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1 Einleitung

Die Wirkbeziehungen der 17 Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals oder SDGs) der UN-Agenda 2030 untereinander lassen sich mithilfe von Algorithmen sehr eindrucksvoll darstellen. Wer sich selbst einen Eindruck davon verschaffen möchte, kann dies durch eine Teilnahme an dem Planspiel Sustain2030 (vgl. Deutsche UNESCO-Kommission (a)). Insbesondere das SDG 4, die „Hochwertige Bildung“ (vgl. Deutsche UNESCO-Kommission 2017a) nimmt in dieser Simulation bereits nach einigen Jahren sehr großen Einfluss auf diverse andere Ziele der Agenda, beispielsweise SDG 8 „Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum“, SDG 3 „Gesundheit und Wohlergehen“ oder SDG 12 „Nachhaltiger Konsum und Produktion“, die wiederum Auswirkungen auf weitere SDGs haben. So wird im Planspiel sehr schnell für alle Mitspielenden erlebbar, dass hochwertige Bildung im Sinne der „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (BNE) einen wesentlichen Beitrag dazu leistet, die Gesellschaft – nicht nur im eigenen Land, sondern mittelbar auch auf globaler Ebene – zu verändern und schließlich zu transformieren, genau so, wie es die Agenda 2030 fordert.

Das Zentrum für schulpraktische Lehrerausbildung (ZfsL) Dortmund hat es sich zur Aufgabe gemacht, das SDG 4 mittels eines Whole Institution Approachs (WIA) umzusetzen und damit vorzuleben, was gelehrt wird. Aus unserer Sicht ist ein Whole Institution Approach ein besonders wirksamer Weg, um das Verständnis von Lehramtsanwärter*innen von schulischer Bildung nachhaltig zu verändern. Gelebte Nachhaltigkeit bereits während der Ausbildung am Zentrum für schulpraktische Lehrerausbildung kann dazu beitragen, dass die Lehramtsanwärter*innen dies in ihre Ausbildungsschulen und später auch in die Schulen ihrer Festanstellung tragen. Was dabei zu berücksichtigen ist und wie die Umsetzung im ZfsL Dortmund konkret aussieht, wird im Folgenden dargestellt.

2 Bildung für nachhaltige Entwicklung als ganzheitliche Aufgabe

Die SDGs umzusetzen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, zu der jeder einzelne Mensch etwas beitragen kann. Gemäß den vom Weltwirtschaftsforum geforderten Kompetenzen, um die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts erfolgreich bewältigen zu können, müssen Schüler*innen in insgesamt 16 Bereichen über hinreichende Kompetenzen verfügen: Neben Schreiben, Lesen und Rechnen, naturwissenschaftlichen Kenntnissen, Umgang mit Informations- und Kommunikationstechnologie, ökonomischen und kulturellen sowie zivilgesellschaftlichen Kenntnissen, sollen sie kritisch bzw. problemlösend denken, ihre Kreativität nutzen, Kommunikationsstrategien beherrschen und die Fähigkeit zur Kollaboration besitzen. Darüber hinaus sind Charaktereigenschaften gefragt wie Neugierde, das Ergreifen der Initiative, Beharrlichkeit, Anpassungsfähigkeit, die Bereitschaft, Verantwortung und Führungsrollen zu übernehmen sowie ein sozio-kulturelles Bewusstsein. All dies soll Schüler*innen zur Reflexion des eigenen Lernens sowie zu lebenslangem Lernen befähigen, sodass sie Problemstellungen lösen können, für die es beim Auftreten des Problems noch keine Erfahrungsgrundlagen gibt (vgl. Soffel 2016).

Tom Fletcher, ehemaliger Diplomat der britischen Regierung, inzwischen Gastprofessor an der New York University und Rektor des Hertford College an der Oxford University, hat in seinem 2023 erschienen Buch Ten Survival Skills for a World in Flux noch weitergehendere Forderungen an das Lernen im 21. Jahrhundert gestellt. Anhand hunderter Interviews, in denen er junge Menschen in Abu Dhabi, Shanghai, Sydney, Madrid, Nairobi und New York nach dem fragte, was sie ihrer Ansicht nach wissen müssen, aber in der Schule bisher nicht lernen, kommt Fletcher zu Erkenntnissen, die sich mit den vom Weltwirtschaftsforum geforderten Kompetenzen vereinbaren lassen und diese zum Teil noch übertreffen. Beispielsweise fragten die Studienteilnehmer*innen nach den Grenzen ihrer Freiheit und wie diese sich von denjenigen anderer Länder unterscheidet; sie möchten zuhören und konstruktiv streiten lernen; sie wollen Toleranz, Respekt, Offenheit und Empathie gegenüber anderen entwickeln; und sie möchten Resilienz erlernen und das Vermögen, mit Misserfolgen umzugehen (vgl. Fletcher 2022, S. 6 ff.).

Insgesamt befindet Fletcher, dass die jungen Menschen mehr Autonomie und Flexibilität beim Lernen sowie relevantere Lernprozesse fordern, die sie in Kontakt bringen mit Menschen anderer Kulturen. Er attestiert, es gebe ein „deep desire for change, and the urgency of renewal of our education systems“, und fordert das, was am dringlichsten nötig ist, nämlich „involving learners in designing their own learning“ (ebd., S. 8), denn nur wenn Lernende an der Gestaltung ihrer eigenen Lernprozesse beteiligt werden, haben sie die Möglichkeit, Selbstbestimmung, Scheitern, Neuanfang, Strategiewechsel, Problemanalyse und vor allem das Lernen selbst zu lernen, um auf eine sich immer schneller verändernde Welt mit komplexen Problemen adäquat reagieren zu können.

In Anlehnung an Pestalozzis Prinzip „Lernen mit Kopf, Hand und Herz“ hat Fletcher die notwendigen Mittel für ein erfolgreiches Bestehen in einer immer komplexeren Zukunft in folgende drei Kategorien eingeteilt: Das Lernen mit dem Kopf steht für die Anwendung des Wissens als Verknüpfung der Erkenntnisse, die die Menschheit über mehrere Jahrtausende angesammelt hat – „von der Höhlenmalerei zu selbstfahrenden Autos“ (ebd. S. 9). Der Fokus müsse dabei aber nicht auf der Analyse der Konflikte liegen, sondern auf den Perioden, in denen die Menschheit es geschafft hat, Gesellschaften zu entwickeln, die in der Lage waren, Konflikte zu reduzieren. Außerdem müsse die Menschheit ein „grundlegenderes Verhältnis zu ihrem Planeten“ entwickeln. Zu beantworten sind die Fragen, wie wir uns besser auf die Zukunft vorbereiten können, welche Auswirkungen der Zustand der Welt im Jahr 2050 auf unsere Gesundheit, unseren Wohlstand und unser Wohlbefinden hat und wie die Menschheit aus ihrer bisherigen Entwicklung die richtigen Schlüsse zieht, um sich in Bezug auf kommende Bedrohungen und Chancen weiterentwickeln zu können (ebd., S. 9–10).

Die Hände stehen bei Fletcher für die Kompetenzen, die die Menschheit benötigt, um sich als Weltbürger*innen anzupassen, zu lernen, zu wachsen und zusammenzuleben und dabei die eigene körperliche und geistige Gesundheit besser zu steuern. Klassische Lehrpläne legen seiner Ansicht nach keine Prioritäten auf diese grundlegenden Lebenskompetenzen. So seien globale Kompetenzen zu entwickeln, „kulturelle Antennen“, die es ermöglichen, über verschiedene Kulturen hinweg erfolgreich zu sein. Das „Lernen zu lernen“ sieht Fletcher hier als Grundstein dafür, zukünftige Generationen darauf vorzubereiten, sich inmitten des bevorstehenden „Technologie-Tsunamis“, also den sich immer schneller und in größeren Schritten entwickelnden Technologien, wie Künstliche Intelligenz, 3D-Druck, Intelligente Fertigung (Industrial Internet of Things) oder Blockchain, selbst weiterentwickeln zu können (ebd., S. 10).

Das Herz steht bei Fletcher schließlich für ein festes Wertesystem, in dem die Menschheit lernen müsse, gütiger, neugieriger und mutiger zu sein. So sollten wir die Güte besitzen, Ungleichheiten zu verringern, anstatt sie weiter zu vergrößern, wir benötigen die Neugierde, neue Lebens- und Organisationsweisen zu gestalten und den Mut, Technologie zu beherrschen, anstatt uns von ihr beherrschen zu lassen. Im Zentrum stehen für Fletcher die Fragen, wie wir einen wirklichen Sinn und das für uns passende Umfeld finden, aufbauen und mobilisieren können; wie wir tatsächlich die Kontrolle zurückgewinnen und nicht zuletzt, wie wir mit Technologie koexistieren und „bessere Vorfahren“ werden, indem wir systemische Ungerechtigkeiten wie Ungleichheit, die Klimakrise und vererbte Konflikte bekämpfen (ebd., S. 10–11).

Bereits Mitte der 1980er bis Anfang der 1990er Jahre suchten Wissenschaftler*innen nach Modellen, die bessere Handlungsmöglichkeiten in der zunehmend komplexer werdenden Industriegesellschaft bieten sollten. Als ein Resultat wurde u. a. das VUCA-Modell entwickelt, welches ursprünglich von den Wirtschaftswissenschaftlern Warren G. Bennis und Burt Nanus beschrieben und von Maxwell G. Thurman übernommen und weiterentwickelt wurde. VUCA steht für Volatilität, Unsicherheit, Komplexität (Complexity) und Ambiguität. „VUCA-Denken bedeutet, die Fähigkeit zu entwickeln, Veränderungen schnell zu antizipieren und sich an sie anzupassen, strategisch zu denken und kreative Lösungen zu entwickeln.“ (Gläser o. J.). Denkt man VUCA positiv, lässt sich das Akronym auch auflösen als Vision, Verstehen (Understanding), Klarheit (Clarity) und Agilität. Damit war ein Grundstein gelegt für die Erkenntnis, dass zur Lösung komplexer Sachverhalte deutlich andere Fähigkeiten und Kompetenzen gefragt sind als diejenigen, die im etablierten Bildungssystem vermittelt wurden. VUCA-Fähigkeiten sind mit dem Fachwissen einer einzigen Disziplin nicht mehr erfassbar, sondern erfordern multidisziplinäre Teams, die in der Lage sind, gemeinsam Lösungen zu finden (vgl. ebd.).

Die Notwendigkeit einer multidisziplinäre Herangehensweise an komplexe Probleme veranschaulicht die Politökonomin, Transformationsforscherin, und Nachhaltigkeitsexpertin Maja Göpel anhand des Planspiels Tanaland, welches der Psychologe Dietrich Dörner Mitte der 1970er Jahre dazu genutzt hat, um zu untersuchen, „wie gut Menschen darin sind, komplexe Probleme zu lösen, und woran es liegt, wenn sie […] nicht besonders gut darin sind“ (Dörner 2022, S. 21). In der Simulation sind Studierende als Entwicklungshelfer*innen in dem fiktiven ostafrikanischen Landstrich Tanaland unterwegs, um die schwierigen Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern. Tatsächlich verschlimmern sie durch ihre – durchaus gut gemeinten – Maßnahmen jedoch die Situation der Menschen in Tanaland erheblich (vgl. ebd. S. 22), weil die Studierenden im Wesentlichen ihnen bekannte Strategien anwenden, um ein komplexes Problem zu lösen, auf das die angewandten Strategien nicht anwendbar sind, da sie letzten Endes Teil des Problems sind. Zur Lösung wäre eine Strategie notwendig gewesen, die es erlaubt hätte, sich mit der Komplexität des Problems auseinanderzusetzen und ein vertieftes Verständnis desselben zu erlangen, dann die bisherige Strategie zu überprüfen und an die Erfordernisse des Problems anzupassen, anstatt immer wieder dieselben gewohnten Strategien anzuwenden und dabei lediglich Effizienz zu steigern (vgl. ebd., S. 25). Damit steuern sie in die Katastrophe. Dörner nennt dies die „Logik des Misslingens“ (ebd., S. 23).

Beobachten können wir diesen Effekt auch in weiten Teilen unseres Bildungssystems: Anstatt eine Bildungswende herbeizuführen, setzt man auf bis zu 200 Jahre alte, z. T. noch aus dem preußischen Bildungswesen stammende Strategien, mit dem Effekt, dass Schüler*innen, von denen jede*r zweite vor der Einschulung noch motiviert zur Schule ging, spätestens mit dem 13. Lebensjahr zu 94 % demotiviert sind (vgl. ZEIT o. J.). Dabei eröffnen die internationalen Vorgaben weitreichende Möglichkeiten, das Lernen im Sinne der von Fletcher geforderten Ganzheitlichkeit mit Kopf, Herz und Hand zu verändern. Sämtliche formalen Vorgaben, sowohl auf internationaler, als auch auf nationaler, regionaler und – am Beispiel der Stadt Dortmund – sogar auf kommunaler Ebene, betonen, dass Lernprozesse weiterentwickelt werden müssen, von der bloßen Anhäufung von Faktenwissen hin zur konkreten Anwendung, vorzugsweise durch das Lösen zunehmend komplexer werdender Probleme in unterrichtlichen Kontexten, die den Schüler*innen genügend Freiräume bieten, dies fächerübergreifend zu leisten.

Die 2015 von den Vereinten Nationen verabschiedete Agenda 2030 zielt ab auf eine weltweite „sozial, wirtschaftliche und ökologisch nachhaltige Entwicklung“ (BMZ o. J.). Wie bereits zu Beginn dargelegt, ist „Hochwertige Bildung“ (SDG 4) das wirkmächtigste Nachhaltigkeitsziel. Darum ist es naheliegend, sich eingehender damit zu befassen. Beispielsweise finden wir in Unpacking SDG 4 – Fragen und Antworten zur Bildungsagenda 2030 (Deutsche UNESCO-Kommission 2017a) neben der Betonung der Effektivität und der Relevanz von Lernen (ebd., S. 9) sieben Unterziele und drei Implementierungsmechanismen (ebd., S. 10), die allesamt dazu gereichen, Bildung leichter zugänglich zu machen, gerechter zu gestalten und globaler anzulegen, z. B. durch die Sicherstellung der „Ausbildung qualifizierten Bildungspersonals […], auch durch internationale Zusammenarbeit in Entwicklungsländern“ (ebd., S. 13).

Die Roadmap der Vereinten Nationen (UNESCO 2021) zur Umsetzung der 17 Ziele bekräftigt, dass SDG 4 „maßgeblich zur Verwirklichung aller anderen Ziele für nachhaltige Entwicklung beiträgt“ (ebd., S. 8), und unterstreicht gleichzeitig dessen Bedeutung für die Transformation der Gesellschaft, die durch die Veränderung des Lernens erfolgt:

„Pädagogik und Lern- und Lehrumgebungen:

Anwendung einer interaktiven, projektbasierten und lernendenzentrierten Pädagogik. Transformation aller Aspekte der Lern- und Lehrumgebungen durch den Whole Institution Approach von BNE, um Lernende in die Lage zu versetzen, zu lernen, wie sie leben, und zu leben, was sie lernen.

Lerninhalte:

Integration von Nachhaltigkeitsprinzipien und insbesondere der in den 17 SDGs verankerten Nachhaltigkeitsthemen wie zum Beispiel Klimawandel in alle Arten des Lernens.

Lernergebnisse:

Befähigung von Menschen, Verantwortung für heutige und zukünftige Generationen zu übernehmen und aktiv zur gesellschaftlichen Transformation beizutragen.

Gesellschaftliche Transformation:

Verwirklichung der SDGs zur Schaffung einer nachhaltigeren Welt.“ (ebd., S. 8)

Dies soll geschehen, indem die Mitgliedstaaten zu den fünf Handlungsfeldern, 1) Politische Unterstützung, 2) Ganzheitliche Transformation von Lehr- und Lernumgebungen, 3) Kompetenzentwicklung bei Lehrenden und Multiplikatoren, 4) Stärkung und Mobilisierung der Jugend, 5) Förderung nachhaltiger Entwicklung auf lokaler Ebene, jeweils „Maßnahmen und Aktivitäten“ entwickeln (ebd. S. 25–34). Ferner spezifiziert die Roadmap, dass nachhaltige Entwicklung „Wissen, Bewusstsein und Handeln“ (ebd. S. 17) fördern müsse und benennt hierfür drei Dimensionen des Lernens, die bei nachhaltigen Lernprozessen berücksichtigt werden müssen:

  • kognitiv: Verständnis der Herausforderungen von Nachhaltigkeit und ihrer komplexen Verflechtungen; Auseinandersetzung mit disruptiven Ideen und alternativen Lösungen

  • sozio-emotionales Lernen: Entwicklung von grundlegenden Werten und Haltungen in Bezug auf Nachhaltigkeit, Förderung von Mitgefühl und Empathie für andere Menschen, den Planeten und Stärkung der Motivation, den Wandel zu gestalten

  • verhaltensbezogen: Umsetzung von praktischen Maßnahmen für nachhaltige Transformation im persönlichen, gesellschaftlichen und politischen Bereich

    (ebd., S. 17)

Wir sehen also, dass die o. a. Forderungen auch in der Roadmap Berücksichtigung finden, da es hier sowohl um kognitives Wissen als auch Werte und Haltungen sowie das konkrete Handeln geht.

Dies wird in der Berliner Erklärung zur Bildung für nachhaltige Entwicklung (Deutsche UNESCO-Kommission 2021) noch weiter konkretisiert. Sie entstand im Rahmen einer Weltkonferenz zur Bildung für nachhaltige Entwicklung und wurde organisiert von der UNESCO in Zusammenarbeit mit dem deutschen Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie der Deutschen UNESCO-Kommission als beratender Partnerin. Die Berliner Erklärung wurde im Mai 2021 angenommen von Vertreterinnen und Vertretern von Regierungen, internationalen und zwischenstaatlichen Organisationen und Nichtregierungsorganisationen, Zivilgesellschaften, Jugend, Wissenschaft, Wirtschaft und allen Bereichen des Lehrens und Lernens. Darin enthalten sind diverse (Selbst-)Verpflichtungen, die allesamt in Richtung eines veränderten Lernens weisen und die entscheidende Rolle der Bildung für die Transformation der Gesellschaft hervorheben. Hier sind einige Auszüge aus der Berliner Erklärung, die dies illustrieren:

„[…] sicherzustellen, dass BNE ein grundlegendes Element unserer Bildungssysteme auf allen Ebenen ist [...]“ (ebd., S. 2)

„[…] BNE in alle Bildungs- und Ausbildungsbereiche von der frühkindlichen Bildung bis zur Hochschul- und Erwachsenenbildung einschließlich der beruflichen Bildung sowie in die non-formale Bildung und das informelle Lernen aufzunehmen [...]“ (ebd., S. 3)

„[…] BNE mit gemeinsamem Schwerpunkt auf kognitiven Fertigkeiten, sozialem und emotionalem Lernen und Handlungskompetenzen [...] umzusetzen [...]“ (ebd., S. 3)

„[…] die Möglichkeiten von BNE für die Umgestaltung unserer Gesellschaften u. a. für einen besseren Zugang zu wissenschaftlichen Erkenntnissen und Datenaustausch zu nutzen, um Forschung, evidenzbasierte Politik, demokratische Entscheidungsfindung und die Anerkennung indigenen Wissens zu ermöglichen [...]“ (ebd., S. 3)

„[…] einen gesamtinstitutionellen Ansatz zu fördern und damit anzuerkennen, dass Lernende und Schulen durch demokratische Teilhabe sinnvoll in die nachhaltige Entwicklung eingebunden werden, indem ihre Einrichtungen zu Reallaboren für Partizipation und Bürgerbeteiligung, Chancen- und Geschlechtergerechtigkeit, Gesundheit, Naturverbundenheit und Respekt für die Umwelt, Energieeffizienz und nachhaltigen Konsum werden, in denen Bildung experimentell, handlungsorientiert, lokal zentriert und kulturspezifisch stattfindet und es Bildungsteilnehmerinnen und -teilnehmern ermöglicht, für das Leben zu lernen und das Gelernte zu leben.“ (ebd., S. 3)

„[…] auch die entscheidende Rolle der Lehrkräfte bei der Förderung von BNE anzuerkennen und in die Kompetenzentwicklung von Lehrenden und anderem pädagogischen Personal auf allen Ebenen zu investieren sowie einen bereichsübergreifenden Ansatz bei der Transformation der Bildung sicherzustellen […]“ (ebd., S. 3)

Die letzten beiden Sätze der Berliner Erklärung unterstreichen die Dringlichkeit, mit der das oben Genannte passieren soll: „Transformatives Lernen für Mensch und Erde ist überlebensnotwendig für uns und für künftige Generationen. Die Zeit zu lernen und für unseren Planeten zu handeln ist jetzt.“ (ebd. S. 5).

Die oben genannten Dokumente wurden alle auf internationaler Ebene verabschiedet, wobei die deutsche Bundesregierung in Bezug auf die Berliner Erklärung eine führende Rolle gespielt hat. Noch während dieser internationale Prozess voranschritt, hat die deutsche Bundesregierung in Gestalt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung im September 2017 den Nationalen Aktionsplan Bildung für nachhaltige Entwicklung auf den Weg gebracht. Auch in diesem Dokument finden wir die Betonung des eigenen Handelns:

Bildung für nachhaltige Entwicklung steht für eine Bildung, die Menschen zu zukunftsfähigem Denken und Handeln befähigt: Wie beeinflussen meine Entscheidungen Menschen nachfolgender Generationen oder in anderen Erdteilen? Welche Auswirkungen hat es beispielsweise, wie ich konsumiere, welche Fortbewegungsmittel ich nutze oder welche und wie viel Energie ich verbrauche? Bildung für nachhaltige Entwicklung ermöglicht es jedem und jeder Einzelnen, die Auswirkungen des eigenen Handelns auf die Welt zu verstehen und verantwortungsvolle Entscheidungen zu treffen. (Nationale Plattform BNE 2017, S. 7)

Der Nationale Aktionsplan BNE verschreibt sich explizit den in der Roadmap definierten fünf Handlungsfeldern. Er sieht BNE als Querschnittsaufgabe des gesamten Bildungswesens (vgl. ebd., S. 102) und sieht vor, dass BNE in den Lehr- bzw. Bildungsplänen verankert wird. Auch soll BNE strukturell in die Aus- und Weiterbildung von pädagogischen Fachkräften und Ausbildenden integriert werden, da sie als „wesentliche Akteure für die Umsetzung von BNE“ verantwortlich sind (vgl. ebd. S: 102). Der Nationale Aktionsplan sieht ebenfalls vor, dass „Qualitätskriterien und Indikatoren entwickelt werden“, um „die Qualität der BNE zu sichern und zu fördern“ (ebd. S. 102). Darüber hinaus soll – wie in den Handlungsfeldern der Roadmap gefordert – eine ganzheitliche Transformation von Lehr- und Lernumgebungen stattfinden. Insbesondere wird hierbei der Aspekt der Teilhabe fokussiert, sodass die o.a. Forderung nach der Mitgestaltung des eigenen Lernens an dieser Stelle Berücksichtigung findet:

„Ein wichtiger Aspekt für eine nachhaltige und zukunftsfähige Ausrichtung der Organisations- und Personalentwicklung in der jeweiligen Organisation ist die strukturelle Implementierung von BNE. Partizipation und Teilhabe sind wichtige Elemente für eine ganzheitliche Transformation von Lehr- und Lernumgebungen. Das bezieht die Leitungen der Bildungsinstitutionen, Lehrende, Lernende, Eltern, Kommunen und zivilgesellschaftliche Akteure ein. Dabei wird besonders auch die Partizipation junger Menschen als Zielstellung festgehalten.“ (ebd. S. 102)

Wie sieht es nun auf der Ebene der Bundesländer aus? Laut dem Nationalen Bildungsmonitor (Brock und Holst 2022) haben mit Berlin, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen bisher vier Länder BNE im Schulgesetz verankert oder in entsprechenden Runderlassen differenziert verankert. Vier weitere namentlich nicht benannte Länder stellen in ihren Schulgesetzen mehr oder weniger konkrete Bezüge zur nachhaltigen Entwicklung her (vgl. ebd. S. 5). Außerdem wurde die Leitlinie Bildung für nachhaltige Entwicklung in Baden-Württemberg (2016) und in Nordrhein-Westfalen (2019) entwickelt.

Im Folgenden soll die Leitlinie BNE des Landes Nordrhein-Westfalen etwas näher betrachtet werden: Vieles von dem, was in den o.a. internationalen Dokumenten und im Nationalen Aktionsplan Berücksichtigung findet, findet sich auch in der Leitlinie BNE und wird dort teilweise konkretisiert. Hier finden sich beispielsweise Merkmale für BNE-Lernprozesse, an denen sich Lehrende orientieren können bei der Konzeption von Unterrichtsvorhaben:

  1. 1.

    Auswahl und Bearbeitung von exemplarischen Fragestellungen in Hinblick auf Zukunftsrelevanz

  2. 2.

    Berücksichtigung mehrerer Dimensionen

  3. 3.

    Multiperspektivische Betrachtung (fachliche Zugänge, unterschiedliche Räume, zeitliche Perspektiven, Interessenlagen)

  4. 4.

    Förderung systemischen Denkens und der Vernetzung von Wissen

  5. 5.

    Berücksichtigung von Widersprüchen, Unwägbarkeiten, Risiken sowie Zielkonflikten und persönlichen Dilemmata

  6. 6.

    Eigenverantwortliche und partizipative Lernprozesse

    (Leitlinie BNE NRW 2019, S. 26)

Auch die Dimensionen für die multiperspektivische Betrachtung von unterrichtlichen Problemstellungen werden ausgewiesen. So greifen die Bereiche Politik, Ökologie, Ökonomie, Soziales und Kultur ineinander und eröffnen Dimensionen unterschiedlicher Inhaltsaspekte, wie beispielsweise Menschenrechte, Energieversorgung oder Artenvielfalt (vgl. ebd. S. 18). Folgerichtig finden wir den oben bereits mehrfach angesprochenen Aspekt des konkreten Handelns in der Leitlinie wieder, ebenso wie die Betonung von Partizipation und demokratischem Handeln:

„BNE zielt sowohl darauf ab, Lernende dazu zu befähigen, die miteinander vernetzten Probleme dieser Welt zu erkennen und zu verstehen, als auch darauf, dass sie sich mit der Bedeutung eigener Urteile und Handlungsmöglichkeiten in Bezug auf zukünftige Entwicklungen auseinandersetzen.“ (ebd. S. 11)

Kinder und Jugendliche sollen daran mitwirken können, Zukunft im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung zu gestalten, d. h. dazu beitragen können, eine sozial gerechte, wirtschaftlich erfolgreiche, ökologisch verträgliche, kulturell vielfältige und demokratische gesellschaftliche Entwicklung zu befördern und heute lebenden sowie nachfolgenden Generationen ein chancengerechtes und selbstbestimmtes Leben in Frieden zu ermöglichen (vgl. ebd., S. 6).

Sowohl das fächerübergreifende Lernen, als auch die Einbeziehung von BNE in den gesamten Schulalltag ist in der Leitlinie BNE mitgedacht:

„Die vorliegende Leitlinie zielt darauf, in Nordrhein-Westfalen BNE an allen Schulen systematisch in den fachbezogenen Unterricht, in das fächerübergreifende Lernen, in Projekte sowie allgemein in den Schulalltag einzubinden. Dabei soll BNE nicht als Additum, sondern als ein integraler Bestandteil einer umfassenden schulischen Bildung verstanden werden. Die anspruchsvolle Aufgabe von BNE kann weder durch Delegation an ein einziges Fach noch durch die Einführung eines neuen Schulfachs ‚BNE‘ bewältigt werden.“ (ebd. S. 6)

Dass BNE gerade nicht an ein einzelnes Fach delegiert werden, sondern „integraler Bestandteil“ (ebd., S. 6) schulischer Bildung sein soll, spricht für eine Umsetzung von BNE als gesamte Institution. Da die Leitlinie allerdings zwei Jahre vor der Berliner Erklärung erschienen ist, bleibt sie insbesondere in Bezug auf den Whole School Approach und klar definierte strukturelle Freiräume im Stundenplan zurück. Auch eine konsequente Veränderung der Prüfungsformate, die – z. B. mit Blick auf zentrale Prüfungen – nicht mehr zu den an vielen Stellen geforderten BNE-Lernprozessen passen, sind hier noch nicht berücksichtigt. Hier wäre es wünschenswert, in einer Neuauflage sowohl strukturelle Hilfen für die Umsetzung zu geben als auch die Prüfungsformate entsprechend anzupassen oder den Schulen mehr Wahlmöglichkeiten bzw. Freiräume zuzugestehen. Denn selbst wenn der Unterricht sich im Sinne von BNE-Lernprozessen verändert und die Schulen fächerverbindendes Lernen mit konkretem Handeln in der Schulgemeinde umsetzten, würde in den althergebrachten Prüfungsformaten weiterhin Wissen abgefragt, dessen Bezug zu konkretem Handeln in der Gesellschaft sich weder Lehrer*innen noch Schüler*innen erschließt.

3 BNE in Bildungssystemen der Stadt Dortmund

Auf kommunaler Ebene wird Bildung für nachhaltige Entwicklung seit Beginn des Jahres 2021 deutschlandweit in 48 Modellkommunen jeweils mit der Begleitung des BNE-Kompetenzzentrums umgesetzt. Eine dieser Modellkommunen ist die Stadt Dortmund, entsprechend sind seither viele unterschiedliche Projekte ins Leben gerufen worden und Kooperationen in Bezug auf BNE entstanden. So hat sich u. a. ein bildungsinstitutionenübergreifender Expert*innenrat gegründet, der das Regionale Bildungsbüro der Stadt Dortmund bei der Einführung des Whole School Approach in – zunächst – 25 ausgewählten BNE-Fokusschulen begleitet. Hier vertreten sind u. a. Leiter*innen verschiedener kommunaler Einrichtungen, z. B. des Regionalen Bildungsbüros und des Jugendamtes, Dezernent*innen der Schulaufsicht (der Bezirksregierung Arnsberg und der Stadt Dortmund), Vertreter*innen der Technischen Universität Dortmund und des ZfsL Dortmund. Diese Kooperation ist beispielhaft, weil sämtlichen Vertreter*innen gemein ist, dass sie BNE in die Bildung bringen und Lernen und Lehren zugunsten von Nachhaltigkeit verändern möchten. Darum besteht Einigkeit darüber – auch im Sinne von SDG 17 – in Bezug auf BNE möglichst vielfältige Kooperationswege zu etablieren und zu pflegen, die einen kontinuierlichen Austausch ermöglichen und gemeinsame Ideen ohne lange Umwege durch Abteilungen unterschiedlicher behördlicher Einrichtungen und deren Reibungsverluste auf den Weg zu bringen. Das gemeinsame Ziel ist, zunächst die o. a. 25 Schulen innerhalb von drei Jahren dabei zu unterstützen, den Whole School Approach umzusetzen.

Durch einen sogenannten Whole Institution oder Whole School Approach (WIA oder WSA) lässt sich BNE nicht nur in einzelnen Unterrichtsfächern oder vereinzelten Projekten implementieren, sondern bietet die Möglichkeit, BNE als gesamte Bildungseinrichtung umzusetzen. Der Vorteil dabei ist, dass weder Lehrer*innen, noch Schüler*innen oder Eltern BNE als Einzelkämpfer*innen vertreten müssen noch der Eindruck entstehen könnte, dass es sich bei der Nachhaltigkeit um ein vorübergehendes Phänomen handelt, weil die gesamte Institution BNE lehrt und gleichzeitig (vor-)lebt. Das bedeutet, dass BNE in sämtlichen Bereichen der Institution eine Rolle spielt, von den Lehrinhalten bis zur Gestaltung der Räume und der Außenanlagen, vom Mobilitätskonzept bis hin zu den Putzmitteln, die in der Bildungseinrichtung verwendet werden, vom Verpflegungskonzept der Cafeteria und/oder des Kiosks bis zur Kleidung aller in der Bildungseinrichtung Beteiligten, von den Materialien, die in der Verwaltung verwendet werden, bis hin zum achtsamen Umgang mit sich selbst, miteinander und mit dem gesamten Inventar der Bildungseinrichtung. Was hier ungeordnet aufgelistet ist, findet in der Mindmap des Entwicklungspädagogischen Informationszentrums Reutlingen (vgl. Wilcke, WIA-Mindmap) eine wohlsortierte Ordnung, die sich ausgezeichnet dazu eignet, eine Bestandsaufnahme von BNE in der eigenen Bildungseinrichtung zu machen. Auf diese Weise lässt sich mit Vertreter*innen der gesamten Schulgemeinschaft leicht feststellen, wo überall BNE bereits im Bewusstsein ist und/oder bereits umgesetzt wird und wo noch Konzepte nachgebessert oder neu geschaffen werden müssen. Mit dem Radmodell des epiz (Wilcke, WIA) lässt sich in einem weiteren Schritt dann direkt klären, welche nächsten Schritte unternommen werden und wer wofür verantwortlich sein soll. Diese und weitere Materialien dazu lassen sich sowohl beim epiz Reutlingen als auch im BNE-Portal des Bundesministeriums für Bildung und Forschung sowie in einer umfangreichen Handreichung bei Greenpeace finden. Entscheidend ist, dass einfach begonnen wird, wobei es relativ gleichgültig ist, wo. Wichtig ist allerdings – so legen es die Forschungsergebnisse von Marcus Pietsch von der Leuphana Universität in Lüneburg nahe –, dass die jeweilige Leitung der Bildungseinrichtung sich an der Entwicklung beteiligt und sich klar zu BNE positioniert. Insgesamt jedoch sind sich die Forschenden weitgehend einig, dass der WIA/WSA der wirksamste Ansatz ist, um BNE in (Bildungs-)Institutionen zu verankern und darüber hinaus nachhaltig auf die Menschen zu wirken – auch nachdem sie die Institution wieder verlassen haben (vgl. Pietsch 2023).

Um einen WIA umsetzen zu können, braucht es folglich Veränderungen in sämtlichen Bereichen, darunter auch in der Gestaltung der Unterrichtsvorhaben: Schüler*innen müssen mehr Verantwortung für den eigenen Lernprozess übernehmen, Lehrer*innen müssen ihre Rolle neu definieren und Schüler*innen mehr in ihren Lernprozessen begleiten, d. h. partizipative Lernszenarien gestalten, die den Schüler*innen mehr Freiräume lassen. Dafür brauchen Lehrkräfte eine veränderte Haltung sowie Kriterien und Indikatoren für die Umsetzung: Letztere lassen sich finden in dem Framework A Rounder Sense of Purpose (RSP). Sie enthält Kompetenzen, die weitgehend mit ganzheitlichem Denken zu tun haben, Vorstellungen von Veränderung und Verwirklichung von Transformation, idealerweise auf institutioneller oder Systemebene (vgl. RSP o. J.). Dabei soll nicht der Eindruck entstehen, dass an einzelnen Kompetenzen isoliert gearbeitet werden könne, sondern dass, ähnlich einem Uhrwerk, immer an verschiedenen Rädchen gleichzeitig gedreht werden müsse. Auffällig ist hierbei allerdings die Anzahl der persönlichen Kompetenzen, die für einen WIA/WSA eine sehr wichtige Rolle spielen, denn nur wer gelernt hat, eine positive Beziehung mit sich selbst aufzubauen, kann auch mit anderen eine positive Beziehung eingehen und lernen, gut mit seiner Umwelt umzugehen. Oder in den Worten der Transformationsforscher Westley, Zimmermann und Patton: „In komplexen Systemen sind Beziehungen der Schlüssel. Verbindungen oder Beziehungen bestimmen, wie komplexe Systeme funktionieren; eine Organisation besteht aus ihren Beziehungen, nicht aus ihrem Flussdiagramm.“ (Westley et al., S. 7). Aus diesem Grund könnte ein weiteres Framework hilfreich sein, nämlich die Inner Development Goals (IDG), die sich dem Wachstum jeder einzelnen Person in fünf verschiedenen aufeinander aufbauenden Kompetenzbereichen befassen:

Sein – Beziehung zu sich selbst

Denken – kognitive Fähigkeiten

Teilhaben – sich für andere Menschen und für die Welt einsetzen

Zusammenwirken – Sozialkompetenz

Handeln – Veränderung ermöglichen (Inner Development Goals o. J.)

Auch, wenn auf weiterführende Implikationen in Bezug auf den WIA/WSA an dieser Stelle nicht eingegangen werden kann, dürfte hinreichend klar geworden sein, dass sich unsere Bildungseinrichtungen verändern müssen. Gemäß den Befunden von Brock und Holst (2022) gilt dies auch – oder ganz besonders – für die Zentren für schulpraktische Lehrerausbildung, da die angehenden Lehrer*innen in weiten Teilen in der ersten Phase der Lehrerausbildung keine oder nur wenige Berührungspunkte mit BNE hatten. Spätestens im Vorbereitungsdienst müssten Lehramtsanwärter*innen also lernen – oder besser noch: erfahren – wie BNE-Lehr-Lernprozesse angelegt werden können. Darum sei hier nun am Beispiel des ZfsL Dortmund erklärt, wie ein WIA ablaufen kann.

3.1 Der Whole Institution Approach am ZfsL Dortmund

Die Neuausrichtung der täglichen Arbeit im ZfsL Dortmund anhand der 17 Nachhaltigkeitsziele beginnt Ende 2020 mit drei Personen, die sich zu einer gemeinsamen Besprechung treffen, um sich über ihre Ideen zur BNE-Arbeit in einer Bildungseinrichtung auszutauschen. Die eine ist Studienreferendarin, hat vorher im Regionalen Bildungsbüro der Stadt Dortmund gearbeitet und führt diese Tätigkeit auch während des Vorbereitungsdienstes weiter. Sie ist mit zuständig für BNE-Projekte an Dortmunder Schulen, besonders für das Schulgartenprojekt. Die zweite ist als Seminarausbilderin im überfachlichen Bereich und im Fach Englisch tätig und hat eine einjährige BNE-Qualifizierungsmaßnahme der Bezirksregierung Arnsberg durchlaufen. Der dritte ist der Leiter des ZfsL Dortmund, kommt aus der kirchlich-ökumenischen Arbeit und ist geprägt von dem konziliaren Prozess „Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung“. Die drei sind sich einig, dass der am ZfsL Dortmund startende BNE-Prozess eine Anbindung an alle Arbeits- und Lebensbereiche geben muss: Die Idee vom Whole Institution Approach (WIA) am ZfsL Dortmund ist geboren. Erste Gedanken und Ideen werden in einem gemeinsamen Arbeitsprozess fixiert und geordnet:

Abb. 1
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Ideen-Sammlung

Eine wichtige Erkenntnis ergibt sich ziemlich bald: Der BNE-Prozess ist in einer Bildungseinrichtung wie dem ZfsL nur zu stemmen, wenn mehr Interessierte und Begeisterte gefunden werden, um die Arbeit auf viele Schultern zu verteilen. Als Werbemaßnahme wird ein kurzer Film gedreht, in welchem zur Mitarbeit am BNE-Prozess am ZfsL Dortmund aufgerufen wird. Die Reaktion ist umwerfend und eine BNE-AG mit Vertreter*innen aller Lehrämter wird gegründet. Nun nimmt die BNE-Arbeit am ZfsL Dortmund Fahrt auf.

3.1.1 Die Beteiligten am Dortmunder Whole Institution Approach

Der BNE-Prozess am findet auf mehreren Ebenen statt und wird von unterschiedlichen Personen verantwortet bzw. unterstützt. Es entsteht ein Netz mit vielfältigen Kontakten nach außen und unterschiedlichen Verantwortungsbereichen nach innen:

Das BNE-Orgateam: Es besteht aus drei Personen, die die gesamte Arbeit im ZfsL Dortmund organisieren, Vernetzungsarbeit betreiben und repräsentative Aufgaben in der Öffentlichkeit wahrnehmen. Sie stehen in häufigem Austausch miteinander.

Die BNE-AG: Mittlerweile beteiligen sich 10 bis 15 Personen an der BNE-Arbeit. Jeden ersten Freitag im Monat findet ein digitales Treffen statt. Gemeinsame Aktionen stärken den Zusammenhalt (z. B. Besuch eines Lernbauernhofes, Durchführung eines Planspiels). Hier in der AG werden Ideen geboren, Aufgaben verteilt und Informationen in die einzelnen Seminare weitergegeben. Gemeinsam wird für das ganze Kollegium (170 Seminarausbilder*innen) ein BNE-Fachtag vorbereitet und durchgeführt.

Das Leitungsteam: Ihm gehören der ZfsL-Leiter und die fünf Seminarleitungen an. Zentrale Fragen der BNE-Arbeit, die in die konkrete Ausbildungsarbeit einfließen, werden hier besprochen, Aufgaben an das BNE-Orgateam und die BNE-AG formuliert und deren Arbeit unterstützt.

Die ZfsL-Konferenz: Sie ist das oberste demokratische Gremium mit paritätischer Besetzung aus Ausbildenden und Auszubildenden. Hier werden Grundsätze der BNE-Arbeit beschlossen und dem BNE-Orgateam sowie der BNE-AG ein Votum für die inhaltliche und organisatorische Arbeit erteilt. Auch die Umweltleitlinien des ZfsL Dortmund sind hier verabschiedet worden (s. u.).

Das Umweltteam: Es ist aus einer Zertifizierungsmaßnahme des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV, s. u.) hervorgegangen und kümmert sich v. a. um die Bereiche, die nicht genuin mit der Ausbildung zusammenhängen (Verwaltung, Gebäude und Gelände). Ihm gehören Personen aus dem Leitungsteam und der Verwaltung an (ehemals auch aus dem Informationstechnischen Dienst).

Die Verwaltung: Sechs Sachbearbeiterinnen arbeiten gemeinsam an einzelnen SDGs und machen diese in ihrer täglichen Verwaltungsarbeit lebendig.

Die Kantine: Das Kantinenteam nimmt an Veranstaltungen des LANUV teil, bezieht vermehrt biologische, regionale und faire Produkte mit ein und erweitert das Speisenangebot um vegetarische und vegane Produkte.

Der Vermieter: Der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW (BLB) zeigt sich als interessierter und kompetenter Ansprechpartner in Sachen Klimaneutralität; es besteht mit dem zuständigen Objektmanager ein reger Austausch mit dem Ziel, das Bestandsgebäude nachhaltig zu sanieren und visionär einen klimaneutralen Erweiterungsbau zu errichten. Für die Planung des Neubaus besteht eine Zusammenarbeit mit dem Department Architektur unter Univ.-Prof. Michael Lenhart von der Universität Siegen.

Der Förderverein: Er unterstützt finanziell die BNE-Arbeit im ZfsL (u. a. Anfertigung von 17 Sitzwürfeln in den SDG-Farben und mit den entsprechenden Logos von einer Klasse eines Berufskollegs aus der Ausbildungsregion).

Das Seminar Haupt-​, Real-, Sekundar-​ und Gesamtschule (HRSGe): Es ist das erste lehramtsbezogene Seminar, in welchem flächendeckend alle Auszubildenden zu BNE-Botschafter*innen ausgebildet werden (s. u.).

Das Gesamtkollegium: Es wird Stück für Stück in den WIA mit einbezogen. Auf einem Fachtag im August 2023 sind alle Fachleitungen mithilfe eines Planspiels in die Welt der 17 SDGs eingeführt worden und haben auf einem Markt der Möglichkeiten beispielhafte Umsetzungen für die SDGs aus der Region und überregional kennengelernt.

Die Auszubildenden: Sie sind die Muliplikator*innen der BNE-Arbeit am ZfsL in den Ausbildungsschulen und später in den Schulen der Festanstellung.

Die anderen ZfsL: Durch eine immer stärkere Vernetzung unter den 33 ZfsL wird die BNE-Arbeit weiter in die zweite Phase der Lehrkräfteausbildung getragen und zu einem wichtigen Fundament der Ausbildungsarbeit.

Die Bezirksregierung: Sie unterstützt durch Vernetzung und fachlichen Support.

Das Ministerium: Es sorgt durch die AG „Aktualisierung des Kerncurriculums“ dafür, dass BNE in das zentrale Dokument der zweiten Phase der Lehrkräftebildung mit aufgenommen wird.

3.1.2 Die Schaffung einer gemeinsamen Basis für die BNE-Arbeit am ZfsL Dortmund

Am 09.03.2023 beschließt die ZfsL-Konferenz folgende Umweltleitlinien für das Leben und die Arbeit im ZfsL Dortmund:

  • Wir gehen gemeinsam einen Weg, der über den Whole Institution Approach führt und durch den alle Bereiche im ZfsL Dortmund (Verwaltung, Gebäude, Lehre, soziales Miteinander) auf der Grundlage der 17 SDGs kritisch überprüft werden.

  • Wir stellen uns der Herausforderung, in einem Gebäudealtbestand so viele Veränderungen wie möglich vorzunehmen, die dem Ziel der Klimaneutralität dienen.

  • Wir arbeiten aktiv an der Reduzierung des Individualverkehrs mit Verbrennermotoren und dem Ausbau eines klimaneutraleren Anreiseverhaltens.

  • Durch Nudging (gegenseitigen Anstoßen, „Anstupsen“) möchten wir uns gegenseitig an einen anderen Blick auf unsere Ressourcen gewöhnen und aktiv Ideen für die Umsetzung kreieren.

  • Als Teil des BNE-Netzwerkes der BINAKOM-Kommune Dortmund sehen wir uns verpflichtet, besonders im Bereich der Bildung Nachhaltigkeitsprojekte der Kommune zu entwickeln, zu unterstützen und zu begleiten.

Die Umweltleitlinien werden alle Beteiligten im ZfsL Dortmund bei ihrer Arbeit und ihrem Verhalten begleiten, regelmäßig zum Innehalten einladen und Anregungen geben für die Fortsetzung des WIA vor Ort.

3.1.3 Nachhaltige Verwaltungsarbeit im Rahmen des Whole Institution Approach am ZfsL Dortmund

Das Verwaltungsteam (bestehend aus dem ZfsL-Leiter und den sechs Sachbearbeiterinnen) führt wöchentliche kurze Teamtreffen und monatlich eine längere (meist zweistündige) Dienstbesprechung durch, in der alle wichtigen Angelegenheiten die Verwaltungsarbeit und das Gebäude betreffend besprochen und geklärt werden. Zudem finden zweimal im Jahr ganztägige gemeinsame Veranstaltungen im Rahmen eines extern moderierten Teambildungsprozesses statt. Mit Blick auf die 17 SDGs gibt es eine Erstbegegnung über eine Taskcard (eine digitale Pinwand). Ideen zur Umsetzung der einzelnen Ziele in die ZfsL-Arbeit werden hier gesammelt und erste Absprachen für Veränderungen im Haus auf einer gemeinsamen Dienstbesprechung des Verwaltungsteams mit dem gesamten Leitungsteam und den Kollegen vom Informationstechnischen Dienst getroffen. Dabei findet keine kriteriale Auseinandersetzung mit den SDGs statt, sondern eine persönliche Begegnung mit persönlicher inhaltlicher Füllung.

Eine kriteriale und strukturiertere Herangehensweise erfährt die Verwaltungsarbeit durch die Teilnahme an einem Landesprogramm des LANUV. Im Sommer 2021 wird vom LANUV zum ersten ÖKOPROFIT-Konvoi für Landesverwaltungen aufgerufen. In dieser Maßnahme, die bereits über viele Jahre erfolgreich mit Unternehmen durchgeführt worden ist, geht es um begleitete Veränderungsprozesse hin zu nachhaltig gestalteten und geführten Einrichtungen. Von den eingegangenen Bewerbungen werden zehn Landeseinrichtungen ausgewählt, darunter auch das ZfsL Dortmund. Die weiteren beteiligten Einrichtungen sind: Bezirksregierung Arnsberg, Bezirksregierung Düsseldorf, Institut für öffentliche Verwaltung NRW, Justizvollzugsanstalt Köln, Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei NRW, Landesbetrieb IT.NRW, Landesbetrieb Straßenbau NRW, Landesbetrieb Wald und Holz NRW und das Landgericht Münster. In zahlreichen Workshops, regelmäßigen Vor-Ort-Besuchen und vielfältig zu erledigenden Aufgaben erhalten die beteiligten Landeseinrichtungen einen neuen Blick auf die eigene Arbeit und werden für Nachhaltigkeitsfragen sensibilisiert. An diesem professionellen Prozess beteiligt sich das ZfsL Dortmund und wird im Dezember 2022 im Ministerium für Umwelt und Verkehr als Nachhaltige Landesverwaltung NRW ausgezeichnet. Veränderungen in der Verwaltungsarbeit haben sich v. a. in folgenden Bereichen ergeben:

  • Reduzierung des Papierverbrauchs (z. B. weniger drucken und kopieren, beidseitiger Druck als Standardeinstellung, Reduzierung der Flipcharts auf ein vertretbares Minimum, Abschaffung der Drucker in den Leitungsbüros)

  • Umstellung des Papiers auf zertifiziertes Recyclingpapier

  • Keine Anschaffung mehr von kunststoffhaltigem Material in der Verwaltung

  • Einkauf von Material für die Verwaltung über nachhaltige und faire Anbietende

  • Neues Müllkonzept (in der Verwaltung nur noch zwei zentrale Müllsammelstellen mit Mülltrennung, keine Müllbehälter mehr in den Büros), Übertragung dieses Konzeptes auf das gesamte ZfsL

  • Gespräche mit dem Vermieter über nachhaltige Veränderungen im Gebäude (Aufrüstung des Daches mit Begrünung und PV-Anlage, Konversion der Beleuchtungsanlage auf LEDs, bei anstehender Sanierung Entfernung des Warmwassersystems, Installation von Wasserdurchlaufbegrenzern, Einbau einer modernen Heizanlage)

  • Nudging für ZfsL-Öffentlichkeit durch ÖKOPROFIT-Aufkleber an sensiblen Stellen mit begleitender Öffentlichkeitsarbeit

Dieser Prozess wird unter Federführung des Umweltteams weiter fortgesetzt. In der Verwaltung werden nach und nach einzelne SDGs priorisiert, zu diesen dann Umsetzungsideen erarbeitet und exemplarisch an einigen Umsetzungen gearbeitet. Gleichzeitig findet eine Fortsetzung des gegenseitigen Austauschs mit den anderen beteiligten Landesverwaltungen (organisiert vom LANUV) sowie eine Vernetzung mit ÖKOPROFIT-Unternehmen vor Ort statt (organisiert von der Wirtschaftsförderung). Zudem besteht ein Austausch mit anderen ZfsL, die sich auch auf den Weg gemacht haben, BNE zu einem wichtigen Fundament der eigenen Ausbildungs- und Verwaltungsarbeit zu machen.

3.1.4 Der sich ändernde Blick auf das Gebäude und die Außenanlagen

Von Anfang an ist der Blick aller Beteiligten auch auf das Gebäude und seine Außenanlagen gerichtet. In der BNE-AG werden vielfältige Ideen kreiert und in einer Vorschlagsliste für den Vermieter des Gebäudes, den Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW, zusammengestellt. Gespräche mit dem Vermieter zeugen von einer sehr großen Offenheit und werden aktiv in die Mietvertragsverhandlungen mit aufgenommen. Hierzu zählen eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach, ebenso eine Begrünung des Daches, die Umstellung der gesamten Lichtanlage auf LED-Leuchtmittel, die Erneuerung des Heizungssystems mit Nutzung von Erdwärme, der Rückbau der Warmwasserleitungen sowie der Warmwasseraufbereitungsanlage im Rahmen der Kernsanierung des Gebäudes. Besonders herausfordernd ist die visionäre Konzeption eines Erweiterungsbaus, den der BLB Dortmund mit dem Department Architektur der Universität Siegen (Univ.-Prof. Michael Lenhart) gemeinsam plant. Angedacht ist eine 100-%ige Klimaneutralität mit einer großzügigen Unterstellmöglichkeit für Fahrräder (samt Aufladestationen für E-Bikes). Im Außenbereich sollen E-Ladesäulen installiert werden und die großzügig vorhandenen Grünflächen erhalten bleiben.

3.1.5 Die Ausbildung angehender Lehrkräfte

Das Leitungsteam ist sich einig, dass BNE Schritt für Schritt in die Ausbildungsarbeit integriert werden sollte. So soll erst einmal in einem lehramtsbezogenen Seminar gestartet werden. Den Zuschlag erhält das Seminar für das Lehramt an Haupt-, Real-, Sekundar- und Gesamtschulen (HRSGe), das einen neuen Jahrgang zum November 2022 einstellt. Bei der Vereidigung erhalten alle Auszubildenden eine beliebige Karte mit einem SDG (eine Reduzierung auf zehn SDGs hat im Vorfeld stattgefunden) – auf der Rückseite ist ein QR-Code zu einer Taskcard, über die alle mit derselben Karte ihre Ergebnisse im Laufe des Vorbereitungsdienstes kommunizieren können. Im Verlauf des Vorbereitungsdienstes werden mehrere Zeitfenster für die thematische Erarbeitung freigehalten, Workshop-Tage organisiert und BNE-Projekte an den Ausbildungsschulen durchgeführt. Geplant ist, dass eine Jury am Ende des Durchgangs die Projekte auswertet und Preise für die besten Projekte vergibt, welche vom Förderverein gestiftet werden. Mit dem Zeugnis erhalten die Auszubildenden eine Bescheinigung als BNE-Botschafter*in. Die BNE-Schwerpunktsetzung im Seminar HRSGe wird vom Institut für Allgemeine Didaktik und Schulpädagogik der TU Dortmund durch ein Promotionsprojekt wissenschaftlich begleitet und ausgewertet.

Für weitere Impulse in der Ausbildungsarbeit sorgt ein Fachtag für das gesamte Kollegium, an dem über das in Kleingruppen durchgeführte Planspiel Sustain2030 und vielfältige Angebote im Rahmen eines Markts der Möglichkeiten BNE stärker in die Ausbildungsarbeit aller Seminare eingebunden werden soll. Mit Blick auf die inhaltliche Einbindung wird sehr eng mit den Ausbildungsschulen, den Kommunen und der Schulaufsicht zusammengearbeitet.

3.1.6 Das ZfsL Dortmund in einem immer größer werdenden BNE-Netzwerk

Von Anfang an betreibt das BNE-Orgateam eine intensive Vernetzungsarbeit. Wichtige Kooperationspartner sind die Stadt Dortmund als BINAKOM-Kommune (hier vor allem die BNE-Servicestelle im Regionalen Bildungsbüro) und das Schulamt Dortmund (hier vor allem die Generalistin für BNE). Das ZfsL Dortmund ist im BNE-Expert*innenrat der Stadt vertreten und unterstützt das Projekt „BNE-Fokusschulen“ durch inhaltlichen und personellen Support. Mit der Technischen Universität Dortmund wird auf mehreren Ebenen zusammengearbeitet. Das BNE-Büro der TU Dortmund begleitet die Arbeit der BNE-AG, die Qualifizierung der Auszubildenden im Lehramt HRSGe zu BNE-Botschafter*innen wird vom Lehrstuhl für Allgemeine Didaktik und Schulpädagogik von einer Doktorandin wissenschaftlich unterstützt. Weitere sind mit dem Lehrstuhl von Frau Prof. Dr. Claudia Gärtner und im Rahmen des Praxissemesters geplant.

Im Herbst 2021 wird im ZfsL Dortmund der Change School Summit durchgeführt. Schulteams aus ganz Deutschland haben an zwei Tagen in den Räumen und unter Beteiligung des ZfsL einen intensiven Input zu Nachhaltigkeitsfragen erhalten, gemeinsam an Visionen gearbeitet und vielfältige Anregungen für die eigene Arbeit mitgenommen.

Beim Hochschulnetzwerk BNE in der Lehrkräftebildung in NRW, das am Geografie-Lehrstuhl von Prof. Dr. Andreas Keil der Bergischen Universität Wuppertal beheimatet ist, ist das ZfsL Dortmund Mitglied der Arbeitsgruppe „Kooperation zwischen Schule, Hochschule, ZfsL und außerschulischen Lernorten“.

Über den LANUV wird ein Austausch nachhaltiger Landesverwaltungen in NRW organisiert, in welchem sich das ZfsL durch Ideen, Beispiele und Visionen beteiligt (s.o).

Weitere Kooperationspartner sind u. a. die Wirtschaftsförderung der Stadt Dortmund, der BNE-Generalist der Bezirksregierung Arnsberg, die WirkStatt, LehrKRÄFTEbildung für Nachhaltigkeit und Schule der Zukunft.

3.1.7 Weitere Schritte mit dem Whole Institution Approach in die Zukunft des ZfsL Dortmund

Die letzten Jahre haben gezeigt, welche Dynamik solch ein breit angelegter Veränderungsprozess für eine Institution und die in ihr arbeitenden Personen bedeutet. Zum einen erfahren sich alle Beteiligten als Lernende, die sich in neue Arbeitsfelder einarbeiten und sich gegenseitig bereichern. Zum anderen entsteht ein neues Zusammengehörigkeitsgefühl, da das gemeinsame Leben und Arbeiten im ZfsL zu einem gegenseitigen Austausch, zur Kreation immer neuen Ideen und zu einem stärkeren Verantwortungsgefühl für das Haus, für die Menschen, für die Region und darüber hinaus für die Welt entsteht. Bereits begonnene Projekte werden fortgeführt, neue kommen hinzu. Dies geschieht nicht nach einem festgelegten Fahrplan, in dem auf Meilensteine hingearbeitet wird. In einem sehr agilen Prozess wird ständig resümiert, werden neue Bedarfslagen eruiert und auf Entwicklungen reagiert. Folgende Projekte ergeben sich in den unterschiedlichen Arbeitsfeldern:

Ausbildungsarbeit

  • Die Leitlinie BNE gibt reichhaltige Impulse für eine fächerbezogene Integration von BNE in die Ausbildungsarbeit.

  • Die auf das Lehramt HRSGe bezogene BNE-Arbeit führt zur Kooperation mit der Deutschen Arbeitsschutzausstellung in Dortmund (DASA), durch die alle Auszubildenden die Gelegenheit haben, an weiterführenden BNE-Programmen teilzunehmen.

  • Vom Seminar für das Lehramt HRSGe geht ein Impuls auf die anderen lehramtsbezogenen Seminare aus, der zu einer schrittweisen Vertiefung von BNE-Themen in der Ausbildungsarbeit führt.

  • Die Mitarbeit an dem Projekt BNE-Fokusschulen lässt das ZfsL als regionalen BNE-Player in Erscheinung treten und Verantwortung in der Bildungslandschaft für BNE-Themen übernehmen.

  • Das ZfsL Dortmund wirkt an der landesweiten Vernetzung der BNE-Arbeit aller in der zweiten Phase der Lehrkräftebildung tätigen und verantwortlichen Personen mit. Entscheidende Impulse hierfür kann der 58. BAK-Seminartag 2024 in Dortmund des Bundesarbeitskreises Lehrerbildund (BAK) geben, der auch in den Räumlichkeiten des ZfsL Dortmund stattfindet.

Verwaltungsarbeit

  • Ein Verzicht auf Papier im Haus macht nur dann Sinn, wenn sich der Umgang mit digitalen Medien an Nachhaltigkeitskriterien orientiert. Hierzu gehören ein geringerer Energieverbrauch bei der Nutzung (z. B. über bewussteren Umgang mit Mails, Ausschalten von Kameras bei Videokonferenzen, Einsparung von Serverkapazitäten durch Verringerung der gespeicherten Daten), ein bewusstere Einkauf von digitalen Medien sowie ein Wechsel des Stromanbieters. Eine notwendige Auseinandersetzung mit dem Verhältnis von Digitalisierung und Nachhaltigkeit wird in den nächsten Jahren die Arbeit im ZfsL Dortmund begleiten.

  • In einer Bildungseinrichtung mit täglichem Ausbildungsbetrieb sowie zahlreichen externen Veranstaltungen kann auch dieser Arbeitsbereich auf der Grundlage von Nachhaltigkeitskriterien umstrukturiert werden. Hierfür gibt es bereits genügend Unterstützungsangebote und Anregungen.

  • Das ZfsL Dortmund beteiligt sich an den Netzwerktreffen im Rahmen des Projekts „Klimaneutrale Landesverwaltung NRW 2030“.

Das Gebäude und die Außenanlagen

  • Die angedachten Veränderungen des Gebäudes und der Außenanlagen nach Nachhaltigkeitskriterien sind nur im Rahmen eines neuen längerfristigen Mietvertrages zwischen der Bezirksregierung Arnsberg und dem Bau- und Liegenschaftsbetrieb möglich. Das ZfsL Dortmund als die das Gebäude nutzende Einrichtung ist bei aller Kreativität abhängig von den zur Verfügung stehenden Mitteln des Landes.

  • Abfragen für den erwarteten Bedarf an E-Ladesäulen sind bereits vom Vermieter durchgeführt worden, ebenso eine Sichtung und Überprüfung des Daches mit Blick auf eine Begrünung sowie Installation einer Photovoltaik-Anlage. Auch um Projektmittel kümmert sich der Vermieter, um die gesamte Lichtanlage auf LED umzustellen.

  • Die Sensibilisierung der Mitarbeitenden im Haus ist ein weiterer Schritt im Umgang mit dem Gebäude und den Außenanlagen, um Ressourcen zu schonen, Einsparungen vorzunehmen und genauer hinzuschauen. Eine diesbezügliche Schulung für Personen in der Verwaltung und Leitung findet im Rahmen des Programms missionE statt. Dieses Programm unterstützt bei der Umsetzung vor Ort und stellt Material sowie Tools zur Verfügung.

Die beteiligten Personen

  • Im ZfsL Dortmund ist allen bewusst, dass die Entwicklung des ZfsL Dortmund hin zu einer nachhaltigen Bildungseinrichtung ein langer Prozess ist. Dies bedeutet für alle Beteiligten ein hohes Maß an Geduld und Frustrationstoleranz. Das BNE-Orgateam ist in Zusammenarbeit mit dem Leitungsteam gefordert, diesen Prozess mit größtmöglicher Sensibilität zu begleiten und immer wieder Stopps einzubauen, an denen die Beteiligten innehalten, durchatmen und auftanken können.

  • Damit eine niveauvolle inhaltliche Ausbildungsarbeit möglich ist, sind thematische Inputs ebenso gefragt wie Fortbildungen und Exkursionen zu anderen Einrichtungen.

  • Nach wie vor ist Überzeugungsarbeit zu leisten, denn Personen im Haus, die der BNE-Arbeit kritisch gegenüberstehen, zeigen deutlichen Widerstand, da ihres Erachtens „eine neue Sau durchs Dorf getrieben wird“ und „die fachliche Tiefe der Ausbildung an Bedeutung verliert“. Neue Wege sind gemeinsam zu gehen, um die fachliche Expertise in eine stärker projektorientierte BNE-Arbeit zu integrieren und als notwendige Grundlage für eine qualitativ anspruchsvolle BNE-Arbeit zu nutzen.

  • Die Beteiligungsprozesse im Haus müssen weiter ausgebaut werden. Bisher finden schon viele Entscheidungsprozesse nach dem Bottom-up-Prinzip statt und es wird eine flache Hierarchie gelebt. Dennoch ist Raum für offenere Ausbildungsstrukturen, ein höheres Maß an Beteiligung an vorhandenen und noch neu zu gründenden Gremien sowie eine breitere Verteilung von Verantwortlichkeiten.

4 Fazit

Wie zu Beginn dargestellt, nimmt SDG 4 „Hochwertige Bildung“ Einfluss auf andere SDGs, auch auf das SDG 13 „Klimaschutz und Anpassung“. Hier schließt sich der Kreis: Wenn Bildung so wirkmächtig ist, dass sie Gesellschaft verändern kann, dann kann eine veränderte Haltung, die wir für den WIA/WSA brauchen – also eine erhöhte Achtsamkeit, guter Umgang mit sich selbst, mit anderen und mit der (Um-)Welt in Kombination mit BNE-Lernprozessen, die allesamt das soziale Lernen viel mehr betonen als wir das bislang kennen – dazu führen, dass Klimaverantwortung nicht nur als Aufgabe der gesamten Gesellschaft gesehen, sondern auch gelebt wird.