Nicht immer kann die Diagnose Mukoviszidose (zystische Fibrose, CF) leitliniengerecht gestellt werden. In einigen Fällen ist entweder das Schweißtestergebnis, die genetische Diagnostik oder beides im Zusammenhang mit den klinischen Zeichen nicht eindeutig interpretierbar, sodass die Diagnose zunächst offenbleibt.

In diesen Fällen wurde der Status „cystic fibrosis transmembrane conductance regulator-related disorder“ (CFTR-RD) oder „cystic fibrosis transmembrane conductance regulator-related metabolic syndrome“ (CRMS) zugeordnet. Letztere Bezeichnung ist v. a. in den Vereinigten Staaten weiterhin für die Benennung des Status von Menschen mit unsicherer Diagnose üblich. Mit Einführung des Neugeborenenscreenings auf Mukoviszidose (CF-NGS) hat sich die Zahl der Kinder, bei denen keine eindeutige Diagnosestellung möglich ist, erhöht, da nun ein Schweißtest nicht mehr ausschließlich aufgrund der Symptomatik oder der Familienanamnese erfolgt, sondern auch allein aufgrund des auffälligen Laborbefunds im CF-NGS. In Europa wird dann, wenn die Diagnose nach auffälligem CF-NGS unsicher bleibt, von der „cystic fibrosis screening positive inconclusive diagnosis“ (CFSPID) gesprochen. Die Häufigkeit von CFSPID ist von Aufbau, Organisation und Durchführung des CF-NGS abhängig.

Bei Kindern mit einer CFSPID findet sich eine große Bandbreite möglicher phänotypischer Ausprägungen

Derzeit gibt es nur wenige Langzeitdaten zu Menschen mit CFSPID. Epidemiologische Studien zeigen, dass die Entwicklung dieser Kinder eine große Spielbreite phänotypischer Ausprägung v. a. bezüglich der Atemwegserkrankung haben kann [1,2,3]. Grundsätzlich besteht bei CFSPID das Risiko, dass sich eine typische CF oder einzelne Symptome einer CF manifestieren. Daher kommen einer frühen Diagnose und Abklärung in einem spezialisierten CF-Zentrum eine große Bedeutung zu. Auf der anderen Seite gibt es Kinder, die keine CF-Symptome entwickeln. Für deren Lebensqualität und die ihrer Angehörigen ist es erforderlich, die Unsicherheit bei der Einordnung des Status sobald wie möglich zu beenden.

Das Ziel der Projektgruppe Neugeborenenscreening des Beirats für Therapieförderung und Qualität (TFQ) des Mukoviszidose e. V. – Bundesverband Cystische Fibrose (CF) ist die Erstellung einer Handlungsempfehlung für Kinder mit nichteindeutiger Diagnose nach dem CF-NGS [4]. Die Empfehlungen berücksichtigen die verfügbaren internationalen Leitlinien und Empfehlungen [4,5,6,7,8,9]. Ausgerichtet sind sie auf das CF-NGS, die Versorgungsstrukturen sowie die Betreuung und Beratung von Familien und Patienten in Deutschland und Österreich.

Neugeborenenscreening auf Mukoviszidose

In den letzten 20 Jahren wurde das CF-NGS in vielen Ländern weltweit eingeführt. Durch das CF-NGS kann die Behandlung von Menschen mit Mukoviszidose früher begonnen werden; diese zeigen im Vergleich zu klinisch diagnostizierten CF-Patienten ein besseres Gedeihen, bessere Lungenfunktionswerte und auch eine verlängerte Lebenszeit (u. a. [10]).

Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Screeningprotokolle

In verschiedenen Ländern und Regionen wurden unterschiedliche CF-NGS-Protokolle entwickelt. Allen Protokollen gemeinsam ist die initiale Bestimmung von immunreaktivem Trypsinogen (IRT) aus einer getrockneten Blutprobe, die in der ersten Lebenswoche gewonnen wird [11]. Da die IRT-Bestimmung zwar sensitiv, aber nicht ausreichend spezifisch ist, ist eine zweite Protokollstufe erforderlich. Die Tests dieser zweiten Protokollstufe variieren. Neben dem reinen biochemischen Protokoll der 2fachen IRT/IRT-Bestimmung mit Abnahme der zweiten Probe für die IRT-Bestimmung nach dem 20. Lebenstag entwickelten und verbreiteten sich rasch Screeningprotokolle, die die Suche nach CFTR-Varianten als zweite Protokollstufe verwenden [11]. Zur Erläuterung des Begriffs „Variante“ soll eingeschoben sein, dass jegliche individuelle Veränderung in einem Gen unabhängig von ihrem Genprodukt und ihrer klinischen Relevanz als Variante bezeichnet wird.

Eine weitere Möglichkeit ist der Nachweis eines zweiten biochemischen Markers in der zweiten Stufe des CF-NGS, des pankreatitisassoziierten Proteins (PAP, [12,13,14,15]), teilweise gefolgt von einer genetischen Diagnostik in einer dritten Screeningstufe [16]. Welches CF-NGS-Protokoll für ein Land und seine Bevölkerung das effektivste ist, ist immer von den regionalen Versorgungsstrukturen sowie von politischen, ethischen und ethnischen Faktoren abhängig [17].

Nationale Neugeborenenscreeningprogramme

Deutschland

In Deutschland wird seit September 2016 ein nationales CF-NGS mithilfe eines 3‑stufigen IRT-PAP-DNA-Protokolls durchgeführt ([18]; Abb. 1a).

Abb. 1
figure 1

Protokolle zum Neugeborenenscreening auf Mukoviszidose (CF-NGS). a Deutschland, b Österreich. (In beiden Screeningprogrammen wird bei Trockenblutkarten, deren Blut vor der 32. Schwangerschaftswoche abgenommen wurde, eine Neuabnahme nach der 32. Schwangerschaftswoche gefordert.) IRT1 immunreaktives Trypsinogen aus der ersten Trockenblutkarte, IRT2 immunreaktives Trypsinogen aus einer zweiten Trockenblutkarte, abgenommen nach dem 20. Lebenstag, PAP pankreatitisassoziiertes Protein

Bei Kindern mit einem IRT-Wert ≥ der 99,9. Perzentile der Normalbevölkerung wird das Screening ohne Durchführung der zweiten oder gar dritten Screeningstufe als positiv gewertet. Befindet sich der IRT-Wert zwischen der 99,0. und 99,9. Perzentile erfolgt im Screeninglabor in der zweiten Stufe die Bestimmung des PAP-Werts und – bei signifikanter PAP-Wert-Erhöhung – die Untersuchung auf 31 genetische Varianten (Tab. 1). Das Screeninglabor teilt den Screeningbefund „auffällig“ oder „unauffällig“ mit (www.g-ba/beschluesse/6514/). Die Mitteilung eines auffälligen Befunds ist mit der Empfehlung verbunden, dass die Eltern das Kind in einem spezialisierten CF-Zentrum zur Konfirmationsdiagnostik vorstellen (www.muko.info).

Tab. 1 Varianten (n = 31) mit einer Häufigkeit ≥ 10 Patienten in Deutschland im Mukoviszidoseregister 2012 [18], auf die im Mukoviszidose-Neugeborenenscreening untersucht wird

Österreich

In Österreich wird seit 1997 ein nationales zentralisiertes CF-NGS-Programm durchgeführt. Die CFTR-Mutationsanalyse wurde bewusst nicht in den Screeningalgorithmus aufgenommen. Bis Mai 2017 wurde ein Zweistufenprotokoll (IRT-IRT) angewandt. Die Sensitivität war mit > 95 % hoch; der positive Vorhersagewert (PPV) betrug aber weniger als 15 %. Auch die relativ hohe Recall-Rate führte dazu, dass 2017 auf eine IRT-PAP-IRT-Strategie umgestellt wurde (Abb. 1b). Dies führte zu einer deutlichen Reduktion der Recall-Rate für die Zweitbestimmung von mehr als 70 %, und der PPV stieg auf über 50 %. Bei auffälligem Befund erhalten die Eltern die Information, sich zu einer Untersuchung an einer ausgewiesenen CF-Einrichtung vorzustellen. Hier erfolgt die Konfirmationsdiagnostik mithilfe des standardisierten Schweißtests und der CFTR-Mutationsanalyse.

Konfirmationsdiagnostik

Grundsätzlich soll die Konfirmationsdiagnostik nach einem auffälligen CF-NGS an einem zertifizierten CF-Zentrum durchgeführt werden. Informationen über zertifizierte Zentren in Deutschland sind beim Mukoviszidose e. V. – Bundesverband Cystische Fibrose (CF) verfügbar (https://www.muko.info/adressen/cf-einrichtungen).

Schweißtest

Die Konfirmation einer CF wird primär mithilfe des Schweißtests vorgenommen.

  • Die Diagnose Mukoviszidose gilt dann als gesichert, wenn aus den folgenden beiden Gruppen jeweils mindestens ein Kriterium zutrifft:

    1. 1.

      Indikationen zur Diagnostik

      • Auffälliger Befund im CF-NGS

      • CF-typische Symptome

      • Diagnose Mukoviszidose bei einem Verwandten 1. Grades

    2. 2.

      Bestätigungstests

      • Zum Beispiel im Schweißtest zu unterschiedlichen Zeitpunkten jeweils eine mit ≥ 60 mmol/l erhöhte Chloridkonzentration

      • Nachweis von 2 CF-verursachenden CFTR-Varianten

  • Ein unauffälliges Ergebnis in der Schweißdiagnostik mit ≤ 29 mmol/l kann die Diagnose CF nicht endgültig ausschließen. Vielmehr sollte der Schweißtest bei Persistieren oder neuem Auftreten CF-typischer Symptome wiederholt werden.

  • Unsicher bleibt die Diagnose nach auffälligem CF-NGS-Befund oder in Kombination mit einer CF-typischen Symptomatik, wenn im Schweißtest wiederholt Chloridwerte im Graubereich zwischen 30 und 59 mmol/l gefunden werden.

Mithilfe korrekt durchgeführter Schweißteste lassen sich etwa 96,5 % der CF-Patienten finden

Ein Schweißtest mit Messung der Chloridkonzentration steht aufgrund der Verfügbarkeit, der altersunabhängigen Durchführbarkeit, der Kosteneffizienz, der hohen Sensitivität und der hohen Spezifität an erster Stelle im Klärungsprozess zur Diagnostik einer CF. In Europa gilt eine Schweiß-Chlorid-Konzentration < 30 mmol/l als normal. Nach amerikanischem Register haben allerdings ca. 3,5 % aller CF-Patienten eine Schweiß-Chlorid-Konzentration ≤ 59 mmol/l. Mithilfe korrekt durchgeführter Schweißteste lassen sich etwa 96,5 % der CF-Patienten finden [19]. Ein Wert beim Schweißtest im Graubereich oder selten sogar im Normbereich schließt das Vorliegen einer CF daher nicht vollständig aus. Daneben gibt es eine Reihe von Faktoren, die die Validität des Schweißtests beeinflussen. Qualitätssichernde Maßnahmen beim Schweißtest sind deshalb zu beachten.

Molekulargenetische Diagnostik

Die molekulargenetische Diagnostik steht erst an zweiter Stelle nach dem Schweißtest. Mithilfe der gezielten Untersuchung der CFTR-Varianten mit einer Häufigkeit > 1 % lässt sich bei etwa 81 % der CF-Patienten in Deutschland bzw. Österreich die Diagnose molekulargenetisch untermauern. Sind diese Untersuchungen nicht zielführend, ist das Spektrum genetischer Untersuchungen bis hin zur Sequenzierung des CFTR-Gens zu erweitern. Bei grenzwertigen Schweißtestergebnissen mit einer Chloridkonzentration zwischen 30 und 59 mmol/l kann durch den Nachweis von 2 CFTR-Varianten in „trans-Position“ die Diagnose gesichert werden.

Die gefundenen CFTR-Varianten können krankheitsverursachend, von variabler oder von unklarer klinischer Relevanz oder ohne klinische Relevanz sein. Auf den Webseiten „Clinical and Functional Translation of CFTR“ (CFTR2) (http://www.cftr2.org) oder „CFTR-France Database“ (https://cftr.iurc.montp.inserm.fr/cftr) sind Informationen über typische klinische Manifestationen der bekannten genetischen Varianten verfügbar.

Pankreaselastase im Stuhl

Parallel zur genetischen Untersuchung kann die Pankreaselastasekonzentration im Stuhl bestimmt werden.

  • Ein normaler Pankreaselastasewert im Stuhl des Neugeborenen spricht weitgehend zuverlässig gegen eine zu diesem Zeitpunkt bestehende exokrine Pankreasinsuffizienz und damit auch gegen eine typische Mukoviszidose, schließt aber eine später auftretende exokrine Pankreasinsuffizienz keineswegs aus.

  • Ein wiederholt pathologisch erniedrigter Wert der Pankreaselastase im Stuhl kann bereits früh richtungweisend für eine CF-Erkrankung sein. Zudem sind die Ergebnisse der Pankreaselastasediagnostik im Stuhl meist deutlich schneller verfügbar als die genetische Diagnostik. Bei Nachweis einer exokrinen Pankreasinsuffizienz ergibt sich auch direkt eine therapeutische Konsequenz mit Substitution von Pankreasenzymen.

Nasale Potenzialdifferenz und Messung des intestinalen Kurzschlussstroms

Bei Menschen, die nach dem Schweißtest und kompletter Sequenzierung des CFTR-Gens noch nicht eindeutig einer der beiden Kategorien „Mukoviszidose“ oder „Mukoviszidose unwahrscheinlich“ zugeordnet werden können, wird nach Evaluation durch einen CF-Spezialisten eine elektrophysiologische Messung der CFTR-Chloridkanal-Funktion zur weiteren diagnostischen Einordnung empfohlen, also Messung der nasalen Potenzialdifferenz (nPD) oder des intestinalen Kurzschlussstroms („intestinal current measurement“, ICM) [20].

Informationen über durchführende Zentren in Deutschland und Österreich sind beim Mukoviszidose e. V. – Bundesverband Cystische Fibrose (CF) verfügbar (https://www.muko.info/informieren/ueber-die-erkrankung/diagnostik/potentialdifferenzmessungen).

Unsichere Diagnose

Nach einem auffälligen CF-NGS-Befund ist meistens mithilfe des Schweißtests und nachfolgender Diagnostik eine klare Zuordnung, ob eine Mukoviszidose besteht oder ob eine Mukoviszidose nicht besteht, möglich. Hinzu kommen – beachte: selten – die Zuordnung zu einer von 2 CFSPID-Gruppen (Abb. 2) oder die Zuordnung zu dem Status CFTR-RD.

Abb. 2
figure 2

CFSPID: In Deutschland und Österreich häufigste Konstellationen nach dem Neugeborenenscreening, einschließlich der Cystic fibrosis screening positive inconclusive diagnosis (CFSPID Gruppe B)

Cystic fibrosis screening positive inconclusive diagnosis

Vorgeschlagen wurde folgende Einteilung:

Cystic fibrosis screening positive inconclusive diagnosis – Gruppe A.

Diese Gruppe ist charakterisiert durch einen auffälligen NGS-Befund, ein normales Ergebnis im Schweißtest und den Nachweis von 2 CFTR-Varianten, davon mindestens eine mit unklarem klinischem Phänotyp. Diese Gruppe ist in Deutschland und Österreich aufgrund des auf bestimmte CFTR-Varianten beschränkten Screenings klein.

In Einzelfällen kann diese Konstellation auch durch unabhängig vom CF-NGS durchgeführte CFTR-Mutationsanalysen z. B. im Rahmen pränataler Diagnostik vorkommen.

Cystic fibrosis screening positive inconclusive diagnosis – Gruppe B.

Diese Gruppe ist charakterisiert durch ein intermediäres Ergebnis im Schweißtest, also eine Chloridkonzentration im Schweiß zwischen 30 und 59 mmol/l, und den Nachweis nur einer oder gar keiner CF verursachenden CFTR-Variante in der genetischen Diagnostik. Zu dieser Konstellation kann es seit Einführung des NGS in Deutschland und Österreich eher kommen.

Ähnlich verhält es sich mit Menschen, die aufgrund einer milden oder nur ein Organ betreffenden klinischen Symptomatik bei der Schweißtestdiagnostik „zum Ausschluss“ der CF überraschenderweise doch Schweißtestwerte im Graubereich und in der anschließenden CFTR-Diagnostik den Nachweis von einer oder keiner CFTR-Variante oder von 2 CFTR-Varianten, von welchen mindestens eine einen unklaren Phänotyp zur Folge hat.

Cystic fibrosis transmembrane conductance regulator-related disorder

CFTR-RD beschreibt klinische Auffälligkeiten, die mit CFTR-Varianten assoziiert sind, aber nicht zur Diagnose einer „CF-Erkrankung“ im engeren Sinn führen [21]. Verantwortlich sind häufig CFTR-Varianten mit variabler klinischer Konsequenz.

Für die Diagnose CFTR-RD muss eine der folgenden Erkrankungen vorliegen:

  • Obstruktive Azoospermie oder

  • Chronische Pankreatitis oder

  • Disseminierte Bronchiektasen

und

  • Es sind zwei CFTR-Varianten unabhängig von der Schweiß-Chlorid-Konzentration nachgewiesen oder

  • Es sind mindestens eine CFTR-Variante und eine Schweiß-Chlorid-Konzentration zwischen 30 und 59 mmol/l nachgewiesen.

Es darf maximal eine mukoviszidoseverursachende Variante vorliegen, und es muss mindestens eine für eine CFTR-assoziierte Erkrankung beschriebene Mutation vorliegen. Es zeichnet sich ab, dass sich das Spektrum durch genotypisch-phänotypische Informationen erweitert. Die Diagnosekriterien für eine Mukoviszidose dürfen nicht erfüllt sein.

Empfohlene Primärdiagnostik

Zeichnet sich im Diagnoseprozess eine Konstellation ab, die zur Zuordnung zu CFSPID A, CFSPID B oder CFTR-RD führen könnte, sollen die nächsten Schritte in einem spezialisierten CF-Zentrum erfolgen (Tab. 2).

  • Es sollten die Ergebnisse von mindestens 2 Schweißtests aus unterschiedlichen Zeitpunkten vorliegen.

  • Eine ausführliche Anamnese mit Einbeziehung der Familienanamnese ist genauso notwendig wie eine umfassende weitergehende Diagnostik, wie sie auch zur Diagnosestellung einer CF empfohlen ist [19]. Anamnestisch sollte ein besonderes Augenmerk auf das Gedeihen der Kinder, Ernährung, Stuhlverhalten und Atemwegssymptome, also Husten, Sekret, Infektionen, gelegt werden.

  • Genetische Untersuchungen als Stufendiagnostik, ggf. bis zur CFTR-Sequenzierung

  • Allgemeine Labordiagnostik aus Blut (Blutbild, Transaminasen, Elektrolyte, Gesamteiweiß, Albumin, fettlösliche Vitamine, Gallensäuren, Kreatinin, Laktatdehydrogenase, alkalische Phosphatase, Selen, Zink, Cholinesterase)

  • Stuhldiagnostik (Pankreaselastase)

  • Abdomensonographie mit besonderem Augenmerk auf Leber, Pankreas und Darm

  • Mikrobiologische Diagnostik (Erregernachweis aus Sputum, ersatzweise Rachenabstrich)

  • Sofern möglich Multiple-Breath-Washout(MBW)-Untersuchung mit Bestimmung des Lung Clearance Index; ersatzweise ist bei klinischer Indikation in Zentren, die dazu in der Lage sind, eine schnittbildgebende Untersuchung nach Maßgabe der Leitlinie und konsentierten Empfehlungen zu erwägen [22].

  • Bestimmung der Kurzschlussströme erwägen, bevorzugt mithilfe des ICM aus Rektumschleimhautbiopsaten

Tab. 2 Diagnostik bei Cystic fibrosis screening positive inconclusive diagnosis, differenziert nach Lebensalter

Die primäre Diagnostik zieht sich meist über mehrere Monate und sollte von einem CF-spezialisierten Arzt mit aufklärenden Gesprächen begleitet werden.

Empfohlene Frequenz der Vorstellungen in einem spezialisierten CF-Zentrum

Nach der Identifizierung von CFSPID oder CFTR-RD mithilfe von CF-NGS, Schweißtest und genetischen Untersuchungen sind regelmäßige Kontrollen in einem spezialisierten (zertifizierten) CF-Zentrum sinnvoll. Kinder mit dem Status CFSPID sollten jedoch nicht mit klassischen CF-Patienten am Zentrum in Kontakt kommen. Vielmehr sollen CF-Spezialisten sich um diese Kinder zeitlich und räumlich getrennt kümmern.

Die Vorstellungen sollen nach der Diagnosestellung mindestens alle 6 Monate und ab dem 2. Geburtstag einmal im Jahr stattfinden, angepasst an die Symptomatik, den Gesundheitszustand und den Informationsbedarf der Familien. Bei ungenügendem Gedeihen, Stuhlauffälligkeiten oder respiratorischen Symptomen länger als 2 Wochen sollten zusätzliche Kontrollen in Absprache erfolgen. Aufgrund der derzeit noch insuffizienten Datenlage bezüglich der Entwicklung einer CFSPID zu CF muss die erforderliche Dauer des Follow-up nach dem 6. Lebensjahr offenbleiben.

Empfohlene Diagnostik im Verlauf

  • Klinische Untersuchung, Erfassung anthropometrischer Parameter, mikrobiologische Untersuchungen der Atemwegssekrete und, wenn möglich, Lungenfunktionsmessungen sollten bei jeder Visite erfolgen.

  • Labordiagnostik und radiologische Untersuchungen sollten nur durchgeführt werden, wenn sie klinisch indiziert sind.

  • Bei den halbjährlichen und später jährlichen Visiten sollte jedes Mal ein Schweißtest durchgeführt werden. Die Entwicklung der Chloridwerte im Schweiß über die Zeit hat Folgen für das Patientenmanagement.

  • Ebenso sollte bei jeder Vorstellung die Pankreaselastase im Stuhl bestimmt werden.

  • Bei ungenügendem bzw. nichtadäquatem Gedeihen von Kleinkindern kann eine Elektrolytbestimmung im Urin erfolgen. Beträgt die Natriumkonzentration im Urin < 20–50 mmol/l, soll eine Natriumsubstitution erfolgen.

  • Der Umfang weiterer Untersuchungen sollte vom individuellen klinischen Verlauf und der Symptomatik abhängig gemacht werden.

  • Eine regelmäßige Überprüfung der CFTR-Variante und ihrer Einstufung in http://cftr2.org ist sinnvoll, d. h., dass einmal in 12 Monaten die CFTR2-Datenbank in Bezug auf die 2 vorhandenen CFTR-Varianten geprüft werden sollte.

Vor der Einschulung sollte in Zusammenschau der Befunde ein vorläufiges Resümee gezogen werden

Im Alter von sechs Jahren bzw. vor der Einschulung sollte eine ausführlichere Diagnostik erfolgen, um ein vorläufiges Resümee zu ziehen, bezüglich einer Entwicklung in Richtung CFTR-RD oder CF, Abkehr von den genannten Diagnosen oder weiter unklarer Befundkonstellation CFSPID. Zur empfohlenen Diagnostik in diesem Alter gehören neben den jährlichen Untersuchungen eine erneute bildgebende Untersuchung in Form einer Magnetresonanztomographie der Lunge und evtl. nPD-Messung/ICM, sofern noch nicht erfolgt. Anhand der erhobenen Befunde muss dann über Notwendigkeit, Art und Frequenz der Weiterbetreuung entschieden werden.

Für Rückfragen vonseiten der Eltern soll ein Arzt mit Erfahrung in der Behandlung und Diagnose der CF primärer Ansprechpartner sein.

Diagnose und Kommunikation

Im Prozess des CF-NGS sind Information und Erreichbarkeit kompetenter Ansprechpartner wesentliche Bausteine, um den durch Unsicherheit bedingten Stress und die Angst von Eltern zu reduzieren [24, 25].

Jedes Diagnoseeröffnungsgespräch ist für die Familie ein bedeutsames Ereignis und eine Schlüsselsituation in der Arzt-Patient-Beziehung. Für die Vermittlung des Befundes CFSPID gelten dieselben Anforderungen an die Rahmenbedingungen und den Ablauf wie für ein Diagnoseeröffnungsgespräch [26].

Der Begriff CFSPID beinhaltet explizit, dass die Ungewissheit weiterbestehen bleibt, die Prognose wahrscheinlich gut, jedoch noch offen ist und sich erst im weiteren Verlauf zeigen wird. Daher müssen die Gespräche neben den Merkmalen und der Behandlung der CF auch das Konzept CFSPID, einschließlich des aktuellen Wissens zum Verlauf, beinhalten [26]. Nach dem Darlegen des Status und des empfohlenen zukünftigen Vorgehens bei den Visiten bietet sich das Konzept der partizipativen Entscheidungsfindung – „shared decision-making“ – bei der Festlegung des Behandlungsplanes und der – auch für die Familie – optimalen Vorgehensweise an [5, 27].

Im Idealfall können Angehörige des von CFSPID betroffenen Säuglings nach dem Gespräch erläutern,

  • was CFSPID bedeutet, dass nämlich ihr Kind eine gute Chance auf eine lange Lebensdauer mit guter Lebensqualität hat,

  • wann der nächste Kontakt geplant ist,

  • welches Behandlungs‑/Beobachtungsvorgehen gemeinsam für sinnvoll erachtet wurde und

  • auf welche Alarmzeichen sie achten sollen.

  • Ansprechpartner und Erreichbarkeit des spezialisierten CF-Zentrums sind bekannt,

  • ebenso die Möglichkeit zur psychologischen Unterstützung [5].

Fazit für die Praxis

  • Die Zahl der Fälle, in denen die Diagnose Mukoviszidose (zystische Fibrose, CF) nicht sicher gestellt werden kann, jedoch Befundkonstellationen vorliegen, die nicht ausschließen, dass es mit fortgeschrittenem Lebensalter zu klinischen CF-Manifestationen kommen könnte, hat durch das Neugeborenenscreening auf Mukoviszidose (CF-NGS) zugenommen.

  • Eine standardisierte Betreuung dieser Kinder und ihrer Familien ist notwendig, um CF-typische Manifestationen früh zu erkennen, dann mit „CF“ oder „cystic fibrosis transmembrane conductance regulator-related disorders (CFTR-RD)“ zu benennen und leitliniengemäß zu behandeln – oder beim Ausbleiben entsprechender Hinweise Entwarnung zu geben.

  • Im Fokus steht, die Familien nicht in der Unsicherheit der Befundkonstellation allein zu lassen.

  • Durch die gesammelten Erfahrungen und erhobenen Daten können diese Handlungsempfehlungen prospektiv überarbeitet werden, um die Zahl der Kinder mit der Diagnose „cystic fibrosis screening positive inconclusive diagnosis“ (CFSPID) möglichst gering zu halten.