Ex-Regierungsmitglied packt aus: So tickt Putins neuer Verteidigungsminister

Er gilt als Putins
Er gilt als Putins

Zwölf Jahre lang war Sergei Schoigu Russlands Verteidigungsminister. In seiner Ägide überfielen russische Milizen die Krim. Er befehligte die völkerrechtswidrige Invasion der Ukraine im Februar 2022, die statt der von ihm vorgesehen drei Tage nun über zwei Jahre andauert. Und nun hat Kreml-Chef Wladimir Putin Schoigu als Verteidigungsminister entlassen; er wird Sekretär des russischen Sicherheitsrates.

An Schoigus Stelle soll ein Mann treten, der mit dem Militär und Kriegsführung eigentlich keine Erfahrungen hat: Andrei Beloussow, studierter Wirtschaftswissenschaftler und aktueller stellvertretender Ministerpräsident Russlands. Zwei Jahrzehnte arbeitete Beloussow als Chef der Abteilung für Wirtschaftsprognosen an der russischen Akademie der Wissenschaften; erst im Jahr 2006 begann seine Regierungskarriere, damals als stellvertretender Minister für Wirtschaftsentwicklung. Seit 2013 ist der heute 65-Jährige wirtschaftlicher Berater Putins.

Welche Rolle spielt Beloussow im Kreml?

Und, so zitiert die von russischen Exil-Journalisten geführte Rechercheseite "The Insider" ein ehemaliges russisches Regierungsmitglied, als solcher "Putins absolute Vertrauensperson". Beloussow habe kein eigenes Team, zitiert "The Insider" weiter, er stünde im gleichen Abstand zu allen Machtgruppierungen im Kreml. Außer eben zu Putin selbst. Der Kreml-Chef vertraue darauf, zitiert "The Insider" das anonyme Regierungsmitglied, dass Beloussow "eine komplette Prüfung der Militärausgaben durchführen kann".

Aus dieser Bemerkung lässt sich ablesen, warum Putin den Nicht-Militär Beloussow zum Verteidigungsminister macht: Der Ökonom soll die russische Kriegsmaschinerie, die seit über zwei Jahren in der Ukraine Leben, Material und Geld blutet, effektiver machen. Putin hat seine Wirtschaft ganz auf den Krieg gegen die Ukraine ausgerichtet, nun soll ein Wirtschaftsmann diese Kriegsmittel gezielter einsetzen, als es Schoigu tat.

Beloussow zum Verteidigungsminister machen zu wollen, folge deshalb der Logik des russischen Regimes, sagte der russische Exil-Politikprofessor Mikhail Savva zu "The Insider". Schoigu sei durch Bemühungen des Geheimdienstes FSB diskreditiert und seines Einflusses auf die Armee beraubt worden, um einen politischen Konkurrenten auszuschalten. Mit Beloussow folge nun ein weniger einflussreicher Mann auf Schoigus Posten, der laut Savva die Armee innovativer aufstellen solle, ohne sich um das tatsächliche Kriegsgeschenen zu kümmern: "Er wird sich nicht mit der militärischen Komponente befassen, das ist Sache des Generalstabs, wo es keine Veränderungen gibt."

"Dummköpfe" und "Idioten"

Beloussow wird also so etwas wie ein Kriegswirtschaftsminister. In dieser Rolle könnte er durchaus streitbar auftreten. "The Insider" verweist auf ein von Beloussow vorbereitetes Vorhaben aus dem Jahr 2018, eine mögliche Steuer auf Übergewinne russischer Unternehmen. Das Vorhaben sei von Oligarchen an die Presse geleakt und dann unter Protest gestoppt worden. Beloussow habe sich anschließens lauthals und öffentlich über "Dummköpfe" und "Idioten" in den russischen Konzernen echauffiert.

Gut möglich, dass der Ökonom und designierte Verteidigungsminister zukünftig ähnliche Worte über Russlands Militärs findet.