Gerichtsurteil: Die AfD zahlt die Zeche für ihre jahrelange Scharfmacherei

Gericht bestätigt: AfD wird vom Verfassungsschutz zurecht als rechtsextremer Verdachtsfall geführt

Die Richter des Oberverwaltungsgerichts in Münster am Montag vor der Urteilsverkündung im Streitverfahren AfD gegen Verfassungsschutz (Bild: REUTERS/Leon Kuegeler)
Die Richter des Oberverwaltungsgerichts in Münster am Montag vor der Urteilsverkündung im Streitverfahren AfD gegen Verfassungsschutz. (Bild: REUTERS/Leon Kuegeler)

In der Wut sagt man ja einiges. Da rutscht dann einem raus, was man später eventuell bereut. Vielleicht meinte man es schlicht nicht so, oder wollte dann doch nicht verletzen. Bei der AfD aber verhält es sich wie mit einem Zeterer im Dauermodus: Sie haut ständig einen raus, und Reue kennt sie nicht. Das Verletzen gehört zum Programm. Dafür hat sie heute eine richterliche Quittung bekommen.

Die Partei hat vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster geklagt. Sie wollte eine Entscheidung des Kölner Verwaltungsgerichts rückgängig gemacht sehen, wonach der Verfassungsschutz richtig gehandelt habe, die AfD als rechtsextremen Verdachtsfall zu führen. Die Konsequenzen dieser Einschätzung sind weitreichend: Erstens ist dieser Stempel schlecht fürs Image und könnte Wähler abschrecken; schließlich wird die Partei bei Weitem nicht nur von Rechtsextremen gewählt. Und zum anderen erlaubt diese Einschätzung dem Inlandgeheimdienst, auch verdeckt die AfD zu beobachten. Klar, dass die Kader sowas blöd finden.

Die Entscheidung der Richter aus Münster ist keine Überraschung. Man könnte nur anders urteilen, hörte man nicht hin.

Denn die AfD ist dauererregt. Sie mag viele Gründe dafür anführen, aber um diese Beschreibung kommt sie erstmal nicht herum. Wenn sie auf ihre Mitbewerber in den anderen Parteien blickt, zeigt sie vor allem Verachtung. Das sind die "Alt-Parteien", obwohl auch die AfD mittlerweile seit Jahren in Parlamenten sitzt. Aber die anderen sind das "System". Und das ist in ihren Augen böse, spielt öfters foul (Verfassungsschutz). AfD-Politiker sehen in den Mitspielern des demokratischen Wettbewerbs "kranke" Personen, alle inkompetent. Das ist hinzunehmen und eben nur eine Beleidigung, nicht rechtsextrem.

Letzteres wird es, wenn immer über eine Verschwörung gemunkelt wird: Dann sind die anderen Politiker im Narrativ nicht mehr dumm und krank, sondern absichtsvoll – dann arbeiten sie in dieser Vorstellung an einem Umbau des Landes, lügen über einen angeblich menschengemachten Klimawandel und beschneiden die Rechte der Bürger kolossal, als winkte eine Diktatur.

Das aber deckt sich nach einem Faktencheck nicht mit der Wirklichkeit: Seit vielen Jahren ist die Politik der "Altparteien" nachvollziehbar, auch eher unverändert. Sollte sich da eine Diktatur anbahnen, sollte sie längst dagewesen sein. Der AfD aber geht es in erster Linie um die Pflege eines Feindbildes, um sich selbst als Rächer der Enterbten darzustellen. Das erleichtert die Unterscheidbarkeit und ein Profil. Wer indes immer im Anderen schwarz (oder rot) sieht, kann selber unmöglich weiß bleiben. Da färbt immer etwas ab. Das Wutentbrannte ist wie eine Schleuder, da fällt auch mal was in den eigenen Schoß. Dies nannte übriges AfD-Urgestein Alexander Gauland schon seit Jahren den "gärigen Haufen" der AfD.

Ferner stecken in den Reden von AfD-Politikern eine Menge Details, die dieses Land stark verändern würden, wären sie umgesetzt. Teilweise gäbe es mehr Demokratie, durch Volksabstimmungen. Und teilweise gäbe es weniger, da manchen Bürgern hier das Leben madig gemacht werden soll. Es soll dann "gejagt" werden, oder "aufgeräumt" werden, oder "entsorgt" werden. Alles nicht so nice. Also urteilten heute Richter, das Vorgehen des Verfassungsschutzes sei mit dem Grundgesetz, dem Europarecht und dem Völkerrecht vereinbar. Bei der AfD lägen nach Auffassung des Senats "Anhaltspunkte für demokratiefeindliche Bestrebungen" vor, hieß es in der Begründung, sie verfolge Bestrebungen "gegen die Menschenwürde bestimmter Personengruppen".

Vergessen werden darf dabei nicht, dass AfD-Aktive auch tatsächlich Opfer werden, und zwar von Morddrohungen und Überfällen. Das geht ein wenig unter, bei der gegenwärtigen Berichterstattung über Attacken gegen Plakataufhänger anderer Parteien; das ist natürlich zum Teil die Saat der AfD gegen die "Altparteien", aber nur eine Seite der Medaille. Gewalt gegenüber der AfD wird zu wenig thematisiert, denn an ihr ist gewiss nichts Gutes – und dann gehört darüber auch berichtet.

Letztlich aber fährt die AfD heute ihre zweifelhafte Ernte ein. Schuld daran ist nur sie selbst.