Chord Electronics Ultima Integrated | Verstärker | Test fairaudio
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Inhaltsverzeichnis

  1. 1 Ultimativ unverblümt
  2. 2 Chord Ultima Integrated: Klangtest und Vergleiche

Es gibt Produkte, die machen einfach an. Die Science-Fiction-Kreationen von Chord gehören für mich dazu. Dennoch hat es über 35 Jahre HiFi-Passion lang gedauert, bis ich mit dem Vollverstärker Chord Electronics Ultima Integrated (9.995 Euro | https://3-h.de/) zum ersten Mal ein Gerät der Briten in meiner eigenen Kette hören durfte. War es das Warten wert? Ich spoilere die Antwort nicht – denn es gibt zu viele interessante Dinge über den ersten Vollverstärker der im Jahr 2019 eingeführten Ultima-Serie zu sagen. 

Zuallererst wäre da der Konversationspunkt „Design“. Der eine oder andere mag sich fragen: „Was ist das denn bitte?“ Okay, Understatement geht sicherlich anders … Aber lassen Sie mich sagen: Eigentlich bin ich ein Freund des visuellen Minimalismus (mit Ausnahme von großblumigen Tropen-Flora-und-Fauna-Tapeten und Bettwäsche), und doch finde ich, dass der Chord Ultima Integrated eine der attraktivsten Elektronikverpackungen bietet, die ich jemals auf meinem Regal begrüßen durfte.

Der Chord Electronics Ultima Integrated im Rack

Der Chord Electronics Ultima Integrated neben einer ATC SCM50PSL

Das liegt unter anderem an der 28 Millimeter dicken und mit optisch organisch-rund anmutenden Fräsungen versehenen Frontplatte, die wir bereits aus dem Vorverstärker Ultima Pre 3 kennen, und an den Integra Legs, den säulenartigen Auslegern, die das eigentliche Chassis mit ihren Streben halten. Das wirkt gleichermaßen stabil wie luftig-filigran – eine schöne und alles andere als langweilige Konstruktion.

Wem das nicht gefällt, der kann auch – ohne Aufpreis – hochglanzpolierte schwarze Acrylseitenblöcke als Option bestellen, muss dann aber ohne die Stapelbarkeit auskommen. Die Gehäusebreite reduziert sich dann von 48 Zentimeter mit den Auslegern auf 43 Zentimeter und die Höhe von 13 auf 11 Zentimeter. Das noch gut handhabbare Gewicht von knapp 15 Kilogramm ändert sich dabei nicht wesentlich. Und wie es sich gehört, ist der Chord Electronics Ultima Integrated in den Standardfarben Schwarz (Jett Black) oder Silber (Argent Silver) erhältlich. Insgesamt ist das aus massivem Flugzeug-Aluminium hochwertig gefertigte Gehäuse schon etwas Besonderes – und ich finde, es sieht verdammt gut aus.

Der Chord Electronics Ultima Integrated von der Seite betrachtet

Die nicht zuletzt der Gerätestapelbarkeit dienenden Säulen des Chord Electronics Ultima Integrated zählen zwar zu den typischen Designmerkmalen von Chord – sind gleichwohl optional abwählbar

Britische Lichtfestspiele

Und dann ist da noch die Lightshow, die der Ultima Integrated so ganz unbritisch extrovertiert zum Besten gibt. Der Besitzer darf sich an einer grünlich-blauen „Discobeleuchtung“ unter den Lüftungsgittern ergötzen, welche Chord in präzise in den Gehäusedeckel gefräste Aussparungen platziert. Auch die ließe sich bei der Bestellung des Geräts abwählen, so der deutsche Chord-Vertrieb 3H aus Hamburg. Doch ich finde, die von vorne selbst im Dunkeln unsichtbare und damit nicht störende Lightshow gehört bei so einem Chord dazu.

Apropos „von vorne“: Die Frontplatte des Chord Electronics Ultima Integrated ist eine aufgeräumte symmetrische Angelegenheit, mit einer großen, zentral platzierten und von innen mehrfarbig beleuchteten Ein-/Ausschaltkugel, dem sogenannten Trackball. Beim tragbaren Chord Hugo2 gibt der Trackball mittels unterschiedlicher Farben Auskunft über die eingestellte Lautstärke – im Ultima Integrated begnügt er sich mit einer binären Show: Leuchtet die Halbkugel dezent rot, befindet sich der Amp im Standby-Modus – grün signalisiert, dass der Verstärker eingeschaltet und spielbereit ist. Links daneben sitzt ein neu gestalteter Lautstärke- und Eingangswahldrehknopf, rechts die kombinierte Balance- und AV-Durchgangssteuerung. Mit letzterer kann man sehr feinfühlig die Kanalbalance anpassen – ein manchmal sehr hilfreiches Feature, das man heute leider nicht mehr allzu oft findet.

Der grün beleuchtete Trackball des Chord Electronics Ultima Integrated im eingeschalteten Zustand

Grün – es kann losgehen, der Chord Electronics Ultima Integrated ist eingeschaltet

Drückt man diesen Drehschalter länger als fünf Sekunden, schaltet der Chord Ultima Integrated das Signal mit vollem Pegel an seine Endstufen durch, womit er sich (und die von ihm versorgten Stereolautsprecher) auch in Heimkinoanlagen einbinden lässt und die Lautstärke entsprechend über die vorgelagerte AV-Vorstufe geregelt wird.

Beide Drehschalter umläuft eine Hintergrundbeleuchtung mit unterschiedlichen Farben – sie zeigen den gewählten Eingang auf oder ob der normale oder der Durchschleifbetrieb aktiv ist. Ungewohnt erscheint, dass sich die Drehknöpfe so anfühlen, als seien sie leicht schwimmend gelagert. Sie haben ein wenig „gedämpftes Spiel“, das ich persönlich als haptisch ansprechend empfinde, der deutsche Ingenieur könnte es hingegen als wacklig bezeichnen, wenn er mit dem falschen Fuß aufgestanden ist. Übrigens: Das bewusst „wackelig“ montierte Bauteile auch aus klanglichen Gründen aktuell durchaus en vogue sind, zeigt nicht zuletzt der Test des Soulnote A-3.

Anschlüsse

Rückseitige Schnittstellen am Chord Electronics Ultima Integrated

Der Chord Ultima Integrated bietet sowohl XLR- wie Cinch-Schnittstellen

Chord nutzt die in Anbetracht der Gesamtmaße überschaubare effektive Fläche der Rückseite des Ultima Integrated voll aus. Was nicht bedeutet, dass es sich beim Top-Integrierten der Briten um ein Ausstattungswunder handelt. Denn den Großteil der Rückseite nehmen Kühlrippen ein, und dazwischen sitzen der erwähnte AV-Bypass-Eingang (XLR, Stereo) und vier analoge Line-Eingänge. Einer davon ist vollsymmetrisch (XLR) und drei sind unsymmetrisch (RCA/Cinch) ausgelegt.

Sämtliche Eingänge erfreuen sich, so Chord, einer individuellen Signalpufferung und selektiven -filterung, was es möglichen Störungen durch hochfrequente Interferenzen erschweren soll, dem Signal Schaden zuzufügen. Die Umschaltung der Eingänge erledigt ein mikroprozessorgesteuertes, versiegeltes Relais, so dass man sich hier um die Langzeitstabilität wohl wenig Gedanken machen muss.

Innenansicht des Chord Electronics Ultima Integrated

Sämtliche Eingänge des Chord Ultima Integrated weisen Schutzmaßnahmen gegenüber HF-Einflüssen auf, die Eingangsumschaltung vollzieht sich über ein Relais

Ausgangsseitig gibt es ein Paar okaye Lautsprecherkabelklemmen; Acryl-Kapseln um jede Schraubklemme isolieren die Klemmen voneinander. Die vergoldeten Anschlüsse nehmen Standard-Bananas und -Spades auf – letztere allerdings aufgrund der Acrylkapseln nur von unten. Das kann einerseits hakelig und andererseits problematisch sein, wenn man – wie ich mit den Audioquest 500-Modellen – relativ gerade und lange Spades verwendet. Denen kommt nämlich recht schnell die Rackstellfläche in die Quere. Ich muss den Amp also auf seiner Stellfläche so weit nach hinten schieben, dass die Spades hinter dem Rack ins Freie ragen. Das ist nicht immer machbar oder akzeptabel, und bei der Kabel- beziehungsweise Steckerwahl sollte man sich dessen bewusst sein. Um eine externe (zusätzliche) Endstufe oder einen Subwoofer anzuschließen, bietet der Chord Ultima Integrated einen symmetrischen Vorverstärkungsausgang. Zudem können sich Chord-Systembesitzer über je einen 12 V-Trigger- sowie einen 10-Ampere-IEC-Anschluss freuen.

Die verkabelten Lautsprecheranschlüsse des Chord Electronics Ultima Integrated

Will man Lautsprecherkabel mit Spades nutzen, muss man darauf achten, dass einem nicht die Stellfläche des Chord-Verstärkers in die Quere kommt

Power to the speakers!

Die Endstufensektion des Chord Electronics Ultima Integrated dürfte mit dauerhaft 125 Watt pro Kanal an 8 Ohm – so die Herstellerangabe – genügend Leistungsreserven für die meisten modernen Lautsprecher bieten. Das Design verwendet die aktuelle Dual-Feed-Forward-Fehlerkorrektur-Topologie von Chord Electronics (also eine doppelte Rückkopplung) und vier Stromversorgungen für die einzelnen Sektionen des Amps. Diese laut Chord „hochfrequenten“ und „phasenkorrigierten“ Netzteile sollen Verzerrungen minimieren und für eine ultraschnelle Transientenwiedergabe sorgen.

Der Chord Electronics Ultima Integrated setzt, wie so einige interessante High-End-Verstärker, die mir in den letzten Jahren untergekommen sind, auf eine Frequenzbandbreite weit über dem Hörbereich. Mit einem Frequenzgang von 10 Hertz bis 200 Kilohertz bei +/- 3 Dezibel spielt er zwar nicht in den Gefilden meiner Norma-Audio-Vor-/End-Kombination mit ihren 2 Megahertz Frequenzumfang, scheint aber selbst gegenüber einem von Alter und/oder hohen Lautstärken unbeeinträchtigt gelassenen Gehör noch um einige Oktaven überdimensioniert. Das lässt mich optimistisch auf den Hörtest blicken, denn erfahrungsgemäß tendiere ich dazu, breitbandig ausgelegte Verstärker klanglich zu favorisieren. Das Stichwort hier ist meines Erachtens „Signalverarbeitungsgeschwindigkeit“ und die damit verbundene Fähigkeit, Mikrodetails und steile Signalanstiege zu reproduzieren.

Chord Ultima Integrated: Klangtest und Vergleiche

Seine Signale bezieht der Chord Ultima Integrated unsymmetrisch vom integrierten DAC-Modul meiner Norma-Audio-Vorstufe REVO SC-2 sowie symmetrisch vom Phonovorverstärker Linnenberg Bizet – beide Geräte sind via Gutwire Eon-Z verkabelt. Und es sei bereits verraten: Der britische Amp spielt in beiden Fällen absolut – ja, die Phrase passt hier wirklich mal – „auf den Punkt“. Hören wir mal in die Details, denn davon – zweiter Spoiler – gibt es reichlich.

Oben offen

Das Firmenlogo auf der Front des Chord Electronics Ultima Integrated

Keine Bange, der Chord neigt nicht die Spur dazu, die oberen Frequenzen zu betonen oder gar zu verhärten, doch wenn die Aufnahme klirrt, dann gibt der Engländer das unvermittelt zu erkennen. Solche Umstände verrät einem der Engländer klarer als viele andere Amps: So mildert beispielsweise der Balanced Audio Technology VK-3000 SE (9.450 Euro) die Bleche auf „Blazing Sky“ vom Album Spine der dänischen Mystik-Black-Metal-Elfe Myrkur deutlich ab, in einem geringeren Maß tut dies auch meine Norma-Audio-Kombi (Vorverstärker REVO SC-2 und Endstufe REVO PA-150, zusammen 14.080 Euro). Dem Chord Ultima Integrated kommt (nicht nur) in diesem Vergleich die Rolle einer besonders unverstellten Signaldurchreiche zu.

Max Roach, His Chorus and Orchestra It’s TimeDas kann auch je nach Aufnahme einen Riesenunterschied ausmachen: Selten hatte ich so viel Gänsehaut auf den Unterarmen, wenn ich den Hyperspeed-Black-Metal-Dark-Folk-Kracher „Måneblot“ von Myrkurs Vor-Vorgängeralbum Mareridt mit höchster Lautstärke durch die ATC SCM50PSL jage, zumal die elfenhafte Stimme der dänischen Düsterprinzessin glasklar über dem komplexen Klanggeschehen schwebt. Wow!

Okay, schieben wir mal eher audiophiles Standardmaterial in die Playlist: „Lonesome Lover“, gespielt von Max Roach, His Chorus and Orchestra auf dem Album It’s Time. Hier zeigt der Ultima Integrated, dass er auch sanft und fein texturiert kann. Wobei er nicht ganz den seidigen Fluss der Normas beim Ausklingen der Bleche erreicht – und das vielleicht auch nicht will.

Der Balanceregler des Chord Electronics Ultima Integrated

Der Balanceregler des Chord Electronics Ultima Integrated

Denn nach dem Abgleich mit elektronischer Mucke aus dem Hause Yello und Yosi Horikawa komme ich zu dem Schluss, dass die Interpretation des Geschehens durch den Chord Ultima Integrated wohl näher an der Wahrheit ist als die meiner hochgeschätzten Norma-Kombi, die im Hochton sanfter, aber eben auch weniger klar und entschieden agiert. Diese Auslegung ist eine bewusste Klangentscheidung des Norma-Machers Enrico Rossi – so wie es wohl das Ziel der Entwickler von Chord Electronics sein dürfte, sich maximal eng an die Fakten zu halten.

Und dennoch eint beide Lösungen etwas: Ganz oben im Superhochton lassen es weder die Norma-Kombi noch der Chord-Vollverstärker an Luftigkeit missen – sie halten in dieser Sache den verbindlicheren BAT VK-3000 SE ebenso auf Distanz wie einen Mark Levinson 5805 (9.000 Euro).

Im Detail genau

Detail der Verstärkerelektronik des Chord Electronics Ultima Integrated

Keine Chance lässt der Chord allen oben aufgeführten Wettbewerbern, sobald es um die Wiedergabe von Mikrodetails geht, sei es nun im Hochton oder im Rest des Spektrums. Ich gehe sogar noch weiter und behaupte, dass kaum eine Vollverstärkerelektronik, die sich bisher in meinem Rack einfand, eine so ausgewogene Kombination aus Detailvielfalt, Durchhörbarkeit, Schnittigkeit und (wo angebracht) Sanftheit zustande brachte, wie sie der Ultima Integrated bietet. Allein der deutlich schwächere und mit 11.400 Euro nochmals teurere Grandinote Shinai kann hier annähernd mithalten. Jedenfalls erfährt das Klangexperiment „Bubbles“ von Yosi Horikawa mit dem Briten eine neue Dimension an Facettenreichtum – ich bin ganz baff.

Tatsächlich höre ich Feinheiten, die zuvor gänzlich unbewusst blieben. Interessant: Viele dieser Details kommen beim Zurückswitchen auf die Normas zwar gerade noch so ans Tageslicht, sind mir zuvor jedoch nicht ins Bewusstsein geführt worden. Die Normas sind also sehr wohl in der Lage, die meisten Details zu transportieren – aber nicht, sie über meine Aufmerksamkeitsschwelle zu hieven. Man könnte jetzt lange philosophieren, ob letzteres unbedingt nötig oder was „besser“ ist. Das muss jeder für sich entscheiden: Aktive Entdeckung oder Laid-back-Ganzheitlichkeit – ganz stark überzogen gesagt.

Belüftungsgitter in der Deckelplatte des Chord Electronics Ultima Integrated

Mittendrin

Jaco Pastorius Jaco PastoriusIn den Mitten und im Grundton legt der Chord Electronics Ultima Integrated abermals einen klaren Fokus auf exemplarische Durchhörbarkeit und Transparenz und malt dabei realistische Klangfarben, zum Beispiel bei den schnarrenden Mitteltonanteilen des Fretless-Basses von Jaco Pastorius in „Continuum“ auf seinem selbstbetitelten Debut-Album. Erneut fällt mir der Grandinote Shinai als Maßstab ein – doch mit der flirrenden Sologitarre in „Killing in the Name“ von Rage Against the Machine beweist der Ultima Integrated eine besonders mitreißende Agilität und Nachvollziehbarkeit. Die E-Gitarre in King Hahnnahs „The Mattress“ wirkt ebenfalls ungemein direkt und frei: Ihr haftet null Schwere, keinerlei Schleier an. Selbst noisige Black Metal-Orgien offenbaren so etwas wie Struktur. Ja, auch schlecht aufgenommene Mucke vermag der Chord-Vollverstärker sehr appetitlich zu reproduzieren – ohne Beschönigungen!

Zudem fiel es mir mit noch keinem Verstärker so leicht, die Melodien von Instrumenten – egal, welcher Art – nachzuvollziehen. Egal, ob sie im Vordergrund einer Aufnahme oder als Begleitinstrument im Hintergrund spielen. Eine regelrechte Offenbarung. Ob das was mit den von den Schotten bei Linn so oft gepredigten Tonhöhengenauigkeit zu tun hat, die in diesem Fall mit einer unbestechlich natürlichen Klangfarbenreproduktion Hand in Hand geht? Wie dem auch sei: Melodien anders, neu, endlich richtig zu verstehen, ermöglicht mir der Chord Ultima Integrated ein ums andere Mal.

Eine feste Burg

Der Chord Electronics Ultima Integrated im Rack

Der Chord Electronics Ultima Integrated im Rack mit der Endstufe Norma REVO PA-150

Einen weiteren dicken Pluspunkt fährt der Chord Electronics Ultima Integrated mit seinem druckvollen, schlackenfreien und sehnig-energiegeladenen Bass ein. Der Engländer spielt nicht fett, sortiert sich allerdings nicht wirklich auf der schlanken Seite ein – allerhöchstens mit einer kleinen Tendenz. Auf jeden Fall reproduziert der Chord Jacos unverkennbaren Fretless-Bass maximal kontrolliert und agil, mit knackigem Onset und gleichzeitig körperhaftem, substanziellem Sustain.

Weder meine Norma-Kombi noch ein Grandinote Shinai oder Mark Levinson 5805 spielen da voll auf Augenhöhe, letzterer beispielsweise setzt mit einem deutlich fülligeren Oberbass wärmere Akzente, und es gelingt ihm lange nicht so gut, schnelle Bassläufe zu kontrollieren oder Schattierungen in Melodie und Klangfarbe auf der Spur zu bleiben. Dennoch klingt der Ami nicht merklich druckvoller als der Chord Ultima Integrated, der seine straffere, konzentriertere Gangart noch besser in tatsächlich körperhaft spürbare Energie – Stichwort: Popometer – umzusetzen weiß. Die Bassdrum und die Toms in Amir Esaffars „Transformations“ beleuchten die Qualität des Ultima Integrated im Bass exemplarisch: Federnd, kraftvoll, schnell, mit nachdrücklicher Autorität zu 100 Prozent auf den Punkt. Dabei frei im Raum gezeichnet und vollkommen von E-Bass und dem sonstigem Geschehen losgelöst. Klasse!

Der Chord liefert an meinen ATC SCM50PSL also eine Basswiedergabe ganz nach meinem Geschmack – wer hingegen sehr schlank abgestimmte Lautsprecher besitzt, mag mit Amps wie dem ML 5805, einem voll ausgebauten ASR Emitter I (mit Akku 11.800 Euro) oder auch dem Shinai glücklicher werden. Oder, mein Tipp: Gleich die Lautsprecher gegen neutralere Modelle tauschen.

Die grün leuchtende Betriebsanzeige des Chord Electronics Ultima Integrated

Dynamisch treu

Und es geht gleich weiter mit der Leistungsschau: Die einzelnen Töne der E-Gitarre in King Hahnnahs „The Mattress“ verschwinden ebenso unmittelbar wie sie erscheinen. Da lässt sich der Chord Ultima INT wirklich keine Mikrosekunde zu viel Zeit – weder beim Auf- noch Abdrehen des Signalhahns. Diese erstaunliche Schnelligkeit und Präzision der Wiedergabe erinnert mich an den japanischen DAC/Pre Esoteric N-05XD (13.500 Euro), den ich vor einiger Zeit zu Gast hatte. Das Schöne beim Chord: Die Präzision bei der Impulswiedergabe gerät keineswegs steril, steht also nicht in Konkurrenz zur rohen Musikalität und Energieentfaltung, die eine Trio-Besetzung mit Gitarre, Bass und Schlagzeug entwickeln kann – sei es beim schrappeligen Düster-Alternative von King Hannah oder dem aggressiven Politrock von Rage Against the Machine.

Ach ja: So knallig, wie der Chord den „Bombtrack“ vom selbstbetitelten RATM-Debütalbum durch die Woofer meiner ATC-Lautsprecher wuchtet, kannte ich das vorher auch nicht. Zumal das Album mit dem Chord-Verstärker seinen eher warmen und fetten Charakter bewahrt und schlichtweg mehr Kick, ja: eine ausgeprägtere „Zackigkeit“ rüberkommt. Beeindruckend.

Der Chord Electronics Ultima Integrated von vorne und oben

Die Grobdynamik des Chord Electronics Ultima Integrated scheint tatsächlich fast unbegrenzt zu sein, auch bei hohen Lautstärken jenseits der Nachbarschaftsverträglichkeit komprimiert oder verzerrt er nicht. Ich kann dem britischen Energiebolzen beim besten Willen weder mit brachialem Techno noch Klassik auch nur ein winziges Schweißtröpfchen auf die Kühlkörper treiben. Irrwitzige Pegelsprünge (zum Beispiel in Prokofiefs „Montagues and Capulets“ von Romeo & Julia) bettet er ganz selbstverständlich und wie nebenbei ins Geschehen ein – ohne künstlich anmutende Spotlights zu setzen. Selbst die massiven Bassimpulse der großen Trommel überlagern den Rest der Musik zu keiner Zeit, sondern wirken maximal natürlich.

In ganz ähnlicher Qualität, aber emotional auf ganz andere Art faszinierend, gelingt dem Chord-Vollverstärker die feindynamische Präsentation von Klavier und Stimme auf Room 29 von Chilly Gonzales und Jarvis Cocker. Jede noch so kleine Modulation halbleiten seine Transistoren mit höchster Feinfühligkeit durch – ich selbst könnte dieser Zurschaustellung von Emotionalität ewig zuhören und dabei den Timbres und der Intonation der beiden Künstler auf den Grund gehen.

Der Chord Electronics Ultima Integrated von oben

Raum zur Entfaltung

Nitin Sawhneys Beyond SkinIch weiß, ich habe bis hierhin schon viel, sehr viel geschwärmt – doch es kommt noch mehr. Denn so weit, wie der Chord Ultima Integrated den virtuellen Raum in alle Richtungen öffnet, ihn von der Lautsprecherebene bis sehr, sehr weit dahinter ausstaffiert und ausleuchtet, ist ebenfalls beeindruckend. Nicht zuletzt bei guten Q-Sound-Effekten wie auf Nitin Sawhneys Album-Meisterwerk Beyond Skin überrascht mich der Chord ein ums andere Mal: Die phasenmanipulierten Soundschnipsel erklingen ansatzlos neben und im Halbfeld hinter mir, geradezu überraschend realistisch.

Erwähnenswert ist die Wandelbarkeit der virtualisierten Bühne. Selten habe ich eine so stark von der Aufnahme – und eben nicht von Lautsprechern und Elektronik – beeinflusste Bühnendarstellung erlebt. Ein ASR Emitter I kann ebenfalls eine riesige und tiefe Bühne aufbauen, macht aber eher ungern den Schritt nach vorne. Kein Problem für den Chord. Der nebenbei bemerkt auch in der Abbildungsbreite das Maximum dessen herausholt, was meine ATC SCM50PSL in meinem Hörraum zu leisten imstande sind.

Die klare Kantenschärfe, die felsenfeste und geradezu holografische Positionierung der Akteure auf der Bühne mit schön viel Luft drumherum begeistert mich ebenfalls. Mit dem Chord kann ich auf meinem Hörsofa sogar außerhalb des Sweetspot sitzen und immer noch sehr deutlich die Verteilung und Positionen der Musiker und Klänge erspüren.

Der Chord Electronics Ultima Integrated im Standby

Der Chord Electronics Ultima Integrated im Standby

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Test: Chord Electronics Ultima Integrated | Vollverstärker

  1. 1 Ultimativ unverblümt
  2. 2 Chord Ultima Integrated: Klangtest und Vergleiche

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