Trauerfeier und Abschiedsrituale im Waldfriedhof

„Es soll sich für Familie und Freunde richtig anfühlen“

Fee Vogel hat als Bestatterin und Trauerbegleiterin bei „lebensnah“ schon vielen Menschen beigestanden und geholfen, den Abschied so harmonisch und individuell wie gewünscht und möglich zu gestalten. In Wäldern erlebt sie häufig eine offene und gelassene Stimmung bei den Trauergästen, wozu auch die Bäume beitragen. Wir haben sie gefragt, wie sie zu ihrem außergewöhnlichen Beruf gefunden und ihren „lebensnahen“ Stil entwickelt hat. Und natürlich auch, was Waldfriedhöfe so besonders macht und wie Trauerfeiern unter Bäumen gestaltet werden können.

Fee Vogel in den Räumen ihres Bestattungshauses „lebensnah“ in Bonn Oberkassel. Foto: privat

Auf Ihrer Webseite Lebensnah-Bestattungen.de schreiben Sie, dass Sie „Pionierarbeit für eine moderne Abschiedskultur in Deutschland“ leisten. Was zeichnet eine moderne Abschiedskultur aus und wann hat dieser Modernisierungsprozess begonnen?

Früher war Abschiednehmen Teil des Alltags: Die Menschen starben zuhause; alle – auch Kinder – waren dabei. Diese Natürlichkeit des Abschiednehmens haben wir mit der Verlagerung des Sterbens in Krankenhäuser und Heime ein Stück weit verlernt und auch die bekannten (vornehmlich christlichen) Rituale sind nicht mehr für alle Menschen passend. Letztlich ist die moderne Abschiedskultur wie unsere Leben geprägt von dem Wunsch nach Individualität.

Fee Vogel

Dazu kann das gemeinsame Versorgen und liebevolle Ankleiden gehören oder vielleicht auch die selbstgebaute Urne. Das kann ein „klassischer“ Gottesdienst sein, aber eben auch Picknick im Park oder eine Feier im Museum. Mit dem Wissen um das, was im Prozess passiert, kann eine bewusste Entscheidung gefällt werden, welche Schritte selbst gemacht und welche abgegeben werden sollen. Hier begleiten und unterstützen wir, um das auch im Wirrwarr der Trauer entscheiden zu können.

Individuell Abschied nehmen - das wünschen sich immer mehr Menschen. Das Bestattungshaus lebensnah erfüllt diese Wünsche – auch wenn dafür Mützen gehäkelt werden müssen. Foto: lebensnah

Individuell Abschied nehmen – das wünschen sich immer mehr Menschen. Das Bestattungshaus lebensnah erfüllt diese Wünsche – und bezieht dabei gerne auch persönliche Gegenstände in die Dekoration am Abschiedstag mit ein. Foto: lebensnah

Wie kam es zu der Gründung von „lebensnah“ und wie zu dem außergewöhnlichen Namen?

Eric Wrede, der lebensnah in Berlin gegründet hat, war Musikmanager, bevor er Bestatter wurde. Ich selbst habe eine Kommunikationsagentur geführt, als ich von der ehrenamtlichen Trauerbegleitung in die Bestattung kam und so sind viele Geschichten bei „lebensnah“. Der Name ist vor allem Programm, denn er beantwortet einfach die Frage, wie wir Abschiede gestalten wollen – gemeinsam mit den Menschen und nah am Leben!

Entscheiden sich Ihrer Meinung nach in den letzten Jahren immer mehr Menschen für unkonventionelle Bestattungen in der Natur und falls ja, welche natürlichen Orte sind die beliebtesten und warum?

Bestattungen unter Bäumen und auf See sind sehr beliebt – oft gibt es einen Bezug zum Leben der Verstorbenen, die gerne im Wald oder am Wasser waren. Aber auch, weil diese Orte etwas Friedliches haben. Zudem kann ich dem Menschen stellvertretend an jedem Baum oder Wasser nah sein. Nicht zuletzt ist es für viele Menschen aber auch wichtig, den Pflegeaufwand gering zu halten. Viele Menschen wollen ihrer Familie keine regelmäßige Grabpflege mehr zumuten beziehungsweise leben so weit voneinander entfernt, dass dies gar nicht möglich wäre.

Der Andachtsplatz im Waldfriedhof Eifel.

Foto: Waldfriedhof Eifel – Bestattung & Naturschutz

Ein Abschied unter Bäumen: So sieht der Andachtsplatz im Waldfriedhof Eifel aus. Unter der mächtigen Eiche finden Abschiede und Trauerfeiern statt.

Am 08. Juni 2024 stellt Fee Vogel hier bei einer Waldführung individuelle Abschiedsrituale vor.

Wie erleben Sie Bestattungen im Wald? Wie unterscheiden sie sich von denen in Kapellen und auf kirchlichen oder städtischen Friedhöfen?

Das Rauschen des Windes in den Blättern, der Geruch von Moos und das Zwitschern von Vögeln hat für viele Menschen etwas Beruhigendes – persönlich mag ich Friedhöfe zwar sehr, aber viele Menschen berichten davon, dass sie Friedhöfe beklemmend finden. Der Wald ist ein neutraler Ort, der zur Besinnung einlädt, aber nicht automatisch traurig macht. Auch braucht es im Wald oft weniger, um eine schöne Atmosphäre zu schaffen – anders als in möglicherweise wenig gepflegten Trauerhallen mit Kunststoffpflanzen und Spinnweben. Es ist oft eine andere Stimmung im Wald: offener und nicht selten auch gelassener, obwohl der Anlass nicht anders ist.

Wie kann man die Bäume des Waldes in eine Trauerfeier integrieren? Welche Rolle können Sie bei Abschied und Trauer spielen?

Wir dekorieren die Bäume gerne temporär – zum Beispiel mit Fotos an einer Leine von Baum zu Baum oder rund um den Stamm. Auch ist der jeweilige Baum oft Zentrum, um das die Menschen im Kreis stehen und singen, tanzen oder schweigen.

Äste wie dieser können als Grabschmuck oder in Abschiedsfeiern integriert werden. Foto: Waldfriedhof Eifel – Bestattung & Naturschutz

Abhängig von der Jahreszeit nutzen wir natürlich auch die Elemente des Waldes für Rituale – beschreiben getrocknete Blätter mit Wünschen, sammeln Zweige und Zapfen für die Dekoration und als Erinnerungsstücke für die Gäste der Abschiedsfeier. Hier lassen wir uns von dem inspirieren, was uns die Menschen erzählen – denn letztlich spiegelt der „perfekte“ Abschied ja immer nur das wider, was sowieso da ist und den Menschen bzw. die Menschen in Beziehung zueinander ausgemacht hat. So haben wir beispielsweise eine Familie begleitet, die anstelle einer Feier am Andachtsplatz vorher eine kleine Wanderung gemacht hat – mit der Urne des Verstorbenen im Rucksack. Weil er das Wandern liebte. Sein Baum war das Ziel der Wanderung einer großen Gruppe von Menschen, die beinahe vergnügt dort ankamen. Das war schön und berührend, wie sehr Familie und Freunde bei sich waren und dem Verstorbenen noch einmal so eine liebevolle letzte „Reise“ geschenkt haben.

Was wünschen Sie sich, wenn Sie gehen? Wie würden Sie Ihre eigene Trauerfeier am liebsten gestalten?

Für meinen Abschied gilt das, was ich auch allen Menschen sage, die zu einem Vorsorgegespräch zu uns kommen: Er soll sich vor allem für meine Familie und Freunde richtig anfühlen, sodass ich nur Ideen hinterlasse, die aber bis auf die Entscheidung für eine Feuerbestattung nicht in Stein gemeißelt sind. Aber wenn man mich fragen würde, könnte ich mir eine Art „Ausstellung“ meines Lebens vorstellen. Vielleicht mit einer „Eröffnungsrede“, aber vor allem mit vielen „Exponaten“, an denen die Menschen sich treffen und austauschen können, Erinnerungen teilen. Also vielleicht eine Kleiderstange mit meinen selbstgenähten Kleidern, eine Vitrine mit meiner Ohrringsammlung oder eine Galerie mit Fotos aus meinem Leben. Und irgendwo gibt es einen Stand mit frischen Waffeln, da ich allein den Geruch tröstlich finde.

Foto: Logo lebensnah-Bestattungen
Grafik: lebensnah-Bestattungen

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Kostenlose Waldführung und Vortrag „Abschiede individuell gestalten“ mit Bestatterin Fee Vogel im Waldfriedhof Eifel, Hümmel-Pitscheid

Samstag, 08. Juni 2024, 14:00 Uhr

betreut seit 2008 das Kundenmagazin ForestFinest und sämtliche Printprodukte als Redakteurin und Autorin. Sie schreibt am liebsten über nachhaltig Gutes, das sich für Mensch und Umwelt rechnet.

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