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Das Leben in der Talsohle: Neue Konjunkturumfragen des wvib und der HWK – Kritik am Bund Verbände | 19.05.2024 | Lars Bargmann

Auf der Grafik stehen gezeichnete Menschen vor einer Talsohle.

Die Stimmung in der Indus­trie im Südwesten ist, nun ja, so lala. Zumindest, wenn es nach der jüngsten Konjunkturumfrage des Wirtschaftsverbands Industrieller Unternehmen in Baden (wvib) geht. Auch die Freiburger Handwerkskammer meldet eine „lahmende Nach­frage“. Und beide kritisieren die Bundesregierung.

„Die konjunkturelle Wende mag sich weit am Horizont abzeichnen, in der Breite schlägt sich die Krise jetzt erst so richtig in den Zahlen nieder“, kommentierte wvib-Geschäftsführer Christoph Münzer die Ergebnisse. Die Bundesregierung müsse sich dringend auf einen Plan einigen, der die strukturellen Probleme des Landes angeht: „Wir brauchen niedrigere Energiepreise, deutlich weniger Bürokratie und eine international wettbewerbsfähige Steuerbelastung.“

Ins gleiche Horn bläst der neue Präsident der Handwerkskammer in Freiburg (HWK), Christoph Burger: „Die problematischen Rahmenbedingungen wie die Bürokratiebelastung der Betriebe, zu lange Genehmigungsverfahren und die hohen Energiepreise müssen von der Politik nicht nur erkannt, sondern auch angegangen werden, um wieder Schwung in den Konjunkturmotor Handwerk zu bringen.“

Beim wvib meldeten fürs erste Quartal nur 31 Prozent gestiegene Umsätze, im ersten Vorjahresquartal waren es noch mehr als 73 Prozent. 61,9 Prozent notierten dagegen jetzt sinkende Umsätze (Q1 2023: 19,6 Prozent). Im vergangenen Jahr waren sie dagegen noch bei 57,3 Prozent der Befragten gestiegen. Die Aussichten, so Münzer, seien ebenfalls wenig positiv: Nur noch ein Viertel erwartet in den nächsten sechs Monaten steigende Umsätze (Q1 2023: 32,4 Prozent). Dagegen rechnen 22,3 Prozent mit geringeren.

Tiefster Punkt seit Anfang 2020

Zum Ende des ersten Quartals lag der Index der wvib-Geschäftslage (Saldo zwischen positiver und negativer Umsatzentwicklung) bei minus 30,95 Punkten und damit auf dem tiefsten Stand seit Anfang 2020. Die saldierte Geschäftserwartung liegt indes bei 3,67 Punkten und damit über dem Wert zum Ende des Jahres (minus 12,5 Punkte). Aus dem Mittel zwischen beiden bildet sich das wvib-Geschäftsklima und das sinkt kräftig von 2,3 auf minus 14,4 Punkte. „Die Realitäten des industriellen Mittelstandes sind in Berlin noch nicht angekommen“, kritisiert Münzer.

Bei der HWK liegt der Konjunkturindikator, der Saldo aus Geschäftslage und -erwartungen, nach 26,8 Punkten im vierten Quartal 2023 nun bei 26,1 Punkten. Im Vorjahr waren es 40,7. „Die lahmende Nachfrage wirkt sich auch auf unsere Betriebe aus,“ sagte Burger. Aktuell sind die zwar noch sehr gut ausgelastet – was womöglich auch ein Zeichen für den Fachkräftemangel ist. Bei den Aufträgen aber meldete fürs erste Quartal jeder dritte Betrieb eine schwächere Nachfrage. Und auch bei den Umsätzen sind die Auswirkungen der Baukrise spürbar: Im Bauhauptgewerbe meldete kein einziger Betrieb gestiegene Umsätze. Knapp 40 Prozent meldeten Rückgänge. Der Stagnation auf niedrigem Niveau müsse endlich etwas entgegengesetzt werden, mahnt Burger, „das Handwerk darf nicht weiter ausgebremst werden.“ Immerhin erwarten die Betriebe in den kommenden Wochen Steigerungen bei Umsatz und Auftragseingängen.

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