Söder macht Söder-Dinge

Kommentar

Söder macht Söder-Dinge

Der bayerische Ministerpräsident hat am Wochenende den Papst besucht und ihm ein politisches Versprechen gegeben. Damit sorgte er in Berlin für Kopfschütteln.
Von Martin Schlorke
Markus Söder auf dem Kongress Christlicher Führungskräfte 2017

Markus Söder ist ein Phänomen. Der bayerische Ministerpräsident gilt in politischen Kreisen bisweilen als Wendehals: Mal ist Söder für Atomenergie, dann wieder dagegen. Das eine Mal spricht er von „Asyltourismus“, dann relativiert er diese Wortwahl. Auch bei den Themen Windenergie (in Bayern) und Verbrenner-Aus wechselte der 57-Jährige schon häufiger seine Meinung. Und er gilt nicht wenigen als Intrigant. Unvergessen seine Angriffe im Bundestagswahlkampf 2021 auf den CDU-Kanzlerkandidaten Armin Laschet.

Nun gibt es ein neues Kapitel in Söders Machtspielchen. Am Wochenende reiste er nach Rom. Eine 30-minütige Papst-Audienz stand auf der Tagesordnung. Und Söder hatte eine Botschaft im Gepäck, die sowohl den Papst überrascht haben dürfte als auch im Nachgang in der deutschen Politik für Kopfschütteln sorgte. Söder sicherte dem Oberhaupt der katholischen Kirche zu, dass es in Deutschland keine Ablösung der Staatsleistungen an die Kirche geben werde. Das Thema sei „vom Tisch“ und auch unter den Bundesländern „so intoniert“.

Dazu muss man wissen (und sollte es vielleicht Herrn Söder mitteilen), dass die Ablösung der Staatsleistung, also Zahlungen, mit denen die Bundesländer die Kirchen bis heute für Enteignungen im 19. Jahrhundert entschädigen, Verfassungsauftrag sind. Heißt: Der Staat muss diese früher oder später ablösen, beispielsweise mit einer Einmalzahlung. Und genau das hat die Ampel-Regierung vor. Im Koalitionsvertrag steht: „Wir schaffen in einem Grundsätzegesetz im Dialog mit den Ländern und den Kirchen einen fairen Rahmen für die Ablösung der Staatsleistungen“. Das Innenministerium prüft bereits, wie genau sich das umsetzen lässt.

Was bezweckt Söder?

Versucht Söder also das Vorhaben der Ampel zu torpedieren, um den Kirchen weiter jährliche Zahlungen zu garantieren? Möglich. Ebenfalls möglich – und viel wahrscheinlicher – ist aber, dass er Gegenteiliges erreichen möchte. Die Religionspolitiker Lars Castellucci (SPD) und Konstantin von Notz (Grüne) werfen Söder vor, diese kirchenfreundliche Position nur vorzuspielen. Vielmehr wolle er das weitere Schrumpfen der Kirchen abwarten, um dann eine geringere Ablöse zu zahlen. Castellucci behauptet gar, dass Söder längst nicht der einzige Ministerpräsident sei, der ähnlich spekuliert. Nur halten sich eben alle anderen bedeckter.

Das mag auch daran liegen, dass der Freistaat Bayern jährlich fast am meisten zahlt. Die 96 Millionen Euro werden nur von Baden-Württemberg (137 Millionen Euro) übertroffen. Auf Platz 3 landet Hessen mit rund 47 Millionen Euro. Zum Vergleich: Das Saarland entrichtet nur eine Million Euro.

Ob der Vorstoß von Söder zum gewünschten Erfolg führen wird, ist fraglich. Auch wenn es mindestens so fraglich ist, ob die Koalition es schaffen wird, eine entsprechende Ablöse in die Wege zu leiten. Schließlich ist sie nicht die erste Bundesregierung, die seit 1949 den entsprechenden Verfassungsauftrag hat.

Dennoch: Auch wenn vorherige Regierungen die Ablösung nicht angerührt haben, ein Ministerpräsident Söder kann schon gar nicht darüber bestimmen – übrigens auch nicht als Bundespräsident. Denn glaubt man den Gerüchten in der Berliner Politik-Blase, die der „Bild“ zu Ohren gekommen sein sollen, könnte die CDU Söder 2027 als Nachfolger von Frank-Walter Steinmeier vorschlagen. Vielleicht sind Söder diese Gerüchte zu Kopf gestiegen. Vielleicht sind solche Meldungen aber auch nur ein erster Vorgeschmack auf das kommende Sommerloch.

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