Hedy Lamarr galt über viele Jahrzehnte als „schönste Frau der Welt“. Es war ein Titel, der ihr immer wieder im Weg stand. Sie kam als Hedwig Kiesler in einer bürgerlichen jüdischen Familie am 9. November 1914 in den letzten Jahren der Habsburgermonarchie in Wien zur Welt. Und wurde einer der größten Hollywood-Stars ihrer Zeit.

Der Wahl-Pariser William Roy und der Franzose Sylvain Dorange haben sich dem Leben der Schauspielerin und Erfinderin – ja, sie haben richtig gelesen – in einer Comic-Biografie gewidmet. Dabei arbeiten die beiden auch das chauvinistische Hollywood-System heraus, in dem Frauen als hübscher Beischmuck des Hauptdarstellers Leinwandkarriere machen durften. Die beiden Comic-Autoren zeigen Hedy als an technischen Dingen interessiertes Kind, das von ihrem Vater Emil Kiesler nicht nur über die üblichen „Mädchen-Themen“ informiert wurde. In einer kleinen Episode erklärt ihr Vater ihr, wie ein Verbrennungsmotor in einem Automobil funktioniert. Ein vorbeigehender Herr bleibt stehen und spricht sie an: „Das kann doch ein kleines Mädchen wie dich nicht interessieren.“ Hedwig antwortet selbstbewusst: „Doch.“ Eben dieses Selbstbewusstsein führt sie auch nach Hollywood. Ihr Aussehen spielte natürlich eine Rolle, als sie 1933 in dem tschechischen Film „Ekstase“ mitspielte. Vor allem die besonders freizügigen Szenen und der erste „weibliche Orgasmus im Film“ erregten die Gemüter, öffneten ihr aber auch die Türen nach Hollywood.

Kritiken für Hedy Lamarr in „Ekstase“: Im Comic wird auch die „Kleine Zeitung“ erwähnt, die es heuer seit 120 Jahren gibt
Kritiken für Hedy Lamarr in „Ekstase“: Im Comic wird auch die „Kleine Zeitung“ erwähnt, die es heuer seit 120 Jahren gibt © Bahoe Books

In den 1930er-Jahren schnürte sich der Würgegriff der Nazi-Schergen immer enger um das Leben der Menschen, zuerst in Deutschland, ab dem „Anschluss“ Österreichs 1938 auch in Wien. Aus ihrer Ehe mit dem damals reichsten Mann Österreichs, Fritz Mandl, versuchte sie sich schon bald zu befreien. Er sperrte sie in einen goldenen Käfig, doch gelang ihr die Flucht und die Überfahrt nach Amerika. Filmmogul Louis B. Mayer von Metro-Goldwyn-Mayer machte ihr ein Angebot über mehrere Rollen, das sie zuerst ausschlug, aber nach einer nachgebesserten Gehaltsverhandlung doch annahm.

Hedy Lamarr machte zwischen 1930 und 1950 Karriere
Hedy Lamarr machte zwischen 1930 und 1950 Karriere © AFP / Ho

Aus Kiesler wird Lamarr

In der gerade bei Bahoe Books erschienen Comicbiografie wird Lamarrs Ärger über das sexistische Filmbusiness immer wieder ins Zentrum der Handlung gestellt. „Sie haben keine Ahnung, wie wichtig ein schönes Paar für die Karriere ist“, sagt Mayer in einer Episode und meint damit Lamarrs Brüste. Ach ja, der Name: Hedwig Kiesler war ihm natürlich zu wenig amerikanisch und so verwandelte sie sich über Nacht in „die Lamarr“. Eine sehr gelungene Geschichte, die sie auch als Frau mit vielen Begabungen zeigt – die Wienerin war nämlich auch eine Erfinderin. Gemeinsam mit dem Komponisten George Antheil entwickelte die Antifaschistin Lamarr die Idee für eine Funkfernsteuerung für Torpedos. Mittels Frequenz-Wechsel sollten die Torpedos von den Nazis schwer zu orten sein. Zwar wurde das System nicht umgesetzt, aber das angemeldete Patent wird als Urahn für die Entwicklung des WiFi bzw. WLAN angesehen. Der Tag der Erfinder wird ihr zu Ehren am 9. November, ihrem Geburtstag, gefeiert. Aber lesen Sie selbst.

Eine Party in Hollywood: Hedy Lamarr trifft auf den Filmemacher, Medienmogul und Industriellen Howard Hughes
Eine Party in Hollywood: Hedy Lamarr trifft auf den Filmemacher, Medienmogul und Industriellen Howard Hughes © Bahoe Books
William Roy/ Sylvain Dorange. Hedy Lamarr - Wienerin, Hollywoodstar, Erfinderin. Bahoe Books, 175 Seiten, 28 Euro.