Zusammenfassung
Schon vor 2000 Jahren war im antiken Griechenland bekannt, dass bestimmte Steine (heute Magnetit genannt) Eisenstückchen anziehen. Schriftliche Überlieferungen belegen die Verwendung von Magneten zur Navigation bereits im 12. Jahrhundert.
1600 entdeckte William Gilbert, dass die Erde selbst ein natürlicher Magnet ist, dessen Pole in der Nähe der geografischen Pole liegen. Da der Nordpol einer Kompassnadel in Richtung des Südpols eines anderen Magneten zeigt, liegt der magnetische Nordpol der Erde in der Nähe ihres geografischen Südpols, wie Sie in Abb. 23.1 erkennen.
Polarlichter entstehen, wenn der „Sonnenwind“ – ein Strom geladener Teilchen, die bei Kernfusionsreaktionen in der Sonne gebildet werden – vom Erdmagnetfeld eingefangen wird und auf die oberen Schichten der Atmosphäre trifft.
1 Die magnetische Kraft
Die Existenz eines Magnetfelds \({\boldsymbol{B}}\) in einem bestimmten Punkt des Raums kann man mithilfe einer Kompassnadel nachweisen: Ist ein Magnetfeld vorhanden, so richtet sich die Nadel entlang der magnetischen Feldlinien aus. (Da die Nadel meist in einem Gerät in waagerechter Lage befestigt ist, kann sie sich nur entlang der waagerechten Feldkomponente ausrichten.)
Experimentell beobachtet man Folgendes: Auf ein Teilchen mit einer elektrischen Ladung \(q\), das sich mit der Geschwindigkeit \({\boldsymbol{v}}\) in einem Bereich des Raums bewegt, in dem ein Magnetfeld existiert, wirkt eine Kraft; diese Kraft ist proportional zu \(q\), \(v\), \(B\) und dem Sinus des Winkels, den die Richtungen von \({\boldsymbol{v}}\) und \({\boldsymbol{B}}\) einschließen. Die Kraft ist senkrecht sowohl zum Geschwindigkeitsvektor als auch zum Feldvektor gerichtet. Diese Ergebnisse lassen sich folgendermaßen zusammenfassen.
Magnetische Kraft auf ein bewegtes geladenes Teilchen
Auf ein Teilchen mit der Ladung \(q\), das sich mit der Geschwindigkeit \({\boldsymbol{v}}\) in einem Magnetfeld \({\boldsymbol{B}}\) bewegt, wirkt die (magnetische) Kraft \({\boldsymbol{F}}\) mit:
\({\boldsymbol{F}}\) steht senkrecht sowohl auf \({\boldsymbol{v}}\) als auch auf \({\boldsymbol{B}}\) und folglich auch auf der Ebene, die \({\boldsymbol{v}}\) und \({\boldsymbol{B}}\) aufspannen.
Die Richtung von \({\boldsymbol{v}}\times{\boldsymbol{B}}\) ergibt sich aus der Rechte-Hand-Regel, indem die rechte Handfläche in Richtung von \({\boldsymbol{v}}\) zeigt und dann in die Richtung von \({\boldsymbol{B}}\) gedreht wird (Abb. 23.2). Ist \(q\) positiv, so zeigt \({\boldsymbol{F}}\propto{\boldsymbol{v}}\times{\boldsymbol{B}}\) in die Richtung des Daumens.
In Abb. 23.3 sehen Sie verschiedene Beispiele für die Richtung der Kraft, die auf eine bewegte Ladung wirkt, wobei der Magnetfeldvektor \({\boldsymbol{B}}\) jeweils senkrecht nach oben zeigt. Machen Sie sich bewusst, dass man die Richtung eines Magnetfelds \({\boldsymbol{B}}\) bestimmen kann, indem man \({\boldsymbol{F}}\) für mehrere Geschwindigkeiten \({\boldsymbol{v}}\) in verschiedenen Richtungen misst und anschließend Gl. 23.1 anwendet.
Gl. 23.1 definiert das Magnetfeld \({\boldsymbol{B}}\) anhand der auf eine bewegte Ladung ausgeübten Kraft. Die SI-Einheit der Stärke des Magnetfelds ist das Tesla (T). Auf ein Teilchen mit einer Ladung von 1 C, das sich mit einer Geschwindigkeit von 1 m\(/\)s senkrecht zu einem Magnetfeld von 1 T bewegt, wirkt eine Kraft von 1 N:
Das Tesla ist (wie auch das Farad) eine relativ große Einheit. Die Stärke des Magnetfelds der Erde an deren Oberfläche beispielsweise ist etwas geringer als \(10^{-4}\) T. In der Nähe starker Permanentmagneten herrschen Feldstärken von ungefähr 0,1–0,5 T, und leistungsfähige Elektromagnete für Anwendungen in Labors und in der Industrie erzeugen Felder von 1–2 T. Feldstärken oberhalb von 10 T sind extrem schwer aufrechtzuerhalten, weil die Magnete durch die gewaltigen Kräfte zerstört werden können.
Definition der Einheit Gauß
Eine weit verbreitete, aus dem CGS-System abgeleitete Einheit ist das Gauß (G) mit:
In der Praxis werden Magnetfelder oft in der Einheit Gauß angegeben, obwohl dies keine SI-Einheit ist. Denken Sie deshalb daran, gegebenenfalls Gauß in Tesla umzurechnen. Beispiel 23.1 illustriert die Kraft, die das Erdmagnetfeld auf ein Proton ausübt.
Die auf einen stromdurchflossenen Leiter in einem Magnetfeld wirkende Kraft ist gleich der Summe der Kräfte auf alle Ladungsträger, deren Bewegung den Strom hervorruft. In Abb. 23.6 sehen Sie einen kurzen Abschnitt eines Leiters mit der Querschnittsfläche \(A\) und der Länge \(l\), durch den ein Strom \(I\) fließt. Wird der Leiter in ein Magnetfeld gebracht, so wirkt auf jede Ladung die magnetische Kraft \(q\,{\boldsymbol{v}}_{\mathrm{d}}\times{\boldsymbol{B}}\); \({\boldsymbol{v}}_{\mathrm{d}}\) ist die Driftgeschwindigkeit der Ladungsträger und entspricht deren mittlerer Geschwindigkeit. Die Anzahl der Ladungsträger im Leiterabschnitt ist gleich der Anzahl pro Volumeneinheit \((n/V)\), multipliziert mit dem Volumen \(A\,l\). Insgesamt wirkt auf den Leiterabschnitt die Kraft
Gl. 22.3 gibt den Strom im Leiter an:
Somit können wir die magnetische Kraft auf einen stromdurchflossenen Leiterabschnitt berechnen.
Magnetische Kraft auf einen stromdurchflossenen Leiterabschnitt
Der Betrag des Vektors \({\boldsymbol{l}}\) ist die Länge des Leiters, seine Richtung ist parallel zum fließenden Strom. (Unter der Stromrichtung verstehen wir dabei die Richtung des Stromdichtevektors \({\boldsymbol{j}}\).) Fließt der Strom in \(+x\)-Richtung und liegt der Vektor des Magnetfelds in der Umgebung des Drahts in der \(x\)-\(y\)-Ebene, so zeigt die wirkende Kraft in \(+z\)-Richtung (Abb. 23.7).
Bei der Herleitung von Gl. 23.4 haben wir angenommen, dass der Leiterabschnitt geradlinig und das Magnetfeld über die gesamte Länge des Leiters konstant ist. Nun wollen wir die Beziehung für Leiter mit beliebiger Gestalt und beliebige Magnetfelder verallgemeinern. Wir wählen einen sehr kleinen Leiterabschnitt \({\mathrm{d}{\boldsymbol{l}}}\); auf ihn wirke die Kraft \({\mathrm{d}{\boldsymbol{F}}}\). Somit können wir die magnetische Kraft auf ein Stromelement angeben.
Magnetische Kraft auf ein Stromelement
Hierbei ist \({\boldsymbol{B}}\) der Vektor des Magnetfelds am Ort des Leiterabschnitts.
Die Größe \(I\,{\mathrm{d}{\boldsymbol{l}}}\) nennen wir Stromelement. Die insgesamt auf einen stromdurchflossenen Leiter wirkende Kraft erhalten wir durch Summation (Integration) der Kräfte, die auf alle Stromelemente des Leiters wirken. (Gl. 23.5 entspricht deshalb Gl. 23.1, wobei das Stromelement \(I\,{\mathrm{d}{\boldsymbol{l}}}\) an die Stelle des Terms \(q\,{\boldsymbol{v}}\) getreten ist.) Zwei Anwendungen illustrieren Beispiel 23.2 und 23.3.
Ein elektrisches Feld \({\boldsymbol{E}}\) kann durch Feldlinien dargestellt werden. Analog stellen wir ein Magnetfeld \({\boldsymbol{B}}\) durch Magnetfeldlinien dar. In beiden Fällen gibt die Richtung der Linien die Richtung des Felds an, und die Dichte (Anzahl pro Flächeneinheit) der Linien auf einer senkrecht zu den Linien stehenden Fläche ist ein Maß für die Feldstärke. Abgesehen davon bestehen die folgenden wesentlichen Unterschiede zwischen elektrischen und magnetischen Feldlinien:
-
1.
Elektrische Feldlinien zeigen in die Richtung der auf eine positive Ladung wirkenden elektrostatischen Kraft. Magnetfeldlinien stehen senkrecht zu der Kraft, die auf eine bewegte Ladung ausgeübt wird.
-
2.
Elektrische Feldlinien gehen von positiven Ladungen aus und enden an negativen Ladungen. Magnetfeldlinien haben weder Anfang noch Ende, sie sind in sich geschlossen.
Tipp
Die magnetischen Feldlinien eines Stabmagneten haben weder Anfang noch Ende, sie treten an einem Ende in den Stabmagneten ein und am anderen wieder aus.
Abb. 23.11 zeigt die Magnetfeldlinien innerhalb und außerhalb eines Stabmagneten.
2 Die Bewegung einer Punktladung in einem Magnetfeld
Die auf ein geladenes, sich in einem Magnetfeld bewegendes Teilchen ausgeübte Kraft ist immer senkrecht zur Geschwindigkeit des Teilchens gerichtet. Das bedeutet, die magnetische Kraft ändert zwar die Richtung, nicht aber den Betrag der Geschwindigkeit. Magnetische Kräfte verrichten an Teilchen keine Arbeit und haben keinen Einfluss auf deren kinetische Energie.
Ein spezieller Fall tritt ein, wenn sich ein Teilchen in einem homogenen Magnetfeld bewegt und seine Geschwindigkeit senkrecht zu dem Magnetfeld gerichtet ist. Wie Sie Abb. 23.12 entnehmen, beschreibt das Teilchen dann eine Kreisbahn, seine Winkelgeschwindigkeit ist \({\boldsymbol{\omega}}\). Abb. 23.13 zeigt die Kreisbahn von Elektronen in einem von zwei Spulen erzeugten Magnetfeld (Abb. 23.13a) und die Spur eines Protons und Alphateilchens in einer Nebelkammer (Abb. 23.13b). Die für die Zentripetalbeschleunigung \(a_{\text{ZP}}=-v^{2}/r\) bei der Kreisbewegung notwendige Kraft wird vom Magnetfeld geliefert. Auf einer Kreisbahn gilt für die Normalbeschleunigung \(a_{\text{n}}\) auf das Teilchen \(a_{\text{n}}=-a_{\text{ZP}}\). Mithilfe dieser Gleichung setzen wir den Radius der Kreisbahn in Beziehung zur Stärke des Magnetfelds und zur Geschwindigkeit des Teilchens. Bei einer Geschwindigkeit \({\boldsymbol{v}}\) wirkt auf ein Teilchen mit der Ladung \(q\) die magnetische Kraft \({\boldsymbol{F}}=q\,{\boldsymbol{v}}\times{\boldsymbol{B}}\). Die resultierende Normalbeschleunigung ist für ein Teilchen mit der Masse \(m\) gleich \(a_{\text{n}}=F/m=(q/m)\,v\,B\), weil die Vektoren \({\boldsymbol{v}}\) und \({\boldsymbol{B}}\) senkrecht aufeinander stehen. Daraus folgt
Dabei kann die Ladung \(q\) sowohl positiv als auch negativ sein. Daher ist
Als Periode einer Kreisbewegung bezeichnet man die Zeit, die das Teilchen benötigt, um den Umfang des Kreises einmal vollständig zu durchlaufen. Sie hängt wie folgt mit der Geschwindigkeit zusammen:
Wir setzen hier \(r=m\,v/\left|q\,{\boldsymbol{B}}\right|\) ein (Gl. 23.6) und erhalten die Periode der Kreisbewegung des Teilchens, die auch als Zyklotronperiode bezeichnet wird.
Zyklotronperiode
Der Kehrwert der Periode ist die Frequenz der Kreisbewegung, die Zyklotronfrequenz.
Zyklotronfrequenz
also
mit
Beachten Sie: Periode und Frequenz der Bewegung hängen gemäß Gl. 23.7 und 23.8 vom Ladung-Masse-Verhältnis \(q/m\) des Teilchens ab, nicht von der Geschwindigkeit \(v\) oder vom Radius der Kreisbahn \(r\). Zwei wichtige Anwendungen der Kreisbewegung von Teilchen in homogenen Magnetfeldern werden wir in diesem Kapitel noch besprechen: das Massenspektrometer und das Zyklotron, für das Beispiel 23.4 bereits eine Rechenanwendung vorwegnimmt.
Betrachten wir nun ein geladenes Teilchen, das sich in einem homogenen Magnetfeld mit einer Geschwindigkeit bewegt, deren Richtung nicht senkrecht zu \({\boldsymbol{B}}\) ist. Parallel zu \({\boldsymbol{B}}\) ist keine Komponente der magnetischen Kraft und folglich auch keine Komponente der Beschleunigung verschieden von null; das bedeutet, die Geschwindigkeitskomponente parallel zu \({\boldsymbol{B}}\) bleibt konstant. Die magnetische Kraft wirkt senkrecht zu \({\boldsymbol{B}}\) auf das Teilchen, dessen Bewegung deshalb in der gleichen Weise beeinflusst wird wie oben besprochen, und das Teilchen beschreibt eine Schraubenbahn (Abb. 23.14).
Die Bewegung geladener Teilchen in inhomogenen Magnetfeldern kann recht kompliziert sein. In Abb. 23.15 sehen Sie eine magnetische Flasche, eine Anordnung, an deren Enden das Feld deutlich stärker ist als dazwischen. Eine ausführliche Analyse der Bewegung eines geladenen Teilchens in einem derartigen Feld zeigt, dass sich das Teilchen auf Spiralbahnen um die Feldlinien zwischen den Punkten \(P_{1}\) und \(P_{2}\) hin und her bewegt, ohne die Flasche verlassen zu können. Solche Magnetfelder verwendet man z. B. in der Kernfusionsforschung zum Einschluss geladener Teilchen mit hoher Dichte (Plasmen). Ein ähnliches Phänomen ist die Oszillation von Ionen zwischen den magnetischen Polen der Erde innerhalb der Van-Allen-Gürtel (Abb. 23.16).
2.1 Das Geschwindigkeitsfilter
Die magnetische Kraft, die auf eine bewegte Ladung in einem homogenen Magnetfeld wirkt, kann durch eine elektrische Kraft kompensiert werden. Voraussetzung dafür ist eine geeignete Wahl von Betrag und Richtung des magnetischen und des elektrischen Felds. Die elektrische Kraft wirkt (für positiv geladene Teilchen) parallel zu den zugehörigen Feldlinien, die magnetische senkrecht dazu. In dem Gebiet, in dem sich das Teilchen bewegt, müssen die beiden Felder deshalb senkrecht zueinander stehen, damit sich die Kräfte gegenseitig aufheben können. Solche Felder bezeichnet man als gekreuzt.
Abb. 23.17 zeigt das Gebiet zwischen den Platten eines Kondensators, der ein elektrisches Feld erzeugt. Senkrecht zu diesem wirkt ein Magnetfeld (eines Magneten, dessen Pole Sie sich ober- und unterhalb der Papierebene vorstellen müssen). Betrachten wir nun ein Teilchen mit der Ladung \(q\), das von links in dieses Gebiet eintritt. Insgesamt wirkt auf dieses Teilchen die Kraft
Ist \(q\) positiv, so wirkt die elektrische Kraft vom Betrag \(q\,|{\boldsymbol{E}}|\) in der Papierebene nach unten und die magnetische Kraft vom Betrag \(q\,|{\boldsymbol{v}}|\,|{\boldsymbol{B}}|\) nach oben; ist \(q\) negativ, wirken die Kräfte in den umgekehrten Richtungen. Die Kräfte heben einander auf, wenn \(q\,|{\boldsymbol{E}}|=q\,|{\boldsymbol{v}}|\,|{\boldsymbol{B}}|\) ist oder
Bei vorgegebenen Feldstärken kompensieren sich die Kräfte nur für Teilchen, die sich exakt mit der durch Gl. 23.9 gegebenen Geschwindigkeit bewegen. Jedes Teilchen mit dieser Geschwindigkeit – ungeachtet seiner Masse oder Ladung – durchläuft den Raum zwischen den Kondensatorplatten, ohne abgelenkt zu werden. Teilchen mit größerer Geschwindigkeit werden in Richtung der magnetischen Kraft abgelenkt, Teilchen mit geringerer hingegen in Richtung der elektrischen Kraft. Eine derartige Anordnung gekreuzter Felder nennt man auch (Wien’sches) Geschwindigkeitsfilter. In der Praxis bringt man rechts von den Kondensatorplatten in Abb. 23.17 eine Blende mit einem kleinen Loch so an, dass ausschließlich Teilchen mit der richtigen Geschwindigkeit diese Blende passieren können.
2.2 Thomsons Experiment zur Messung von q\(/\)m
Ein Beispiel für die Anwendung gekreuzter Felder ist das berühmte Experiment Joseph John Thomsons im Jahr 1897: Thomson zeigte, dass Kathodenstrahlen sich durch elektrische und magnetische Felder ablenken lassen und folglich aus geladenen Teilchen bestehen müssen. Durch Messung der Ablenkung wies er nach, dass das Ladung-Masse-Verhältnis \(q/m\) aller dieser Teilchen gleich ist. Teilchen mit genau diesem Ladung-Masse-Verhältnis erzeugte Thomson unter Verwendung der unterschiedlichsten Kathodenmaterialien, was bedeutete, dass diese Teilchen zu den Grundbausteinen der Materie gehören. Heute nennt man diese Teilchen „Elektronen“.
Abb. 23.18 zeigt ein Schema der Kathodenstrahlröhre, an der Thomson seine Versuche durchführte. Elektronen werden von der Kathode C emittiert, die relativ zu den Spalten A und B negativ vorgespannt ist. Ein elektrisches Feld beschleunigt die Elektronen von C nach A, dann fliegen die Teilchen durch die Spalte A und B, passieren ein feldfreies Gebiet und treten in das elektrische Feld zwischen den Kondensatorplatten D und F ein. Das Feld steht senkrecht zur Bewegungsrichtung der Teilchen und verleiht ihnen eine vertikale Geschwindigkeitskomponente. Die Elektronen werden dadurch abgelenkt und treffen auf dem Leuchtschirm S rechts in einem Punkt auf, der gegenüber dem Auftreffpunkt beim feldfreien Flug um eine Strecke \(\Updelta y\) vertikal verschoben ist. Im Auftreffpunkt leuchtet der Schirm, wodurch sich der Strahl leicht lokalisieren lässt. Die Geschwindigkeit der Elektronen \(v_{0}\) wird durch Anlegen eines Magnetfelds \({\boldsymbol{B}}\) zwischen den Platten festgelegt, dessen Richtung senkrecht sowohl zur Richtung des elektrischen Felds als auch zur Richtung der Geschwindigkeit steht. Die Feldstärke von \({\boldsymbol{B}}\) wird zu Beginn des Versuchs so eingestellt, dass der Strahl keine Ablenkung erfährt. Dann ergibt sich die Anfangsgeschwindigkeit der Teilchen aus Gl. 23.9.
Ist das Magnetfeld ausgeschaltet, so ist die Ablenkung des Strahls im Auftreffpunkt gleich \(\Updelta y\). Dieser Wert setzt sich aus zwei Beträgen zusammen, der Ablenkung \(\Updelta y_{1}\) während des Flugs durch das elektrische Feld zwischen den Platten und der Ablenkung \(\Updelta y_{2}\) während des anschließenden Flugs durch das feldfreie Gebiet (Abb. 23.19).
Nun sei \(x_{1}\) die Länge der Flugstrecke durch das elektrische Feld (die Länge der Kondensatorplatten). Bewegt sich das Elektron beim Eintreten in das Gebiet zwischen den Platten mit der Anfangsgeschwindigkeit \(v_{0}\), so durchfliegt es den Ablenkbereich in einer Zeit \(t_{1}=x_{1}/v_{0}\). Die Vertikalgeschwindigkeit des Elektrons beim Verlassen des Kondensators ist dann
mit \(E_{y}\) als aufwärts gerichteter Komponente des elektrischen Felds zwischen den Platten. Die Ablenkung in diesem Gebiet beträgt dadurch
Zwischen den Kondensatorplatten und dem Schirm durchfliegt das Elektron die waagerecht gemessene Entfernung \(x_{2}\) im feldfreien Raum. Die Geschwindigkeit des Teilchens ist dort konstant; die Flugzeit bis zum Schirm ist deshalb gegeben durch \(t_{2}=x_{2}/v_{0}\). Für die zusätzliche vertikale Ablenkung erhalten wir damit
Wir addieren die Beiträge zur Gesamtablenkung in vertikaler Richtung:
Die gemessene Ablenkung \(\Updelta y\) setzt man in Gl. 23.10 ein und kann nun das Ladung-Masse-Verhältnis \(q/m\) (im Falle des Elektrons \(e/m\)) berechnen. Eine andere Anwendung dieser Gleichung ist die Ablenkung des Elektronenstrahls in Beispiel 23.5.
2.3 Das Massenspektrometer
Das erste Massenspektrometer wurde 1919 von Francis William Aston zur Messung von Isotopenmassen gebaut. Ziel dieser Experimente ist zum einen der Nachweis von Isotopen, zum anderen die Ermittlung natürlicher Isotopenverhältnisse. Natürliches Magnesium z. B. enthält die Isotope \(\mathrm{{}^{24}Mg}\) (\(78{,}8\,\%\)), \(\mathrm{{}^{25}Mg}\) (\(10{,}1\,\%\)) und \(\mathrm{{}^{26}Mg}\) (\(11{,}2\,\%\)), deren Massenverhältnis ungefähr \(24:25:26\) beträgt.
Ein einfaches Schema eines Massenspektrometers sehen Sie in Abb. 23.20. Durch Beschuss neutraler Atome mit Röntgen- oder Elektronenstrahlen entstehen positiv geladene Ionen. (Dabei werden Elektronen aus den Atomen herausgeschlagen.) Die Ionen treten aus der Ionenquelle aus, werden durch ein elektrisches Feld beschleunigt und erreichen in Punkt \(P_{1}\) ein homogenes Magnetfeld. Sind die Ionen anfangs in Ruhe und ist die Potenzialdifferenz gleich \(U\), so ist die Summe aus ihrem Gewinn an kinetischer Energie \(m\,v^{2}/2\) (mit dem die Ionen in das Magnetfeld eintreten) und ihrem Verlust an potenzieller Energie \(-q\,U\) gleich null:
Im Magnetfeld bewegen sich die Ionen auf einer halbkreisförmigen Bahn, deren Radius \(r\) durch Gl. 23.6 gegeben ist (\(r=m\,v/|q\,{\boldsymbol{B}}|\)), und treffen in Punkt \(P_{2}\) auf eine Fotoplatte. Die Entfernung zwischen \(P_{1}\) und \(P_{2}\) beträgt \(2\,r\).
Die Geschwindigkeit \(v\) kann aus Gl. 23.6 und 23.11 eliminiert werden. So lässt sich \(m/q\) aus den bekannten Größen \(U\), \(B\) und \(r\) berechnen. Dazu lösen wir zunächst Gl. 23.6 nach \(v\) auf und quadrieren beide Seiten:
Diese Beziehung setzen wir für \(v^{2}\) in Gl. 23.11 ein und erhalten
Vereinfachen dieses Ausdrucks und Auflösen nach \(m/q\) liefert schließlich
Anhand dieser Beziehung wird in Beispiel 23.6 die Trennung von Nickelisotopen berechnet.
Mit Astons ursprünglicher Versuchsanordnung ließen sich relative Massendifferenzen \(\Updelta m/m\) mit einer Genauigkeit von ungefähr \(1:10\,000\) auflösen. Bessere Auflösungen erreicht man, indem man zwischen Ionenquelle und Magnetfeld ein Geschwindigkeitsfilter setzt, wodurch sich die Geschwindigkeit der in das Feld eintretenden Ionen eingrenzen und damit exakter festlegen lässt.
2.4 Das Zyklotron
Das Zyklotron wurde 1934 von Ernest O. Lawrence und M. Stanley Livingston entwickelt. Mit diesem Gerät lassen sich Teilchen wie Protonen und Deuteronen auf hohe Geschwindigkeiten beschleunigen. (Ein Deuteron ist ein Kern von schwerem Wasserstoff, 2H, bestehend aus einem Proton und einem Neutron.) Diese energiereichen Teilchen werden anschließend auf Atomkerne geschossen, wodurch Kernreaktionen ausgelöst werden, deren Verlauf Rückschlüsse auf die Eigenschaften der Zielkerne zulässt. Außerdem verwendet man die schnellen Teilchen zur Erzeugung radioaktiver Substanzen und für medizinische Zwecke.
Das Funktionsschema eines Zyklotrons sehen Sie in Abb. 23.21. Die Teilchen bewegen sich in zwei halbkreisförmigen, aufgrund ihrer Gestalt „Ds“ genannten Metallbehältern. Die Ds befinden sich in einer Vakuumkammer, damit die beschleunigten Teilchen keine Energie durch Zusammenstöße mit Molekülen der Luft verlieren können. An der gesamten Anordnung liegt ein von einem Elektromagneten erzeugtes homogenes äußeres Magnetfeld an. Zwischen den Ds wird eine Potenzialdifferenz \(U\) erzeugt, die sich mit der Periode \(T\) zeitlich ändert; \(T\) ist die durch Gl. 23.7 gegebene Zyklotronperiode, \(T=2\,\pi\,m/|q\,{\boldsymbol{B}}|\). Die Potenzialdifferenz bewirkt ein elektrisches Feld in der Lücke zwischen den Ds, während das Innere der Ds feldfrei bleibt (die Metallgehäuse wirken als Abschirmung).
Positiv geladene Teilchen treten mit niedriger Geschwindigkeit aus der Ionenquelle S im Mittelpunkt der Anordnung aus und in \(\mathrm{D_{1}}\) ein. Darin beschreiben sie eine halbkreisförmige Bahn und erreichen nach der Zeit \(\frac{1}{2}\,T\) die Lücke zwischen \(\mathrm{D_{1}}\) und \(\mathrm{D_{2}}\). Die Potenzialdifferenz wird so eingestellt, dass \(\mathrm{D_{1}}\) in diesem Moment auf höherem Potenzial liegt als \(\mathrm{D_{2}}\). Folglich werden die Teilchen in der Lücke durch das elektrische Feld beschleunigt, ihre kinetische Energie nimmt um \(q\,U\) zu.
Da die kinetische Energie der Teilchen nun höher ist, ist der Bahnradius in \(\mathrm{D_{2}}\) größer. Wieder kommen die Teilchen nach der Zeit \(\frac{1}{2}\,T\) an der Lücke an, weil die Zyklotronperiode nicht von der Geschwindigkeit der Teilchen abhängt. Inzwischen hat das Potenzial in der Lücke sein Vorzeichen umgekehrt: \(\mathrm{D_{2}}\) befindet sich nun auf höherem Potenzial, die Teilchen werden beim Durchfliegen der Lücke erneut beschleunigt, und ihre kinetische Energie nimmt erneut um \(q\,U\) zu. Dieser Vorgang findet stets beim Überqueren der Lücke statt. Auf diese Weise wird der Bahnradius allmählich größer, bis die Teilchen schließlich aus dem Magnetfeld austreten. In einem typischen Zyklotron erreichen die Teilchen nach 50 bis 100 Umläufen Energien von bis zu mehreren Hundert Megaelektronenvolt.
Wir wollen nun die kinetische Energie eines Teilchens beim Austritt aus einem Zyklotron berechnen. Dazu setzen wir in Gl. 23.6 \(r\) gleich dem Maximalradius der Ds und lösen nach \(v\) auf:
Die kinetische Energie ist dann
In Beispiel 23.7 wird die Energie eines beschleunigten Protons berechnet.
3 Das auf Leiterschleifen und Magnete ausgeübte Drehmoment
Auf eine stromdurchflossene Leiterschleife wirkt in einem homogenen Magnetfeld keine resultierende Kraft, aber ein Drehmoment. Die Lage der Schleife beschreiben wir durch einen Einheitsvektor \({\boldsymbol{\hat{n}}}\), der in Richtung der Normalen der Schleifenebene (senkrecht zu dieser) steht (Abb. 23.22). Wenn sich die Finger der rechten Hand in Richtung des Stroms durch die Leiterschleife krümmen, zeigt der Daumen in Richtung von \({\boldsymbol{\hat{n}}}\).
Abb. 23.23 zeigt, welche Kräfte in einem homogenen Magnetfeld auf eine rechteckige Leiterschleife wirken, deren Normalenvektor \({\boldsymbol{\hat{n}}}\) einen Winkel \(\theta\) mit der Richtung des Magnetfelds \({\boldsymbol{B}}\) einschließt. Die Summe der Kräfte ist null, ihre Beträge sind gegeben durch
\({\boldsymbol{F}}_{1}\) und \({\boldsymbol{F}}_{2}\) bilden ein Kräftepaar. Das Drehmoment ist deshalb bezüglich jedes Punkts auf der Leiterschleife gleich. Zur Berechnung des Drehmoments wählen wir bequemerweise Punkt \(P\) in Abb. 23.23. Der Betrag des Drehmoments ist
wobei der Flächenbetrag eines Parallelogramms mit den Seiten \({\boldsymbol{a}}\) und \({\boldsymbol{b}}\) gegeben ist durch \(|{\boldsymbol{A}}|=|{\boldsymbol{a}}\times{\boldsymbol{b}}|\). Für den Spezialfall des Rechtecks ergibt sich \(|{\boldsymbol{A}}|=|{\boldsymbol{a}}|\,|{\boldsymbol{b}}|\,\sin 90^{\circ}=|{\boldsymbol{a}}|\,|{\boldsymbol{b}}|\); dies ist die Fläche der Leiterschleife. Für eine Schleife mit \(n\) Windungen gilt entsprechend
Das Drehmoment versucht die Schleife so zu drehen, dass \({\boldsymbol{\hat{n}}}\) in dieselbe Richtung zeigt wie \({\boldsymbol{B}}\).
Eine einfachere Schreibweise für das Drehmoment ergibt sich, wenn wir zuvor das magnetische Dipolmoment \({\boldsymbol{\mu}}\) (oder kürzer das magnetische Moment) einführen und für eine Leiterschleife angeben.
Magnetisches Moment einer Leiterschleife
Hierbei steht der Flächenvektor \({\boldsymbol{A}}\) in Richtung der Normalen auf der Fläche (\({\boldsymbol{A}}=A\,{\boldsymbol{\hat{n}}}\)).
Die SI-Einheit des magnetischen Moments ist \(\mathrm{A\cdot m^{2}}\) (Ampere mal Meter zum Quadrat). Das magnetische Moment \({\boldsymbol{\mu}}\) einer stromdurchflossenen Leiterschleife erzeugt in einem homogenen Magnetfeld \({\boldsymbol{B}}\) ein Drehmoment \({\boldsymbol{M}}\).
Drehmoment auf eine Leiterschleife
Wir haben Gl. 23.15 zwar für eine rechteckige Leiterschleife abgeleitet, sie gilt aber für Leiterschleifen beliebiger Form – vorausgesetzt, sie liegen in einer Ebene. Das Drehmoment ergibt sich jeweils als Vektorprodukt des magnetischen Moments \({\boldsymbol{\mu}}\) der Schleife und des Magnetfelds \({\boldsymbol{B}}\), wobei das magnetische Moment als Vektor definiert ist, der in Richtung von \({\boldsymbol{\hat{n}}}\) zeigt und dessen Betrag gleich \(n\,I\,|{\boldsymbol{A}}|\) ist (Abb. 23.24). Ein Vergleich von Gl. 23.15 mit Gl. 18.11 (\(\mathbf{{\boldsymbol{M}}}={\boldsymbol{\wp}}\times{\boldsymbol{E}}\)) zeigt, dass sich eine Leiterschleife in einem Magnetfeld genauso verhält wie ein elektrischer Dipol in einem elektrischen Feld. Beispiel 23.8 und Übung 23.1 verdeutlichen Anwendungen des Drehmoments bei Leiterschleifen.
3.1 Die potenzielle Energie eines magnetischen Dipols in einem Magnetfeld
Wirkt ein Drehmoment auf ein rotierendes Objekt, so wird Arbeit verrichtet. Die bei der Drehung eines magnetischen Dipols um einen Winkel \(\mathrm{d}\theta\) verrichtete Arbeit ist
mit \(\theta\) als Winkel zwischen \({\boldsymbol{\mu}}\) und \({\boldsymbol{B}}\); das Minuszeichen kommt zustande, weil \(\theta\) durch die Wirkung des Drehmoments kleiner wird. Setzen wir diese Arbeit gleich der Abnahme der potenziellen Energie \(E_{\mathrm{pot}}\) des Systems, so erhalten wir
und die Integration liefert
Als Nullpunkt der potenziellen Energie wählen wir \(\theta=90^{\circ}\). Dann ist \(E_{\mathrm{pot,0}}=0\). Nach der Festlegung des Nullpunktes können wir nun die potenzielle Energie des Dipols als Funktion des Winkels \(\theta\) angegeben.
Potenzielle Energie eines magnetischen Dipols
Gl. 23.16 gibt die potenzielle Energie eines magnetischen Dipols an, der mit der Richtung eines umgebenden magnetischen Felds den Winkel \(\theta\) einschließt. Diese Beziehung wird in Beispiel 23.9 verdeutlicht.
Bringt man einen Permanentmagneten, etwa eine Kompassnadel oder einen Stabmagneten, in ein Magnetfeld \({\boldsymbol{B}}\), so wirkt darauf ein Drehmoment: Die Nadel richtet sich entlang der Feldlinien aus. (Dieser Effekt tritt auch mit zuvor nicht magnetischen Eisenfeilspänen auf, die durch das \({\boldsymbol{B}}\)-Feld magnetisiert werden.) Der Stabmagnet besitzt ein magnetisches Moment \({\boldsymbol{\mu}}\); dieser Vektor zeigt in Richtung eines Pfeils, der Südpol und Nordpol des Magneten verbindet. Ein kleiner Stabmagnet verhält sich demnach im Magnetfeld genauso wie eine Leiterschleife. Zum Abschluss illustriert Beispiel 23.10, wie die Ladungen in einer rotierenden Scheibe zu einem magnetischen Moment führen.
3 Übung 23.1: Kippen einer Leiterschleife
Eine kreisrunde Leiterschleife mit dem Radius \(r\) und der Masse \(m\), durch die ein Strom \(I\) fließt, liegt auf einer waagerechten Fläche (23.25) und ist von einem waagerecht orientierten Magnetfeld \({\boldsymbol{B}}\) umgeben. Wie groß darf die Stromstärke höchstens sein, damit sich der Umfang der Schleife gerade noch nicht seitlich von der Unterlage abhebt?
3 Problembeschreibung:
Die Schleife beginnt sich zu heben, wenn der Betrag des resultierenden Drehmoments ungleich null ist (Abb. 23.26). Um das Drehmoment zu eliminieren, das durch die Normalkraft entsteht, führen wir unsere Rechnung bezüglich des Berührungspunkts zwischen Schleife und Fläche aus. Das Magnetfeld ruft das Drehmoment \(\mathbf{{\boldsymbol{M}}}={\boldsymbol{\mu}}\times{\boldsymbol{B}}\) hervor, das bezüglich aller Punkte gleich ist, da jeweils Kräftepaare vorliegen. Der Hebelarm, an dem das Drehmoment der Gravitation angreift, ist der Radius des Kreises.
Decken Sie zunächst die nachfolgenden Ergebnisse ab und versuchen Sie, sie selbst zu ermitteln.
3 Lösung:
-
1.
Berechnen Sie das auf die Schleife wirkende magnetische Drehmoment.
-
2.
Berechnen Sie den Betrag des Drehmoments, das die Gravitationskraft auf die Schleife ausübt.
-
3.
Setzen Sie die Beträge der Drehmomente gleich und lösen Sie nach dem Strom \(I\) auf.
3 Ergebnisse der Lösungsschritte:
-
1.
\(\begin{aligned}\displaystyle M_{\mathrm{B}}=\mu\,B\,\sin 90{,}0^{\circ}=I\,\pi\,r^{2}\,B\end{aligned}\)
-
2.
\(\begin{aligned}\displaystyle M_{\mathrm{G}}=-m\,g\,r\end{aligned}\)
-
3.
\(\begin{aligned}\displaystyle I=\underline{\frac{m\,g}{\pi\,r\,B}}\end{aligned}\)
Plausibilitätsprüfung: Für konstantes \(B\) ist der Strom direkt proportional zur Masse. Dieses Ergebnis leuchtet ein: Je größer die Masse der Schleife ist, desto stärker muss der Strom sein, um sie zum Kippen zu bringen.
4 *Der Hall-Effekt
Wie wir gesehen haben, wirkt in Magnetfeldern auf bewegte Ladungen senkrecht zu ihrer Bewegungsrichtung eine Kraft. In einem stromdurchflossenen Leiter „schiebt“ diese Kraft die Ladungsträger auf eine Seite des Leiters, und es kommt zu einer Ladungstrennung. Dieses Phänomen nennt man Hall-Effekt. Man kann den Hall-Effekt ausnutzen, um das Vorzeichen und die Anzahldichte \(n\) der Ladungsträger in einem Leiter zu bestimmen oder auch um Magnetfeldstärken zu messen.
In Abb. 23.29 sehen Sie zwei aus einem leitfähigen Material bestehende Streifen, die jeweils von links nach rechts von einem Strom \(I\) durchflossen werden (die linke Seiten jedes Streifens ist mit dem positiven, die rechte mit dem negativen Pol einer Spannungsquelle verbunden). Die Streifen sind von einem Magnetfeld \({\boldsymbol{B}}\) umgeben, das in die Papierebene hineinzeigt. Nehmen wir zunächst an, es handelt sich um positive Ladungsträger, die sich nach rechts bewegen (Abb. 23.29a). Auf diese Teilchen wirkt im Mittel die magnetische Kraft \(q\,{\boldsymbol{v}}_{\mathrm{d}}\times{\boldsymbol{B}}\) (\({\boldsymbol{v}}_{\mathrm{d}}\) ist die Driftgeschwindigkeit der Ladungsträger), die in der Papierebene nach oben zeigt. Die positiv geladenen Teilchen bewegen sich deshalb in Richtung des oberen Rands des Streifens, im Bereich des unteren Rands verbleibt ein Überschuss an negativen Ladungen. Infolge dieser Ladungstrennung entsteht im Streifen ein elektrisches Feld \({\boldsymbol{E}}\), das auf die Ladungsträger eine Kraft ausübt, die der magnetischen Kraft entgegengesetzt gerichtet ist. Gleichen sich die Kräfte gerade aus, dann hört die Bewegung der Ladungsträger auf. Da das elektrische Feld in Richtung abnehmenden Potenzials zeigt, befindet sich in diesem Moment die obere Kante des Streifens auf höherem Potenzial als die untere. Diese Potenzialdifferenz kann man mit einem empfindlichen Voltmeter messen.
Negative Ladungsträger (Abb. 23.29b) hingegen müssen sich im Leiter nach links bewegen (da der Strom, definiert als die Bewegung der positiven Ladungsträger, wieder von links nach rechts fließen soll). Die magnetische Kraft \(q\,{\boldsymbol{v}}_{\mathrm{d}}\times{\boldsymbol{B}}\) zeigt auch in diesem Fall nach oben (sowohl \(q\) als auch \({\boldsymbol{v}}_{\mathrm{d}}\) haben das Vorzeichen geändert). Die Ladungsträger bewegen sich wie zuvor zur oberen Kante; dort sammelt sich nun aber ein Überschuss negativer Ladung an, während die untere Kante positiv geladen zurückbleibt.
Eine Messung des Vorzeichens der Potenzialdifferenz zwischen oberem und unterem Rand des Streifens führt also unmittelbar zum Vorzeichen der Ladungsträger. In Halbleitern können negativ geladene Ionen oder positiv geladene „Löcher“ als Ladungsträger fungieren. Mit der beschriebenen Messung kann man dann feststellen, welcher Mechanismus des Ladungstransports in einem bestimmten Halbleiter überwiegt. Besteht der Streifen aus einem normalen metallischen Leiter, so findet man für die obere Kante des Streifens in Abb. 23.29b ein niedrigeres Potenzial als für die untere, was bedeutet, dass die obere Kante eine negative Überschussladung aufweisen muss. Experimente dieser Art führten historisch zu dem Schluss, dass negative Ladungsträger für die Leitfähigkeit typischer Metalle verantwortlich sind. Abb. 23.29b gibt diese Situation korrekt wieder.
Die Potenzialdifferenz zwischen dem oberen und dem unteren Rand des Streifens nennt man Hall-Spannung. Ihren Wert können wir als Funktion der Driftgeschwindigkeit der Ladungsträger angeben. Das Magnetfeld übt auf die Ladungsträger im Streifen eine Kraft \(q\,v_{\mathrm{d}}\,B\) aus. Diese Kraft wird kompensiert durch die elektrostatische Kraft \(-q\,E_{\mathrm{H}}\), wobei \({\boldsymbol{E}}_{\mathrm{H}}\) das elektrische Feld ist, das durch die Ladungstrennung im Leiter entsteht. Wir schreiben daher für den Gleichgewichtszustand \(E_{\mathrm{H}}=v_{\mathrm{d}}\,B\). Ist die Breite des Streifens gleich \(b\), so beträgt die Potenzialdifferenz \(E_{\mathrm{H}}\,b\), und für die Hall-Spannung erhalten wir
In normalen Leitern ist die Driftgeschwindigkeit der Ladungsträger sehr klein. Für Streifen mit gewöhnlichen Abmessungen und Magnetfeldstärken im Bereich von 1 T ist deshalb, wie aus Gl. 23.17 ersichtlich, auch die Hall-Spannung sehr klein. Aus Messungen der Hall-Spannung eines Streifens mit gegebenen Abmessungen können wir die Anzahldichte \(n/V\) (Anzahl pro Volumeneinheit) der Ladungsträger im Leiter berechnen. Gl. 22.3 liefert die Stromstärke:
mit \(A\) als Querschnittsfläche des Streifens. Für einen Streifen mit der Breite \(b\) und der Dicke \(d\) ist \(A=b\,d\). Die Ladungsträger sind Elektronen, für \(|q|\) setzen wir deshalb den Betrag von \(-e\) ein. Die Anzahldichte \((n/V)\) der Ladungsträger ist dann
Wir setzen gemäß Gl. 23.17 \(U_{\mathrm{H}}/B\) für \(v_{\mathrm{d}}\,b\) ein und erhalten
In Beispiel 23.11 werden aus einer Hall-Spannung die Anzahldichten von Silberatomen und Ladungsträgern berechnet.
Die Hall-Spannung bietet einen bequemen Weg zur Messung von Magnetfeldern. Dazu stellen wir Gl. 23.19 um:
Zu Beginn des Versuchs eicht man einen Metallstreifen durch Messung der Hall-Spannung bei gegebener Stromstärke in einem bekannten Magnetfeld. Anschließend bringt man den Streifen in ein unbekanntes Magnetfeld, misst die Hall-Spannung, wenn ein gegebener Strom fließt, und berechnet daraus die Stärke des Magnetfelds.
4.1 Quanten-Hall-Effekte
Gemäß Gl. 23.20 sollte die Hall-Spannung für einen gegebenen Leiterstreifen, in dem ein gegebener Strom fließt, linear von der Stärke des Magnetfelds abhängen. 1980 untersuchte der deutsche Physiker Klaus von Klitzing den Hall-Effekt in Halbleitern bei sehr tiefen Temperaturen in extrem starken Magnetfeldern und erhielt das überraschende Ergebnis, dass der lineare Zusammenhang unter diesen Bedingungen nicht mehr gilt. Wie in Abb. 23.30 dargestellt, erkennt man im Graphen von \(U_{\mathrm{H}}\) als Funktion von \(B\) eine Reihe von Plateaus: Die Hall-Spannung kann nur bestimmte Werte annehmen; sie ist gequantelt. Für die Entdeckung dieses ganzzahligen Quanten-Hall-Effekts wurde von Klitzing 1985 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet.
Die Theorie des ganzzahligen Quanten-Hall-Effekts sagt aus, dass der Hall-Widerstand, definiert als \(R_{\mathrm{H}}=U_{\mathrm{H}}/I\), nur die Werte
annehmen kann; \(n\) ist eine ganze Zahl und \(R_{\mathrm{K}}\) die Klitzing-Konstante, die mit der Elementarladung \(e\) und der Planck-Konstante \(h\) wie folgt verknüpft ist:
Aufgrund der exakt definierten Konstanten \(e\) und \(h\) ist die Klitzing-Konstante ebenfalls exakt und hat den Wert:
1982 wurde experimentell beobachtet, dass die Hall-Spannung in bestimmten Fällen durch Gl. 23.21 gegeben ist, wenn \(n\) diskreten rationalen Brüchen aus kleinen ganzen Zahlen entspricht. Für die Entdeckung und Erklärung dieses fraktionalen Quanten-Hall-Effekts erhielten die Amerikaner Laughlin, Störmer und Tsui 1998 den Nobelpreis.
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Appendices
Im Kontext: Wie geomagnetische Stürme die Orientierung von Pottwalen stören können
Wenn ein Pottwal an der Nordseeküste strandet, erregt dies oft großes Aufsehen. Zum Glück sind diese tragischen Ereignisse eher die Ausnahme. Doch wie kommt es überhaupt dazu, dass sich manchmal gleich mehrere Wale in die flachen Gefilde der Nordsee verirren? Eigentlich leben Pottwale in den Weiten der Ozeane. Die Bullen pendeln nordwestlich an Irland vorbei, z. B. zwischen den Azoren und der Norwegischen See, um u. a. den Weibchen (die nur äquatornah leben) und dem Nachwuchs die Jagdgründe nicht streitig zu machen oder um sich zu paaren. Die männlichen Pottwale können so viel wiegen wie 35 Pkw und länger werden als ein Gelenkbus. Ihren täglichen Nahrungsbedarf von 1,5 t decken die Kolosse vorzugsweise mit Tiefseetintenfischen, die sie in bis zu 3000 m Tiefe erbeuten. Dass die imposanten Meeressäugetiere in der eher flachen Nordsee auftauchen, ist daher ein seltenes Phänomen. Dennoch sind Pottwalstrandungen an der Nordseeküste schon seit Jahrhunderten bekannt und nicht erst seit der menschlichen Verschmutzung der Meere. Besonderes Aufsehen erregten die insgesamt 29 Strandungen an der englischen, französischen, niederländischen und deutschen Nordseeküste, die vom 8. Januar bis zum 4. Februar 2016 festgestellt wurden. 16 davon fanden allein an der deutschen Nordseeküste statt. Die Vermutung, dass die Tiere krank gewesen sein könnten, wurde schnell in einer Studie widerlegt: Genaue Untersuchungen der meisten Walkadaver ergaben einen so guten Gesundheitszustand, dass dieser die Strandungen nicht erklären konnte. In einer anderen Arbeit wurde festgestellt, dass sich die Wasseroberflächentemperaturen, Oberflächenströmungen, Windgeschwindigkeiten und Wellenhöhen im Seegebiet vor Norwegen ebenfalls nicht eindeutig den Strandungen zuordnen ließen.
Eine mögliche Erklärung für die Walstrandungen könnte der besondere Orientierungssinn dieser Tiere sein: Wale navigieren in den Weiten der Meere sehr wahrscheinlich mithilfe des Erdmagnetfelds. Zudem nutzen sie vermutlich geomagnetische Anomalien, die ihnen wie Landmarken auf einer Karte dienen. Solche Anomalien sind dauerhafte lokale Störungen des Erdmagnetfelds von bis zu mehreren 100 Nanotesla (nT), verursacht durch magnetisierte Gesteine in der Erdkruste. Doch gelegentlich, wenn Sonnenstürme die höheren Breiten mit Polarlichtern zum Leuchten bringen, verbiegt sich das Erdmagnetfeld temporär. Bei besonders ausgebildeten geomagnetischen Stürmen können die Pottwale auf ihrer Unterwasserreise auch fehlgeleitet werden. Bezüglich Tauben ist dieses Phänomen schon lange bekannt. So werden Taubenrennen, bei denen es oft um viel Geld geht, bei vorhergesagten geomagnetischen Stürmen verschoben.
Um einen möglichen Einfluss der Sonnenaktivität auf Pottwalstrandungen zu prüfen, wurden bereits Zeitreihenanalysen über mehrere Jahrhunderte durchgeführt, bei denen Strandungen in der Nordsee mit Sonnenflecken bzw. mit dem jährlich gemittelten globalen geomagnetischen Aktivitätsindex abgeglichen wurden. Dabei zeigte sich, dass tatsächlich ein Zusammenhang zwischen Sonnenstürmen und einem Teil der Strandungen bestehen kann.1,2
Die massenhaften Strandungen Anfang 2016 ermöglichten nun, detailliert die Auswirkungen der Sonnenstürme vom 20. und 31. Dezember 2015 auf einzelne magnetische Komponenten im Seegebiet zwischen Norwegen und Schottland zu beschreiben, wo die Wale irrtümlich in die Nordsee abgebogen waren.3 Insbesondere wurden die stunden- bis tagelangen geomagnetischen Stürme in diesem Seegebiet analysiert und mit den dort natürlich vorkommenden geomagnetischen Anomalien verglichen. Dabei ließ sich das Ausmaß verdeutlichen, mit dem die Sonnenstürme das Erdmagnetfeld selbst verbiegen können, nämlich um mehrere 100 nT bis hin zu 1000 nT, was einer magnetischen Fehlinterpretation der Position um mehrere 100 km in Nord-Süd-Richtung entsprechen kann. Zudem können die sonnensturmbedingten Magnetfeldverbiegungen den dort natürlich vorkommenden geomagnetischen Anomalien im zeitlichen Verlauf (z. B. beim Durchschwimmen) sehr ähneln. Die Sonnenstürme können also temporäre Magnetfeldparameteränderungen hervorrufen und über ihren zeitlichen Verlauf auch „falsche“ Anomalien vortäuschen bzw. echte verschwinden lassen und die Pottwale so in die Irre führen.3 Sind die Tiere erst einmal in die Nordsee gelangt, haben sie aufgrund der dort für sie ungünstigen Umweltverhältnisse meistens keine Chance, diese wieder zu verlassen. Sie stranden dann häufig eine bis mehrere Wochen später in der Sackgasse Nordsee an den seicht auslaufenden tidebeeinflussten Küsten. Unter den gestrandeten Walen finden sich oft besonders viele Jungbullen. Da sie äquatornah aufwachsen, wo die Auswirkungen der Sonnenstürme auf das Magnetfeld erheblich geringer sind als an den Polen, müssen sie den Umgang mit diesen magnetischen Störungen in höheren Breiten erst erlernen.3 Manchmal bezahlen sie diese Lehre mit ihrem Leben.
-
1.
Vanselow K. H., Ricklefs, K., „Are Solar Activity and Sperm Whale Physeter macrocephalus Strandings Around the North Sea Related?“, Journal of Sea Research 53, 2005, S. 319–327.
-
2.
Vanselow K. H., Ricklefs, K., Colijn, F., „Solar Driven Geomagnetic Anomalies and Sperm Whale (Physeter macrocephalus) Strandings Around the North Sea: An Analysis of Long Term Datasets“, The Open Marine Biology Journal 3, 2009, S. 89–94.
-
3.
Vanselow, K. H., Jacobsen, S., Hall, C., Garthe, S. „Solar Storms May Trigger Sperm Whale Strandings: Explanation Approaches for Multiple Strandings in the North Sea in 2016“, International Journal of Astrobiology, 17, 2018, S. 336–344.
Dr. Klaus Heinrich Vanselow
Dr. Klaus Heinrich Vanselow, geboren 1960 in Kiel, studierte an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel Physik und promovierte dort 1989 in Biophysik. Nebenfächer waren u. a. Astronomie und Physiologie. Seit 1990 leitet er die Arbeitsgruppe Meeresmesstechnik am Forschungs- und Technologiezentrum Westküste der Universität Kiel in Büsum. Er befasst sich seit 2000 mit dem Thema „Sonnenaktivität und Walstrandungen“.
Zusammenfassung
Thema | Wichtige Gleichungen und Anmerkungen | |
---|---|---|
1. | Magnetische Kraft | |
Auf eine bewegte Ladung | \({\boldsymbol{F}}=q\,{\boldsymbol{v}}\times{\boldsymbol{B}}\) (23.1) | |
Auf ein Stromelement | \(\mathrm{d}{\boldsymbol{F}}=I\,\mathrm{d}{\boldsymbol{l}}\times{\boldsymbol{B}}\) (23.5) | |
Einheit der Magnetfeldstärke | Die SI-Einheit der Magnetfeldstärke ist das Tesla (T). Häufig verwendet wird auch die Einheit Gauß (G) mit \(1\,\mathrm{G}=10^{-4}\,\mathrm{T}\) (23.3) | |
2. | Bewegung von Punktladungen | Ein Teilchen mit der Masse \(m\) und der Ladung \(q\), das sich mit der Geschwindigkeit \(v\) in einer Ebene senkrecht zur Richtung eines homogenen Magnetfelds bewegt, beschreibt eine Kreisbahn. Periode und Frequenz der Kreisbewegung hängen weder vom Radius der Bahn noch von der Geschwindigkeit des Teilchens ab |
Bewegung auf Kreisbahn | \(\frac{q}{m}\,v\,B=\frac{v^{2}}{r}\) (23.6) | |
Zyklotronperiode | \(T=\frac{2\,\pi\,m}{|q\,{\boldsymbol{B}}|}\) (23.7) | |
Zyklotronfrequenz | \(\nu=\frac{1}{T}=\frac{|q\,{\boldsymbol{B}}|}{2\,\pi\,m}\) (23.8) | |
Geschwindigkeitsfilter | Ein Geschwindigkeitsfilter besteht aus einem elektrischen und einem magnetischen Feld, die aufeinander senkrecht stehen (gekreuzte Felder) und deren Kraftwirkung sich für ein Teilchen mit der Geschwindigkeit \({\boldsymbol{v}}\) kompensiert: \(|{\boldsymbol{v}}|=\frac{|{\boldsymbol{E}}|}{|{\boldsymbol{B}}|}\) (23.9) | |
*Thomsons Versuch zur Bestimmung von \(q/m\) | Die Ablenkung eines geladenen Teilchens in einem elektrischen Feld hängt von der Geschwindigkeit des Teilchens ab und ist proportional zu dessen Ladung-Masse-Verhältnis \(q/m\). J. J. Thomson legte die Geschwindigkeit von Teilchen aus Kathodenstrahlen mithilfe gekreuzter Felder fest und ermittelte \(q/m\) durch anschließende Ablenkung der Teilchen in einem elektrischen Feld. Er wies nach, dass alle Kathodenstrahlen aus Teilchen mit einem bestimmten Ladung-Masse-Verhältnis bestehen. Wir nennen diese Teilchen Elektronen | |
Massenspektrometer | Das Ladung-Masse-Verhältnis \(q/m\) eines Ions mit bekannter Geschwindigkeit kann durch Messung des Radius der Kreisbahn bestimmt werden, auf der sich das Ion in einem Magnetfeld bekannter Stärke bewegt | |
3. | Leiterschleifen | |
Magnetisches Dipolmoment | \({\boldsymbol{\mu}}=n\,I\,{\boldsymbol{A}}\) (23.14) | |
Drehmoment | \(\mathbf{{\boldsymbol{M}}=}{\boldsymbol{\mu}}\times{\boldsymbol{B}}\) (23.15) | |
Potenzielle Energie eines magnetischen Dipols | \(E_{\mathrm{pot}}=-{\boldsymbol{\mu}}\cdot{\boldsymbol{B}}\) (23.16) | |
Resultierende Kraft | Die resultierende Kraft auf eine Leiterschleife in einem homogenen Magnetfeld ist null | |
4. | Der Hall-Effekt | Ist ein stromdurchflossener Leiter von einem Magnetfeld umgeben, so führt die auf die Ladungsträger wirkende magnetische Kraft zu einer Ladungstrennung. Dieses Phänomen heißt Hall-Effekt. Die Ladungstrennung erzeugt eine Potenzialdifferenz \(U_{\mathrm{H}}\), die Hall-Spannung. Aus der Messung des Vorzeichens der Hall-Spannung lässt sich das Vorzeichen der Ladungsträger in einem Leiter bestimmen, und aus dem Betrag von \(U_{\mathrm{H}}\) kann die Anzahl der Ladungsträger pro Volumeneinheit berechnet werden |
Hall-Spannung | \(U_{\mathrm{H}}=E_{\mathrm{H}}\,b=v_{\mathrm{d}}\,B\,b=\frac{|I|}{(n/V)\,d\,e}B\) (23.17, 23.20) | |
*Quanten-Hall-Effekte | Messungen bei sehr tiefen Temperaturen in extrem starken Magnetfeldern ergeben, dass der Hall-Widerstand \(R_{\mathrm{H}}=U_{\mathrm{H}}/I\) gequantelt ist und nur folgende Werte annehmen kann: \(R_{\mathrm{H}}=\frac{U_{\mathrm{H}}}{I}=\frac{R_{\mathrm{K}}}{n}\quad\mathrm{mit\leavevmode\nobreak\ }\,n=1,2,3,\ldots\,\), (23.21) wobei \(R_{\mathrm{K}}=h/e^{2}\) die Klitzing-Konstante ist, die die Planck-Konstante \(h\) und die Elementarladung \(e\) miteinander verknüpft | |
*Definition des Ohm | \(R_{\mathrm{K(90)}}=25\,812{,}8076\,\Upomega\,\mathrm{(exakt)}\) (23.23) \(R_{\mathrm{K(90)}}\) ist ein international festgelegter Rundungswert der Klitzing-Konstante \(R_{\mathrm{K}}\) |
Die Nummerierung der Aufgaben ist nicht fortlaufend sondern orientiert sich an der Nummerierung im Arbeitsbuch, so finden sich leichter die entsprechenden Lösungen.
1.1 Schätzungs- und Näherungsaufgabe
A 23.5
\(\bullet\) Schätzen Sie die magnetische Kraft ab, die das Erdmagnetfeld auf einen Meter einer stromdurchflossenen Leitung im 16-A-Stromkreis eines Wohnhauses maximal ausüben kann.
1.2 Die magnetische Kraft
A 23.6
\(\bullet\) Ein punktförmiges Teilchen mit einer Ladung \(q=-3{,}64\,\text{nC}\) bewegt sich mit einer Geschwindigkeit von \(2{,}75\cdot 10^{6}\,{\boldsymbol{\hat{x}}}\,\mathrm{m/s}\). Berechnen Sie die Kraft, die folgende Magnetfelder auf das Teilchen ausüben: a) \({\boldsymbol{B}}=0{,}38\,{\boldsymbol{\hat{y}}}\,\text{T}\), b) \({\boldsymbol{B}}=(0{,}75\,{\boldsymbol{\hat{x}}}+0{,}75\> {\boldsymbol{\hat{y}}}\,)\,\text{T}\), c) \({\boldsymbol{B}}=0{,}65\,{\boldsymbol{\hat{x}}}\,\text{T}\) und d) \({\boldsymbol{B}}=(0{,}75\,{\boldsymbol{\hat{x}}}+0{,}75\,{\boldsymbol{\hat{z}}}\,)\,\text{T}\).
A 23.7
\(\bullet\) In einem geraden, stromdurchflossenen Leiterabschnitt befindet sich das Stromelement \(I\,{\boldsymbol{l}}\) mit \(I=2{,}7\,\text{A}\) sowie \({\boldsymbol{l}}=(3{,}0\,{\boldsymbol{\hat{x}}}+4{,}0\,{\boldsymbol{\hat{y}}}\,)\,\text{cm}\). Es ist von einem homogenen Magnetfeld \({\boldsymbol{B}}=1{,}3\,{\boldsymbol{\hat{x}}}\,\text{T}\) umgeben. Berechnen Sie die auf den Leiterabschnitt wirkende Kraft.
A 23.8
\(\bullet\bullet\) Durch den in Abb. 23.31 skizzierten Leiterabschnitt fließt von \(a\) nach \(b\) ein Strom von \(1{,}8\,\text{A}\). Den Leiterabschnitt umgibt ein Magnetfeld \({\boldsymbol{B}}=1{,}2\,{\boldsymbol{\hat{z}}}\,\text{T}\). Berechnen Sie die insgesamt auf den Leiter wirkende Kraft und zeigen Sie, dass sich die gleiche Kraft ergibt, wenn der Leiterabschnitt geradlinig von \(a\) nach \(b\) verläuft und vom selben Strom durchflossen wird.
1.3 Die Bewegung einer Punktladung in einem Magnetfeld
A 23.10
\(\bullet\) Ein Proton bewegt sich auf einer Kreisbahn mit einem Radius von 65 cm. Die Bahn befindet sich in einem Magnetfeld mit einer Feldstärke von 0,75 T, das senkrecht auf der Bahn steht. Berechnen Sie a) die Periode der Kreisbewegung, b) die Bahngeschwindigkeit und c) die kinetische Energie des Protons.
A 23.11
\(\bullet\) Ein Elektron mit einer kinetischen Energie von 4,5 keV bewegt sich auf einer Kreisbahn, die sich in einem senkrecht zur Bahn gerichteten Magnetfeld mit einer Feldstärke von 0,325 T befindet. a) Berechnen Sie den Radius der Bahn. b) Berechnen Sie die Frequenz und die Periode der Kreisbewegung.
A 23.12
\(\bullet\bullet\) Ein Proton, ein Alphateilchen und ein Deuteron bewegen sich auf Kreisbahnen, die alle den gleichen Radius haben und sich in einem homogenen Magnetfeld befinden. Die Ladung des Deuterons ist gleich der Ladung des Protons, und die Ladung des Alphateilchens ist doppelt so groß. Nehmen Sie an, dass gilt: \(m_{\alpha}=2m_{\mathrm{d}}=4m_{\mathrm{p}}\). Vergleichen Sie a) die Geschwindigkeiten, b) die kinetischen Energien und c) die Beträge der Drehimpulse bezüglich der Bahnmittelpunkte der drei Teilchen.
1.4 Die auf geladene Teilchen wirkende magnetische Kraft
A 23.14
\(\bullet\) Ein Geschwindigkeitsfilter arbeitet mit einem \(0{,}28\,\text{T}\) starken Magnetfeld senkrecht zu einem \(0{,}46\,\mathrm{MV/m}\) starken elektrischen Feld. a) Wie schnell muss sich ein Teilchen bewegen, um das Filter ohne Ablenkung zu durchqueren? Welche kinetische Energie müssen b) Protonen bzw. c) Elektronen haben, um das Filter ohne Ablenkung zu durchqueren?
A 23.15
\(\bullet\bullet\) Es gibt zwei stabile Chlorisotope: \(\mathrm{{}^{35}Cl}\) und \(\mathrm{{}^{37}Cl}\). Eine Mischung einfach ionisierter Chloratome in der Gasphase soll mithilfe eines Massenspektrometers in die Isotopenanteile getrennt werden. Das Spektrometer arbeitet mit einer Magnetfeldstärke von \(1{,}2\,\text{T}\). Welche Beschleunigungsspannung muss mindestens anliegen, damit die räumliche Trennung der Isotope nach dem Durchlaufen der Halbkreisbahn \(1{,}4\,\text{cm}\) beträgt?
A 23.17
\(\bullet\bullet\) Zeigen Sie: Der Bahnradius eines geladenen Teilchens in einem Zyklotron ist proportional zur Wurzel aus der Anzahl der absolvierten Umläufe.
1.5 Das auf Leiterschleifen und Magnete ausgeübte Drehmoment, magnetische Momente
A 23.18
\(\bullet\) Ein elektrischer Leiter hat die Form eines Quadrats mit der Seitenlänge \(l=6{,}0\,\text{cm}\) und liegt in der \(x\)-\(y\)-Ebene. Durch den Leiter fließt ein Strom \(I=2{,}5\,\text{A}\), und es herrscht ein äußeres homogenes Magnetfeld mit einer Stärke von \(0{,}30\,\text{T}\). Geben Sie den Betrag des Drehmoments an, das auf den Leiter wirkt, wenn das Magnetfeld a) in \(+z\)-Richtung bzw. b) in \(+x\)-Richtung zeigt.
A 23.19
\(\bullet\) Ein elektrischer Leiter hat die Form eines gleichseitigen Dreiecks mit der Seitenlänge \(l=8{,}0\,\text{cm}\) und liegt in der \(x\)-\(y\)-Ebene. Durch den Leiter fließt ein Strom \(I=2{,}5\,\text{A}\), und es herrscht ein äußeres homogenes Magnetfeld mit einer Stärke von \(0{,}30\,\text{T}\). Geben Sie den Betrag des Drehmoments an, das auf den Leiter wirkt, wenn das Magnetfeld a) in \(+z\)-Richtung bzw. b) in \(+x\)-Richtung zeigt.
A 23.20
\(\bullet\bullet\) Eine Leiterschleife besteht aus zwei Halbkreisbögen, verbunden durch gerade Abschnitte (Abb. 23.32). Der innere Radius beträgt \(0{,}30\,\text{m}\), der äußere \(0{,}50\,\text{m}\). Durch die Schleife fließt (im äußeren Bogen in Uhrzeigerrichtung) ein Strom \(I=1{,}5\,\text{A}\). Geben Sie das magnetische Moment der Leiterschleife an.
1.6 Der Hall-Effekt
A 23.24
\(\bullet\) Ein 2,00 cm breiter und \(0{,}100\,\text{cm}\) dicker Metallstreifen wird von einem Strom mit einer Stärke von 20,0 A durchflossen und befindet sich in einem homogenen Magnetfeld von 2,00 T (Abb. 23.33). Es wird eine Hall-Spannung von \(4{,}27\,\upmu\text{V}\) gemessen. Berechnen Sie a) die Driftgeschwindigkeit der freien Elektronen und b) deren Anzahldichte im Leiter. c) Befindet sich Punkt \(a\) oder Punkt \(b\) auf höherem Potenzial? Erläutern Sie Ihre Antwort.
A 23.25
\(\bullet\bullet\) Eine Anwendung aus der Biologie: Blut enthält geladene Teilchen (Ionen), sodass es beim Fließen eine Hall-Spannung über dem Durchmesser einer Ader hervorrufen kann. Die Fließgeschwindigkeit des Bluts in einer großen Arterie mit einem Durchmesser von \(0{,}85\,\text{cm}\) sei maximal \(0{,}60\,\mathrm{m/s}\). Ein Abschnitt der Arterie befinde sich in einem Magnetfeld von \(0{,}20\,\text{T}\). Welche maximale Potenzialdifferenz baut sich dabei über dem Durchmesser der Ader auf?
1.7 Allgemeine Aufgaben
A 23.27
\(\bullet\) Ein Alphateilchen (Ladung \(+2\,e\)) bewegt sich in einem Magnetfeld von 0,10 T auf einer Kreisbahn mit einem Radius von \(0{,}50\,\text{m}\). Berechnen Sie a) die Periode, b) den Betrag der Geschwindigkeit und c) die kinetische Energie (in Elektronenvolt) des Teilchens. Setzen Sie die Masse des Teilchens zu \(m=6{,}65\cdot 10^{-27}\,\text{kg}\) an.
A 23.28
\(\bullet\bullet\) Ein langer, dünner Stabmagnet mit dem magnetischen Moment \({\boldsymbol{\mu}}\) parallel zu seiner Längsachse ist in der Mitte reibungsfrei gelagert und wird als Kompassnadel verwendet. In einem horizontal orientierten Magnetfeld \({\boldsymbol{B}}\) richtet sich die Nadel an den Feldlinien aus. Zeigen Sie, dass die Nadel nach einer Auslenkung um den kleinen Winkel \(\theta\) mit der Frequenz \(\nu=\frac{1}{2\,\pi}\sqrt{|{\boldsymbol{\mu}}|\,|{\boldsymbol{B}}|/I_{\mathrm{T}}}\) um ihre Gleichgewichtslage schwingt. Darin ist \(I_{\mathrm{T}}\) das Trägheitsmoment bezüglich der Lagerung.
A 23.29
\(\bullet\bullet\) Ein 20 m langer, leitfähiger Draht ist parallel zur \(y\)-Achse ausgerichtet und bewegt sich mit einer Geschwindigkeit von \(20\,\mathrm{m/s}\) in \(+x\)-Richtung. Die Anordnung befindet sich in einem Magnetfeld \({\boldsymbol{B}}=0{,}50\,{\boldsymbol{\hat{z}}}\,\text{T}\). Durch die magnetische Kraft bewegen sich die Elektronen so lange zu einem Ende des Drahts (wodurch das andere Ende eine positive Ladung erhält), bis die Kraft des durch die Ladungstrennung erzeugten elektrischen Felds die magnetische Kraft kompensiert. a) Ermitteln Sie Betrag und Richtung des elektrischen Felds in diesem stationären Zustand. b) Welches Ende des Drahts ist positiv geladen und welches negativ? c) Der bewegte Leiter sei nun 2,0 m lang. Welche Potenzialdifferenz baut sich durch das in Teilaufgabe a berechnete elektrische Feld zwischen den Enden des Leiters auf?
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Kersten, P., Tipler, P.A., Mosca, G. (2024). Das Magnetfeld. In: Kersten, P. (eds) Tipler Physik. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-67936-4_23
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