Große Freude, Tradition zu leben - die Burghauser Mai-Wies´n und ihre Tracht
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Große Freude, Tradition zu leben - die Burghauser Mai-Wies´n und ihre Tracht

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Ein Gruppentanz gehört auch zum Programm der Aufführung,
Ein Gruppentanz gehört auch zum Programm der Aufführung. © Kaiser

Einen Nachmittag pro Mai Wies´n zeigen die Trachtler, was sie drauf haben. Die Dirndl drehen sich im feschen Gewand. Der Rock schwebt über die Bühne und alle haben ihren Spaß. Besonders lustig ist es, wenn die Kleinen über die Bühne tanzen und sie ihr freudiges Grinsen sichtlich nicht verbergen können.

Burghausen - „So ein Nachmittag ist schon richtig klasse, weil unsere Jüngsten auch mal rauskommen und zeigen dürfen, was sie können“, sagt Herbert Leidmann, 2. Vorstand des Almenrausch Lindach, dem heimischen Trachtenverein. „Ich bin seit der ersten Klasse dabei. Ich finde es richtig gut, weil wir einen tollen Zusammenhalt haben und viele Feste besuchen“, freut sich Viktoria Brehm. Die 13-Jährige erzählt, dass der Verein damals Werbung in eigener Sache machte und sie sich deshalb für die Trachtler entschieden habe. 

Die junge Dame ist fast schon ein alter Hase und nimmt beim Fototermin ihre Schwester Franziska und deren Freundin Greta liebevoll in den Arm. Immer wieder geht's rauf die Bühne und dann wird fleißig getanzt. Dazu spielt die vereinseigene Kapelle auf. Mit einem Blick auf die Zusammensetzung der jungen Wilden, fällt dem geübten Adlerauge das auf, was der zweite Vorstand sogleich aufs verbale Tablett bringt: „Wir haben schon genug Nachwuchs. Ein wenig fehlt's an den Burschen. Bei uns sind 20 bis 25 Madel dabei, weil die recht gerne tanzen. Dafür gibt's nur fünf oder sechs Buam.“ Das tut aber der guten Stimmung auf dem Tanzboden keinen Abbruch. 

Platteln – ein anspruchsvolles Meisterwerk 

Ein paar Jährchen später sind die jungen Herren dann begeistert dabei, wenn es mit einem Juchitzer hinauf auf die Bühne geht. Zuerst marschieren sie im Kreis, dann stampfen einmal kräftig auf, ehe dann die Lederhosen mächtig strapaziert wird. Das Schuhplatteln hat doch immer was Spektakuläres und auch sehr synchrones. Des Almenrausches Vorplattler heißt Lukas Krause. Der junge Herr strahlt über das ganze Gesicht, als er übers Platteln spricht: „Mir macht das richtig Spaß und es ist wirklich anspruchsvoll. Du musst beim Plattlern viele spezielle Schläge so üben, dass du sie jederzeit wieder abrufen kannst. Es hat schon was, wenn du 40 verschiedene Varianten beherrscht.“ Schließlich zeigen die Plattler, was sie können.

A flottes Dirndl darf beim Platteln auch nicht fehlen
A flottes Dirndl darf beim Platteln auch nicht fehlen © Kaiser

An diesem Tag sind sogar Trachtenfreunde aus dem Chiemgau angereist. Und die feschen Bergler lassen sich nicht zweimal bitten. Sie legen bei der ersten Polka eine heiße Sohle auf die Bühne. Es ist schon faszinierend, wie gleichzeitig alle zur Musik tanzen.  An diesem Tag ist das Zelt sehr voll. „Das ist doch super. Ich denke, der Regenschauer hat uns in die Karten gespielt“, grinst Lukas. Normalerweise schauen nicht so viele Gäste zu. 

Lederhosen und Tracht – ein stolzes Duo

Lukas und Herbert geht das Herz auf, wenn sie über ihre Lederhose reden. „Die hält eigentlich ein ganzes Leben“, sagt der Vorsitzende. Lukas fügt an: „Ich kann das mit Worten gar so sagen, was mir die Lederhose bedeutet. Ich denke, du hörst es an meiner Stimme.“ In der Tat höre ich die Freude heraus. Dazu sollte der geneigte Leser wissen, dass sich die Lederhose eines echten Plattlers schon deutlich von der Ausgeh-Lederhose unterscheidet. Gleiches gilt natürlich auch das Kleid, das das fesche Dirndl im Dirndl fein umhüllt. Wobei wir an dieser Stelle dann doch mal einen Blick in die Entstehung einer Tracht werfen sollten. Sowohl eine edle Lederhose, als auch das Trachtengewand der Damen entstehen nur dank besonders meisterhafter Handwerkskunst. Ein echtes Damengewand verlässt die Hände einer Schneiderin nach etwa einem Monat.

Eine großartig gestickte Lederhose ist der Stolz eines jeden Schuhplattlers
Eine großartig gestickte Lederhose ist der Stolz eines jeden Schuhplattlers © Kaiser

Ein derart perfekt maßgeschneidertes Trachtengewand ist etwas fürs gesamte Leben. Ein Dirndl, so wie wir es massenhaft auf den Volksfesten sehen, hat mit einer echten Tracht nichts zu tun, die unter anderem aus einem Mieder und sehr hochwertigen Stoffen besteht. Ein Dirndl gibt's mittlerweile von der Stange. Wird das bunte Kleid in einer Schneiderei genäht, dauert das etwa 20 Stunden. Wenn wir das Rad der Geschichte zurückdrehen, entdecken wir verschiedene Kaiser und Könige, die sich für die Tracht starkmachten. Die Habsburger erkannten die Tracht als Kleidung, die für Zusammenhalt steht.

Die bayerischen Verwandten hatten vor allem im späteren Ludwig I einen Vorreiter für das „Bayern-Trikot“ der guten alten Zeit. Er reiste als Kronprinz durch die Lande, um sich ein Bild von den Trachten zu machen. Erst Max II kultivierte diese Idee fürs breite Volk. Ein perfekt sitzendes weibliches Trachtengewand fördert die aufrechte und damit stolze Haltung der Dame. Die Hauben fallen regional unterschiedlich aus. Die Krachlederne der Herren der Schöpfung ersetzten die früher üblichen Kniebundhosen. Die drei bis neun Seitennähte zeigten den Stand des Besitzers an.  Das Leder von Gams oder Hirsch wurde später um den Latz erweitert.  Die Sittenwächter erkannten im latzlosen Beinkleid ein zu wenig züchtiges Kleidungsstück. Und so wurde der Latz zum bayerischen Pendant eines Efeublattes.  

Uli Kaiser

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