Bauernlegen: Wenn Grundherren die Existenz von Familien zerstören

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Bauernlegen – Wenn Grundherren die Existenz von Familien zerstören

Jessica • Mai 11, 2024
Was als Folge des 30jährigen Krieges anfing, wurde später zu einer gängigen Praxis von Gutsherren, um ihren Besitz zu vergrößern: Das Bauernlegen. Und es dauerte mehrere Jahrzehnte und Edikte, bis die Bauern in Preußen vor der Willkür der Gutsbesitzer rechtlich geschützt wurden.

Die Bedeutung

Als Bauernlegen wurde zunächst das Einziehen von verlassenen oder aufgegebenen Höfen durch den Grundbesitzer bezeichnet, um die Bauernstellen neu zu vergeben oder in die eigene Bewirtschaftung zu übernehmen. Dabei konnten vormals kleine Höfe zu größeren zusammengelegt werden oder größere in mehrere Höfe unterteilt werden. Später wurden Bauern jedoch auch häufig unter Druck zum Verlassen ihrer Höfe von Gutsbesitzern gezwungen, um die in Gutsbesitz umzuwandeln.

Die Entstehung

Nach dem 30jährigen Krieg (1618-1648) und der immer wiederkehrenden Pest war das Gebiet östlich der Elbe fast vollständig entvölkert. Dies brachte den Landadel auf die Idee, die Ländereien mit bäuerlichem Personal selbst zu bewirtschaften, um so ihre grundherrlichen Rechte weiter ausüben zu können. Ais vormaligem Grundbesitz entwickelte sich die Gutsherrschaft, denn diese entstanden hauptsächlich durch das Zusammenlegen mehrerer Höfe zu sogenannten Kleingüter, die dann durch weiteres Land zu Höfen wurden.

Aus der anfänglich sinnvollen Idee, durch das Bauernlegen fruchtbares Ackerland weiter zu bewirtschaften, entwickelte sich im 17. und 18. Jahrhundert ein Machtmissbrauch unter dem Landadel. Tausende Bauern verloren in dieser Zeit ihre Lebensgrundlage und den Status als selbstständige Vollbauern. Fortan mussten sie Fronarbeit für den Gutsherren leisten.

Das Ende

Der Preußenkönig Friedrich II. (1712-1782) beklagte in einem Edikt, dass die Gutsherren das Bauernlegen „aus Privat-Interesse und eigener Gewinnsucht“ durchführen. Bereits Friedrich Wilhelm I. von Preußen (1688-1740) hatte 1719 und 1739 versucht das Bauernlegen zu verbieten, zunächst ohne Erfolg. Erst 1748 wurde das Ende des Bauernlegens eingeläutet, in dem er anordnete, dass ehemalige Soldaten auf frei gewordene Bauernstellen angesiedelt werden mussten, um ihnen eine Existenzgrundlage zu verschaffen. Damit sollte verhindert werden, dass unbesetzte Höfe von Gutsbesitzern übernommen werden konnten.

Der Landadel sah zunächst die Eigentumsrechte verletzt und widersetzte sich dem Befehl, doch als hohe Strafzahlungen für eingezogene Höfe vom König festgelegt und auch eingezogen wurden, nahm die Zahl der Bauernleger ab. Trotzdem war es vielerorts bereits zu spät, denn zu diesem Zeitpunkt waren bereits viele Höfe zerschlagen oder an das Land des Gutsherrn angegliedert.

1764 wurde daher als Edikt das Retablieren der eingezogenen Höfe verordnet mit dem Ziel, diese wieder neu zu besetzen, wodurch die Zahl der Bauernstellen wieder anstieg. Doch viele Gutsherren, die zugleich auch Gerichtsherren waren, legten die Regeln nach ihrer eigenen Fasson aus und setzten sich über die Gebote und Verbote hinweg. Erst 1794 wurde das Bauernlegen endgültig verboten durch das Allgemeine Preußische Landrecht.

Quellen: Preußenchronik und Computergenealogie 1/2023

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