Regisseur Polanski in Verleumdungsprozess in Frankreich freigesprochen

Ein Pariser Gericht hat den französisch-polnischen Regisseur Roman Polanski in einem Verleumdungsprozess freigesprochen. Die zuständige Pressekammer stufte Äußerungen Polanskis über die britische Schauspielerin Charlotte Lewis nicht als Verleumdung ein. (Loic Venance)
Ein Pariser Gericht hat den französisch-polnischen Regisseur Roman Polanski in einem Verleumdungsprozess freigesprochen. Die zuständige Pressekammer stufte Äußerungen Polanskis über die britische Schauspielerin Charlotte Lewis nicht als Verleumdung ein. (Loic Venance)

Am Tag der Eröffnung des Filmfestivals von Cannes hat ein Pariser Gericht den französisch-polnischen Regisseur Roman Polanski in einem Verleumdungsprozess freigesprochen. Die zuständige Pressekammer stufte Äußerungen Polanskis über die britische Schauspielerin Charlotte Lewis am Dienstag nicht als Verleumdung ein. Der 90-Jährige war bei der Urteilsverkündung nicht anwesend.

Polanski, dem mehrere Frauen sexuelle Gewalt bis hin zur Vergewaltigung vorwerfen, war von Lewis wegen Verleumdung verklagt worden. Sie warf ihm vor, sie zu Unrecht der Lüge bezichtigt zu haben. Im Hintergrund stand der Vorwurf der Schauspielerin, Polanski habe sie 1983 als 16-Jährige in Paris vergewaltigt. Diese Vorwürfe mündeten jedoch nicht in ein Gerichtsverfahren, weil Lewis nach eigener Aussage davon ausging, dass der Fall verjährt sei.

Polanski hatte Lewis 2019 in einem Interview "abscheuliche Lügen" vorgeworfen und erklärt, dass die Schauspielerin sich selber in einem Klatschblatt damit gerühmt habe, den Regisseur verführt zu haben. Lewis erklärte während des Prozesses, falsch zitiert worden zu sein. Ein britischer Journalist sagte hingegen aus, die Schauspielerin damals für dieses Interview bezahlt zu haben.

Vor Gericht hatte die 56-Jährige geschildert, wie sie ihrer Aussage zufolge von dem Starregisseur sexuell missbraucht worden sei. Als 16 Jahre altes Model sei sie mit einer Freundin nach Paris gefahren, um Polanski zu treffen. Dieser suchte damals Schauspieler für seinen Abenteuerfilm "Piraten".

"Er meinte, unser Hostel sei nicht gut genug, und lud uns zu sich ein", berichtete sich die Klägerin. Sie seien in ein Restaurant gegangen, ihre Freundin habe sich danach bei Polanski zu Hause schlafen gelegt. "Sie ließ mich allein mit ihm. Dann hat er mich vergewaltigt", sagte Lewis.

"Mir war damals nicht bewusst, dass es eine Vergewaltigung war", erwiderte Lewis auf die Frage, warum sie so lange geschwiegen habe. "Ich wusste, dass es nicht in Ordnung war, aber ich konnte es nicht benennen", fügte sie hinzu. Erst 2010 ging Lewis mit ihren Vorwürfen an die Öffentlichkeit. Klage reichte sie damals nicht ein, weil sie nach eigener Aussage davon ausging, dass der Fall verjährt war.

Ihr Fall erhielt dennoch große Aufmerksamkeit, zumal kurz darauf ein Interview aus dem Jahr 1999 mit der britischen Klatschzeitung "News of the World" verbreitet wurde - in dem sie sich rühmte, Polanski in Paris selbst verführt zu haben. Vor Gericht erklärte Lewis, dass sie diesen Artikel erst 2010 gelesen habe und darin falsch zitiert werde.

Der britische Journalist, der den Artikel damals für "News of the World" verfasst hatte, sagte hingegen aus, dass sein Blatt der Klägerin 30.000 Pfund bezahlt habe, "um die exklusiven Rechte an ihrer Geschichte zu bekommen".

Als Polanski 2019 seinen Film "Intrige" in die Kinos brachte, warf er in einem Interview mit "Paris Match" Lewis eine "gemeine Lüge" vor. Wenige Monate danach reichte Lewis ihre Verleumdungsklage ein. Nach französischem Presserecht führt eine solche Klage fast immer zu einem Prozess.

Das Verfahren gegen den 90-jährigen Regisseur erregte in Frankreich viel Aufsehen, da die MeToo-Bewegung seit einigen Monaten wieder an Bedeutung gewinnt. Filmstar Gérard Depardieu  muss sich im Oktober in zwei Fällen vor Gericht verantworten.

Polanski, der mit Filmen wie "Rosemaries Baby" und "Der Pianist" zahlreiche Filmpreise gewonnen hat, wurde in der Vergangenheit von mehreren Frauen sexuelle Gewalt vorgeworfen. Bislang hat es jedoch nur ein Gerichtsverfahren gegen ihn gegeben: 1977 in den USA wegen Vergewaltigung der damals 13 Jahre alten Samantha Geimer.

Polanski hatte sich dem Verfahren durch Flucht nach Europa entzogen. Er bekannte sich damals schuldig wegen Geschlechtsverkehrs mit einer Minderjährigen. Obwohl Geimer ihre Klage schon vor Jahren zurückzog, hat die US-Justiz das Verfahren nie eingestellt.

kol/jes