Russlands Präsident Wladimir Putin und Chinas Präsident Xi Jinping
Händeschütteln unter einander Gewogenen: Russlands Präsident Wladimir Putin und Chinas Präsident Xi Jinping trafen einander bereits im vergangenen Herbst in Peking.
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Die erste Auslandsreise des frisch gewählten Präsidenten Wladimir Putin gilt Xi Jinping, dem Freund in Peking. Der russische Präsident und Xi würden ein Einzelgespräch führen, sagt Putins Berater Juri Uschakow, "im Park neben dem Palast spazieren gehen und natürlich Tee trinken". Dann gebe es ein informelles Abendessen, aber das Wichtigste in China bestehe darin, zusammen Tee zu trinken, so Uschakow.

Doch der Staatsbesuch ist weit mehr als eine Tasse Tee unter Freunden. Festgezimmert werden soll die neue, von Russland ausgerufene "multipolare Weltordnung". "Meine chinesischen Kollegen und ich haben ein objektives Interesse daran, weiterhin die Bemühungen zur Schaffung einer gerechteren, demokratischen Weltordnung voranzutreiben", sagt Außenminister Sergej Lawrow. Der Westen akzeptiere "kategorisch keine gleichberechtigten Formen der Zusammenarbeit auf internationaler Ebene", so der nach der Regierungsumbildung im Amt verbliebene Lawrow. "Ich bin zuversichtlich, dass der bevorstehende Besuch des russischen Präsidenten in China unsere gemeinsame Arbeit stärken wird."

Thema Krieg

Der Neue ist auch mit in Peking dabei: Verteidigungsminister Andrej Beloussow. Sein Vorgänger Sergej Schoigu begleitet Putin gleichfalls, ebenso Präsidentenberater Uschakow und eine hochrangige Polit- und Wirtschaftsdelegation. Das umreißt das Themenspektrum des Treffens in Peking. Neben Wirtschaftsfragen wird es vor allem auch um den Ukrainekrieg gehen. Die beiden Präsidenten würden "das gesamte Themenspektrum der umfassenden Partnerschaft und strategischen Zusammenarbeit im Detail erörtern, Schlüsselbereiche für die weitere Entwicklung der russisch-chinesischen praktischen Kooperation identifizieren und sich ausführlich über die dringendsten internationalen und regionalen Fragen austauschen", erklärte das russische Präsidialamt. Im Anschluss sei die Unterzeichnung einer gemeinsamen Erklärung geplant.

Wladimir Putin geht es vor allem um die Position Chinas in Sachen Frieden mit der Ukraine. Peking legte vor einiger Zeit einen eigenen Zwölf-Punkte-Friedensplan vor, den der Westen schroff ablehnt. Die USA erklärten, China präsentiere sich als Friedensstifter, spiegle aber das "falsche Narrativ" Russlands wider und verurteile dessen Invasion nicht. Kreml-Chef Putin hingegen lobte den Plan vor dem Staatsbesuch demonstrativ in einem Interview mit der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua: "In Peking versteht man wirklich die Ursachen der Krise und ihre globale geopolitische Bedeutung." Chinas Plan beinhaltet allgemeine Prinzipien zur Beendigung des Krieges, ohne jedoch auf Details einzugehen. Ziel des Staatsbesuches ist es sicherlich auch, China von einer Teilnahme am westlichen Friedensgipfels abzuhalten, der im Juni in der Schweiz stattfinden soll. Ohne China hätte dieser Gipfel keinen großen Wert.

Hightechbauteile

Wichtig beim Staatsbesuch ist auch die Anwesenheit des neuen Verteidigungsministers Andrej Beloussow. "Das Verteidigungsministerium muss absolut offen für Innovationen und die Einführung aller fortschrittlichen Ideen sein, um Bedingungen für wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit zu schaffen", begründete Kreml-Sprecher Dmitri Peskow den Personalwechsel. Den Krieg in der Ukraine will Beloussow mit möglichst geringen Verlusten bei den eigenen Streitkräften gewinnen. Dies sei die "Schlüsselaufgabe". Vor dem russischen Parlament präzisierte Beloussow, unumgängliches Ziel sei, die russischen Soldaten mit moderner Ausrüstung, darunter Drohnen und Kommunikationssysteme, auszustatten. Dazu gehöre auch die Versorgung mit ausreichend Munition. Die russische Kriegswirtschaft braucht dafür Hightechbauteile, wie etwa Mikrochips. Und die kommen, unter Umgehung der westlichen Sanktionen, oftmals über China nach Russland.

Nicht nur um die Rüstungswirtschaft wird es bei den Gesprächen gehen. Russlands Präsident Putin wird auch den chinesischen Ministerpräsidenten Li Qiang treffen. In diesem Gespräch soll es um wirtschaftliche Fragen gehen. China will offen sein für den Westen, aber eben auch für Russland. Und China ist energiehungrig. Energie wiederum hat Russland im Überfluss. Russland hingegen braucht Konsumgüter, die China liefern kann. Schon heute ist China ein wichtiger Handelspartner Russlands.

Nach seinem Besuch in Peking wird Putin nach Harbin reisen, in die Hauptstadt der nördlichen Provinz Heilongjiang. Eine Geste: Putin will dort Blumen am Denkmal für die sowjetischen Soldaten niederlegen, die China im Zweiten Weltkrieg befreit haben. Und er will eine orthodoxe Kirche besuchen. (Jo Angerer aus Moskau, 15.5.2024)