In Ländern mit mittlerem und hohem Einkommen schrumpft die Zahl der Arbeitskräfte, während Belastungen der Gesundheits- und Sozialversicherungssysteme zunehmen.
Bhattacharjee N et al. (2024) Global fertility in 204 countries and territories, 1950-2021, with forecasts to 2100: a comprehensive demographic analysis for the Global Burden of Disease Study 2021. The Lancet. https://doi.org/mndp
Versorgungslücken auf der Spur
Eine ungeplante und ungewollte Schwangerschaft ist immer eine besondere Situation im Leben einer Frau. Ihre Lebenslagen und Bedürfnisse, Unterstützungs- und Versorgungsbedarfe sowie die Versorgungsstrukturen in Deutschland hat nun ein multidisziplinärer Forschungsverbund mit über 30 Wissenschaftler*innen von sechs Hochschulen und Universitäten untersucht.
Versorgung unzureichend: Erste Ergebnisse zeigen, dass Frauen bei einem Schwangerschaftsabbruch auf Barrieren stoßen, zum Beispiel beim Zugang zu Informationen, bei den Kosten oder beim Zugang zum Versorgungsangebot, das in einigen Regionen Deutschlands zu spärlich ausfällt. Insbesondere vulnerable Gruppen haben spezifische Anforderungen an psychosoziale und medizinische Versorgung, denen die Angebote derzeit noch nicht gerecht werden. Zudem haben 65 % der Ärzt*innen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, deswegen Stigmatisierung im privaten, beruflichen oder öffentlichen Umfeld erlebt.
Weitere Ergebnisse folgen: Die Datengrundlage der Studie bildet eine standardisierte Online-Befragung von über 5.000 Frauen mit ungewollten oder gewollten Schwangerschaften sowie Befragungen von Beratungsstellen und Ärzt*innen. Ebenso werteten die Forschenden Strukturdaten zur medizinischen und psychosozialen Versorgung aus. Im Herbst soll der Gesamtbericht einschließlich umfassender Handlungsempfehlungen vorliegen. Gefördert wurde das Prokjekt vom Bundesministerium für Gesundheit. (jr)
ELSA: Erfahrungen und Lebenslagen ungewollt Schwangerer - Angebote der Beratung und Versorgung (2024). https://elsa-studie.de
Symptome besser verstehen
Eine retrospektive Studie untersuchte umfassend das Auftreten von Schwangerschaftsbeschwerden und deren zeitliche Dynamik anhand von Daten aus der Keleya-App. Dabei handelt es sich um eine mobile Anwendung, die Nutzerinnen durch die Schwangerschaft begleitet und die Möglichkeit bietet, in dieser Zeit auftretende Beschwerden zu verfolgen. Über den Zeitraum von Mai 2018 bis Dezember 2022 wurden 1.549.186 Symptomberichte von 183.732 Nutzerinnen analysiert. Ziel war es, die prozentualen Anteile der auftretenden Schwangerschaftsbeschwerden zu identifizieren, ihre Veränderung im Schwangerschaftsverlauf zu verfolgen und mögliche Zusammenhänge zwischen den Beschwerden zu untersuchen.
Zeitliche Muster erkennbar: Die Ergebnisse zeigten, dass Müdigkeit mit 48,7 % am häufigsten gemeldet wurde, gefolgt von Rückenschmerzen (44,2 %), Verstopfung (32,2 %), Schlafstörungen (30,1 %) und Atemnot (29 %). Eine detaillierte Analyse offenbarte, dass die Häufigkeit der Beschwerden Spitzenwerte in der sechsten, zehnten und 28. Schwangerschaftswoche erreichte. Diese Spitzen könnten mit wichtigen Ereignissen während der Schwangerschaft zusammenhängen, wie einem positiven Schwangerschaftstest oder dem Beginn eines Geburtsvorbereitungskurses, die die Motivation zur Nutzung der App erhöhen. Darüber hinaus wiesen die Beschwerden in der Schwangerschaft aber auch individuelle zeitliche Muster auf. Zum Beispiel erreichten Müdigkeit, Kopfschmerzen und Übelkeit ihren Höhepunkt vor allem zwischen der siebten und 16. Schwangerschaftswoche, während Beschwerden wie Wassereinlagerungen, Rückenschmerzen, Inkontinenz und Schlafstörungen eher gegen Ende der Schwangerschaft auftraten. Die Ergebnisse dieser Studie leisten einen wichtigen Beitrag zum Verständnis von Schwangerschaftsbeschwerden und ihrer zeitlichen Dynamik und unterstreichen zugleich den Nutzen kommerzieller Gesundheitsanwendungen für Wissenschaft und Industrie.
Nissen M, Barrios Campo N, Flaucher M et al. (2023) Prevalence and course of pregnancy symptoms using self-reported pregnancy app symptom tracker data. npj Digit. Med. 6, 189. https://doi.org/msn8
Kommentar: Für einen gesunden Schwangerschaftsverlauf und ein positives Schwangerschaftserlebnis ist es entscheidend, Schwangerschaftsbeschwerden frühzeitig zu identifizieren und zu überwachen - denn sie können für betroffene Frauen belastend sein und auf ernstzunehmende Schwangerschaftserkrankungen hinweisen. Die Verwendung von Apps zur Beschwerdeverfolgung bietet in der digitalen Ära eine praktische Lösung, die dem aktuellen Mediennutzungsverhalten Schwangerer entspricht und zusätzlich einen Beitrag zur wissenschaftlichen Untersuchung von Schwangerschaftsbeschwerden leisten kann.
Die persönliche Betreuung durch Fachpersonal bleibt dennoch von zentraler Bedeutung, da soziodemografische Faktoren und die persönlichen Lebensumstände die Entstehung und den Verlauf von Schwangerschaftsbeschwerden beeinflussen können. Lediglich Hebammen und Gynäkolog*innen verfügen über die erforderliche Expertise, um das komplexe Zusammenspiel verschiedener Faktoren zu analysieren, Schwangerschaftsbeschwerden angemessen zu bewerten und individuell angepasste Therapien für die betroffenen Frauen zu ermitteln.
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Authors and Affiliations
Hochschule Fulda Hochschule Fulda University of Applied Sciences, Leipziger Str. 123, 36037, Fulda, Germany
Johanna Neumeyer (Vertretungsprofessur und Studiengangsleitung Hebammenkunde)
- Johanna Neumeyer
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Neumeyer, J. Wissenschaft in 5 Minuten. Heb Wiss 5, 46–47 (2024). https://doi.org/10.1007/s43877-024-1173-2
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DOI: https://doi.org/10.1007/s43877-024-1173-2
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